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2. Düstere Zeiten

Fünf Wochen zuvor …

„Yujiro! Wach auf!“

Verwirrt öffnete Kiyonori Yujiro die Augen. Sein Blick fiel sofort auf einen jungen Mann, der ihn wachrüttelte. Dieser hatte feingeschnittene Gesichtszüge und sah nicht allzu erfahren aus, obwohl sein Alter dafür ein Faktor sein könnte. Sich das Bein kratzend, erhob sich Kiyonori vom Gras, auf dem er eingeschlummert war, und blickte kurz zum Himmel auf.

Ich muss fünf oder sechs Stunden lang geschlafen haben, sagte er sich, als er feststellte, dass der Nachmittag bereits eingetreten war. Letzte Nacht war er ins feindliche Lager eingebrochen und hatte vergeblich versucht Nobukatsu, den Sohn des großen Daimyō, des Kriegsherrn, Oda Nobunaga, der ihre Heimat angriff, zu töten, sodass er komplett ermüdet war. Er verspürte einen schmerzlichen Stich in der Brust, als er sich daran erinnerte, was ihn zu dieser selbstmörderischen Tat veranlasst hatte: Teruos Tod.

Teruo, sein treuer Waffenbruder, der ihn vor einem halben Jahr verraten und anschließend wieder gerettet hatte, war während einer der Guerilla-Angriffe umgekommen. Yujiro hatte alles versucht, um ihm zur Hilfe zu kommen, war jedoch zu spät gewesen.

„Suzaku, wieso hast du mich geweckt?“, fragte er den jungen Mann, der etwas ungeduldig wirkte.

„Momochi-sama ruft dich“, erwiderte Suzaku rasch. „Du verspätest dich für den Kriegsrat.“

„Oh nein!“ Die Augen weitend, schnalzte Kiyonori mit der Zunge.

„Ich finde, du solltest dich etwas beeilen“, meinte sein Waffenbruder.

Yujiro setzte ein sarkastisches Lächeln auf. „Das hätte ich mir jetzt nicht gedacht.“

Suzaku schmunzelte kopfschüttelnd zurück. „Geh doch schon.“

Seinem Freund dankbar zunickend, entfernte sich Kiyonori und eilte durch die schmalen Straßen seines Heimatdorfes Nabari. Schließlich erreichte er nicht weit vom Dorfplatz das Anwesen des Jōnin, des Anführers ihres Clans, in dem nun die vielen Chūnin, Assistenten des Jōnin, zu denen auch Yujiro zählte, diesmal ohne den Clan-Ältesten, die nach Kashiwara gezogen waren, für einen Kriegsrat zusammengerufen wurden.

Er betrat Tanbas Anwesen, ging ans Ende des Korridors und öffnete die Doppeltür. Sein Blick fiel auf den großen Empfangsraum, wo sich bereits alle anderen Chūnin versammelt hatten. Diese knieten vor einer Estrade am Ende des Empfangszimmers, auf welcher Momochi saß, ein älterer, weiser Mann mit grauweißen Haaren sowie einem Kinn- und Schnurrbart. Sofort spürte Kiyonori die Augen aller Anwesenden auf sich.

Sich entschuldigend verbeugte er sich vor ihnen. „Ich bitte um Verzeihung für meine Verspätung.“

Der Jōnin nickte einfach schnell. Mit einer weiteren, flüchtigen Verbeugung nahm Yujiro auf den Tatami, den Strohmatten, Platz. Zu seiner Linken saß Sawada, sein ehemaliger Lehrmeister, der ihm während seiner Kindheit beinahe wie ein Vater gewesen war. Dieser begrüßte ihn mit einem kaum merklichen Nicken. Tanba vergeudete keine Sekunde und begann sofort.

