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Kapitel 5 Rückkehr aus dem Grab

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Am 30. Mai 1924, dem dritten Sitzungstag des neuen Parlaments, ging Giacomo Matteotti unter Buhrufen und Drohungen aus den Reihen der Faschisten zum Rednerpult. Er war zwei Jahre zuvor bei einer Säuberungskampagne gegen Gemäßigte aus der Sozialistischen Partei ausgeschlossen worden und hatte den reformistischen Partito Socialista Unitario (Sozialistische Einheitspartei) gegründet. An diesem Tag hatte er eine Botschaft. Die gerade zurückliegenden, von Gewalt bestimmten Wahlen sollten annulliert werden. Während er über Fälle von Einschüchterung aus dem ganzen Land berichtete, wurde er immer wieder von faschistischen Abgeordneten unterbrochen. „Lügen!“, brüllten sie. „Geh nach Russland zurück!“ Einer rief: „Genug! Was wird das hier? Müssen wir diese Beleidigungen hinnehmen?“ Eine zornige Phalanx von faschistischen Abgeordneten ging drohend nach vorne, „Sie sollten nicht im Parlament sein! Sie sollten unter Hausarrest stehen!“, schrie einer.[2] Nachdem Matteotti Dutzende Male unterbrochen worden war, beendete er schließlich seine Rede. Pfiffe der Faschisten übertönten den Applaus der Opposition. „Jetzt bereiten Sie besser meinen Nachruf vor“, bemerkte Matteotti zu einem seiner Kollegen, als er das Gebäude verließ.

Mussolini, der die Sitzung verfolgt hatte, war außer sich. Er drehte sich zu seinem Pressesprecher Cesare Rossi um und murmelte: „Diesen Mann sollte man aus dem Verkehr ziehen.“

Am 10. Juni sollte Matteotti erneut sprechen, diesmal um Mussolinis Regierung der Korruption anzuklagen. Als er nach dem Mittagessen von seiner Wohnung in der Nähe der Piazza del Popolo zum Parlament ging, packten ihn zwei Männer und versuchten, ihn in ein wartendes Auto zu zerren. Der 39 Jahre alte Matteotti war zwar weder groß noch sehr muskulös, aber mutig und flink. Er warf einen der Angreifer zu Boden und wollte gerade dem zweiten entkommen, als ein dritter Mann ihn mit einem Schlagring ins Gesicht schlug. Die Männer zerrten den halb bewusstlosen Abgeordneten ins Auto. Als er sich wehrte und die Trennscheibe zum Vordersitz zerschlug, schlugen seine Entführer brutal auf ihn ein.


Bild 9: Giacomo Matteotti.

Der Wagen raste durch die Straßen von Rom, und der Fahrer drückte ständig die Hupe, um Matteottis Hilferufe zu übertönen. Die Schreie endeten bald. Matteotti war tot. Ob die Männer den Befehl gehabt hatten, ihn umzubringen, ist ungeklärt, doch nun, da seine Leiche auf ihrem Schoß lag, suchten sie einen Ort, um sie loszuwerden. Rund 25 Kilometer außerhalb von Rom hoben sie im Wald unweit der Straße eine flache Grube aus.[3]

Als Matteotti zum Abendessen nicht nach Hause kam, erfuhr seine Frau, dass er das Parlament gar nicht erreicht hatte, und die Suche begann. Am nächsten Abend kamen die ersten Berichte von Augenzeugen der blutigen Entführung des Sozialistenchefs und der rasenden Fahrt des Autos.

Dass ein prominenter Abgeordneter an einem Tag die Faschisten kritisieren und praktisch am nächsten gewaltsam entführt werden konnte, schockierte fast jedermann, außer den abgebrühtesten fascisti. Inmitten des Aufruhrs versuchte Mussolini, sich von dem Mord zu distanzieren. Bis zum 14. Juni hatte er den Polizeichef und den Unterstaatssekretär des Inneren gefeuert. Der Verdacht fiel auf Cesare Rossi, der nicht nur Mussolinis Pressesprecher war, sondern auch einen faschistischen Schlägertrupp anführte. Rossi tauchte unter. Bald verfingen sich weitere hochrangige Faschisten im Netz der Untersuchungen.

