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Acheuléen und Developed Oldowan vor 1,5 bis 1 Million Jahren

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Faustkeile und Cleaver

Aus den Geröllgeräten des Oldowan entstanden durch eine intensivere beidflächige Bearbeitung die Faustkeile. Es sind beidflächig behauene, langgestreckte Werkzeuge mit verrundeter Spitzenpartie. Das untere Ende ist verdickt und trägt oft noch Rinde des Gerölls, aus dem der Faustkeil hergestellt wurde. Diese frühen Faustkeile könnten durchaus in der Hand geführt worden sein, so dass die Bezeichnung „Faustkeil“ hier zuträfe. Die Faustkeile bildeten sich allmählich heraus. Schon bei dem Elefantenskelett am Fundplatz Olduvai FLK N, der mit einem Alter von 1,75 Millionen Jahren in das Oldowan gehört, lag außer den weit vorherrschenden Abschlägen ein „Protofaustkeil“. Andere frühe Faustkeile aus der Zeit vor 1,65 Millionen Jahren stammen zum Beispiel von Kokiselei 4 in Kenia. Auch in Südafrika gibt es frühe Faustkeile, so in Schicht 5 von Sterkfontein und dort zusammen mit Knochen des Homo habilis. Üblich und in weiten Teilen Afrikas verbreitet waren die Faustkeile jedoch erst ab 1,5 Millionen Jahren. Die Faustkeile kennzeichnen das Acheuléen. Fast immer kommen sie zusammen mit Cleavern vor. Dabei handelt es sich um Werkzeuge mit einer breiten, nicht retuschierten Schneide und keilförmigem Längsschnitt, die an den Kanten und am unteren Ende meist behauen und zugeformt sind. Während sich die Faustkeile von den Geröllgeräten ableiten lassen, haben die Cleaver im Oldowan keine Vorformen.

Developed Oldowan

Faustkeile und Cleaver waren Werkzeuge für grobe Arbeiten. Während die Faustkeile wohl in der Hand geführt werden konnten, ist die Verwendung der Cleaver kaum ohne eine Schäftung denkbar. Wahrscheinlich stand die massive Schneide der Cleaver dabei wie bei einer Hacke quer zum Schaft. Die mit kräftigen Schlägen durchgeführten Arbeiten durften nicht dazu führen, dass die Arbeitskanten der Faustkeile und Cleaver zersprangen. Deshalb sind die Faustkeile meist und die Cleaver fast immer aus einem zäheren, nicht glasigen Gestein (Quarzit, Basalt, Kalkstein). Zu den Faustkeilen und Cleavern kommen Abschläge und die für deren Herstellung notwendigen Kerne, die bevorzugt aus homogenen glasigen Silices bestehen und messerscharfe Kanten haben. Mitunter sind die Kanten der Abschläge retuschiert, doch nur selten entstanden dabei standarisierte Werkzeugformen. Diese Bei-Industrie entspricht weitgehend dem Oldowan. Das frühe Acheuléen ist also durch Faustkeile und Cleaver sowie durch Abschläge etc. wie im Oldowan gekennzeichnet. Dabei ist der Anteil der Faustkeile und Cleaver an den einzelnen Fundplätzen unterschiedlich;wenn sie völlig fehlen, wird das Fundmaterial als Developed Oldowan klassifiziert. Das Acheuléen der Zeit vor 1,5 bis 1 Millionen Jahren ist eine afrikanische Erscheinung. Außerhalb Afrikas gibt es in dieser Zeit nur sehr wenige Fundplätze mit Faustkeilen. Am wichtigsten ist Ubeidiya im Jordantal (Palästina). Der Platz lag ursprünglich am See Genezareth. Durch tektonische Bewegungen wurden die Schichten später verstellt, so dass die Steinartefakte und Tierknochen heute in fast vertikal ausgerichteten Ablagerungen liegen. Die Faustkeile von Ubeidiya sind aus Basalt oder Kalkstein gearbeitet. Eine besondere Form sind sogenannte Trieder mit einem dreieckigen Querschnitt. Dazu kommen viele meist kleine Abschläge aus Feuerstein sowie deren aus Geröllen gearbeitete Kerne. Die Kanten der Abschläge sind oft ausgesplittert oder unregelmäßig retuschiert.

