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Übermenschliches Lernen

Der Mensch soll lernen, nur die Ochsen büffeln.

Erich Kästner

Die Schule und das Lernen

Wo haben Sie eigentlich das Lernen gelernt? Kleiner Tipp: Die Schule ist an dieser Stelle leider selten die richtige Antwort. Wenn Sie da das Lernen gelernt haben, dann nur, weil einzelne Lehrer sehr engagiert waren. Ansonsten glauben leider immer noch viele Pädagogen, denen wir unsere Kinder anvertrauen, dass Lernen folgendermaßen funktioniert.


Quelle: Harsdörffer, Georg Philip: Poetischer Trichter

In den allermeisten Schulen ist es das Ziel, das Wissen wie mit einem Trichter in die Köpfe der Schüler zu bringen. Vom sogenannten Nürnberger Trichter stammt übrigens auch die Formulierung „etwas eintrichtern“. Die Idee war damals, das Wissen einfach in den Kopf der Kinder hineinzukippen. Diesen Gedanken aus dem Jahr 1653 halten viele immer noch für ein gutes Bild.

Dabei sind sich Forscher verschiedenster Gebiete einig: Wir können kein Wissen in unseren Kopf hineinbringen. Wir können uns nur in eine Situation bringen, in der wir uns das Wissen selbst aufbauen.

Und daher gleich vorweg: Die meisten Techniken, die in diesem Buch behandelt werden, arbeiten so, wie die meisten Schulen im Moment noch nicht arbeiten. Wir hoffen, dass wir diesen Abschnitt eines Tages korrigieren müssen und dann sagen: „Wir wiederholen hier die effizienten Techniken unseres Schulsystems.“

Bis es so weit ist, schauen wir uns aber an, wie Wissen am besten in Gehirne wandert. Wir werden sehen, warum Texte abschreiben eigentlich ziemliche Zeitverschwendung ist, und erkennen, dass die meisten Arbeitsblätter keine Lehrmittel sind.

Das Ziel ist es, dass Sie als Leser am Ende selbstbestimmt(er) Wissen aufnehmen können.

Denn je weniger Hilfe Sie von außen brauchen, um Ihre Fähigkeiten zu verbessern, desto mehr Selbstvertrauen können Sie aufbauen.

Mit mehr Selbstvertrauen steigen der Antrieb und der Spaß, wodurch es wieder mehr Erfolg gibt.


Sie haben richtig gelesen. Selbstvertrauen kommt nicht von Erfolg. Erfolg basiert auf Selbstvertrauen. Damit wir uns selbst aber vertrauen können, muss erst einmal der Glaube da sein, dass wir auch ohne viel äußere Hilfe etwas schaffen können.

Der eine oder andere wird sich nun fragen, wieso das nicht gleich die erste Lektion in der Schule ist. Schließlich würde das vieles enorm vereinfachen. Immerhin soll uns dort möglichst effizient etwas beigebracht werden.

Nun, das ist leider nicht ganz richtig. Das zeigt sich sehr deutlich am Schicksal von Sabine Czerny aus Bayern. Ihr Ziel war es, als Lehrerin auch wirklich zu lehren. Sie unterrichtete Mathematik in so guter Qualität, dass eben alle Schüler den Stoff verstanden hatten und gute Noten abliefern konnten. Und genau das hätte sie fast den Job gekostet.

Denn Lehrer an staatlichen Schulen haben nur einen sekundären Lehrauftrag. Primär ist der Sortierungsauftrag.

Das heißt im Klartext, dass ein durchschnittlicher Rechner in einer Klasse voller Mathehasser im guten und sehr guten Bereich unterwegs ist. In einer Gruppe mit Rechengenies wird er aber eher mangelhaft bis ungenügend abschneiden.

Eine Lehrerin, bei der also neun von zehn Kindern gute bis sehr gute Noten schreiben, ist nicht gern gesehen. Frau Czerny wurde wegen des missachteten Dienstauftrages zwangsversetzt. Bis es zu diesem harten Schritt kam, musste sie sich aber noch mehrfach gegen harte Kritik und Verbote stellen. Eine morgendliche Gesprächsrunde, in der die Kinder auf den Tag vorbereitet wurden, wurde verboten. Begründung: „Auch in Ihrer Klasse muss es Fünfer und Sechser geben“. (Grundschul-Rebellin, Der Spiegel, 2009)

Als sie es wagte, weiter qualitativ hochwertigen Unterricht zu liefern, wurde schließlich eine amtsärztliche psychologische Untersuchung, mit dem Ziel des Vorruhestandes, angewiesen. Sicherlich, diese Geschichte ist 2009 passiert, doch aus mehreren Gesprächen mit Realschullehrern habe ich persönlich erfahren müssen, dass es nach wie vor Dienstvorschrift ist, „das Notenspektrum auszureizen“. (Czerny, 2010)

„Das Notenspektrum ausreizen.“ Lassen Sie diese Formulierung einmal durch den Geist wandern. Klingt echt falsch, oder?

