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Butch hatte kaum sein Zimmer betreten, als schon das Telefon klingelte. Wendy Morocco war am Apparat.

„Ich versuche schon seit einer halben Stunde, dich zu erreichen“, schmollte sie. „Ich rufe von der Hotelbar aus an.“

„Was ist, Baby? Soll ich runterkommen?“

„Ich komme zu dir. Marvin schläft. Er hat eine halbe Flasche Whisky hinuntergehauen, und die hat ihm nach den paar Bieren zum Abendessen den Rest gegeben. Dinah Dorman sitzt übrigens an der Bar und wirft ihre Netze aus. Offenbar will sie nicht auf dem Trockenen sitzen, wenn Morgan Franchette zur Luftnummer zusammenschrumpft.“ Wendy Morocco sprach von einer der beiden Telefonzellen in der Bar aus. Butch spürte, dass sein Puls schneller hämmerte. Seine Kehle wurde trocken. Es war ein heißer, schwüler Tag. In der Nacht noch oder spätestens am nächsten Tag musste es ein Gewitter geben. „Komm“, sagte er. „Ich warte.“

Fünf Minuten später war Wendy Morocco da. Heiße, leidenschaftliche Stunden begannen. Wendy hatte eine Haut wie Samt, und sie war so leidenschaftlich wie ein Vulkan. Butch musste sich anstrengen.

Um zwei Uhr morgens hörte er den Feueralarm. Nackt sprang er aus dem Bett, lief zum Fenster und zog die Lamellenjalousie hoch. Nun sah er den roten Feuerschein am Himmel. Es brannte beim Motodrom, und es war kein kleines Feuer. Löschwagen rasten mit Blaulicht und Sirenengeheul herbei.

Wendy trat neben Butch. Sie hatte keinen Faden am Leib, aber darauf achtete der blonde Hüne jetzt nicht. Der Widerschein des hoch lodernden Feuers zeichnete rötliche Reflexe auf ihren braunen Körper.

„Das muss die Ford-Halle sein, die da brennt“, sagte Wendy. „Die Wagen, die darin stehen, sind hin. Hoffentlich greift das Feuer nicht auf die anderen Hallen über, sonst ist das ganze Rennen im Eimer.“

„Dieser Idiot Slaughter!“, sagte Butch und schlug mit der rechten Faust in die offene linke Handfläche. „Es kann nichts passieren, hat er gesagt. Ich habe es mir gedacht, dass etwas kommt. Ich muss zum Motodrom, Wendy.“

„Ich sehe zu, dass ich in mein Zimmer komme. Der Lärm dürfte sogar Marvin aufwecken.“

Es hatte für Butch immer einen seltsamen Beigeschmack, wenn er Marvin Catloes Namen hörte. Wendy Morocco war dessen Freundin, seine Rennfahrerbraut. Aber verheiratet waren sie nicht, und Butch hatte keine Verpflichtungen gegen Marvin Catloe, von dem sich Wendy sowieso trennen wollte.

Wenn ihr Verhältnis andauerte, würde er ihr aber beibringen, dass sie mit Catloe Schluss machen sollte. Butch mochte keine Dreiecksverhältnisse.

Er zog sich an, Wendy ebenfalls. Ihr Zimmer lag neben dem Marvin Catloes, wie Butch wusste, und war durch eine Zwischentür mit ihm verbunden. Butch schnallte das Schulterholster mit der schweren, stahlglänzenden Coltpistole um und zog die Jacke über.

Er schaute in den Flur und sondierte die Lage. Troy Nashville, der Rennfahrer-Professor, Chester Artur und zwei Mechaniker gingen gerade zum Lift. Butch wartete, bis sie ihn betreten hatten. Dann winkte er Wendy Morocco herbei.

„Die Luft ist rein.“

Sie tauschten einen flüchtigen Kuss. Dann huschte Wendy den Gang entlang. Butch schloss die Zimmertür, die außen nur einen Knopf hatte, und lief zur Treppe. Er eilte vom siebten Stock hinunter und kam noch rechtzeitig, um Chester Artur und die anderen am Hotelausgang abzufangen.

Verschlafene Männer, manche davon nur teilweise bekleidet, standen im Foyer und vor dem Hotel, auch einige Frauen und Mädchen. Alle hatten irgendwie mit dem Rennen zu tun und waren aufgeregt.

„Was ist los?“ fragte Butch Chester Artur.

