Читать книгу Shinobi - Die Auslöschung - Danny Seel - Страница 15

Оглавление

9. Kashiwara

Wir sind bald da, versuchte sich Yujiro zu ermutigen, als er zusammen mit den restlichen Iga-Kriegern durch den Wald marschierte, auf dem Weg zur Festung Kashiwara. Seit sie vor einigen Stunden aufgebrochen waren, waren sie alle von der Erschöpfung überwältigt worden, und konnten sich nur noch mit Mühe vorwärtsbewegen.

Tief einatmend warf er einen Blick auf Ryuzaki, der neben ihm ging. Inmitten der tiefen Trauer, die sein Neffe verspürte, bemerkte er einen neuen Ausdruck auf seinem Gesicht: brutale Entschlossenheit. Weshalb oder woher konnte er nicht genau sagen.

Auf einmal musste er an Ayato denken, da er oft an Ryuzakis Seite war. Obwohl er nichts von Ayato gehört hatte, vermutete er sein Schicksal zu kennen. Und wenn seine Vermutung stimmte, würden Fragen nach ihm Ryuzaki nur noch mehr Leid zufügen. Deshalb beschloss er, sich erst gar nicht mal über Ayato zu erkundigen.

Nach rechts schauend, blickte er zu Rintaro, der von zwei Männern auf einer Bahre getragen wurde. Rintaro schien sich schon ein wenig von der Amputation erholt zu haben, war jedoch immer noch bleich im Gesicht und äußerst schwach.

„Wie geht es dir?“, wollte Yujiro wissen.

„Es tut zwar sehr weh“, antwortete Rintaro mit einem schmerzvollen Lächeln, „doch ich bin einfach froh noch am Leben zu sein.“

Kiyonori musste sofort an die aufopferungsvolle Tat seines Waffenbruders denken und verspürte erneut eine große Dankbarkeit ihm gegenüber. „Rintaro, ich möchte mich vielmals bei dir dafür bedanken, dass du mir das Leben gerettet hast. Wenn du mich nicht zu Boden geworfen hättest, dann …“

„Gern geschehen. Ich hoffe bloß, dass ich so etwas nicht ein zweites Mal machen muss. Schließlich brauche ich noch meinen anderen Arm.“

Kameradschaftlich grinste er den Chūnin an, der sein Schmunzeln mit großer Ernsthaftigkeit erwiderte. Ein Schniefen machte sie jedoch auf Daisuke aufmerksam, der neben Suzaku schritt und mit geröteten Augen kummervoll vor sich hin starrte.

Daisuke hatte lange nach seinem Schwiegersohn unter den überlebenden Iga-Kriegern gesucht, bevor sie aufgebrochen waren. Als er ihn nicht finden konnte, hatte er noch herumgefragt, bis er jemanden fand, der behauptete, gesehen zu haben, wie dieser durch die Hände eines Oda-Soldaten den Tod erlitten hatte.

Yujiro wechselte einen mitleidigen Blick mit Rintaro aus. Schließlich ging der Erstere an Suzaku und an dem getragenen Rintaro vorbei, bis er an Daisukes Seite schritt. Tröstend flüsterte er ihm etwas zu. Weitere Tränen unterdrückend, blickte ihn Daisuke an und nickte, dankbar für die Unterstützung. Kiyonori stellte fest, dass der Krieg nur einen einzelnen Vorteil hatte: Durch ihn wurden sie nun alle mit einem festen Band verbunden.

Ein Ruf ließ sie vorwärtsschauen.

„Wir sind da!“

Erst jetzt bemerkten sie, wie sie den Wald verlassen hatten. Vor ihnen erstreckten sich viele überflutete Reisfelder, die durch mehrere schmalen Pfade sowie einen etwas breiteren getrennt waren. Sie alle führten zum Tor der Festung von Kashiwara, die sich, von den Feldern umgeben, in der Mitte befand.

Diese thronte auf einem hügeligen Gelände und hatte an ihrer östlichen Seite eine hohe Klippe, die unten an einen weitläufigen Wald angrenzte. Daher war jeglicher Angriff von dieser Seite aus unmöglich, wäre es von Nahkämpfern oder Bogenschützen erfolgt. Die Festung, die für Notfälle wie dieser errichtet worden war, könnte keinesfalls als groß beschrieben werden und besaß eher niedrige Mauern, die einen Innenhof umschlossen, in dem Yujiro die Dächer einiger Häuser herausragen sehen konnte.

