Читать книгу Vom Träumen und Aufwachen - Группа авторов - Страница 42

Warum Hitler folgen? – Ein Forschungsprojekt

Оглавление

Diese Idee führte mich schließlich zu einem Forschungsprojekt, das ich 1998 in Freiburg im Breisgau gründete. Wir, zehn Forscher und Forscherinnen, führten Interviews mit Nazi-Anhängern, alten Menschen, die Hitler damals »toll« fanden. Eine Bevölkerungsgruppe, die bis heute in der Forschung fast völlig übergangen wurde. Ich wollte endlich verstehen, warum die Menschen Hitler damals folgten. Die Fachliteratur konnte mir bis dahin keine befriedigende Antwort geben.

Es gibt ja sehr viel Forschung über Adolf Hitler. Doch um zu verstehen, warum sich so viele Menschen für Hitler begeisterten, finde ich, bringt es wenig, Hitler noch detaillierter zu erforschen, sondern wir müssen, ganz einfach, die Anhänger befragen. Die Durchführung dieses Projekts stieß nicht nur auf Zustimmung. Manche Leute fanden das gar nicht so gut. Einige Kollegen im Hochschulumfeld haben den Kontakt mit mir abgebrochen: »Wenn Sie mit diesen alten Nazis reden, müssen Sie ja selber Nazi sein.«

Wir haben es trotzdem gemacht (oder: jetzt erst recht). Aber im Lauf dieser Interviews bemerkten wir plötzlich, dass wir uns schämen. Merkwürdig: Wieso schämen wir uns, wenn wir Nazi-Anhänger interviewen? Erst später habe ich es verstanden; wir interpretierten diesen Vorgang dann als Gegenübertragung. Als zum ersten Mal der Begriff »Scham« auftauchte, habe ich spontan in die Hände geklatscht, weil mir sofort klar war, dass wir jetzt endlich einen Schlüssel zum Verständnis des Nationalsozialismus gefunden hatten.

Daraufhin machte ich mich erst einmal kundig über die Scham. Ich trug die Forschung zu diesem Thema zusammen und habe dann zum ersten Mal wirklich verstanden, wie es damals möglich war, dass so viele Menschen Hitler folgten. All das habe ich zusammengefasst in dem Buch: Warum folgten sie Hitler? Die Psychologie des Nationalsozialismus (Marks 2007).

Vom Träumen und Aufwachen

Подняться наверх