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»Die Vertreibung aus der Hölle« kann gleichzeitig als Zeitroman und historischer Roman bezeichnet werden: »Noch stärker als in der Trilogie (…) ist in ›Die Vertreibung aus der Hölle‹ die tragisch-groteske menschliche Determiniertheit durch die Geschichte präsent.«11

Der erste Erzählstrang thematisiert die spanische Inquisition des 17. Jahrhunderts und die Vertreibung der portugiesischen Juden aus ihrer von ihnen als paradiesisch empfundenen Heimat, während der zweite Erzählstrang Österreich aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt. Die Geschichte wiederholt sich nur scheinbar: Sowohl der Völkermord im Namen der katholischen Kirche als auch der Holocaust nach der arischen Rassenlehre beruhen auf böser menschlicher Berechnung. Menasse lässt eine historisch fundierte christlich-katholische Wahnsinnsideologie in einer biografisch untermauerten Schicksalsgeschichte und eine zeitgenössische linksliberale Karriere eines Historikers parallel laufen. Der ehemalige Samuel Manasseh ben Israel wird Schriftgelehrter, Politiker und Lehrer, hingegen ist der gegenwärtige Viktor Abravanel im Werk von Menasse eine bekannte, wiederholt vorkommende Figur, die die großen Ereignisse des Lebens aus Feigheit, Unverständnis oder aus Dummheit verpasst. Sie teilen ein epochenübergreifendes Schicksal: Unvorbereitet begegnen beide Hauptfiguren der Zugehörigkeitspflicht zum Judentum, die von anderen geregelt und dementsprechend vorgeschrieben wird.

TEXT + KRITIK 234 - Robert Menasse

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