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Am Donnerstagnachmittag traf Butch Morgan Franchette an der Todeswand, jenem kreisrunden Kessel mit den senkrechten Holzwänden, an denen die Todesfahrer ihre Künste zeigten. Butch war mit seiner Münch erschienen. Franchette mit einer MV Agusta Rennmaschine.

Ein Dutzend Fahrer und fünf Mechaniker waren dabei, ferner Wendy Morocco, Dinah Dorman und ein anderes Girl, das zu einem der Rennfahrer gehörte. Die Teamleiter durften von dem Duell nichts wissen. Chester Artur hätte getobt, wenn er gewusst hätte, dass einer seiner Fahrerchampions kurz vor dem Rennen einen derartigen Wahnsinnsakt riskierte.

Ein paar von den Todesfahrern und die beiden Männer, denen das Unternehmen gehörte, standen ebenfalls dabei. Morgan Franchette hatte alles arrangiert. Butch spürte Gewissensbisse, dass er sich auf so etwas einließ, aber er konnte jetzt nicht mehr zurück.

Es war ein heißer Tag. Von dem Gewitter in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch war nichts mehr zu merken. Im Kessel schien die Luft zu kochen.

Die beiden schweren Maschinen waren aufgebockt.

„Wir losen aus, wer als erster fährt“, sagte Morgan Franchette, der wie Butch im Motorraddress erschienen war, allerdings in weißem Leder im Gegensatz zu Butchs schwarzer Kluft.

Er nahm zwei Streichhölzer aus der Tasche und brach eines ab. Hinter seinem Rücken nahm er die Streichhölzer so in die Hand, dass nur die roten Köpfe hervorragten. Der Rennfahrer hielt Butch die Hand hin.

„Such dir eines aus. Wenn du das kürzere Streichholz ziehst, fährst du zuerst. Umgekehrt ich.“

Butch wählte nicht lange und zog aufs Geratewohl. Er erwischte das kürzere Holz, setzte den Helm auf und machte sich fertig. Ein Todesfahrer gab ihm ein paar Tipps. Das Tor zum Kessel wurde geöffnet. Butch warf die Münch Mammut an.

Wendy Morocco warf ihm eine Kusshand zu und reckte die Fäuste hoch. Sie hielt Butch die Daumen.

Der blonde Hüne fuhr in den Kessel. Erst musste er auf der Sohle im Kreis herumrasen, bis seine Geschindigkeit hoch genug war, und sich dann an der Steilwand hochschrauben. Zum Schluss würde er, wenn er so weit kam, mit einer Höllengeschwindigkeit in der Vertikale dahinrasen.

Eine solche Steilwandfahrt erforderte eine vollkommene Beherrschung der Maschine und enormen Mut. Man konnte leicht aus der Bahn getragen werden und einen halsbrecherischen Sturz bauen. Besonders gefährlich waren die Momente, in denen man auf die senkrechte Bahn ging und sie wieder verließ.

Wenn Butch auf dem Grund des Kessels landete und wenn dann vielleicht noch seine 246 kg schwere Maschine auf ihn fiel, war der Ofen aus. Dann konnte er allenfalls noch Rollstuhl fahren.

Oder Leichenwagen, dachte der blonde Hüne mit grimmigem Humor, als er im Kessel die Geschwindigkeit steigerte. Dann blieb ihm keine Zeit mehr für abschweifende Gedanken. Vor fünfzehn Jahren war er einmal die Todessteilwand gefahren, seitdem nicht mehr.

Er war völlig konzentriert und angespannt. Er drehte mächtig auf. Der Vierzylinder-Motor dröhnte. Die Bande, an der Butch hoch musste, flog nur so vorbei. Der Steilwandkessel hatte einen Durchmesser von fünfzig Metern. Butch kam er sehr eng vor.

War die Geschwindigkeit der Maschine hoch genug, dass Butch es wagen konnte? Er gab noch mehr Gas. Dann half ihm nichts mehr. Jetzt musste er es riskieren, sonst schaffte er den Absprung vielleicht nie. Der Moment der Überwindung war gekommen, der Augenblick, der ihn zerschmettern konnte.