Spuren aus dem Auto, das für die Entführung benutzt worden war, erlaubten es der Polizei, die Mörder des Sozialistenchefs zu identifizieren. Ihr Anführer Amerigo Dumini hatte vor seinen Kameraden geprahlt, er habe schon ein Dutzend Männer auf Befehl der Spitzen des Regimes umgebracht. Dumini war Amerikaner und wurde 1894 in St. Louis als Sohn eines italienischen Einwanderers und einer Engländerin geboren. Als Jüngling war er nach Italien gegangen, hatte im Krieg in der italienischen Armee gekämpft und stand später als einer von Mussolinis zuverlässigen Killern unter Rossis Befehl.

Fünf Monate zuvor hatte Mussolini sich mit Rossi und mehreren führenden Faschisten getroffen, um eine kleine, geheime Einheit für gewalttätige Einsätze zu schaffen. Dumini sollte die Gruppe zusammenstellen. Im Juni bekam er den Befehl, Matteotti zu beseitigen, vermutlich von Rossi.[4]

Das Land war im Aufruhr. Die Prügel- und Rizinusölattacken gegen sozialistische Aufrührer waren das eine gewesen, aber der Mord am Chef einer großen Oppositionspartei im Parlament, offenbar auf Befehl der höchsten Ebene des faschistischen Regimes, war etwas anderes. Dass er am helllichten Tag mitten in Rom geschehen war, verstärkte nur die Empörung. In den letzten eineinhalb Jahren war Mussolini vom Anführer einer gewalttätigen Bewegung, die am meisten für ihre Schläger bekannt war, zum zunehmend respektierten Regierungschef aufgestiegen. Viele seiner Unterstützer hatten geglaubt – oder zumindest gehofft –, er habe seine brutale Vergangenheit hinter sich gelassen, doch der Mord an Matteotti besagte etwas anderes. In den nächsten Tagen und Wochen begann das gesamte Netz von Unterstützern – alten Nationalisten und Liberalen, Großindustriellen und kleinen Ladenbesitzern –, das Mussolini so sorgfältig gewoben hatte, sich aufzulösen.[5]

Als Matteottis Leiche Ende Juni immer noch nicht gefunden war, trafen Oppositionsvertreter zusammen und schworen, an keiner Parlamentssitzung mehr teilzunehmen, bis Mussolini die faschistische Miliz und die Geheimorganisationen aufgelöst hatte, die er zur Terrorisierung der Opposition aufgebaut hatte.

Konservative Zeitungen wandten sich gegen ihn. Il Giornale d’Italia, das ihn bis dahin unterstützt hatte, forderte die volle Identifizierung der für den Mord Verantwortlichen. Die Mittelschicht, die weitgehend hinter Mussolini gestanden hatte, begann sich ebenfalls abzuwenden; sie hatte eine konservative, nationalistische Regierung gewollt, keinen blutbefleckten Tyrannen. Menschen zerrissen ihre Mitgliedskarten der Faschistischen Partei, und Oppositionsabgeordnete erhielten Beifall auf offener Straße, wenn sie durch Rom gingen. In manchen Gegenden hatten faschistische Milizionäre, die bis dahin hochmütig durch die Straßen stolziert waren, Angst, sich öffentlich in Uniform zu zeigen.[6] Das Regime wackelte; nur wenig konnte seinen Sturz noch aufhalten.

Ein Strom von Erfolgen hatte Mussolinis Ego aufgebläht, doch nun wurde er in der Krise unzugänglich. Seine Stimmung war so düster, dass selbst seine engsten Mitarbeiter Angst hatten, ihm zu begegnen. „Im Palazzo Chigi“ – wo Mussolini damals residierte – „atmete man die Luft des Grabes“, sagte sein Assistent Quinto Navarra.[7]

