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Die Besatzungszone – ein künstliches Gebilde

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Amerikaner und Briten waren zwar bereit gewesen, den Franzosen aus den ihnen zugedachten Besatzungszonen Gebiete abzutreten, doch zeigten sie sich wenig geneigt, Frankreich deutsche Kernregionen zu überlassen, so dass die französische Besatzungszone eine ungünstige geographische Struktur besaß. Die französische Militärregierung unter General Pierre Koenig verfügte schließlich über ein Gebiet, das im Norden die linksrheinischen Gebiete nördlich von Karlsruhe bis zur Nahe sowie rechtsrheinische Teile Hessens (Hessen-Nassau) umfasste und im August 1946 zum Land Rheinland-Pfalz zusammengefasst wurde.

Eine besondere Entwicklung durchlief dabei im nördlichen Teil der Zone das Saarland. Nach seiner Besetzung durch US-Streitkräfte wurde das Saarland im Juli 1945 der französischen Militärregierung unterstellt und zunächst in die französische Besatzungszone eingegliedert, wobei die französischen Pläne anfänglich zwiespältig waren. Obwohl neuere Arbeiten die annexionistischen Absichten Frankreichs entkräften, muss doch eingeräumt werden, dass die französische Politik gegenüber dem Saarland, das von Restdeutschland abgetrennt werden sollte und seine Autonomie im Rahmen einer engen Union mit Frankreich („Assimilierungspolitik“) beibehalten sollte, zumindest bis 1947 relativ vage blieb57. Die jüngsten Studien unterstreichen das Gewicht französischer Wirtschaftsinteressen – die Saarkohle sollte den wirtschaftlichen Wiederaufbau Frankreichs mitfinanzieren –, das zunächst schwerer wog als die territorialen Ansprüche, die in den traumatischen Erfahrungen der Vergangenheit wurzelten (vgl. auch die Saarpolitik nach dem Ersten Weltkrieg), und die außerordentliche Sensibilität von Strömungen in der öffentlichen Meinung dieser Grenzregion58. Trotz starker sowjetischer Einwände beschlossen die Westalliierten 1946 schließlich die Ausgliederung des Saarlandes aus der französischen Besatzungszone. Um 81 rheinland-pfälzische Gemeinden vergrößert, schied das Saarland ab 1. Januar 1947 aus der Zuständigkeit der Militärregierung in Baden-Baden aus und war damit auch der Aufsicht des Alliierten Kontrollrats entzogen. Das Saarland bildete nun eine in sich geschlossene territoriale Einheit und unterstand der Kontrolle des französischen Hochkommissars General Gilbert Grandval; zudem war es seit dem 20. Dezember 1946 durch eine Zollschranke von Restdeutschland abgetrennt. Die wirtschaftliche Eingliederung der Saar in das französische Staatsgebiet wurde sodann durch eine Reihe von Maßnahmen vorbereitet; hier sind besonders die Währungs- und Zollunion zu nennen. Ab dem 20. November 1947 war der Franc das alleinige Zahlungsmittel und ersetzte die erst 1945 eingeführte Saar-Mark. Saarländische Regierungsräte unter der Führung von Johannes Hoffmann59 stimmten am 15. Dezember 1947 einer Verfassung zu, aus der das Saarland als echter, international anerkannter Staat mit eigener Souveränität hervorging. So konnte es beispielsweise als eigener Staat an den Olympischen Spielen von 1952 teilnehmen, und seine Fußballnationalmannschaft traf im Rahmen der Qualifikationsrunde für die Fußballweltmeisterschaft von 195460 auf die deutsche Nationalmannschaft.

Die Verfassung und die „Saarkonventionen“ veranlassten die französische Regierung zu einer Revision ihrer Wirtschafts-, insbesondere ihrer Kohlepolitik und zur Reorganisation des Kohlebergbaus61, was insbesondere die Lebensbedingungen der saarländischen Bergleute hinsichtlich Verpflegung und Löhnen etc. bedeutend verbesserte, obwohl sich gerade am Management der Kohlegruben heftige Konflikte entzündeten. Auf kultureller Ebene bestanden enge Verbindungen und eine enge Zusammenarbeit mit Frankreich – wie die Entstehung der Universität des Saarlandes und des Saarländischen Rundfunks unterstreichen –, die Brücken für die Zukunft bauten (vgl. Kap. I.6). Trotzdem entwickelte sich das Saarland in den folgenden Jahren zu einem permanenten politischen Zankapfel sowohl innerhalb der französischen Administration wie auch zwischen Franzosen und Deutschen (vgl. Kap. I.4).

Der südliche Teil der Zone setzte sich aus den südlichen Teilen Badens und Württembergs unter Einbeziehung des bayrischen Kreises Lindau zusammen, der die gemeinsame Grenze mit der französischen Besatzungszone in Österreich sicherte. Die französische Besatzungszone in Deutschland zerfiel somit in zwei künstliche Verwaltungseinheiten mit Freiburg als Hauptstadt von Süd-Baden und Tübingen als Hauptstadt von Württemberg-Hohenzollern, Württemberg ohne Stuttgart, Baden ohne Karlsruhe und das Rheinland ohne Köln: Damit lagen die traditionellen Zentren dieser Regionen außerhalb der französischen Besatzungszone, die weder in politischer noch in ökonomischer Hinsicht zusammenhing. Da die Amerikaner nicht bereit gewesen waren, die logistische Kontrolle über die Autobahn Karlsruhe–Stuttgart–München aufzugeben, fehlte es der französischen Zone zum Leidwesen der Verantwortlichen zudem an durchgehenden Verkehrswegen.

Nicht weniger problematisch stellte sich die Situation in Berlin dar, wo die genauen Sektorengrenzen bei Kriegsende noch nicht abgesteckt waren. Auch hier machte sich Frankreichs Status als „verspätete Siegermacht“ bemerkbar, konnten die Franzosen doch erst am 12. August 1945 ihre beiden Bezirke Reinickendorf und Wedding offiziell von den Briten übernehmen62 und ihre Besatzungsaufgaben im nunmehrigen französischen Sektor wahrnehmen63.

WBG Deutsch-französische Geschichte Bd. X

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