Butch zog die Maschine an der Steilwand hoch. Es gelang. Er raste in der Vertikalen rundherum, mit einer Neigung von neunzig Grad zum Boden und den Zuschauern oben. Sie starrten in den Kessel und hielten den Atem an.

Butch hörte die Rufe nicht, sah nicht die Gesichter und die anfeuernden Gesten. Morgan Franchette hatte sein Pokerface aufgesetzt.

Butch zählte seine Runden nicht. Siebenundachtzig waren es gewesen, sagte man ihm später. Dann kam der kritische Augenblick, als er die Geschwindigkeit drosselte. Doch er schaffte den Übergang in die senkrechte Stellung wieder gut.

Er ließ die Maschine auslaufen und hielt in der Mitte des Kessels. Jubel prasselte auf ihn nieder. Butch schwamm unter seiner Motorradkombination in Schweiß. Das Tor wurde nun wieder geöffnet, und Butch fuhr aus dem Kessel.

Er hielt vor Franchette.

„Es ist eine gefährliche Sache“, sagte er. „Ich nehme es dir nicht übel, wenn du es nicht riskieren willst.“ Morgan Franchette kniff die Lippen zusammen und fuhr in den Kessel. Das Zufahrtstor, das einen Teil der Steilwand bildete, wurde geschlossen. Butch stellte den Motor der Münch ab und bockte sie auf.

Jetzt fühlte er sich ein wenig wacklig auf den Beinen. Aber der Durchmesser des Kessels war zu groß, als dass ihm schwindlig geworden wäre beim Rundherumfahren.

Morgan Franchette begann nun die Steilwandfahrt, von seinen Rennfahrerkollegen angefeuert. Auch Butch trat an den Rand des Steilwandkessels. Franchette steigerte die Geschwindigkeit mehr und mehr.

Für Butchs Geschmack viel zu früh, riss er die Maschine die vertikale Steilwand hoch. Aber er schaffte den Übergang reibungslos. Die Schwerkraft und die Fliehgeschwindigkeit pressten ihn an die Wand des Kessels.

Er drehte Runde auf Runde. Franchette wollte Butch beschämen und seinen Ruf festigen. Aber es kam auch der Augenblick, da er wieder von der Steilwand heruntermusste. Er drosselte das Tempo, und dann geschah es.

Als Morgan Franchette die abgeflachten Ränder der Steilwand überfuhr, kam die schwere Agusta Rennmaschine ins Trudeln. Der Rennfahrer konnte sich nicht halten. Das Motorrad krachte auf den Boden, und Morgan Franchette hatte Glück, dass er nicht darunter geriet.

Es polterte und dröhnte auf den Bretterbohlen. Franchette stieß einen Schmerzensschrei aus und blieb liegen. Das Tor wurde geöffnet, und die Rennfahrer und Mechaniker stürzten zu Franchette in den Kessel. Auch Butch lief zu dem Gestürzten hin, gefolgt von Wendy Morocco, Dinah Dorman, den Todesfahrern und ihrem Boss.

Morgan Franchette war blass im Gesicht. Er setzte sich nun auf und hielt sich den rechten Arm.

„Mein Handgelenk tut teuflisch weh“, sagte er,

Butch streifte den Ärmel seiner Kombination zurück. Er brauchte Morgan Franchettes Handgelenk nur kurz zu betasten, um seine Diagnose zu stellen.

„Das Handgelenk ist gebrochen“, sagte er. „Hast du sonst noch Schmerzen, Franchette?“

„Ja, verdammt, überall. Aber ich glaube nicht, dass etwas kaputt ist. Das hast du mir eingebrockt, du verdammter Halunke.“

Von den Männern sagte keiner etwas. Aber Dinah Dorman schwieg nicht.

