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2. Aufsätze zur Literarkritik der Paulusbriefe

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Im Folgenden sollen zunächst diejenigen Aufsätze, die sich direkt mit der Literarkritik der Paulusbriefe beschäftigen, in der Reihenfolge ihres Erscheinens vorgestellt und kritisch gewürdigt werden. Im Jahr 1982 setzte sich Walter Schmithals in dem Beitrag „Die Sammlung der Paulusbriefe“ scharf mit einem Aufsatz Kurt Alands über „Die Entstehung des Corpus Paulinum“ auseinander. Aland hatte hier die Teilungshypothesen bei Paulusbriefen „ins Reich der, wenn auch geistreichen, Erfindung“1 verwiesen und hinsichtlich der Annahme eines frühen Ur-Corpus von sieben Paulusbriefen „Phantasie oder Wunschvorstellung“2 bescheinigt. Walter Schmithals antwortet nicht weniger eindeutig, indem er mehrfach den Thesen Alands Haltlosigkeit3 vorwirft und „Alands Folgerungen […] nur noch als Nachwirkungen jenes Schocks“4 begreifen kann, den die Kollationierung von 634 Minuskeln ausgelöst hatte. Walter Schmithals bezieht sich in diesem Beitrag abschließend auf seine bereits an früherer Stelle geäußerte Sicht: „Der Befund der Handschriften und der Handschriften-Listen legt also weder eine Ursammlung von 13 Briefen (Frede; Rechtschreibung korrigiert, F.W.H.) noch eine Entstehung der Ursammlung gegen Ende des 2. Jahrhunderts aus lauter Einzelteilen nahe (Aland), sondern die Annahme einer UrsammlungUrsammlung von sieben Briefen (1 und 2Kor – Gal – Phil – 1 und 2Thess – Röm), noch im 1. Jahrhundert durchgeführt, die durch zwei selbständige kleinere SammlungenSammlung (Eph – Kol – Phlm und 1 und 2 Tim – Tit) sowie durch Hebr sekundär zu dem Corpus Paulinum von zweimal sieben Briefen ergänzt wurde.“5 Diese selbstständigen Einzelsammlungen seien geschaffen worden „zum Zwecke der ‚Schulung‘. Sie dienten in den Paulus-Schulen als verbindliche Grundlage bei der Unterweisung der Mitarbeiter aus den Gemeinden […]“6

Ohne den Disput zwischen beiden Gelehrten hier im Einzelnen wiederholen zu wollen, möchte ich auf wesentliche Einwände durch Walter Schmithals verweisen. Nach seiner Sicht ist die Voraussetzung, „daß eine Sammlung, einmal herausgegeben bzw. veranstaltet, nur noch als diese Sammlung – und folglich in der Regel mit einheitlichem Textcharakter – weitergegeben worden sein kann“, undenkbar.7 Zutreffend ist sicher auch die Bemerkung, dass die Rekonstruktion der frühen Überlieferungsgeschichte des Corpus Paulinum keinesfalls die Unhaltbarkeit der vielfachen Teilungshypothesen erweisen kann, da ja die Einzelbriefe vor einer Briefkomposition stehen, die nach Aland den Ausgangspunkt der Überlieferungsgeschichte darstellt.8 Walter Schmithals lehnt schließlich die Charakterisierung der Reihenfolge der Handschriften des Corpus Paulinum als „vollständiges Durcheinander“ bzw. „bunte Reihenfolge“9 kategorisch ab, um auf eine Grundordnung zu verweisen, die mit der Ursammlung des Corpus PaulinumCorpus Paulinum identisch ist.