Die Stille war umso bemerkenswerter, als das Gebrüll des aufbrausenden Tyrannen regelmäßig durch seine Tür gedrungen war, wenn er Untergebene belehrte und zusammenstauchte. Nun drang kein Laut mehr heraus. Auf dem Höhepunkt der Krise fand Navarra den Premierminister eines Tages in seinem Büro vor: „Zu sagen, Mussolini habe bloß bestürzt ausgesehen, als ich die Tür etwas öffnete und ihn überraschte, wäre eine Untertreibung.“ Der untröstliche Mann schüttelte den Kopf hin und her und schlug ihn jedes Mal gegen den vergoldeten Holzrahmen seines hohen Stuhls. Seine Augen waren weit geöffnet, er schnaufte und murrte.[8]

Ein Telefonmitschnitt – denn er hatte die Polizei offenbar angewiesen, seine Geliebte abzuhören – hielt Mussolinis klagendes Gespräch mit Margherita Sarfatti fest:

„Wie geht es dir?“, fragte sie.

„Was erwartest du denn?“

„Irgendwas neues?“

„Nichts … inzwischen überrascht mich nichts mehr. … Am meisten regt mich auf, dass ich nicht weiß, was meine sogenannten Freunde denken – die, die mich verraten haben.“

Margherita riet ihm, sein Urteil nicht durch seine schlechte Laune bestimmen zu lassen.

„Es geht nicht um schlechte Laune“, erwiderte er. „Das Schicksal hat meinen Feinden leider die besseren Karten gegeben, und wenn ich das Spiel verliere, und das ist fast sicher, kann ich nicht mal das Gesicht wahren!“[9]

Mussolinis Versuche, sich von dem Mord zu distanzieren, scheiterten an der Identität der mutmaßlich Verantwortlichen, denn unter ihnen waren einige seiner engsten Vertrauten. Das Ende des Regimes schien nah.

Der Senat – dessen Mitglieder vom König bestimmt, nicht gewählt waren – trat zwei Wochen nach dem Mord wieder zusammen. Mussolini stand auf, um zu sprechen. Er sagte, er wolle die Geschehnisse ebenso dringend aufklären wie jeder andere, und führte die Festnahme der Mordverdächtigen und die Entlassung hoher Beamter als Beweis für seine Ehrlichkeit an.[10] Während die meisten seine Worte völlig unzureichend fanden, beeilte sich ein Mann, ihn zu beglückwünschen. In einem blumigen handschriftlichen Brief an Mussolini sagte Pater Tacchi Venturi, der geheime Mittelsmann des Papstes, wie sehr ihn die Rede beeindruckt habe. Er war voller Lob für Mussolinis gute Werke und bat Gott, seinen künftigen Erfolg zu bewirken.[11]

Als sich herumsprach, dass ihr Anführer im Schockzustand war, kamen besorgte Faschistenchefs aus den Provinzen nach Rom, um ihn aus seiner Apathie zu wecken. Zu ihrem Entsetzen fanden sie ihn wie betäubt vor. Leandro Arpinati aus Bologna meinte, Mussolini habe wie im Fieber gewirkt, mit roten Augen, als habe er geweint. Auf Arpinati wirkte er wie ein Geschäftsmann kurz vor der Bankrotterklärung.[12]

Für den Papst war der Mord an Matteotti eine Katastrophe. In Mussolini hatte der Vatikan endlich einen italienischen Regierungschef gefunden, mit dem er arbeiten konnte. Nun, da sich die Kräfte der Opposition verbanden, um das Parlament zu boykottieren und die Rückkehr zu den verfassungsmäßigen Rechten zu fordern, war Mussolinis Macht gefährdet. Der Papst beschloss, alles ihm Mögliche zu seiner Rettung zu tun, und wandte sich gegen den Beschluss der Volkspartei, sich der Koalition anzuschließen, die Neuwahlen forderte. Obwohl die Partei nicht formal von der Kirchenhierarchie abhängig war, konnte sie kaum weiterhin behaupten, die katholische Partei Italiens zu sein, wenn der Papst sich öffentlich von ihr distanzierte.[13]