„Das hast du dir selber zuzuschreiben, Morgan“, sagte sie. „Du warst verrückt darauf, O’Reilly zu beweisen, dass du ,Der Größte ‘ bist. Jetzt kannst du am Sonntag mit deinem gebrochenen Handgelenk nicht starten, und ob es bis zu dem in vier Wochen stattfindenden Rennen von Indianapolis verheilt ist, scheint mir sehr zweifelhaft.“

Morgan Franchette fluchte mit zusammengebissenen Zähnen. Seine Rennfahrerkollegen halfen ihm auf die Beine und führten ihn zu einem der parkenden Wagen. Franchette musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Vier Mechaniker hoben Franchettes Maschine vom Boden auf. Der Seitenspiegel war abgebrochen und der Ständer verbogen, sonst hatte das Motorrad keine Schäden davongetragen, wenn man vom etwas verbogenen vorderen Seitenblech absah.

Butch verließ nun mit Wendy Morocco und Dinah Dorman den Steilwandkessel.

„Dieser Idiot!“, zischte die blonde Dinah. Sie hatte eine Oberweite wie ein Busenstar. „Das hat er jetzt von seiner Angeberei und seinem Getue.“

Butch sagte nichts darauf. Er fand, dass es nicht die feine englische Art war, wie Dinah Dorman sich gegen Morgan Franchette benahm. Wenn sie sich von ihm trennen wollte, war das ihre Sache. Aber dann brauchte sie ihm nicht noch ausgerechnet dann einen Fußtritt zu versetzen, wenn er am Boden lag.

Aber Dinah Dorman hatte bei dem überheblichen Morgan Franchette sicher einiges auszustehen gehabt und konnte sich jetzt nicht bremsen. Die Dorman und Wendy Morocco, die hübsche Mulattin, umschwärmten Butch.

„Fantastisch, wie du gefahren bist, Jack“, sagte Wendy. „Du könntest den Todesfahrern Konkurrenz machen.“

„War das deine erste Fahrt im Todeskessel?“ wollte Dinah Dorman wissen.

Butch sagte wahrheitsgemäß, dass er vor Jahren schon einmal an der Steilwand gefahren war.

„Die beiden Male reichen mir auch bis zu meinem Lebensende“, sagte er. „Noch einmal werde ich das Risiko nicht auf mich nehmen. Das Ganze war eine Narrheit, und es tut mir leid, dass Franchette sich das Handgelenk gebrochen hat. Aber meine Idee war es nicht.“

Marvin Catloe, der geholfen hatte, Franchette in einen Wagen zu verfrachten, kam nun mit ein paar anderen Männern herbei. Butch verabschiedete sich von Wendy und Dinah. Die Augen der bildhübschen Mulattin enthielten ein Versprechen.

Butch wurde es heiß, wenn er sie nur ansah. Er warf nun die Münch an und fuhr zum Renngelände.

Am frühen Abend bekam Butch von Chester Artur den Kopf gewaschen. Der Leiter des General-Motors-Rennteams machte ihn zur Schnecke wie einen dummen Jungen. Einmal in Fahrt, nahm der Teamleiter kein Blatt vor den Mund.

„Du bist noch dümmer, als du lang bist!“, fuhr er Butch an. „Wie kannst du dich auf so etwas einlassen, noch dazu mit einem meiner Rennfahrer, den ich am Sonntag dringend brauche. Hättest du dir nur den Hals gebrochen, du langes Laster.“

„Jetzt halt mal die Luft an, Chester! Es war Morgan Franchettes Idee, das können eine Menge Leute bestätigen.“

Das Gespräch fand in der Bar des Motodrom Hotels statt. Natürlich hatte sich die Geschichte von dem Motorradduell im Todeskessel schon herumgesprochen. Ein paar Reporter belauerten die Szene.