Levante-Korridor

Die Tierwelt besteht aus afrikanischen und eurasischen Formen; der Jordangraben (Levante-Korridor) war eine wichtige Verbindung zwischen Afrika und Eurasien. Besonders häufig sind Flusspferde (Hippopotamus behemoth) und Hirsche. Sonst gehören zu der umfangreichen Fauna von Ubeidiya Elefanten, Nashörner, Pferde, Gazellen, Kamele, Giraffen, Wildschweine sowie Säbelzahnkatzen (Megantereon cf. cultridens) und viele Kleintiere. Biostratigraphisch ist Ubeidiya jünger als Dmanisi – so tritt der Südelefant in einer jüngeren Form Mammuthus meriodinalis tamanensis auf – und gehört in die Zeit vor etwa 1,4 Millionen Jahren. Die Funde liegen in verschiedenen Schichten der Ubeidiya-Formation; Menschen und Tiere hielten sich hier über einen längeren Zeitraum hinweg auf. Im Uferbereich des Sees wurden mehrfach einzelne Skelette von Flusspferden gefunden. Dabei fehlt meist der Schädel und oft beschränken sich die Karkassen auf die hintere Rumpfpartie. Die Knochen liegen im anatomischen Zusammenhang oder sind über eine begrenzte Fläche verstreut. Bei den Knochen lagen Steinartefakte, die über eine grössere Fläche verteilt, manchmal aber auch auf die Flusspferd-Karkasse konzentriert sind. Meist handelt es sich um scharfkantige Abschläge aus Feuerstein. In Schicht I-26 b wurden auf der 75 m2 großen Grabungsfläche 392 Artefakte, darunter 58 Geröllgeräte, gefunden. Bei einem anderen Flusspferdskelett (K 29 VB) lagen 305 Artefakte, darunter ein Faustkeil. An anderer Stelle (K 30 VB) wurden zusammen mit den Flusspferdknochen 127 Artefakte, darunter zwanzig Faustkeile, entdeckt.


Sterkfontein. Schicht 5. 1: Faustkeil, 2: Cleaver (nach K. Kuman).

Verwertung Jagdbeute

Schnittspuren auf den Knochen sind außerordentlich selten. Die Knochen sind auch nicht zur Gewinnung des Knochenmarks zerschlagen. Verbissspuren und Koprolithen weisen auf die Beteiligung von Raubtieren, besonders Hyänen, an der angetroffenen Fundsituation hin. Eine Interpretationsmöglichkeit geht von der Jagd der Menschen auf Flusspferde aus. Die einzelnen Skelette der Tiere könnten von Jagdepisoden am Seeufer stammen. Das erlegte Tier wurde an Ort und Stelle mit Steinartefakten entfleischt und teilweise zerlegt; für einen Abtransport waren die Flusspferde viel zu schwer. Anschließend haben sich dann die Hyänen der übriggebliebenen Reste angenommen. Die Knochen der Hirsche wurden dagegen meist isoliert, ohne anatomischen Zusammenhang, gefunden. Auch diese Knochen tragen nur selten Schnittspuren und sind nicht zur Gewinnung des Knochenmarks zerschlagen worden. Auch hier liegen bei den Tierknochen Steinwerkzeuge. Anscheinend sind die Hirsche erlegt und dann zerwirkt worden, wobei Fleisch und Knochen in größeren Stücken mitgenommen worden sind. So wird die unterschiedliche Fundsituation von Flusspferd- und Hirschresten durch die unterschiedliche Größe der Tiere erklärt. Es überrascht, dass die Langknochen der Tiere in Ubeidiya nicht zerschlagen wurden, um das nahrhafte Knochenmark zu entnehmen. Dies gilt nicht nur für Flusspferd und Hirsch, sondern für das gesamte Knochenmaterial. Vielleicht ist dies durch die (unbekannte) Jahreszeit des Aufenthalts zu erklären, denn der Markgehalt der Knochen wechselt saisonal.

Tierische Ressourcen und Kleidung

Sehr wichtig sind die Hinweise auf das Abziehen des Fells und das Abtrennen der Sehnen. Ein Bärenknochen trägt am Gelenk Schnittspuren, die vom Häuten stammen dürften. Auf dem Zehenglied eines Hirsches finden sich Spuren, die beim Ablösen der Sehnen entstanden. Auch an anderen Knochen wurden Hinweise auf die Verwendung von Fell, Sehnen und Horn beobachtet und als die Gewinnung „sekundärer tierischer Ressourcen“ beschrieben. Fell musste noch gegerbt werden und konnte dann zum Beispiel für Kleidung verwendet werden. Die Sehnen mussten getrocknet werden und waren dann für alle möglichen Verbindungen zu gebrauchen.