Das Literaturreferat zu „Eschatologie und Apokalyptik“ aus dem Jahr 1988 trägt zwar nicht die Methode der Literarkritik im Titel, ist aber ohne sie nicht zu verstehen, da Walter Schmithals hier die Gelegenheit wahrnimmt, die aus literarischen Gründen bereits an anderer Stelle behauptete nichtpaulinische Verfasserschaft von 1Thess 4,15–18$1Thess 4,15–18 und Röm 13,11–12a$Röm 13,11–12a10 nun auch inhaltlich zu begründen. Nach Walter Schmithals steht der zuerst genannte Text „in schroffem Widerspruch zu der Tatsache […], daß Paulus in 5,1–11$1Thess 5,1–11 alle Elemente linearer Zeitlichkeit aus der eschatologischen Erwartung mit Nachdruck zurückdrängt“11, und stellt „einen Fremdkörper im Rahmen von 4,13–14 und 5,1–11“12 dar. 1Thess 4,17f. sei eine sekundär nach 5,10bf. gebildete Dublette, die Einführung des Herrenworts in 1Thess 4,15a sei singulär, die Begrifflichkeit in 1Thess 4,16f. unpaulinisch. In dem Einschub sei Christus das Subjekt der Endereignisse, im Kontext hingegen Gott selber. Der Sachverhalt sei nicht damit zu erklären, dass Paulus sich hier an apokalyptische Tradition anschließt. Vielmehr handele es sich um einen deuteropaulinischen Einschub, der „seinen Blick […] auf Christen, die beanspruchen oder erwarten, nicht zu sterben, sondern die Parusie zu erleben“13, richtet. „Der Autor von 4,15–18 wendet sich folglich an Vertreter einer Naherwartung der Parusie, und ohne sie prinzipiell zu bekämpfen, relativiert er die Naherwartung unter Einbeziehung apokalyptischen Materials, das sie selbst verwendet.“14 Die literarkritische Entscheidung wird also ausschließlich mit inhaltlichen Erwägungen begründet, die wiederum davon ausgehen, dass Paulus auch in unterschiedlichen Ausgangsthemen und in Verwendung unterschiedlicher Gattungen auf jeden Fall absolut konsistent argumentiert hat und sich auch von der Tradition nicht dahingehend hat leiten lassen, Spannungen in Kauf zu nehmen.

Auch der „Abschnitt Röm 13,11–14$Röm 13,11–14 steht beziehungslos im Kontext“15, und es will nicht gelingen, „diesen Abschnitt überhaupt im Rahmen des paulinischen Denkens zu erklären.“16 Während Paulus das neue Leben den Glaubenden mit dem ‚Schon jetzt‘ des Heils begründe, führe Röm 13,11–12a zurück in das ‚Noch nicht‘ der apokalyptischen Naherwartung. Die literarkritische Lösung, hier nach inhaltlicher Seite ausgeführt, erkennt in Röm 13,11–12a eine redaktionelle Überleitung zu einem paulinischen Fragment in Röm 13,12b–14. Dieses wiederum habe ursprünglich 2Kor 6,1–2 fortgeführt, mehr noch, es stelle die „Schlußparänese eines Schreibens aus der Korrespondenz des Paulus mit Korinth“17 dar.

Die beiden nachpaulinischen Stücke 1Thess 4,15–18$1Thess 4,15–18 und Röm 13,11–12a gehen auf den Redaktor der Sammlung der Paulusbriefe zurück. Sie führen in eine Zeit beginnender Verfolgung und sind durch eine mit ihr einhergehende akute Naherwartung begründet. Der Redaktor relativiert diese Naherwartung, ohne sie allerdings aufzugeben. Grundsätzlich ist für die Zeit und den Anlass der Redaktion der Hauptsammlung, die sich etwa auch in den o.g. theologischen Zusätzen niederschlägt, die Situation des Aposynagogos18 grundlegend.

Der Aufsatz „Literarkritik und Theologie“19 widerspricht zunächst einer mittlerweile verbreiteten Sicht, der zufolge nur derjenige, der die literarische Integrität der Paulusbriefe bestreitet, sein entsprechendes Urteil auch theologisch begründen muss. Der integralen Interpretation ist also kein methodisches Prä einzuräumen!20 Die angesprochene theologische Bedeutung literarkritischer Entscheidungen verdeutlicht Walter Schmithals in diesem Beitrag an zwei Beispielen aus dem RömerbriefRömerbrief. Er greift hierbei durchgehend auf an anderer Stelle Gesagtes und auf seine „eigenen Anläufe, das Rätsel des Römerbriefes zu lösen“21, zurück. Röm 1–11 ist eine lehrhafte Epistel an die in Rom verstreut lebenden Heidenchristen, Röm 12–15 hingegen (im Wesentlichen) ein Brief an die neu entstandene heidenchristliche Gemeinde. Walter Schmithals zieht aus diesem literarkritischen Befund ein doppeltes theologisches Urteil:

1 „Paulus legt also in Röm 12,1–2 einen selbständigen ‚dogmatischen‘ Grund der folgenden Paränese, knüpft aber in keiner erkennbaren Weise an Röm 1–11 an.“22

2 Somit „entfällt die theologische Schwierigkeit, dem Apostel wegen des Römerbriefs entgegen seiner sonstigen Auffassung ein Nebeneinander von Rechtfertigung und Heiligung zuschreiben zu müssen; die beiden Schreiben nach Rom dokumentieren je für sich und je in ihrer Weise die Einheit von neuem Sein und neuem Gehorsam“23.

