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1.2 Das Verhältnis zu jüdischen Aussagen über das Nasiräat

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Es ist häufig gegen eine Deutung des Haarescherens in Kenchreä als einer Handlung im Zusammenhang eines Nasiräats vorgebracht worden, diese Handlung müsse im Tempelbezirk bzw. in Jerusalem vorgenommen werden. Nun sind wir über die Gepflogenheiten innerhalb des DiasporajudentumsDiasporajudentum diesbezüglich nicht gut informiert.1 Die Möglichkeit der Übernahme des Gelübdes im Ausland steht außerhalb jeglicher Frage.2 In der Mischna Naz 3,6 und im Traktat NazirTraktat Nazir 19b, 20a des babylonischen Talmud werden die Bedingungen zur Erfüllung des Gelübdes für den aus dem Ausland kommenden Nasiräer diskutiert. Konnten die Haare, wie bei Act 18,18 zu vermuten, auch in der Diaspora geschoren, damit die Zeit des Gelübdes beendet, die eigentlichen Auslösungsfeierlichkeiten hingegen allein in Jerusalem abgelegt werden? J. Klausner hat vermutet, es sei unter den Diasporajuden Brauch gewesen, das Haar außerhalb Palästinas zu scheren.3 P. Billerbeck erkennt in Act 18,18 einen Beleg dafür, „dass das Nasiräatgelübde auch im Ausland übernommen werden“ konnte.4 Mit gewisser Einschränkung schreibt er sodann aber, dass keine derjenigen Stellen, welche die Freiheit zum Scheren an einem beliebigen Ort ansprechen, „sich auf das Scheren des Nasiräers im Auslande“ bezieht.5 Auch M. Boertien hat in seiner Abhandlung keinen Zweifel daran gelassen, dass es möglich war und tatsächlich auch vorkam, das Haar in der Diaspora zu scheren und die eigentliche Auslösung sodann im Jerusalemer Tempel vorzunehmen, obwohl dieser Sachverhalt aus den Quellen so nicht zu belegen ist.6 Der Mischnatraktat Nazir 6,8b weiß zu unterscheiden zwischen demjenigen, der im Tempelbereich, und demjenigen, der in der Provinz das Haar hat scheren lassen. Das Wort Provinz (מדינה‏‎) wird in der Mischna entweder als Gegensatz zum Tempelbezirk oder zu Jerusalem gebraucht. So belegt dieser Satz wohl, dass zwischen dem Schneiden der Haare und der Auslösung im Tempel ein zeitlicher und räumlicher Abstand liegen kann,7 ein deutlicher Beleg für die Möglichkeit des Schneidens der Haare im Ausland ist damit aber nicht gegeben.8 Wohl aber setzt mNaz 6,8b Diskussionen darüber voraus, ob auch derjenige, der außerhalb Jerusalems oder des Tempels sein Haar hat scheren lassen, es unter dem Kessel im Tempelbereich verbrennen soll oder nicht. Es gab wohl auch die Sitte (vgl. bNaz 45b), dass Diasporajuden das abgeschorene Haar im Ausland begraben haben.9 Jos, Bell 2,313–314 berichtet von der Königin Berenike, die nach Jerusalem gekommen ist, um das Nasiräatsgelübde zu erfüllen. Josephus umschreibt zwar den Inhalt des Gelübdes, Enthaltung von Wein und Schneiden der Haare, er sagt aber nicht, dass Letzteres etwa in der Nasiräerkammer im Jerusalemer Tempel vollzogen wurde. Einen gewissen Sonderfall stellt der Brauch ägyptischer Juden dar, das Scheren im Tempel zu Leontopolis vorzunehmen (mMen 13,10).10 Da also auf jeden Fall die Möglichkeit bestand, das Haar außerhalb Jerusalems (in Palästina) scheren zu lassen, könnte Act 18,18–22 einem Nasiräatsgelübde zugeordnet werden und wäre zugleich einziger deutlicher Zeuge für die Möglichkeit des Scherens in der Diaspora.11 Das möglicherweise in Korinth abgelegte Gelübde findet einen vorläufigen Abschluss im Scheren der Haare in Kenchreä, sein eigentliches Ende aber mit einem Ausweihungsopfer bei einem Jerusalembesuch.12

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