Wenn Sie also in der Schule gesagt bekommen haben, dass Sie etwas nicht können, sollten Sie das direkt vergessen. Gerade im Kindesalter führt der Glaube, dass wir eine bestimmte Sache nicht können, nämlich dazu, dass wir aufhören, Energie in dieses Thema zu investieren. Die Folge ist dann, dass wir natürlich auf diesem Gebiet weniger Leistung bringen können. Wenn einem siebenjährigen Kind beispielsweise erzählt wird, dass es eine Rechenschwäche hat, wird dieses Kind nicht mehr mit der größten Energie an das Lernen beim Mathematikunterricht herangehen. Es wird eine gute Note als Ausnahme und eine schlechte Note als normal ansehen. Grund zum mehr Lernen gibt es nicht, denn schließlich wird es durch die Rechenschwäche nie gut sein können. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob die Rechenschwäche echt ist oder ob nur daran geglaubt wird.

Nehmen wir als Gegenbeispiel ein Kind, dem gesagt wird, dass es hochbegabt in Mathematik ist. Auch hier spielt es nur eine untergeordnete Rolle, ob das der Wahrheit entspricht oder nicht. Was passiert nun bei einer schlechten Note? Es kommt sofort der Glaube hoch, dass das kein Problem ist, mit einem kleinen bisschen Mühe wird das direkt wieder werden. Eine gute Note wird als Bestätigung und Verstärkung des Glaubens an die eigene Hochbegabung wirken.

Dieser Effekt, bei dem der Glaube an die eigenen Fähigkeiten die Realität verändert, heißt übrigens Andorra-Effekt. Auch wenn es schon fast esoterisch klingt: Der Glaube daran, dass Sie etwas schaffen können, macht wissenschaftlich erwiesen einen Unterschied, ob Sie es auch wirklich schaffen. Lassen Sie uns also positiv gestimmt lernen, wie wir neues Wissen am besten aufnehmen können.

Pfeifen Sie auf das Wie! Das Warum entscheidet!

Sie haben doch sicherlich einen Grund, warum Sie sich ein Buch wie dieses geholt haben.

Dieser Grund ist wichtiger als alle Techniken, die wir Ihnen beibringen könnten. Dieser Grund ist wichtiger als alle Lernmethoden zusammen.

Denn wenn Sie nicht ganz klar vor Augen haben, warum Sie etwas lernen, was Sie mit einem Abschluss anstellen wollen oder was Ihnen eine Fähigkeit bringt, dann werden Sie weder bewusst noch unbewusst Motivation aufbauen können. Schlimmer noch: Da uns unser Gehirn vor unnötiger Belastung schützen will, entsteht eine richtige Lernsperre. Vielleicht hatten Sie das schon einmal. Man befasst sich mit einem Thema, lernt und lernt. Aber so richtig will nichts in den Kopf rein. Das liegt dann nicht daran, dass wir für das Thema ungeeignet sind. Sagen Sie das bitte niemals über sich.

Mit der richtigen Motivation kann jedes Wissen in Ihrem Kopf einen Platz finden. Sie können alle nur denkbaren Fähigkeiten lernen, sofern der Körper mitspielt. Wer 1,40 Meter groß ist, wird es als Stabhochspringer sicherlich schwer haben, egal wie viel inneres Feuer er hat.

Wenn Ihnen aber nicht klar ist, wofür ein Thema relevant ist, brauchen Sie ein Vielfaches an Energie. Absolute Verschwendung, wenn Sie uns fragen. Übrigens auch wieder ein typischer Fehler aus der Schulzeit: Diejenigen, die hinterfragen, warum etwas gelernt wird, werden bei oft überforderten Lehrern schnell unbeliebt. Dabei sind die Kinder, die diese Frage stellen, eigentlich diejenigen, die unterbewusst alles richtig machen. Denn sie bitten um einen Grund, warum gelernt werden soll.