Walter Schmithals schließt mit dem Hinweis, dass der Heidelberger Katechismus sich in Frage 86 mit der Unterscheidung von Erlösung und Dankbarkeit aufgrund des als Einheit interpretierten Römerbriefs von diesem Grundansatz der paulinischen Theologie entfernt habe.

Die Frage der literarischen Integrität des KolosserbriefKolosserbriefs war bereits in der Untersuchung zu den Briefen des Paulus in ihrer ursprünglichen Form aus dem Jahr 1984 knapp angesprochen worden. Walter Schmithals hatte hier die These einer Nebensammlung als einer literarischen Einheit vertreten, die sich aus dem Philemonbrief, dem deuteropaulinischen sog. Epheserbrief und dem Kolosserbrief, der zu den Gefangenschaftsbriefen gezählt wird, zusammensetzt. Letzterer sei also „ein deuteropaulinisch bearbeitetes paulinisches Schreiben.“24 Der Hauptzweck der Nebensammlung bestehe darin, „den Heidenchristen der paulinischen Gemeinden die Aufnahme der aus dem Synagogenverband kommenden christlichen Glaubensbrüder nahezulegen und ihnen zugleich die diesen vertrauten Regeln der synagogalen Sittlichkeit einzuschärfen.“25 In dem Beitrag „Literarkritische Analyse des Kolosserbriefs“, im Jahr 1998 veröffentlicht in der Festschrift für Günter Klein, wird diese zurückliegende These ausführlich begründet, im literarkritischen Detail allerdings auch nicht unerheblich modifiziert.26 Ein einleitendes ausführliches Eingehen auf die vorwiegend ältere Forschungsgeschichte zeigt, dass im Blick auf das Verhältnis von Rahmen und Corpus des Kolosserbriefes wohl häufig von einem Doppelcharakter des Schreibens gesprochen wurde. Die Befunde wurden aber umfänglich und dezidiert allein von Heinrich Julius Holtzmann in dem Sinne erklärt, dass ein von Paulus verfasster Brief an die Kolosser von späterer Hand ergänzt und veröffentlicht worden sei.27 Die jüngere Einleitungswissenschaft muss sich den Vorwurf „der Bevormundung des Lesers“28 gefallen lassen, wenn sie gegenwärtig die unbestrittene literarische Integrität des Kolosserbriefes behauptet. Walter Schmithals geht von dem Befund aus, dass Kol 4,2–18 „in einem unbestrittenen Paulusbrief anstandslos als authentisch gelten würde“, andere Abschnitte aber deutlich sprachlich und auch sachlich in die nachpaulinische Zeit verweisen.29 Die literarkritische Rekonstruktion des paulinischen Originals sieht sich der Schwierigkeit gegenüber, dass einerseits die Bearbeitung eigene Ergänzungen und Erläuterungen anbringt, andererseits aber auch bei diesen Ergänzungen durch Rückgriff auf das Original Dubletten bildet. Scharf werden jüngere Ansätze zurückgewiesen, die den Kolosserbrief mit Hilfe einer rhetorischen Analyse interpretieren, ohne literarkritische Scheidungen vorzunehmen.30 Der wesentliche Ertrag der Literarkritik liegt in der Neubestimmung der sog. Irrlehre, für die einerseits eine Engelverehrung, andererseits aber Einhaltung von Festzeiten und Speisegeboten konstitutiv zu sein scheint. Die metaphysische Begründung der Askese durch θρησκεία τῶν ἀγγέλων in Kol 2,18 ist ein in das ursprüngliche Bild sekundär hineingemalter Zug. Der Bearbeiter des Kolosserbriefes erweiterte die paulinische Warnung, „wobei er die von Paulus monierten Speisetabus als Anknüpfungspunkt nahm und auf die dualistisch-asketischen Tendenzen der späteren Häretiker zu beziehen versuchte.“31 Für die Analyse des Kolosserbriefs ergibt sich insgesamt: „Man sollte aber jedenfalls den Rahmen des Kolosserbriefes unmittelbar für das Lebensbild des Paulus und seiner Mitarbeiter auswerten und zugleich das Problem der kolossischen Häresie, wie es sich im ungeteilten Brief darstellt, als gegenstandslos ansehen.“ 32

