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Archäologie und die Entdeckung der Zeit

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Datierungsmethoden

Welche Methoden gibt es aber, um diese langen Zeitspannen der Menschheitsgeschichte verlässlich zu datieren? Auch auf diesem Feld verdankt die Geschichtsschreibung einer interdisziplinär vernetzten Archäologie den Vorstoß in die Tiefen der Zeit, ist doch nur sie in der Lage, die historische Chronologie, die nur bis um die Zeit um 3000 v. Chr. zurückreicht, weit in die Urzeit zu verlängern. Mittlerweile gibt es eine ganze Palette von archäometrischen Methoden der Zeitmessung, von denen hier nur die wichtigsten genannt werden. Bis heute steht im Mittelpunkt der archäologischen Disziplinen die stratigraphische Methode, die wie die ihr hierin verwandte Geologie davon ausgeht, dass die unteren Schichten älter sind als die darüber liegenden. Besonders erfolgreich ist diese Methode bei der zeitlichen Gliederung von Höhlenstationen oder bei der Abfolge von Tellsiedlungen. Stehen solche Schichten nicht zur Verfügung, kommt ergänzend die typologische Methode zum Einsatz, deren Entwicklungsreihen von Formen und Typen sehr stark vom Evolutionismus Darwins geprägt wurden. Absolutchronologische Ansätze wurden zunächst aus noch ungenauen Schätzungen zur Dauer der verschiedenen Eiszeiten (Diluviums), jahrgenaue Angaben dann aus der Auszählung von Warven (Bändertone) und Jahresringen (Dendrochronologie) gewonnen. Mit letzterer Methode kann archäologischer Fundstoff auf das Kalenderjahr genau bis etwa 14.000 Jahre vor heute datiert werden. Diese Methode verschränkt sich mit verschiedenen kernphysikalischen (radiometrischen) Methoden, bei denen der Zerfall der Radioaktivität einzelner Isotope, also ihre Halbwertszeit, gemessen wird. Bahnbrechend war die von Willard F. Libby in den Jahren 1948 bis 1950 entwickelte C14-Methode (Radiokarbonmethode), die bis etwa 40.000 bis 50.000 Jahre zurückreicht – also bis zum Ende der europäischen Neandertaler und bis zu den ersten modernen Menschen in Europa. Angaben zu den davor liegenden Zeiten werden durch die Kalium-Argon-Datierung gewonnen, die vor allem bei der Datierung von Vulkangesteinen eingesetzt wird. Fast alle frühen Hominiden-Funde Afrikas wurden mit dieser Methode datiert, wobei auch hier – wie bei der C14-Methode – mit Schwankungen zu rechnen ist. Hinzu kommt die Uran-Thorium-Datierung, die für das Element Thorium 230 bis etwa 350.000 Jahre, für das Element Palladium 231 mehrere Millionen Jahre zurückreicht. Die Elektrospin-Resonanz-Datierung beruht auf der Messung des Zerfalls von Elektronen und wird vor allem bei der Datierung von fossilem Zahnschmelz von Menschen und Tieren in einem Bereich bis ca. 3 Millionen Jahre eingesetzt. Hilfreich ist weiter die Thermolumineszenz-Datierung, die auf einer Ausstrahlung von Licht als freigesetzter Energie beruht, die in Form von gespeicherten Elektronen in Kristallgittern von archäologischen Funden, wie Keramik oder erhitzten Steingeräten, enthalten sind. Durch die Bohrkerne aus der Tiefsee im arktischen Eis konnten mittlerweile über hundert größere Klimaschwankungen während des gesamten Quartärs festgestellt werden, die mit Hilfe des Schwankungsverhältnisses von Sauerstoffisotopen eine zeitgenaue Abfolge gewährleisten. Je älter die Zeitangaben sind, desto größer kann aber auch die Schwankungsbreite der jeweiligen Datierung sein. Dies ist eine Quelle oft kontroverser Diskussionen über Ort und Zeit, besonders zum ältesten Vorkommen des Menschen. Hinzu treten unterschiedliche methodische Auffassungen in der Taxonomie der Paläoanthropologie, die sich zumeist auf nur einzelne fossile Knochen stützen muss.

Histonsche Chronologien

Wesentlich festeren Boden betreten wir mit den historischen Chronologien, wenngleich es auch hier Untiefen in der jahrgenauen Datierung historischer Ereignisse gibt. Die Chronologie des Alten Orients basiert zunächst auf dem assyrischen Eponymenkanon mit Bezug auf die Sonnenfinsternis von 763 v. Chr., von der sich mit Hilfe von Königslisten die Regierungsdaten der Herrscher berechnen lassen. An sie lässt sich die jüngere babylonische Chronologie anschließen, während die ältere durch astronomische Daten fixiert werden kann. Es bleibt kontrovers, ob man sich einer „langen“, „mittleren“ oder „kurzen“ Chronologie anschließt. Ähnlich liegen die Verhältnisse im Alten Ägypten, wo durch astronomische Beobachtungen, Königslisten und zeitgenössische Schriftquellen einigermaßen verlässliche Jahreszahlen zu ermitteln sind. Über Importfunde aus diesen Hochkulturen kann die minoisch-mykenische Chronologie der Ägäis synchronisiert werden, was wiederum von Bedeutung für die Chronologie der Bronzezeit des angrenzenden schriftlosen Europa ist, denn deren absolute Chronologie hängt neben der C14-Datierung und der Dendrochronologie an Importfunden und typologischen Vergleichen an den historischen Kalendern.

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