Lassen Sie es uns an dieser Stelle also besser machen.

Nehmen Sie sich am besten fünf Minuten Zeit für eine kleine Übung. Was wollen oder müssen Sie sich zurzeit aneignen? Was möchten Sie können? Schreiben Sie sich diese Dinge einmal genau auf. Sie dürfen dabei auch unvernünftig sein. Sie wollen fließend spanisch sprechen, obwohl Sie noch nicht ein einziges Wort können und in der Schule immer schlecht in Englisch waren? Super, that’s the Spirit! Bewerten Sie nicht, was angeblich nicht geht, schreiben Sie auf, was Sie können wollen.

Folgendes will ich können:

Jetzt kommt aber die viel wichtigere Frage: Warum haben Sie diese Fähigkeiten aufgeschrieben? Träumen Sie an dieser Stelle ein bisschen. Was wird anders sein, wenn Sie es geschafft haben? Wie werden andere auf Sie reagieren? Wird sich in Ihrem Leben etwas verändern oder verbessern?

Machen Sie diese kleine Übung bei jedem neuen Thema, das in Ihren Kopf rein soll. Je mehr Punkte Sie finden, desto besser. Denn so programmieren wir unser Unterbewusstsein und unseren gehirninternen Spam-Filter. Schon alleine mit dieser unverschämt einfachen Methode können Sie mit halbem Kraftaufwand lernen. Noch besser: Mit dem richtigen Antrieb bekommen Sie sogar noch Energie dabei raus. Dann wird das Lernen zum Hobby.

Was ist eigentlich, wenn Ihnen zu einem Punkt keine Gründe eingefallen sind? Dann lassen Sie den Müll nicht in Ihren Kopf rein! Warum sollten Sie etwas lernen, das Ihnen weder Freude noch Nutzen bringt?

Die einzige Ausnahme ist, wenn Sie für einen Abschluss etwas scheinbar Unnützes lernen sollen. Aber dann können Sie sich durch die Vorteile am Arbeitsmarkt und die Anerkennung, die Sie bekommen werden, wenn Sie erfolgreich sind, genauso gut antreiben lassen.

Die Lerntypen

„Jeder Mensch kann anders lernen.” Diese Aussage ist falsch. Jeder Mensch muss anders lernen, trifft es eher. Denn wenn nicht entsprechend dem richtigen Lerntyp gelernt wird, will das Wissen einfach nicht in den Kopf. Und das ist die Ursache, dass so viele Menschen glauben, Lernen wäre nichts für sie. Dabei ist es einfach nur der falsche Weg gewesen, nicht das Lernen an sich.

Als kleine Vorwarnung müssen wir schon einmal sagen, dass gut ein Viertel der Techniken im nächsten Kapitel bei Ihnen nicht funktionieren werden. Das hat nichts damit zu tun, dass die Techniken schlecht sind. Da aber jeder anders lernt, gibt es eben nicht die eine Technik, um gut zu lernen. Das Ziel dieses Kapitels ist es, dass Sie hier Ihre persönlichen Lerntypen kennenlernen und Sie es sich damit ersparen, unnötige Energie in die falschen Methoden zu investieren.

Was ist, wenn Sie sich bei mehreren Lerntypen wiedererkennen werden? Das ist gut, denn die meisten Menschen haben einen Haupt- und einen Nebentypen. Wieder andere können auch mit drei Stilen lernen.

Wer nur bei einem Typen gesagt hat, dass dieser zu 100 % auf ihn zutrifft, wird es in der Schule wahrscheinlich eher schwer gehabt haben. Denn in diesem Fall wird ganz schnell eine Lernstörung attestiert, auch wenn es einfach nur eine Art zu lernen ist, die nicht vom Schulsystem abgedeckt wird. Glauben Sie das aber bitte nicht, denn der Glaube, dass man nicht oder nur langsam lernt, wird ganz schnell zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Arbeiten Sie also nicht daran, mit Ihrem schwachen Lerntyp irgendwie besser klar zu kommen.

Geben Sie lieber mehr Energie in Ihre starken Gebiete. Das ist die bessere Verwendung für Ihre Zeit und Ihre Energie.

Aber am besten schauen wir uns zunächst an, wie die einzelnen Lerntypen am besten an Wissen kommen.

Mentale High Performance

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