Der 1996 veröffentlichte Aufsatz „Methodische Erwägungen zur Literarkritik der Paulusbriefe“ ist die grundlegende Darstellung der Sache aus der Feder von Walter Schmithals, weshalb eine etwas ausführlichere Berücksichtigung angebracht ist. Hier verbindet sich wiederum eine scharfe Kritik an der gegenwärtigen, auf Annahme einer literarischen Integrität der paulinischen Briefe bedachten, Position mit der Entfaltung der eigenen Sicht der Dinge, in der manches aus früheren Veröffentlichungen wiederholt, aber etliches doch präziser und auch begründeter dargelegt wird.

Walter Schmithals setzt ein mit dem von Johannes Weiß mehrfach betonten Sachverhalt, dass wir nicht mehr die Briefe des Paulus selbst, sondern nur noch eine kirchliche SammlungSammlung paulinischer Briefe haben, bei der die Interessen des Herausgebers bedacht sein wollen. So sei es schon auffällig, dass exakt 21 Briefe in das Neue Testament aufgenommen wurden, 7 katholische Briefe und 2x7 Paulusbriefe. Dass die Pastoralbriefe, „unzweifelhaft eine ursprünglich selbständige Einheit von drei gemeinsam entstandenen Schriften“33, in drei Briefe zerlegt wurden, um (als ursprüngliche Dreiersammlung wie die Johannesbriefe und Kol/Eph/Phlm) jetzt gemeinsam mit den anderen paulinischen Briefen und dem Hebr als 2x7 Paulusbriefe kanonische Bedeutung zu erlangen, weist auf die Bedeutung der Siebenzahl (vgl. aber auch die sieben Sendschreiben der Apk u.a.). Die älteste Sammlung der Paulusbriefe wurde, wie Walter Schmithals mit Blick auf den Kanon Muratori annimmt, durch die Korintherbriefe eingeleitet und fand im Römerbrief ihren Abschluss. Die redaktionelle Erweiterung 1Kor 1,2b$1Kor 1,2b und die sekundäre Schlussdoxologie in Röm 16,25–27$Röm 16,25–27 geben dieser Sammlung einen Anspruch, der über die angeschriebenen Ortsgemeinden hinausgeht.

Weiterhin sucht Walter Schmithals nach einer Erklärung für den Befund, dass sämtliche erhaltenen Briefe des Paulus in den Provinzen um die Ägäis abgefasst wurden und aus dem stark begrenzten Zeitraum der (2. und) 3. Missionsreise stammen.34 Er lehnt die zur Erklärung von Adolf Deissmann vorgetragene These ab, die Hauptsammlung der paulinischen Briefe gehe auf ein Kopialbuch zurück, in das Paulus Abschriften seiner Briefe der Reihe nach habe eintragen lassen. Walter Schmithals erkennt hinter dieser Sammlung nicht einen mechanisch arbeitenden Abschreiber, sondern einen bewussten Redaktor. Er schreibt, „als die Christen gegen Ende des 1. Jahrhunderts die Synagoge verlassen müssen, unter Verfolgungsdruck aus SynagogeSynagoge und Staat geraten und apokalyptische Stimmungen wach werden.“35 Der klarste Hinweis auf die Arbeit eines Redaktors liegt in den Zusammenstellungen und Umstellungen, die exemplarisch bei dem 1Kor erhoben werden. Ein brieflicher Zusammenhang der in sich völlig selbstständigen Passagen wird vermisst. Vielmehr hat ein Redaktor das Material thetisch geordnet und sekundäre Zusätze angebracht, deren Umfang „freilich erheblich größer [ist], als diese ebenso bekannten wie umstrittenen Beispiele zu erkennen geben“.36 Höchst kritisch setzt Walter Schmithals sich mit neueren Lehrbüchern37 auseinander, die methodisch von der Integrität der paulinischen Briefe ausgehen und Teilungshypothesen allenfalls dann ein Recht einräumen wollen, wenn ein Verständnis des Textes ohne sie nicht erreicht werden kann. Als Beispiel zitiere ich Udo Schnelle: „Es setzte sich die Einsicht durch, daß nicht allein die Möglichkeit, sondern die unbedingte Notwendigkeit von Teilungshypothesen als methodisches Prinzip gelten muß.“38 Walter Schmithals hingegen lehnt ein methodisches Primat für die Annahme der Einheitlichkeit kategorisch ab: „Vielmehr muß die Frage nunmehr sein, ob sich der jeweilige Brief am besten als literarische Einheit oder besser als Kompilation aus mehreren Schreiben verstehen läßt.“39 „Die Hypothese der IntegritätIntegrität eines Briefes hat nicht mehr Recht als die Hypothese einer redaktionellenSammlung Komposition.“40