Die Faustkeile des Acheuléen sind außerhalb Afrikas in dieser Zeit sehr selten; sie erreichten jedoch Südostasien. Im Löß bei Gongwangling im Gebiet von Lantian wurden Steinartefakte (vor allem Abschläge), Tierknochen und ein sehr massiver Menschenschädel mit einem Volumen von nur 780 cm3 gefunden. Diese Funde gehören nach der Lößstratigraphie etwa in die gleiche Zeit wie Ubeidiya. 300 m von dieser Stelle entfernt wurde in gleicher stratigraphischer Posistion ein grob behauener, aber typischer Faustkeil entdeckt.

In Afrika gibt es in der Zeit vor 1,5 bis 1 Millionen Jahren außer dem Acheuléen auch Inventare ohne Faustkeile und Cleaver. Diese Funde bestehen aus kleinen bis mittelgroßen Abschlägen, den für die Herstellung der Abschläge notwendigen Kernen sowie Geröllgeräten mit ein- oder beidflächig behauener Arbeitskante und entsprechen damit dem Oldowan. Anscheinend sind die Kanten der Abschläge häufiger als zuvor retuschiert. Diese Funde, die in die gleiche Zeit wie das frühe Acheuléen gehören, werden als Developed Oldowan bezeichnet. Die Wertung dieses Developed Oldowan ist unterschiedlich. Da die gleichen Formen – Abschläge, Geröllgeräte – auch im Acheuléen vorhanden sind und dort die Bei-Industrie der Faustkeile und Cleaver bilden, könnte man an eine funktionale Interpretation denken; an den Plätzen des Developed Oldowan wurden Arbeiten, für die Faustkeile und Cleaver verwendet wurden, nicht durchgeführt. Die Tatsache, dass sich Acheuléen und Developed Oldowan in der Schichtenfolge ein und desselben Fundplatzes abwechseln können, könnte für diese Erklärung sprechen. Bei kleinen Inventaren könnte das Fehlen von Faustkeilen und Cleavern auch zufällig sein. Jedenfalls scheint es kaum möglich, diese im gleichen Gebiet und zur gleichen Zeit verbreiteten Erscheinungen verschiedenen Menschenformen zuzuweisen.

Menschen an Wasserlöchem

Bei der Betrachtung der Verhältnisse im Süden Eurasiens wird diese Frage komplizierter. Generell bleibt das zuvor gewonnene Siedlungsgebiet südlich der eurasischen Hochgebirge erhalten. Doch die hier bekannten Funde aus der Zeit vor 1,5 bis 1 Millionen Jahren gehören mit Ausnahme von Ubeidiya im Jordangraben und Gongwangling in China zum Developed Oldowan. So wurden in den untersten Fundschichten von Hummal im Becken von El Kowm in Syrien, zeitlich und räumlich nicht sehr weit von Ubeidiya entfernt, nur Abschläge, Kerne und Geröllgeräte sowie die hier als Bola interpretierten Steinkugeln gefunden. Besonders umfangreich sind die Funde aus den Schichten 17 und 18, wo zu den Steinartefakten Knochen vor allem von Kamelen und Nashörnern kommen. In Hummal und an den vielen anderen Fundplätzen im Becken von El Kowm haben sich die Menschen an Wasserlöchern in einer Halbwüste aufgehalten. Hier entstanden Stratigraphien mit vielen Fundschichten, die in Hummal 13 m mächtig sind. Das Developed Oldowan aus der Zeit vor mehr als einer Million Jahren ist dabei durch die Schichten 16 bis 25 belegt.

