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Die ältesten Steinartefakte vor mehr als 2 Millionen Jahren

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In der ersten Epoche unserer Geschichte vor 2,5 bis 1,5 Millionen Jahren bestanden die Steinartefakte vor allem aus scharfkantigen Abschlägen, die als Messer dienten, und den bei deren Herstellung entstandenen Kernen sowie Geröllgeräten mit einer ein- oder beidflächig behauenen Kante, die für gröbere Arbeiten benutzt wurden. Diese Funde werden nach der vor allem von dem Ehepaar Louis und Mary Leakey erforschten Olduvai-Schlucht in Tansania als Oldowan (auch Olduwan oder Oldowayen) bezeichnet.

Abschläge aus vulkanischem Gestein

Die ältesten Steinartefakte kennen wir aus dem Tal des Gona-Flusses im Awash-Becken in Äthiopien. In diesem hügeligen Badland gibt es mehrere Fundplätze, die durch die Erosion des Flusses und seiner Nebenflüsse angeschnitten werden. Hier sind vor allem die Plätze EG (East Gona) 10 und 12 wichtig. Die Fundschichten liegen zwischen vulkanischen Tuffen. Der Tuff oberhalb der Funde (AST-2,75) hat ein Alter von 2,517 Millionen Jahren, die Steinartefakte darunter sind noch etwas älter. Am Fundplatz EG 10 ergab die Projektion der Funde im Profil zwei 40 cm voneinander getrennte Fundschichten; der Platz wurde wiederholt aufgesucht. Die Artefakte wurden aus vulkanischen Gesteinen, die als Flussgerölle in unmittelbarer Nähe vorkommen, hergestellt. Dabei wurden die besser zur Bearbeitung geeigneten feinkörnigen Trachyte (48 %) und Rhyolite (27 %) deutlich bevorzugt. Die Form der Gerölle wurde so ausgesucht, dass sie möglichst eine geeignete Schlagfläche besaßen. Dann wurden mit einem Schlagstein in der freien Hand kleine bis mittelgroße Abschläge mit Längen von 10 bis 128 mm abgeschlagen. Die meisten Abschläge haben einen mit Geröllrinde bedeckten Schlagflächenrest, wurden also unmittelbar von den Geröllen abgetrennt. Dies erfolgte in Serien, so dass die Oberflächen der Abschläge (Dorsalflächen) oft keine Geröllrinde, sondern die Negative vorangegangener Abschläge tragen. Die Kerne, das heißt die Gerölle mit Abschlagnegativen, wurden meist nur auf einer Fläche abgebaut. Es gibt jedoch auch einige beidflächige Kerne, bei denen die Abschlagnegative der einen Fläche als Schlagfläche für das Abtrennen von Abschlägen auf der gegenüberliegenden Fläche dienten. Die Kerne haben drei bis 23 Abschlagnegative und lassen auch erkennen, dass Serien von Abschlägen gewonnen wurden. Diese ältesten Artefakte zeigen bereits eine gute Kenntnis der Spalteigenschaften und der Bearbeitungstechnik kieselsäurehaltiger Gesteine (Silices). Ziel der Steinbearbeitung waren die Abschläge, deren scharfe Kanten ohne weitere Überarbeitung (Retuschierung) zum Schneiden benutzt wurden und manchmal dabei entstandene Gebrauchsspuren (Aussplitterungen) tragen.

Verwendung von Steinwerkzeugen

In EG 10 und EG 12 waren keine Knochen erhalten. Dagegen gibt es von den neuerdings untersuchten Fundplätzen von Ouanda Gona (OGS 6, OGS 7) Steinartefakte und Knochen. Auf den Knochen von OGS 6 befinden sich eindeutige Schnitt- und Zerlegungsspuren. Zusammen mit den in die gleiche Zeit gehörenden Funden von der Bouri-Halbinsel (Äthiopien) zeigen diese Knochen, dass die ältesten Steinartefakte tatsächlich zum Zerteilen der Tierkörper dienten. Ungeklärt ist, wer die Hersteller dieser Steinartefakte waren. Aus der Zeit vor 2,7 Millionen Jahren gibt es aus dem Awash-Becken den zur grazilen Linie der Australopithecinen gehörenden A. garhi und vom Turkana-See (Kenia) die robuste Form A. aethiopicus. Die ältesten Belege des Homo habilis stammen dagegen erst aus der Zeit vor etwa 2,3 Millionen Jahren (Fundplatz AL 666 in der Hadarformation, Äthiopien) und die meisten Homo-habilis-Funde, so die Fossilien aus der Olduvai-Schlucht und dem Fundgebiet von Koobi Fora am Turkana-See, haben ein Alter von 1,9 bis 1,5 Millionen Jahren. Wahrscheinlich haben sich die Merkmale des Homo habilis erst im Laufe der Zeit und entscheidend beeinflusst durch die Verwendung von Steinwerkzeugen und die damit verbundene Lebensweise und Fleischnahrung herausgebildet, während die Hersteller der Artefakte von Gona körperlich noch zu den Australopithecinen gehörten.