Ein ausgezeichnetes Indiz für literarkritische Operationen bieten Situationsverschiebungen in den Paulusbriefen. Exemplarisch verdeutlicht Walter Schmithals dieses am Römerbrief: „Diese ‚SituationsdifferenzSituationsdifferenz‘ zwischen der Adresse des Röm und der Grußliste in Röm 16,1–20 ist m.E. ein völlig eindeutiger Grund, die Integrität des Röm nicht nur zu bezweifeln, sondern zu bestreiten.“41 Ihr Ausbleiben berechtigt andererseits aber nicht, die Integrität des Schreibens zu behaupten.

Walter Schmithals stellt mit guten Gründen manch psychologisierend vorgetragene Wertung – etwa die berühmt gewordenen schlaflos durchwachten Nächte – zur Erklärung von Brüchen in den paulinischen Briefen in Frage, um seinerseits festzuhalten: „Die literarischen Brüche, künstlichen Nähte und unerwarteten Einschübe sind angesichts der im übrigen unstrittigen schriftstellerischen Potenz des Paulus als solche ein wesentliches Kriterium jeder literarkritischen Analyse, das durch ein methodisches Prinzip wie das der ‚unbedingten Notwendigkeit von Teilungshypothesen‘ nicht entmachtet werden darf, ohne seinen wissenschaftlichen Rang zu verlieren.“42 Methodisch wird die Literarkritik auf „exegetische Überlegungen oder psychologische Einfühlung“43 zurückgreifen. Sie muss sich dennoch nicht den Vorwurf willkürlichen Arbeitens gefallen lassen, da es einen objektiven Nachweis zur Erklärung der literarischen Phänomene nicht gibt.44

Abschließend spricht Walter Schmithals von einem relativ objektiven literarischen Kriterium, das allerdings zu wenig beachtet werde. Es sind die DublettenDubletten und Ausstellungen von Stücken des Briefrahmens, die jetzt nochmals zusammengetragen werden. Sie finden sich im gesamten Corpus Paulinum mit Ausnahme von denjenigen beiden Schreiben, deren literarische Integrität unangefochten ist, dem Galater- und dem Philemonbrief. Antike Originalbriefe, in denen der Autor Stücke des Briefformulars verdoppelt, sind nach Walter Schmithals nicht bekannt. Diese Dubletten verraten also etwas über die Vorgeschichte mancher paulinischer Briefe, insofern sie in Wahrheit aus mehreren Briefen kompiliert worden sind. Man müsste nun in eine Diskussion darüber eintreten, ob es sich bei allen genannten Befunden wirklich um Dubletten handelt oder ob ein gewisser Anteil in den für antike Verhältnisse unüblich langen Briefen nicht erträglich ist. Der doppelte Schlusssegen in Röm 15,33; 16,20 stellt in dieser Hinsicht ein Problem dar, der mehrfache Segenswunsch in 15,5f.13 und 16,20 weniger, da eine inhaltliche Varianz gegeben ist. Diese Diskussion kann hier aber nicht geführt werden. Immerhin enthält der Hinweis auf Dubletten auch eine Begrenzung der redaktionellen Tätigkeit, da der Kompilator diese eben in Kauf genommen und nicht wirklich ‚mit Schere und Klebstift‘ gearbeitet hat. Walter Schmithals schließt mit der Bemerkung: „In jedem Fall sind die literarischen Probleme des Briefformulars für die Frage nach der literarischen Integrität der Paulusbriefe mit von entscheidender Bedeutung. Ohne Berücksichtigung dieses Komplexes kann man nicht zu methodisch gesicherten Erkenntnissen kommen.“45

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