„Die Ford-Halle brennt“, sagte der Teamleiter wütend. „Und rate mal, wem das zu verdanken ist?“

„Der Erpresser-Gang.“

„Darauf kannst du wetten. Los, Leute, wir sehen uns die Sache an.“

Die Männer liefen los. Bis zum Motodrom war es nicht weit. Prasselnd stiegen die Flammen in den Nachthimmel, und Funkengarben stoben empor. Immer noch kamen Feuerwehren aus Kansas City und Umgebung mit Blaulicht und Sirenengeheul an. Polizisten sperrten neugierige Zuschauer ab.

Halb Kansas City war auf den Beinen, um sich den Brand anzusehen. Butch sah einen Aufnahmewagen des örtlichen Fernsehsenders. Die Zuschauer grinsten und waren fasziniert.

Die Leute von den Rennteams drängten sich in die vordersten Reihen vor. Polizisten hielten sie zurück. Feuerwehrautos standen bei der Brandstelle, und Feuerwehrleute hielten die prallen Hochdruckschläuche.

Die paar Hydranten auf dem Renngelände reichten für diesen Brand nicht aus. Schlauchleitungen wurden zum Lake Quivira verlegt, um den die Rennstrecke führte. Zwei Feuerwehrwagen fuhren Hebebühnen aus, von denen herunter in die Flammen gespritzt wurde.

Die Hallen hinter den Boxen standen etwas auseinander. Auch auf den Dächern der am nächsten stehenden Hallen standen Feuerwehrleute, hielten mit Wasserschläuchen in die Flammen und fluteten die Dächer. Es sollten nicht noch andere Hallen in Brand geraten.

„Bei Ford ist kein Wagen mehr heil“, sagte Butch zu Chester Artur. „Das ist einwandfrei eine Brandstiftung, da brauche ich kein Untersuchungsergebnis abzuwarten. Die Halle hat an allen vier Ecken zu brennen angefangen.“

Der Teamleiter spuckte aus.

„Das kannst du laut sagen.“ Er sah den Ford-Teamleiter Francis Micholson mit ein paar von seinen Fahrern und Mechanikern stehen. Er ging zu ihm, gefolgt von Butch. „Sieht so aus, als wären eure Chancen für Sonntag hinüber, Micky.“

Micky Micholson fragte aggressiv: „Freut dich das?“

„Bei Gott nicht. Das ist eine ganz gewaltige Schweinerei! Wisst ihr schon etwas über die Ursachen des Brandes?“

„Und ob“, sagte Micholson mit zusammengebissenen Zähnen. „Mein Zimmertelefon hat mich aus dem Schlaf geklingelt. Ich dachte, da hat einer von den Jungs aus dem Team wieder mal Mist gebaut, eine Bar in Trümmer gehauen oder so etwas. Ich ging also an den Apparat, völlig verschlafen. Da sagte eine offensichtlich verstellte Stimme: ,Ihr habt nicht zahlen wollen, jetzt kriegt ihr eure Lektion. Das nächste Mal will ich Moneten sehen, wenn ich welche verlange, sonst kommt es noch viel bunter. ‛ Bevor ich auch nur fragen konnte, wer am Apparat sei, legte der Anrufer schon auf. Während ich noch überlegte, ob das alles nur ein dummer Scherz sei, hörte ich auch schon den Feueralarm.“

„Eine Sauerei!“, sagte Chester Artur wieder. „Ich würde ziemlich alles tun, damit meine Fahrer deine schlagen, Micky, aber immer auf faire Weise.“

„Na, na! Ich habe nicht vergessen, wie du mir Troy Nashville abgeworben hast. Von wegen fair.“

„Das gehört zum Geschäft, das ist etwas anderes. Wer ein zartes Seelchen hat, soll ins Kloster gehen oder für die Wohlfahrt arbeiten. Der Rennsport ist keine Branche für Heilige. Aber diese Brandstiftung und all das, dafür habe ich kein Verständnis. Wenn mir der Kerl in die Finger fällt, braucht er keinen Richter mehr.“

Butchs Theorie, dass Insider hinter den Erpressungen und den Anschlägen steckten, fand neue Nahrung. Wer sonst hätte die Durchwahlnummer des Zimmertelefons von Francis Micholson wissen sollen? Über die Hotelzentrale konnte der Anruf nicht gekommen sein, sonst hätte sich diese zuerst gemeldet und Micholson das erwähnt.

Butch sah sich nun weiter um. Er erblickte Kenneth Slaughter, den General-Motors-Sicherheitschef, bei einem Polizeibus, vor dem ein paar leitende Ränge der City Police beider Kansas Citys und FBI-Agenten standen.