Alle Iga-Krieger, die nun einem der Pfade folgten, verstummten, sobald sie die Festung sahen. Sie wussten besser als sonst jemand, dass das Auge trügen konnte und dass es außer den sichtbaren noch viele versteckte Verteidigungen gab. Doch sie wussten ebenfalls, dass dies entweder der Ort ihrer Erlösung oder ihres Untergangs sein würde. Hier würden sie gegen die Oda ausharren müssen.

Ein plötzlicher Schrei riss den Chūnin aus seinen Gedanken.

„Halt! Stehen bleiben!“

Alarmiert und mit geweiteten Augen signalisierte Tanba einer Gruppe von Samurai, die sich von den anderen entfernt hatten und einem zweiten Pfad folgten, dass sie diesen verlassen sollten.

„Geht sofort zurück und bleibt nur auf diesem Pfad hier! Auf den anderen sind überall Minenfelder!“

Die Bushi gehorchten unverzüglich und kehrten schnell zurück, bevor sie Momochi sowie den anderen Jōnin folgten. Zu erschöpft zum Sprechen gingen alle Iga-Krieger im Schweigen weiter. Es dauerte nicht lange, bis sie schließlich den Stützpunkt erreichten.

„Unsere Truppen sind hier!“, hörten sie jemanden aus der Festung rufen.

Schnell wurden die Tore geöffnet und die Iga-Krieger begaben sich still hinein. Die Identitätsprüfung erübrigt, weil die Jōnin Boten vorausgesandt hatten, um ihr Ankommen anzukündigen. Kiyonoris Blick fiel sofort auf die wenigen Häuser, die er in der Festung sehen konnte.

Einige kleine Gebäude waren an den Mauern entlang zu sehen. Ein paar von ihnen hatten Strohdächer, während andere mit herausragenden Dachziegeln bedeckt wurden. Das größte Haus befand sich hinten, mittig im Innenhof und war offensichtlich das Hauptgebäude.

Yujiro wandte seine Aufmerksamkeit der großen Menschenmenge zu, die ihn sowie die anderen Krieger im Innenhof erwartete. Er erblickte dort viele hoffnungsvolle Gesichter, die sich ihnen entgegeneilten. Während der Chūnin nach seiner Schwester suchte, sah er mehrere seiner Kriegskameraden, die erfreut und erleichtert von ihren Frauen, Kindern und anderen Verwandten empfangen und begrüßt wurden. Er bemerkte, wie sich alle seine Begleiter mit Ausnahme von Ryuzaki von ihm trennten, um ihre eigenen Familienmitglieder wiederzufinden.

Daisuke eilte seiner Frau und seiner Tochter entgegen. Die Letztere hielt ein Baby auf dem Arm, gefolgt von ihrem vierjährigen Sohn, der sich an ihrem Kimono festhielt. Daisukes Lippen kräuselten sich zu einem heiteren Lächeln, als er seinen kleinen Enkel aus den Armen seiner Tochter nahm.

Yujiro beobachtete sie einen Augenblick lang, wie sie hocherfreut miteinander sprachen, bis Schock sowie Trauer auf ihren Gesichtern erschien, als ihnen Daisuke etwas mitteilte. Im nächsten Moment fingen sie an zu weinen. Obwohl Kiyonori sie nicht hören konnte, wusste er, dass Daisuke ihnen über seinen Schwiegersohn berichtet haben musste. Dass er nicht mehr zurückkehren würde.

Es dauerte nicht lange, bis der Chūnin weiteres Weinen vernahm, das von den Frauen und Kindern von einigen seiner Kriegskameraden kam, die offensichtlich ebenfalls Familienmitglieder verloren hatten. Seine eigene Trauer unterdrückend, sobald er an Izuya dachte, suchte er in der Menge weiter, bis er mitten unter den Menschen Suzaku erblickte, der mit seiner Mutter, seinem verkrüppelten Vater und seiner Schwester Mineyo zu reden schien.

Nicht weit weg von ihnen stand Rintaros schwangere Frau mit ihrer kleinen Tochter, die beide erschrocken nach Luft schnappten, als sie den einarmigen Rintaro sahen. Entsetzt, dass er einen Arm verloren hatte, aber zugleich froh darüber, dass er am Leben war, liefen sie ihm besorgt entgegen.

Ein Freudenschrei ließ Kiyonori suchend zur Seite blicken: „Yujiro!“

Shinobi - Die Auslöschung

Подняться наверх