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FOLTERHAFTE TAKTIK IN DER U-HAFT

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Die erste Nacht in der U-Haft belastete mich sehr, zumal meine Familie nicht wusste, wo ich abgeblieben war. Auch die Ankündigung des Schließers, dass ich diese Nacht nicht vergessen werde, bestätigte sich. Zum wiederholten Male riss man mich in dieser Nacht bei höllischem Lärm aus dem Schlaf und brachte mich zum Verhör. Immer spürte ich den Knüppel im Rücken und ich musste mir Sprüche anhören: „Wir haben bis jetzt alle klein gemacht!“ Diese Schikanen dauerten etwa eine Woche bei Tag und Nacht. Als der Druck nachließ und etwas Ruhe eintrat, machte ich den Versuch, das Geschehene einzuordnen. Ich stellte fest, dass mir die Hände gebunden waren und ich der DDR Stasi-Diktatur voll ausgeliefert war.

Bis dahin hatte mich das Erlebte so in Anspruch genommen, dass ich alles, was um mich herum geschah, kaum wahrgenommen hatte. Langsam bekam ich das Gefühl, mich in mein Schicksal widerspruchslos fügen zu müssen, wie es meine Zellenbewohner auch taten. Fortan brachte ich mich in die Gespräche mit meinen Leidensgenossen ein. So erfuhr ich, welche schrecklichen Täter mit mir in der Zelle sind: Einbrecher, Betrüger, Totschläger, Schwule, Sitte, Vergewaltiger und Mörder. Wenn ich mir die Männer so anschaute, konnte ich es nicht glauben, dass sie zu solchen Taten fähig waren. Die Tage vergingen mit Verhören draußen und Gesprächen in der Zelle, wodurch man sich näher kennen lernte. Mir fiel auf, dass ein Gleichaltriger des Öfteren zu nah an mich heranrückte. Ich stellte ihn zur Rede und verbot ihm unmissverständlich Kontakte dieser Art. Eine Zeitlang unterließ er es. Hier stand ich zum ersten Mal einem Mann gegenüber, der auf Männer und Kinder stand, was mir Unbehagen einflößte. Weil ich aber im Gespräch mit ihm bleiben wollte, verbarg ich ihm gegenüber meine Abneigung. Oft sind unsere Gespräche von JVA-Angestellten unterbrochen worden, weil man mich zum Verhör holte.

Weil bei den Verhören immer dieselben Fragen gestellt wurden, veränderte ich mein Verhalten den Beamten gegenüber. Es erschien mir wichtig, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um vielleicht noch etwas zu retten. Ein Anwalt aus meiner Heimatstadt erklärte sich bereit, mich zu vertreten. Als Erstes beauftragte ich ihn, eine Sprecherlaubnis für meine Frau zu erwirken, weil mich die Ungewissheit um das Schicksal meiner Familie Tag und Nacht quälte. War es doch so, dass wir am Tag meiner Verhaftung einfach auseinander gerissen wurden. Es war mir nicht gestattet zu telefonieren, um meine Frau zu informieren. Dies empfand ich skrupellos und menschenunwürdig, was aber zum zweiten Gesicht der DDR passte. Nach langer Zeit des Verhörs brachte mich ein Schließer in die Zelle zurück, wo kurz darauf das Mittagessen gereicht wurde, was nur der Hunger reintrieb.

Begegnungen im DDR-Knast

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