Auch ein paar Sicherheitsleute von General Motors und anderen Firmen waren dabei. Butch sagte zu einem Cop, der ihn zurückhalten wollte, er arbeite für General Motors und sei den FBI-Leuten bekannt.

So drang er bis zu Kenneth Slaughter vor. Stotternd versuchte Slaughter gerade, einem Captain der City Police zu erklären, weshalb die Sicherheitseinrichtungen versagt hatten.

„Wir hatten einen Patrouillendienst eingerichtet, und alle Türen waren verschlossen“, sagte Slaughter. „Mir ist es ein Rätsel, wie das passieren konnte.“

„Schon mal etwas von Wachsabdrücken und Nachschlüsseln gehört?“, fragte Butch freundlich. „Sie waren doch so sicher, dass nichts passieren könne, Mr. Slaughter. Das wird Noel Gorman und den GM Präsidenten aber gar nicht freuen.“

Slaughters Gesicht war vom Feuerschein angeleuchtet. Trotzdem sah man, dass er bleich wurde. Er schluckte. Vielleicht bedeutete der Vorfall heute das Ende seiner Laufbahn bei General Motors.

Butch klopfte ihm auf die Schulter.

„Nehmen Sie's nicht so schwer, Mr. Slaughter. Wir machen alle Fehler. Hauptsache, man lernt etwas daraus.“

Butch sprach noch mit Polizeioffizieren und FBI-Agenten. Wie der Brand genau zustande gekommen war, wusste keiner. Plötzlich waren überall in der Halle die Flammen hochgeschossen. Für Butch war die Sache klar. Der oder die Brandstifter hatten offene Benzinkanister in der Halle verteilt und ein paar Knäuel öl- oder benzingetränkter Putzwolle hingelegt.

Durch eine Zündvorrichtung, einen einfachen oder komplizierten Zeitzünder, war der Brand entfacht worden. In die Halle gekommen waren der oder die Täter sicher mit Nachschlüsseln. Es musste jemand sein, der die Örtlichkeiten gut kannte.

Die Halle, in der die Ford-Fahrzeuge untergebracht waren, konnte nicht mehr gerettet werden. Sie brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die Feuerwehr hatte den Brand nach der ersten hektischen Dreiviertelstunde unter Kontrolle. Andere Hallen gerieten nicht in Brand.

Butch sah die Fahrer und die Mechaniker der verschiedenen Rennteams vollzählig unter den Zuschauern des Brandes. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Der oder die Brandstifter hatten reichlich Zeit gehabt, in aller Ruhe ins Hotel zurückzukehren und dann mit den anderen an der Brandstelle zu erscheinen.

Auch Wendy Morocco und Dinah Dorman sah der blonde Detektiv. Sie standen bei Marvin Catloe und Morgan Franchette. Franchette hatte den Arm um Dinah Dormans Hüfte gelegt.

„Vier Wagen weniger als Konkurrenz, gut“, tönte er. „Aber mit dem neuen BRM Zwölfzylinder-Motor hätte ich die Jungs ohnehin in Grund und Boden gefahren.“

Um vier Uhr, nachdem er sich noch einmal kurz mit dem G-Man Horace Bond unterhalten hatte, dem Einsatzleiter des Grand-Prix-Falles, ging Butch ins Hotel und legte sich ins Bett. Cantrell wollte er am Vormittag anrufen. Zu sagen gab es im Moment doch nichts, außer der Tatsache, dass die Halle vollständig abgebrannt war.

So weit war es zu dem Zeitpunkt, als Butch zu Bett ging, zwar noch nicht. Aber das ließ sich von einem Armamputierten an den Fingern abzählen. Der blonde Hüne schnarchte schon längst, als an der ausnahmsweise in der Nacht geöffneten Hotelbar noch heiße Debatten stattfanden.

So wie bei Showleuten die Show weitergehen musste, hatte der Rennbetrieb weiterzulaufen. Nach 4.30 Uhr morgens schickten die Teamleiter ihre Fahrer ins Bett. Sie mussten am nächsten Tag fit sein, denn die Vorbereitungen auf das große Rennen würden fortgesetzt werden, mit Vollgas.

Brian Marchwell, der junge Top-Rennfahrer, hatte mit den Kollegen und anderen Leuten aus der Rennbranche an der Bar und im Foyer des Hotels zusammengesessen. Die große Foyerhalle hatte eine Glasfront, die einen guten Ausblick auf die Brandstelle bot.

Um 5.00 Uhr morgens wurde es schon hell. Brian Marchwell gähnte, als er auf sein Zimmer ging. Es wunderte ihn, dass die Tür nicht abgeschlossen war, als er den Schlüssel im Schloss drehte.