„Na und?“, schrie Chester Artur. „Franchette, dieses Großmaul, hat doch ständig verrückte Ideen. Wer nur für fünf Cent Verstand hat, lässt ihn reden und denkt sich sein Teil. Als ob wir nicht schon genug Probleme hätten, veranstaltet ihr beiden nachgemachten Menschen so etwas. Aber davon wird Tony Cantrell erfahren, Butch, darauf kannst du dich verlassen.“

Der blonde Hüne war eigentlich schon zerknirscht, zeigte es aber nicht Er verließ die Bar, ohne sich um die Reporter zu kümmern. An diesem Abend kam er mit seinem Fall nicht weiter.

Wenn er irgendwo aufkreuzte oder auch nur anrief, fragte man ihn gleich nach der Todesfahrt im Steilwandkessel. Morgan Franchettes Handgelenk war tatsächlich gebrochen, wie Butch inzwischen wusste. Es handelte sich auch noch um einen komplizierten Splitterbruch. Sonst hatte Franchette bei seinem Sturz nur Prellungen abbekommen.

Butch gab es schließlich auf und ging früh zu Bett. Der Freitag kam, der letzte Tag vor dem großen Rennen. Am späten Vormittag erhielt John Curtis, der Rennteamleiter von Buick, mit der Post einen Brief. Er enthielt die Forderungen der Erpresser für die Geldübergabe.

Butch sah eine Fotokopie des Briefes in einem Konferenzzimmer des Hotels. Der G-Man Horace Bond zeigte sie ihm. Das FBI hatte eine Einsatzzentrale im Hotel Motodrom eingerichtet. Butch las. Die Erpresser hatten sich einiges einfallen lassen.

Bei dem Geld sollte es sich um eine Million Dollar in gebrauchten Scheinen und ohne fortlaufende Seriennummern handeln. Noten nicht über hundert Dollar wurden gefordert.

Den Koffer mit dem Geld hatte ein einzelner Mann auf die Rennbahn zu bringen, und zwar am Samstag, während des Formel-2-Rennens. Er sollte eine bestimmte Kleidung tragen: helle Hosen, Sommerhut und eine Jacke mit Rennfahrernamen und Rennplaketten, wie sie Fans anzogen.

So ausstaffiert sollte er sich mit seinem Koffer an der Südkurve aufhalten. Ein Mann würde ihn ansprechen und ihm einen Zettel mit der Losungsnummer 362774 zeigen.

Diesem Mann hatte der Überbringer des Geldes den Koffer wortlos zu übergeben. Dann sollte er sich umdrehen und in der nächsten halben Stunde seinen Platz nicht verlassen.

„Was halten Sie davon, Mr. O’Reilly?“, fragte G-Man Bond, der Einsatzleiter des Grand-Prix-Falles.

„Mir erscheint die Sache verdammt zu einfach“, antwortete Butch. „Die Gangster müssen damit rechnen, dass wir sie bei der Geldübergabe schnappen wollen. Ich bin davon überzeugt, dass sie einen Trumpf im Ärmel haben.“

„Trumpf hin, Trumpf her, ein Mann mit einem Koffer voll Geld kann sich nicht einfach in Luft auflösen. Wir werden die Kerle fassen. Das FBI und das Cantrell-Team zusammen, da kann nichts schiefgehen.“

Butch teilte den Optimismus des G-Mans nicht. Er hatte ein ungutes Gefühl. In der nächsten halben Stunde sprach er mit Bond über die Beschattung des Mannes, der das Geld übernehmen sollte, über Patrouillen in neutralen Wagen die ein Entkommen unmöglich machen sollten und über die Möglichkeiten, den Geldkoffer mit einem Peilsender oder Mini-Abhörgerät zu versehen.

Ein Netz, aus dem er nicht mehr entkommen konnte, sollte um den Übernehmer des Geldes gesponnen werden. Er würde die Verfolger zu den Hintermännern der Grand-Prix-Gang führen, wenn er nicht selbst dazugehörte, so glaubte Horace Bond.

Butch verließ ihn skeptisch. Am Samstagvormittag wollte Tony Cantrell aus Chicago auf dem Fairfax Municipal Airport ankommen. Das Flughafengelände von Kansas City befand sich zur Hälfte im Bundesstaat Kansas und zur Hälfte im Bundesstaat Missouri.

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