Ende Juni, als die Italiener desorientiert waren und Mussolinis Schicksal in der Schwebe hing, brachte die Vatikanzeitung L’Osservatore Romano einen Kommentar zur Krise, der Katholiken an die Lehre der Kirche vom Gehorsam gegenüber der weltlichen Gewalt erinnerte und vor einem „Sprung ins Dunkel“ warnte. Die vom Vatikan kontrollierte Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica folgte mit einem Artikel des Chefredakteurs Pater Rosa, der ebenfalls Gehorsam gegenüber der Regierung forderte. Jeder Versuch, die gegenwärtige Regierung zu untergraben, riskiere die Anarchie. Besonders wandte er sich an die Unterstützer der Volkspartei und warnte, gute Katholiken könnten nicht mit Sozialisten kooperieren.[14]

Der Vatikan machte den Führern der Volkspartei klar, dass ihre Versuche, den Faschismus zu stürzen, nicht willkommen waren. Dennoch bemühten sie sich mit anderen Oppositionsgruppen, Italien auf den Weg zu einer parlamentarischen Demokratie zurückzubringen.[15]

Pius XI. versuchte, Mussolinis erlahmten Kampfgeist aufzumuntern. Am Morgen des 20. Juli, einem Sonntag, sagte der Papst zu Tacchi Venturi, er solle den verzweifelten Regierungschef seiner Unterstützung versichern. Am Nachmittag schickte der Jesuit eine kurze Botschaft an Mussolini: „Exzellenz, heute Morgen gefiel es Seiner Heiligkeit, zu mir von Eurer Exzellenz in Worten zu sprechen, die sicherlich besonders willkommen und tröstend sein werden.“ Er unterstrich die letzten Worte und fuhr fort, es wäre am besten, wenn sie sich bald persönlich treffen würden, damit er Mussolini die Gedanken des Papstes direkt mitteilen könnte. Als der bedrängte Premier die Botschaft zwei Tage später öffnete, schrieb er mit farbigem Bleistift darüber: „Donnerstagmittag 12 Uhr“. So brachte der Mittelsmann des Papstes mitten in Mussolinis dunkelsten Tagen die Unterstützung des Papstes.[16]

Doch Pius XI. beschränkte sich nicht auf tröstende Worte. Er wandte sich erneut um Hilfe an Pater Rosa. Bei einem Treffen mit dem Chefredakteur von La Civiltà Cattolica in seiner Bibliothek wies der Papst ihn Ende Juli an, einen neuen Artikel über die Krise zu schreiben. Zwei Tage später kam Kardinal Gasparri selbst in die Redaktion, um Rosas Entwurf abzuholen. Im Lauf der nächsten Tage gingen die Entwürfe zwischen dem Vatikan und der Redaktion hin und her, nun mit den schwarzen Bleistiftkorrekturen Pius XI. Nach der endgültigen Genehmigung durch den Papst konnte der anonyme Artikel gedruckt werden.[17]

Der Artikel lobte Mussolini zunächst für alles, was er für die Kirche getan hatte, und implizierte, er habe nichts mit dem Mord an Matteotti zu tun gehabt, dann warnte er, gewaltsame Aktionen gegen die Regierung seien niemals zu rechtfertigen. Sogar die Anwendung legitimer Mittel zu ihrem Sturz, etwa durch Neuwahlen, solle vermieden werden, denn sie würde „schwere Übel“ bringen. Am wichtigsten sei, dass die Volkspartei niemals eine Allianz mit den Sozialisten rechtfertigen könne.[18]

Eine weitere peinliche Lage entstand für den Papst, als Matteottis Ehefrau und seine Mutter ihn wiederholt um eine Audienz baten. Da er vermutete, sie wollten um eine weitere Schwächung Mussolinis bitten, lehnte er ab. Er wollte aber nicht kaltherzig erscheinen und wies Gasparri an, die beiden Frauen zu empfangen und jeder einen von ihm geweihten Rosenkranz zu geben.[19]

Sollte es noch Zweifel über die kontinuierliche Unterstützung des Papstes für Mussolini gegeben haben, so endeten sie Anfang September, als er zu einer Gruppe von Studenten sprach. Italienische Katholiken könnten niemals mit Sozialisten zusammenarbeiten, sagte er ihnen.[20]

Mussolini wusste, wie entscheidend die Unterstützung des Papstes für seinen Kampf ums Überleben war. Inmitten der Krise ließ er seinen Kindern Religionsunterricht geben. Die zwölfjährige Edda, der achtjährige Vittorio und der sechsjährige Bruno empfingen alle am selben Tag die Erstkommunion und die Firmung.[21]