Es war seine Gewohnheit, Hotelzimmer grundsätzlich abzuschließen, wenn er sie verließ. Aber vielleicht hatte er es diesmal wegen des Brandes in der allgemeinen Aufregung vergessen.

Er war zu müde, um sich lange Gedanken über diese Bagatelle zu machen. Es interessierte ihn auch viel mehr, wie es nun am Sonntag mit dem Formel-1-Rennen aussah. Die vier Wagen des Ford-Rennteams waren verbrannt, aber Ford hatte schließlich auch noch andere.

Er hatte ebenso wie die anderen Fahrer Francis Micholson bedrängt, sich dafür einzusetzen, dass sofort neue Rennwagen hergeschickt wurden. Micholson hatte nichts versprochen, aber gesagt, er werde sich darum kümmern.

Brian Marchwell zog gerade seine Kleider aus, als er ein leises Geräusch vom Bad her hörte. Er drehte sich um und erschrak. Die Badezimmertür war geöffnet worden. Ein Mann stand vor dem blondlockigen jungen Rennfahrer.

Er hatte einen Rennfahrerhelm auf dem Kopf und trug ein Tuch über der unteren Gesichtshälfte. Ansonsten hatte er Zivilkleidung an, Jeans und ein legeres Sporthemd. Seine Augen hinter der Schutzverglasung des Helmes funkelten kalt.

In der linken Hand hielt er eine klobige Schalldämpferpistole, die rechte war hinter dem Rücken verborgen. Schnell trat er auf Brian Marchwell zu, der nur noch mit einer Unterhose und den Socken bekleidet war.

„Was willst du?“ fragte Marchwell. „Was soll das?“

„Keinen Laut!“, sagte eine dumpfe Stimme hinter dem Tuch hervor. „Die Hände hoch.“

Marchwell hob die Hände. Er war ein ganzes Stück größer als die unheimliche Erscheinung mit der Schalldämpferpistole. Der Mann stand nahe vor ihm. So nahe, dass die Schalldämpfermündung beinahe Brian Marchwells Leib berührte.

„Willst du mich umbringen?“, fragte der junge Rennfahrer mit trockener Kehle.

Der Mann mit dem Sturzhelm schüttelte den Kopf.

„Nein, Brian, es geht um ganz was anderes“, sagte er.

Marchwell atmete auf. Eine Zentnerlast fiel ihm vom Herzen.

In diesem Moment riss der Mann mit dem Sturzhelm die Rechte hinter dem Rücken hervor. Er hielt einen Eispickel mit nadelspitz gefeilter Spitze darin.

Er rammte ihn Brian Marchwell in die Brust, ins Herz. Dann trat er einen Schritt zurück. Der junge Rennfahrer schaute mit weit aufgerissenen Augen auf den Eispickel mit dem kunststoffüberzogenen Griff, der in seiner Brust steckte.

Der Schmerz verebbte. Brian Marchwell wusste mit glasklarer Gewissheit, dass er sterben musste. Sein Mörder und alles erschien ihm unwichtig im Angesicht des Todes. Er merkte nicht, dass ein Ächzen über seine Lippen kam.

Er fühlte sich plötzlich ganz leicht. Stationen seines Lebens zogen an ihm vorüber wie ein Film. Es waren angenehme Dinge, die er noch einmal erlebte, in Sekundenbruchteilen, die ihm sehr lange vorkamen.

Er dachte an seine Kindheit, an seine Anfänge als Rennfahrer, an seine waghalsigen Spekulationen und an seine ersten Grand-Prix-Siege. Er fühlte wieder den Triumph, der ihm die Brust sprengen wollte, als er auf dem Siegerpodest stand, den Pokal in der Hand, und die Massen ihm zu jubelten.

Er dachte noch einmal an das Mädchen, das er liebte, und glaubte, ihre Küsse zu schmecken. Brian Marchwell starb. Er war frei von Angst. Er spürte nicht mehr, wie er au f den Boden aufschlug.

Sein Mörder drehte ihn mit der Spitze seines Tennisschuhs auf den Rücken. Er sah in Brian Marchwells Augen, die gebrochen und glasig zur Decke starrten. Im Gegensatz zu dem, was er gefühlt hatte, war Marchwells Gesicht schrecklich verzerrt und entstellt.

Der Mörder, der hauchdünne Handschuhe trug, löschte das Licht, öffnete die Tür und schaute auf den Gang. Niemand war in der Nähe. Der Mörder verließ das Zimmer seines Opfers und huschte durch den Gang zur Treppe.

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