„Wir haben nicht viel Zeit. Lord Nobukatsus Truppen rücken immer näher an Nabari heran und werden in wenigen Stunden hier sein.“ Er seufzte, bevor er fortfuhr: „Lord Nobunagas Armee dringt immer weiter in Iga vor und brennt auf dem Weg Dörfer, Schreine sowie Tempel nieder, ohne Frauen, ältere Menschen oder Kinder zu verschonen. Mir scheint es, dass die Geschichte sich wiederholt. Er wird mit uns genauso rücksichtslos verfahren wie mit den Kriegermönchen vom Berg Hiei vor zehn Jahren.“

Momochi hielt kurz inne und musterte seine Untergebenen mit einer äußerst ersten Miene. „Wie es manche von euch bereits wissen, setzt Lord Nobunaga – laut unseren Spionen – insgesamt mehr als vierzigtausend Männer gegen uns ein. Eine größere Armee als Lord Nobunagas hat es in Japan noch nie gegeben. Was wären eure Ratschläge über unsere Handlungsweise?”

„Wir können uns nicht länger verstecken!“, meinte einer der jüngeren Chūnin unvermittelt. „Wir müssen bleiben und kämpfen! Wir können nirgendwohin fliehen!“

„Ich entschuldige mich für meine Respektlosigkeit“, fing ein anderer an, dessen Gesicht leicht rot vor Wut war, „aber haben Sie den Verstand verloren? Mithilfe von den Koga wird es Lord Nobunaga leichtfallen, Iga einzunehmen, vor allem weil er nun viele unserer Tricks und Guerilla-Taktiken kennt, die nun wertlos sind … Und außerdem könnten wir uns in die Festung Kashiwara zurückziehen.“

„Und was dann?“, fragte Sawada gelassen.

Es entstand Schweigen, als jeder begriff, dass sie nirgendwo wirklich hinkonnten. Alle Provinzen um sie herum waren entweder unter Nobunagas Kontrolle oder gehörten seinen Verbündeten. Und Nobunaga war kein Mann, der für seine Barmherzigkeit bekannt war. Im Gegenteil. Es gab nicht wenige Menschen in Japan, die aufgrund seiner Brutalität dachten, dass er die lebendige Verkörperung eines Dämons war. Nobunaga selbst nannte sich der „Dämonenkönig“.

„Die Oda kesseln uns ein“, setzte Sawada fort, nachdem er seinen Standpunkt verdeutlicht hatte. „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, damit sie die Festung von Kashiwara nicht erreichen, wo die Frauen, Kinder und ältere Menschen Zuflucht suchen.“

Nach einem Moment des Schweigens äußerten andere Chūnin und Ältesten ihre Meinung, bis man anfing Nobunagas Absichten sowie Ambitionen genauer zu analysieren, um effektive Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Eine heftige Diskussion entstand, an der sich alle außer Yujiro beteiligten. Dieser schien ungewöhnlich still und nachdenklich zu sein. Auch Tanba bemerkte dies und sprach ihn darauf an, sobald er seine debattierenden Untergebenen beruhigt hatte.

„Und was meinen Sie dazu, Kiyonori-san? Sie haben bisher noch kein Wort gesagt.“

Yujiro, der die ganze Zeit aufmerksam zugehört und nachgedacht hatte, spürte, wie sich alle Augen auf ihn richteten. Nach einer kurzen Überlegung gab er seine Antwort.

„Etwas scheint hier ganz und gar nicht zu stimmen. Wieso würde ein machtgieriger Kriegsherr durch eine winzige Provinz wüten und jeden auf dem Weg umbringen?“ Er schüttelte den Kopf. „Dieser ganze Krieg geht nicht nur um territoriale Erweiterung …“

Er hielt kurz inne und blickte dem Jōnin todernst direkt in die Augen. „Ich glaube, Lord Nobunaga möchte uns alle auslöschen.“

Es entstand Stille. Fassungslos starrten viele vor sich hin, als sie begriffen, was Kiyonori meinte. Wieder einmal dachten alle daran, was aus ihnen werden würde, wenn sie den Krieg verlören … Ihr Schicksal wäre besiegelt.

Grübelnd strich sich Momochi über den Bart. Schließlich brach er das Schweigen. „Uns läuft die Zeit davon, deshalb werde ich nun unsere Strategie besprechen.“

Shinobi - Die Auslöschung

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