Als der Papst diese willkommene Nachricht empfing, stand er gerade vor einem weiteren Problem. Obwohl Don Luigi Sturzo den Vorsitz der Volkspartei aufgegeben hatte, schrieb er immer noch regimekritische Artikel. Das ärgerte Mussolini, und es bedeutete, dass Sturzo eine sichtbare Oppositionsfigur blieb. Pius XI. wies ihn an, seine Angriffe einzustellen.[22]

Daraufhin bot der sizilianische Priester an, das Land zu verlassen, und der Papst begrüßte diesen Vorschlag. Es würde Sturzo nicht nur von der politischen Landkarte Italiens entfernen, sondern auch eine mögliche große Peinlichkeit vermeiden. Solange er sich in Italien aufhielt, bestand das Risiko, dass irgendeine Faschistenbande ihn auf ihre Todesliste setzen könnte, was dem Papst die fortgesetzte Unterstützung der Regierung weiter erschweren würde. Ende Oktober reiste Sturzo in der Hoffnung ins Ausland, es werde nur für kurze Zeit sein. Sein Exil sollte 22 Jahre dauern.[23]

Unterdessen hatte Mussolini neue Sorgen, denn die Faschistenchefs in den Provinzen stellten zunehmend seine Entschlossenheit in Frage. Ende 1924 behauptete ein Artikel mit der Überschrift „Faschismus gegen Mussolini“, die einzige echte Unterstützung für ihn komme aus den Provinzen, und kritisierte die Entscheidung, Matteottis Mörder festzunehmen. Schlimmer noch, drei Tage später erschien in Frankreich ein von Cesare Rossi über den Mord verfasster Bericht, der Mussolini direkt damit in Verbindung brachte. Der Chefredakteur des Corriere della Sera aus Mailand, der angesehensten italienischen Zeitung, legte Mussolini den Rücktritt nahe. Gerüchte über einen möglichen Militärputsch mischten sich mit Spekulationen, der König wolle bald einen neuen Premierminister ernennen.[24]

Wenn Mussolini nicht wegen der Matteotti-Krise abgesetzt wurde, dann deshalb, weil die Opposition keine tragfähige Alternative anbieten konnte – nicht zuletzt wegen der fortgesetzten Anstrengungen des Papstes, jede mögliche Allianz für ein Ende der faschistischen Herrschaft zu untergraben. Mangels einer tragfähigen Alternative waren aber weder der König noch die Armee zum Handeln bereit.[25]

Da er diese Lage erkannte, gewann Mussolini sein Selbstvertrauen zurück. Der Moment, als ihm der Sturz des Faschismus gewiss erschien, war vorüber. Am 3. Januar 1925, nicht ganz sieben Monate nach der Ermordung Matteottis durch faschistische Killer, erhob er sich, um im Parlament zu sprechen. Es sollte die dramatischste Rede seiner Karriere werden.

„Ich erkläre hier vor dem Parlament und dem ganzen italienischen Volk, dass ich und ich allein die volle politische, moralische und historische Verantwortung für alles übernehme, was geschehen ist“, sagte Mussolini.

„Wir stehen alle hinter dir!“, riefen die faschistischen Abgeordneten.

„Wenn der Faschismus eine kriminelle Organisation gewesen ist, stehe ich an der Spitze dieser Organisation!“

„Wir stehen hinter dir!“ Der Applaus wurde lauter.

„Wenn die Gewalt das Ergebnis eines bestimmten historischen, politischen und moralischen Klimas war, dann übernehme ich die Verantwortung dafür, denn ich habe dieses historische, politische und moralische Klima geschaffen.

Meine Herren! Sie haben sich etwas vorgemacht! Sie haben gemeint, der Faschismus wäre am Ende …, aber Sie werden sehen … Italien will Frieden, es will Ruhe. Wir werden ihm diese Ruhe geben, durch Liebe, wenn es möglich ist, und durch Gewalt, wenn es nötig ist.“

Mit diesen Worten begann der faschistische Angriff auf die letzten Reste der Demokratie in Italien.

Der erste Stellvertreter

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