Gona. Fundplätze EG 10 (1-4) und EG 12 (5). 1-3: Abschläge, 4–5 Geröllgeräte (nach S. Semaw)

Fleisch als Nahrung des Homo habilis

Der Homo habilis hatte ein flacheres Gesicht und ein größeres Schädelvolumen (550 bis 680 cm3) als die Australopithecinen. Die Körpergröße betrug 1,20 bis 1,50 m, das Gewicht 30 bis 40 kg. Im Gegensatz zum in der gleichen Zeit und im gleichen Gebiet vegetarisch lebenden Australopithecus robustus war der Homo habilis nach seinen Zähnen ein Omnivore. Zu seiner Nahrung gehörte Fleisch, das er nur mit den Steinartefakten aus den Tierkörpern heraustrennen konnte. Es scheint, als seien diese Steinartefakte und die durch sie mögliche Lebensweise der Ausgangspunkt für die Herausbildung des Homo habilis. Knochenfunde des Homo habilis gibt es aus Ostafrika, besonders aus der Olduvai-Schlucht (OH 7, 8, 13, 24) und von Koobi Fora (KNM ER 1805, 1813), und aus den Höhlenfüllungen in Südafrika (Sterkfontein, Swartkrans). Wahrscheinlich bewohnte der Homo habilis auch andere Teile Afrikas. Gesicherte Vorkommen aus Eurasien sind dagegen nicht bekannt.

Bearbeitungstechnik

Der Fundplatz Lokalalei 2C (Kenia) illustriert die Steinbearbeitung in der Zeit vor 2,3 Millionen Jahren. Die Bearbeitungstechnik ist ähnlich wie in Gona. Auch hier wurden geeignete Gerölle aus feinkörnigen vulkanischen Gesteinen (vor allem Phonolit, seltener Basalt, Trachyt und Rhyolit) in der unmittelbaren Umgebung gesammelt und in der gleichen Weise wie in Gona mit Schlagsteinen in der freien Hand zerlegt. Als Schlagsteine dienten Gerölle aus einem zäheren, grobkörnigerem Trachyt. Eine Besonderheit dieses Fundplatzes ist, dass sich viele Artefakte wieder zusammenpassen ließen, manchmal bis zu dem fast vollständigen Geröll. Durch diese Zusammenpassungen kann die beschriebene Zerlegungstechnik hier besonders gut erkannt werden. Ähnliche Artefakte stammen vom Fundplatz AL 666 im Hadargebiet, der ebenfalls etwa 2,3 Millionen Jahre alt ist und an dem der Homo habilis auch durch ein Schädelfragment belegt ist. Am auch in diese Zeit gehörenden Fundplatz Lokalalei 1 wurde dagegen eine weniger geeignete Lava als Rohmaterial benutzt und die Bearbeitungstechnik ist schlechter. Bei vielen Kernen gelang es nicht, regelmäßige Abschläge zu gewinnen. 80 % der Abschläge enden in „Etagenbrüchen“. Es wurde vorgeschlagen, solche Funde als Nachukui-Fazies zu bezeichnen

Bipolare Technik

An den Fundplätzen am Omo nördlich des Turkana-Sees wurden vor allem kleine Quarzgerölle als Rohmaterial verwendet. Dieser schwer und oft unregelmäßig spaltende Quarz wurde zur Bearbeitung häufig auf einen Steinamboss gestellt, durch den der Schlagimpuls reflektiert wird. Diese bipolare Technik, die das beste Verfahren für die Zerlegung von Quarz ist, ergab kleinere Abschläge, deren Bearbeitungsmerkmale oft schwer zu erkennen sind. Die Kanten dieser Quarzabschläge sind jedoch sehr scharf und widerstandsfähig und waren für die Verwendung als Messer bestens geeignet. Diese durch das Rohmaterial Quarz geprägten Funde wurden als Shungura-Fazies oder Omo Industrial Complex bezeichnet. Sowohl die Nachukui-Fazies als auch die Shungura-Fazies unterscheiden sich vom Oldowan, wie es zum Beispiel in Gona und Lokalalei 2C vorliegt, durch das verwendete Gestein, das eine andere Bearbeitungstechnik erforderte. Zur Ordnung der Funde ist eine solche Gruppierung sicher nützlich. Eine kulturelle Bedeutung, die eventuell auf unterschiedliche Verfertiger schließen ließe, hat sie sicher nicht. Ziel der Bearbeitung waren an all diesen Plätzen scharfkantige Abschläge, und es ist höchstens darauf hinzuweisen, dass die Hersteller dieser Artefakte schon vor mehr als 2 Millionen Jahren in der Lage waren, die Bearbeitungstechnik dem jeweils verfügbaren Gestein anzupassen.

Early Oldowan

Für diese ältesten Funde aus der Zeit vor mehr als 2 Millionen Jahren wird häufig eine gesonderte Bezeichnung verwendet, um sie vom späteren Oldowan zu unterscheiden. Oft ist dies als Early Oldowan rein zeitlich gemeint. Das von Henry de Lumley vorgeschlagene Preoldowayen ist dagegen durch das Fehlen retuschierter Formen sowie von Sphäroiden, wie sie im späteren Oldowan auftreten, gekennzeichnet. Steinartefakte mit einem Alter von mehr als 2 Millionen Jahren kennen wir bisher nur aus Ostafrika. Allerdings ist die Fundsituation durch die von den Flüssen angeschnittenen vulkanischen Ablagerungen hier auch besonders günstig. Die von einem 2,4 Millionen Jahren alten Basalt überdeckten Artefakte von Yiron (Palästina) oder die in einer tiefen Erosionsrinne in Riwat (Pakistan) gefundenen Artefakte können dieses Bild bisher nicht ändern.

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