Die wenigen Artefakte – sechs Abschläge, drei Kerne – aus Karstspalten von Pirro Nord (Apulien, Süditalien) wurden zusammen mit einer umfangreichen Fauna des spätesten Villafranchien gefunden. Die Zuweisung dieses kleinen Ensembles zum Oldowan erfolgte nur deshalb, weil es aus Südeuropa in dieser Zeit bisher keine Faustkeile gibt. Dagegen stammen von Barranco Leon 5 und Fuente Nueva 3 im Becken von Guadix-Baza bei Orce zahlreiche Artefakte. Die Fauna dieser beiden Plätze stimmt weitgehend überein und ist jünger als Venta Micena und Dmanisi. Vertreten sind unter anderem Elefanten, Nashörner (Stephanorhinus hundsheimensis), Pferde und Flusspferde (Hippopotamus antiquus), unter den Raubtieren der Wolf (Canis mosbachensis) und eine große Hyäne (Pachycrocuta brevirostris). Es ist die Tierwelt einer offenen Graslandschaft des warm-gemäßigten Klimas. Fuente Nueva 3 lag am Ufer eines Sees, Barranco Leon 5 an einem Zufluss in diesen See. Bei den Steinartefakten handelt es sich vor allem um kleine bis mittelgroße Feuersteinabschläge, die mit Schlagsteinen in der freien Hand geschlagen wurden. Der verwendete Feuerstein kommt in der Umgebung in der Sierra de la Umbria vor. Retuschierte Abschläge sind mit etwa zwanzig Beispielen selten. Größere Artefakte für gröbere Arbeiten bestehen meist aus Kalkstein und sind schlecht erhalten. Manchmal gibt es als Reste solcher Artefakte nur noch helle Verfärbungen. Da wir unter anderem von Ubeidiya wissen, dass die Faustkeile nicht aus dem glasigen Feuerstein, sondern zum Beispiel aus Kalkstein hergestellt wurden, könnte man auf die Idee kommen, dass unter den zersetzten Kalksteinartefakten auch Faustkeile waren. In Fuente Nueva 3 gibt es zwei durch eine sterile Kalkschicht voneinander getrennte Fundschichten. Der untere Horizont ist besonders reich mit vielen Artefakten und Tierknochen. In der oberen Fundschicht lag das vollständige Skelett eines Südelefanten. Zwischen den Knochen und um das Skelett herum lagen Steinartefakte. Solche Fundsituationen – Einzelskelette von Megaherbivoren und Steinartefakte – wurden bereits von afrikanischen Fundplätzen, aber auch von Ubeidiya beschrieben. Sicher ist der Fundort auch der Tötungsplatz, denn diese Tiere waren viel zu schwer für einen Transport. Mit den Steinartefakten hat man vor allem Fleischstücke abgetrennt. Etwa in die gleiche Zeit vor 1,2 bis 1,3 Millionen Jahren gehören auch Funde aus der Sima del Elefante auf der Sierra von Atapuerca in Nordwestspanien. Bei den hier gefundenen Artefakten handelt es sich vor allem um Abschläge und deren Kerne sowie um Geröllgeräte, so dass auch dieses Ensemble dem Oldowan (eigentlich: Developed Oldowan) zugewiesen wird. Kürzlich wurde in der Sima del Elefante der vordere Teil eines menschlichen Unterkiefers mit einigen Zähnen gefunden.

Erste Menschen auf der Iberischen Halbinsel

Es erhebt sich natürlich die Frage, wie die ersten Menschen auf die Iberische Halbinsel gekommen sind. Für die Tiere scheint dies klar: Die Tiergesellschaften von Barranco Leon 5 und Fuente Nueva 3 entsprechen denen in anderen Teilen Europas und bedürfen keiner direkten Verbindung mit Nordafrika. Der Mensch könnte aber auch über die Straße von Gibraltar aus Nordafrika gekommen sein. An klaren Tagen kann man über diese Meerenge hinwegsehen. Es gibt aber eine starke Strömung, die die Überfahrt behindert. Trotzdem wird man nicht ausschließen können, dass die ersten Menschen in Spanien auch aus Nordafrika kamen, wo es seit etwa 1,7 Millionen Jahren Menschen gab. Auch am entgegengesetzten Ende Eurasiens gibt es in China Fundplätze dieser Zeit. Die Tsinlingshan-Gebirgskette, die den Norden und den Süden Chinas trennt, reicht nicht bis an den Ozean, so dass hier eine Wanderung nach Norden nicht durch ein Hochgebirge behindert wird. Der etwa 1,2 Millionen Jahre alte Fundplatz Xihoudou liegt in Nordchina unweit von Xian. Zusammen mit Tierknochen wurden hier Abschläge, teilweise mit retuschierten Kanten, sowie Kerne und Geröllgeräte gefunden, während Faustkeile fehlen. Auch in späterer Zeit gab es in Südostasien lange keine Faustkeile, so dass für dieses Gebiet die gesonderte kulturelle Entwicklung einer Geröllgerätkultur vermutet wurde, was erst vor einigen Jahren durch die Entdeckung von Faustkeilen in Frage gestellt wird. Für die Zeit vor 1,5 bis 1 Millionen Jahren veranschaulicht das Fundplatzgebiet von Gongwangling das Problem. Hier wurde an der Basis des Lishi-Löß ein massiver menschlicher Unterkiefer zusammen mit Tierknochen sowie Abschlägen, Kernen und Geröllgeräten, also einem Inventar des Developed Oldowan, gefunden. 300 m weiter lag in der gleichen stratigraphischen Position jedoch ein Faustkeil, wie bei der Darstellung des Acheuléen bereits erwähnt wurde. Schließlich war auch Java in dieser Zeit bewohnt. Aus der Pucangan-Formation, die durch mehrere vulkanische Tuffe gegliedert und durch einen Meteoriten-Horizont abgeschlossen wird, gibt es mehrere menschliche Unterkiefer (Sangiran 1, 5, 6 und 22) und einen Schädel (Sangiran 4), zu denen aber keine Steinartefakte gehören.

