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3.6.3. Philosophie der Kunst

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Mitchell 2010

Petzet 1983, 157

Heidegger 1981, 41

Aus Heideggers holistischem Philosophieverständnis kann man (ähnlich wie bei Platon) eine Metaphysik, eine Anthropologie oder Ethik und auch eine Ästhetik herauslösen (auch wenn er diese philosophischen Genres kaum je ausdrücklich als solche benennt). Mit der Kehre gibt es sogar einige Werke, die das Thema der Kunstphilosophie und Ästhetik ausdrücklich behandeln: den 1950 erstmals in Holzwege erschienenen, aus mehreren Vorträgen 1935/36 kompilierten Text Der Ursprung des Kunstwerks, den Vortrag Bauen, Wohnen, Denken (1951), den 1967 in Athen gehaltenen Vortrag Die Herkunft der Kunst und die Bestimmung des Denkens, den Text Die Kunst und der Raum (1969). Heidegger interessierte sich durchaus für die zeitgenössische Kunst und bemühte sich, einschlägige Ausstellungen zu besuchen, etwa von Paula Becker-Modersohn – von der ihn freilich vor allem die Bilder von Worpswedes bäuerlichem Alltag anzogen –, van Gogh, in kritischer Distanz Picasso und Braque, vom baskischen Bildhauer Eduardo Chillida. Besonders beeindruckt war er von Paul Cézanne, dessen Spuren in der Provence er nachgegangen ist. Ähnlich erging es ihm mit dem Werk Paul Klees, das er in Basel sah, wo Ernst Beyeler die Klee-Sammlung von David Thompson ausstellen konnte. Heinrich Wiegand Petzet schildert, dass Heidegger nach der Betrachtung von Klees Bildern einen zweiten Teil seines Kunstwerkaufsatzes schreiben wollte. Seit etwa 1930 setzte er sich mit der Dichtung auseinander, neben Trakl und Rilke vor allem Hölderlin, der die Seinsvergessenheit als »Götternacht« gedeutet habe und eine »worthafte Stiftung des Seins« bereitete. Daneben gibt es verstreute Äußerungen zu verschiedenen Künstlern.

Es wurde bereits festgestellt, dass Kunst mit (dem Wesen) der Technik insoweit etwas zu tun hat, als beides Möglichkeiten der Entbergung des Seins sind. Dichtung und Kunst müssen grundsätzlich als Akte des Geschehens von Wahrheit gesehen werden. Dieses Verhältnis ist es, was Heidegger an der Kunst interessiert, und weder Fragen nach der Kategorialisierung von Kunstwerken noch jene nach anderen typischen ästhetischen Themen.

Heidegger 1935/36, 25; ähnl. 21, 36, 65

Ebd., 2

Der Ursprung des Kunstwerks ist das bekannteste Werk Heideggers zur Kunst und Ästhetik und wird – wie schon erwähnt – häufig als Werk der Kehre angesehen. Darin geht es ihm zunächst um die Kritik der erstarrten Terminologie der Ästhetik, die sich wie jene der Philosophie generell von der Wahrheit entfernt hat. Dies lastete er unter anderem der Latinisierung an, die die griechischen Begriffe sachorientiert verkürzt habe. Ähnlich wie Herder hielt er die deutsche Sprache dem Griechischen eng verwandt und sah in ihr mehr spekulative Möglichkeiten, als es der lateinisch geprägte philosophische Diskurs ermögliche. Das Wesen des Kunstwerks liege geradewegs darin, ein »Sich-ins-Werk-Setzen der Wahrheit« zu sein. Dies zu lichten sei die Aufgabe der Philosophie im Sinne ihrer Neuausrichtung. Das Hölderlinwort »dichterisch wohnet der Mensch« wird zu einem philosophischen Satz. Man könnte so weit gehen, ähnlich wie jenes von Platon auch Heideggers Gesamtwerk ästhetisch zu rekonstruieren. In solcher Gestimmtheit treten wir auch bei der Betrachtung des Kunstwerks in den Heideggerschen Zirkel ein, der seine gesamte Philosophie bestimmt. Was ein Kunstwerk ist, lässt sich nicht aus übergeordneten Prinzipien ableiten, sondern immanent, also gleichsam in einem Zirkel, erfahren: »Was die Kunst sei, soll sich aus dem Werk entnehmen lassen. Was das Werk sei, können wir nur aus dem Wesen der Kunst erfahren.« Der Werkcharakter der Kunst bleibt Grundlage und der Zirkel spielt zwischen Werk und Kunst und nicht etwa zwischen Werk und Künstler oder Werk und Betrachterin. Sowohl menschliche Produktion als auch Rezeption wären aus der Sicht Heideggers eine subjektivistische und gegenstandsmetaphysische Verkürzung. Genie- und Produktionsästhetik scheiden hier ebenso aus wie eine Rezeptionsästhetik.

Ding

Heidegger 1950b

Ebd., 174

Heidegger 1935/36, 13/18/14

Nun scheint ein Kunstwerk in erster Linie einmal ein Ding zu sein. Zunächst gibt es am Ding nach Heidegger die klassische Unterscheidung von Stoff und Form, es ist den Sinnen zugänglich und schließlich ist ein Ding geformte Materie. Dieses (aristotelische) Konzept liegt zahlreichen kunstphilosophischen Vorstellungen zugrunde. Für Heidegger reicht das nicht hin. Mit dem Dingbegriff lässt sich das Kunstwerk nicht einholen. Darin äußert sich bloß der Warencharakter des Kunstwerks, aber das Kunstwerk führt über den Dingbegriff hinaus. An anderer Stelle hatte sich Heidegger mit dem Ding ausführlicher auseinandergesetzt. Darin beschreibt er die Ambivalenz dieses Begriffs, in der sich die Sachhaltigkeit zeigt, aber eben auch ein Versammeln im Sinne der Nach-Kehre-Konzeption: »Im Wasser des Geschenkes weilt die Quelle. In der Quelle weilt das Gestein, in ihm der dunkle Schlummer der Erde, die Regen und Tau des Himmels empfängt. Im Wasser der Quelle weilt die Hochzeit von Himmel und Erde. Sie weilt im Wein, den die Frucht des Rebstocks gibt, in der das Nährende der Erde und die Sonne des Himmels einander zugetraut sind.« Dinge sind zwar Gegenstände, aber sie verweisen in einen Kontext. Erst damit gewähren sie dem Menschen ein Verweilen und Wohnen. Das Erzeugnis wird verfestigt als »ein Zeug zu etwas«, es hat eine »Dienlichkeit«: »So ist das Zeug halb Ding […] und doch mehr; zugleich halb Kunstwerk und doch weniger, weil ohne die Selbstgenügsamkeit des Kunstwerkes.«

Wahrheit über das Zeug


623 Van Gogh, Schuhe (1886); VGM

Ebd., 19

Kunstphilosophie und Ästhetik

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