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Die Söhne Gottes

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In Genesis 6 wird für die „Söhne Gottes“ der Begriff Ben Elohim bzw. (Plural) Bnei Elohim verwendet. Dieser Ausdruck kommt in der hebräischen Bibel häufig vor. Nach traditioneller Auslegung bezeichnet er Engelwesen. Diese Wesen tauchen normalerweise im Kontext eines himmlischen Rates von Engeln auf, die gemeinsam mit dem allerhöchsten Gott Entscheidungen treffen.2 Außer in Genesis 6,2–4 finden wir die Bnei Elohim in Hiob 1,6 und 2,1. Sie treffen sich im Himmel; Satan gehört ebenfalls zu ihnen. An dieser Stelle erscheint Satan das erste Mal in der Bibel als eine Art Staatsanwalt oder „Verkläger der Brüder“, eine Rolle, die er bis in die Offenbarung beibehält. (Siehe Offenbarung 12,10). Hiob 38,4–7 fügt noch hinzu, dass diese „Söhne Gottes“ bei der Schöpfung der Welt anwesend waren. Wir begegnen ihnen erneut in einer merkwürdigen Geschichte, über die in 1. Könige 22,19–23 berichtet wird, während wir in Sacharja 3 auf einen ähnlichen göttlichen Gerichtsprozess stoßen. In Psalm 89,6–8 sehen wir die Bnei Elohim erneut in der „Versammlung der Heiligen“ (Kadoschim), was sich wiederum auf ein Gericht der Engel bezieht. In Psalm 82,6 sind die „Söhne des Höchsten“ erneut als himmlische Richter tätig. Schließlich erwähnt Daniel 4 diese Engelwesen zweimal, wobei er den Begriff „Wächter“ verwendet (Verse 14 und 20).

Diejenigen unter uns, die an Christus glauben, können sich darauf freuen, eines Tages selbst zu „Söhnen Gottes“ zu werden (siehe Matthäus 5,9; Römer 8,19; Galater 3,26), allerdings erst, nachdem wir unsere neuen verherrlichten Körper am Ende unsere Zeit empfangen haben. Dann werden wir „den Engeln gleich“ sein (siehe Lukas 20,36). Doch im Kontext von Genesis 6,2–4 wurden die „Söhne Gottes“ ursprünglich sowohl vom Judentum als auch vom frühen Christentum als Engelwesen identifiziert.3 Laut dieser allgemein anerkannten Sichtweise gehörten sie zu den himmlischen Heerscharen, wobei einige dieser „Wächter“ rebellierten, indem sie auf die Erde kamen, um mit Menschen Geschlechtsverkehr zu haben. Dadurch verletzten sie die von Gott festgesetzte Trennung zwischen Himmel und Erde. Die hybriden Nachkommen dieser verbotenen Verbindung waren Riesen, die man auf Hebräisch Nephilim nannte. Selbst der jüdische Historiker Josephus vertritt in seinem Buch „Jüdische Altertümer“ (Buch 1, Kapitel III) diese Sicht und vergleicht ihre hybriden Nachkommen mit „denen, die die Griechen Giganten nennen.“4

Allerdings begannen jüdische Kommentatoren im zweiten Jahrhundert den Begriff „Söhne Gottes“ als bösartige menschliche Herrscher über Dynastien oder Richter in einer Gesellschaft zu interpretieren, die verbotenerweise mit den gewöhnlichen Töchtern Kains schliefen. Diese Umdeutung war hauptsächlich eine theologische Reaktion auf die doppelte Herausforderung durch das Christentum und den Hellenismus; ersteres konzentrierte sich auf die Anbetung eines unverkennbaren Gott-Menschen, während letzterer einen Himmel voller Götter und ihre Nachkommen verehrte, die halb menschlich, halb göttlich waren. Manche frühe Kirchenväter entwickelten eine ähnliche Theorie, dass die Söhne Gottes menschliche Nachkommen der „gerechten“ Abstammungslinie Seths waren, die das Gebot der Heiligkeit verletzten und Frauen aus der ungerechten Abstammungslinie Kains heirateten. Nach diesen späteren Ansätzen waren die Nephilim einfach nur die mächtigen Krieger einer uralten Epoche.5

Doch nirgendwo in der Bibel werden Seth und seine Nachkommen als gerecht, erwählt oder als Söhne Gottes identifiziert. Tatsächlich beschreibt Lukas 3,38 Seth als „Sohn Adams“, der wiederum als „Sohn Gottes“ bezeichnet wird. Auch Jesus wird als „der Sohn Gottes“ betitelt (siehe beispielsweise Matthäus 14,33) und als „eingeborener Sohn vom Vater“ (Johannes 1,14). Doch, um es noch einmal zu betonen, jede andere biblische Erwähnung der „Söhne Gottes“ (Bnei Elohim) spricht von Engelwesen.

Manche Leser reagieren möglicherweise immer noch allergisch auf die Vorstellung, dass Engel in Menschengestalt erscheinen können. Doch in der Bibel haben nicht alle Engel Flügel. Uns wird über zahlreiche gehorsame Engel berichtet, die wie Menschen aussahen, als sie ihre göttlichen Aufträge ausführten. Das schließt die beiden Engel ein, die geschickt wurden, um Lot aus Sodom zu retten (siehe Genesis 19,5–10); den Engel, der mit Jakob rang (siehe Genesis 32,24), und selbst den Engel, der im leeren Grab Jesu saß, beschreibt die Bibel als „Jüngling“, der „ein langes weißes Gewand“ anhatte (Markus 16,5). Daher werden wir aufgefordert, Fremden gegenüber gastfreundlich zu sein, da wir ohne unser Wissen „Engel beherbergen“ könnten (Hebräer 13,2). Unterdessen haben ungehorsame Engel offensichtlich eine ähnliche Fähigkeit, verschiedene Erscheinungsformen anzunehmen. Paulus warnt seine Leser sogar davor, dass Satan sich als Engel des Lichts verstellen würde. „Darum ist es nichts Großes, wenn sich auch seine Diener verstellen als Diener der Gerechtigkeit“ (2. Korinther 11,15 L).

Am Ende macht der Kontrast zwischen den Söhnen Gottes und den Töchtern der Menschen in Genesis 6 nur einen Sinn, wenn sich der Abschnitt auf die Vereinigung von Menschen mit Engeln bezieht, nicht darauf, dass Adelige sich mit Gewöhnlichen vermischen oder eine Abstammungslinie mit einer anderen. Indem sie das Irdische mit dem Himmlischen vermischten und riesige Mischwesen erzeugten, überschritten sowohl die übergriffigen Engel als auch die rebellischen Menschen eine Grenze mit Gott. Und diese unheilige Verbindung spielte bei seiner Entscheidung, die Welt des Altertums zu richten, eine große Rolle.

Im Neuen Testament folgten Petrus und Judas dieser traditionellen Ansicht, dass die Söhne Gottes in der Flutgeschichte ungehorsame Engel waren. Dabei stützten sich beide Verfasser auf das Buch Henoch, ein Werk, das zeitlich zwischen dem Alten und Neuen Testament entstand. Es wurde zwar nicht in den biblischen Kanon aufgenommen, erfuhr jedoch sowohl von Juden als auch von Christen in der Ära des zweiten Tempels große Wertschätzung.

Noah, Darwin und KI

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