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2.1 „Wenn aber einer den Geist Christi nicht hat, ist dieser nicht sein“ (Römer 8,9c$Röm 8,9c)

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Dieser geradezu juridisch1 wirkende Satz steht zu dem ihn umgebenden Kontext in einer gewissen Spannung. Paulus erwähnt erstmals das πνεῦμα Χριστοῦ, während er in V. 9a.10b.11a entweder den absoluten (theologischen) Gebrauch bevorzugt oder in V.9b eindeutig vom πνεῦμα θεοῦ bzw. in V. 11b αὐτοῦ spricht. Sodann führt V. 9c einen Einzelfall an (τις), während der Kontext die Gesamtgemeinde anspricht. Schließlich differiert in den mit εἰ δέ eingeleiteten Sätzen (V. 9c.10.11) allein in V. 9c die syntaktische Struktur von derjenigen in V.10 und V.11, insofern in V. 9c das Subjekt nicht wechselt. Daher ist V. 9c nicht ohne Grund schon aus formalen Gründen als ein Traditionssplitter2 oder als ein literarkritisch gesondert zu behandelndes Stück3 betrachtet worden.

Die Interpretation der knappen Aussage hat zunächst zu bedenken, dass dieser Satz nur sinnvoll ist als Unterscheidungsmerkmal innerhalb der christlichen Gemeinde. Οὐκ αὐτοῦ εἶναι heißt so viel wie ‚gehört nicht zu Christus‘, setzt also Strittigkeit darüber voraus, wer zu Christus gehört. Die Christuszugehörigkeit kann unterschiedlich festgestellt oder proklamiert werden (sakramental: Gal 3,26–28; homologisch: Röm 10,9; 1Kor 12,1–3). Hier nun wird der Besitz des Geistes Christi zum Erkenntnis- bzw. zum Ausschlusszeichen gemacht, kaum gegenüber Außenstehenden, für die diese Formel doch sehr voraussetzungslos wäre, vielmehr innerhalb der christlichen Gemeinde. Oder wird erklärt, dass nicht Geistbesitz an sich, wie immer er sich im paganen Raum etwa durch Glossolalie, Prophetie oder thaumaturgische Gaben artikulieren mag, in die Christuszugehörigkeit stellt, sondern dass eben dies erst das spezifische und unterscheidende πνεῦμα Χριστοῦ vollzieht?4 Weshalb aber wird dann eben dieses πνεῦμα Χριστοῦ genannt und nicht, wie im umgebenden Kontext, das πνεῦμα θεοῦ?

Es bleibt m.E. erwägenswert, diese Formel mit den Enthusiasten in Korinth in Verbindung zu bringen. Dass unter ihnen vom πνεῦμα ἔχειν gesprochen wurde, erweist die polemische Aufnahme in 1Kor 7,40. Auch die in Korinth vollzogene Unterscheidung innerhalb der Gemeinde zwischen πνευματικοί und σαρκινοί/σάρκικοι und die πνευματικός-ψυχικός-Antithese zeigen die Tendenz an, die Geistbegabten exklusiv in die Christuszugehörigkeit zu stellen, zumal sie durch die Glossolalie diesen Stand demonstrativ belegen. Allerdings ergibt sich hier das Problem, weshalb Paulus eine Formel, die seinen eigentlichen Intentionen und den Darlegungen im Kontext nicht direkt konform geht, hier zur Sprache bringt. Es ist zunächst festzustellen, dass mit V. 9c der Übergang von dem ἐν πνεύματι εἶναι (V. 9a) über das πνεῦμα ἐν ὑμῖν (V. 9b) zum Χριστὸς ἐν ὑμῖν (V. 10a) semantisch erleichtert wird. Andererseits ist die Beobachtung, zuletzt von Joseph A. Fitzmyer5 vorgetragen, nicht von der Hand zu weisen, dass Paulus in Röm 8,9–11 die Vielfalt pneumatologischer Beschreibungen bewusst zur Sprache kommen lässt, um die möglichen Dimensionen der Zuordnung zu Gott, Christus und Geist zu benennen.

Während bislang V. 9c$Röm 8,9c als im Wesentlichen vorpaulinische Formel betrachtet wurde, erkennt James D.G. Dunn geradezu ein „key element in Paul’s definition of ‚Christian‘“.6 Mit der Definition des Geistes als des πνεῦμα Χριστοῦ sei „the end point of climax of a long Judeo-Christian attempt to define the Spirit of God“ erreicht.7 Die Interpretation betont sodann geradezu einen methodistischen Weg: „only those whose lives demonstrate by character and conduct that the Spirit is directing them can claim to be under Christ’s lordship.“8

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