Wenn es sich bestätigen sollte, dass im Süden Eurasiens in der Zeit vor 1,5 bis 1 Millionen Jahren nur Inventare des Developed Oldowan und keine Faustkeile des Acheuléen vorkommen – eine wichtige Ausnahme ist der schon mehrfach genannte Faustkeil von Gongwangling –, dann gäbe es dafür vor allem zwei Erklärungsmöglichkeiten: Erstens dienten Faustkeile und Cleaver für Arbeiten, die an den entsprechenden Plätzen nicht ausgeführt wurden. Dies wurde auch für das Nebeneinander von Acheuléen und Developed Oldowan in Afrika vermutet. Zweitens blieben die in den Süden Eurasiens gelangten Menschen bei ihrer Steinbearbeitungstechnik – dem Oldowan – und hatten keine Kenntnis und keinen Kontakt mit dem Acheuléen. Die Faustkeile des Acheuléen erreichten von Afrika aus nur Ubeidiya am Jordan. Natürlich stört bei dieser Überlegung der Faustkeil von Gongwangling, dessen Datierung gesichert scheint. Auch in der folgenden Zeit, bis zum Ende des Altpaläolithikums, gibt es in Eurasien diesen Gegensatz von faustkeilfreien Inventaren und Acheuléenfunden. Eine Erklärung hierfür wäre also sehr wichtig. Die anthropologischen Funde helfen dabei kaum weiter, zumal die Klassifikation der Menschenfunde heute unterschiedlich ist. In der klassischen Auffassung, wie sie bis vor einigen Jahren galt, hat sich in Afrika aus dem Homo habilis der Homo erectus entwickelt, der dann auch Eurasien besiedelte.

Gliederung der Menschenfunde

Heute herrscht eine Tendenz, die Menschenfunde geographisch zu gliedern. Demnach entwickelte sich in Afrika aus dem Homo habilis der Homo ergaster. Diese Menschenform, zu der der bereits beschriebene Turkana-Boy gehörte, hatte ein Schädelvolumen von durchschnittlich 850 cm3, eine Körpergröße von 1,55 bis 1,70 m und ein Gewicht von 50 bis 65 kg. Diesem Homo ergaster werden auch Schädelfunde, die zuvor als klassische Vertreter des Homo erectus galten, wie der Schädel OH 9 aus der Olduvai-Schlucht und die Menschenfunde von Ternifine in Algerien, zugewiesen. Der Homo ergaster wäre demnach die Menschenform des frühen Acheuléen und des Developed Oldowan in Afrika. Der Homo habilis breitete sich aber auch in den Süden Eurasiens aus. Die – recht unterschiedlichen – Funde des Homo georgicus von Dmanisi wären das Ergebnis. Die Bezeichnung Homo erectus wird für die südostasiatischen Funde reserviert, wo diese Menschenform mit Eugène Dubois’ Pithecanthropus erectus auch definiert wurde. Dabei gehören die ältesten Funde auf Java – der Schädel Sangiran 31 und der Unterkiefer Sangiran 9 – bereits in die Zeit von Dmanisi. Andere Funde von Java und der Schädel von Gongwangling stammen aus der Zeit vor 1,5 bis 1 Millionen Jahren. Die meisten Homo-erectus-Funde aus Südostasien sind jedoch jünger und gehören an das Ende des Altpaläolithikums. Den so geographisch definierten Homo erectus gab es folglich für eine lange Zeit (1,8 bis 0,3 Millionen Jahre) und er hatte anscheinend recht unterschiedliche Merkmale. Die frühen Menschenfunde Europas wurden bereits vor längerer Zeit aus dem Kreis des Homo erectus verbannt und als Homo heidelbergensisin Atapuerca als Homo antecessor – bezeichnet. Der älteste Fund ist das Unterkieferbruchstück aus der Sima del Elefante von Atapuerca mit einem Alter von ca. 1,2 Millionen Jahren. Doch auch in Europa gehören die meisten Funde des Homo heidelbergensis in einen späteren Abschnitt des Altpaläolithikums und auch hier scheinen die morphologischen Merkmale recht unterschiedlich zu sein.

wbg Weltgeschichte Bd. I

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