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Der Aufstand von Aššuwa und die Achijawa-Frage

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Kehren wir noch einmal zum Jahr 1430 v. Chr. zurück, als sich die Hethiter und ihr König Tudhalija I./II. mit einer Koalition abtrünniger Staaten auseinandersetzen mussten. Diese Staaten bezeichnete man kollektiv als »Aššuwa«. Ihr Standort war der Nordwesten der Türkei, gleich bei den Dardanellen, wo im Ersten Weltkrieg die Schlacht von Gallipoli stattfand. Die hethitischen Tontafeln nennen uns die Namen aller 22 verbündeten Staaten, die sich gegen die Hethiter auflehnten. Die meisten dieser Namen sagen uns heute nichts mehr und lassen sich auch nicht verorten, mit Ausnahme der beiden letzten auf der Liste: Wilusiya und Taruisa – diese verweisen wahrscheinlich auf Troja und seine Umgebung.56 Der Aufstand begann offenbar, als Tudhalija I./II. und seine Armee von einem Feldzug in Westanatolien zurückkehrten. Als der hethitische König von der Rebellion erfuhr, kehrte er mit seiner Armee sofort um und marschierte nach Nordwesten, nach Aššuwa, um den Aufstand niederzuschlagen. Wie der hethitische Bericht uns mitteilt, stand Tudhalija persönlich an der Spitze seiner Armee und besiegte die Konföderation von Aššuwa.

Die Aufzeichnungen zeigen, dass man aus Aššuwa 10.000 Soldaten, 600 Pferdegespanne mitsamt Wagenlenkern sowie »die eroberte Bevölkerung, Ochsen, Schafe, [und] den Besitz des Landes« mit nach Hattuša brachte, als Gefangene und Beute.57 Darunter befand sich der König von Aššuwa und sein Sohn Kukkuli, ein paar weitere Mitglieder der Königsfamilie von Aššuwa und deren Angehörige. Schließlich ernannte Tudhalija Kukkuli zum König von Aššuwa und installierte Aššuwa wieder als Vasallenstaat des Hethitischen Reiches. Kukkuli jedoch hatte nichts Besseres zu tun, als seinerseits prompt zu rebellieren, nur um ebenfalls von den Hethitern besiegt zu werden. Kukkuli wurde hingerichtet, die Koalition von Aššuwa wurde zerstört und verschwand komplett von der Bildfläche. Ihr Vermächtnis lebt in erster Linie in der Bezeichnung »Asien« weiter, möglicherweise aber auch im Mythos vom Trojanischen Krieg, denn die Namen Wilusiya und Taruisa weisen nach Meinung mancher Wissenschaftler eine starke Ähnlichkeit auf zu den bronzezeitlichen Namen für die Stadt Troja/Ilion und deren umgebende Landschaft, die Troas.

Hier kommt nun das Schwert ins Spiel, das man in Hattuša fand, mit der Inschrift von Tudhalija I./II., denn – wie oben erwähnt – wurde es nicht vor Ort hergestellt. Schwerter dieser Art kennt man in erster Linie vom griechischen Festland des 15. Jahrhunderts v. Chr. Es handelt sich nämlich um ein mykenisches Schwert (oder zumindest eine sehr gute Imitation eines mykenischen Schwertes). Warum ein solches Schwert beim Aufstand von Aššuwa verwendet wurde, ist eine Frage, auf die wir keine Antwort wissen; wurde es von einem Aššuwa-Soldaten benutzt, von einem mykenischen Söldner oder vielleicht von jemand ganz anderem?

Neben einem ausführlichen Bericht gibt es noch fünf weitere hethitische Tontafeln, die Aššuwa und/oder den Aufstand erwähnen. Eine bestätigt in knappen Worten das Vorgefallene – sie beginnt: »So spricht (…) Tudhalija, der Großkönig: Als ich Aššuwa zerstört hatte und wieder zurück in Hattuša war (…)«58 Die interessanteste Tafel ist das Fragment eines Briefes, dessen Bruchstücke durchaus die Fantasie anregen, aber immerhin zweimal den König von Aššuwa erwähnen und einmal Tudhalija. Auch dieser Text bezieht sich auf einen Feldzug und erwähnt u.a. das Land Achijawa, den König von Achijawa und Inseln, die dem König von Achijawa gehören. Der Brief ist beschädigt und unvollständig, man darf also nicht allzu viel darauf geben, dass hier Aššuwa und Achijawa in ein und demselben Text auftauchen. Aber er scheint immerhin anzudeuten, dass Aššuwa und Achijawa zur damaligen Zeit in irgendeiner Art und Wiese miteinander in Verbindung standen.59

Dieser Brief trägt die Bezeichnung KUB XXVI 91 (nach seiner Erstveröffentlichung in Deutschland), und man nahm lange an, der König der Hethiter habe ihn an den König von Achijawa geschickt; kürzlich jedoch hat jemand vorgeschlagen, es könne genau andersherum gewesen sein, nämlich dass er vom König von Achijawa stammte – damit wäre dies der einzige existierende Brief, der aus dieser Region und von diesem König verschickt wurde.60 Aber um welche Region handelt es sich überhaupt, und wer war der König? Wo lag dieses Achijawa? Diese Frage hat viele Forscher einen Großteil des vergangenen Jahrhunderts lang umgetrieben. Heute sind sich die meisten Wissenschaftler darüber einig, dass Achijawa auf dem griechischen Festland lag: Es war das Reich der Mykener, wahrscheinlich mit der Stadt Mykene als Zentrum. Dies weiß man durch 25 Tontafeln aus dem hethitischen Archiv in Hattuša, die binnen eines Zeitraums von fast 300 Jahren entstanden (ab dem 15. bis Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr.) und die in verschiedenen Zusammenhängen Achijawa erwähnen. Die gründliche Untersuchung dieser Tafeln hat ergeben, dass sie sich nur auf das griechische Festland und die Mykener beziehen können.61 Bevor wir mit unserer Geschichte fortfahren, soll an dieser Stelle wieder ein kurzer Exkurs folgen, bei dem wir diesmal die Mykener kennenlernen wollen.

1177 v. Chr.

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