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Vom Jäger zum Bauern

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Mit der sogenannten landwirtschaftlichen Revolution vor gut 12 000 Jahren begann das Zeitalter des Neolithikums (Jungsteinzeit). Zuvor hatten sich unsere Vorfahren über Millionen Jahre hinweg ausschließlich von dem ernährt, was die Natur ihnen bot: Homo ergaster (vor 1,9 bis vor 1,4 Millionen Jahren) oder Homo erectus (vor 1,8 Millionen Jahren bis vor ca. 40 000 Jahren) sammelten die Samen von Wildgräsern, verspeisten Früchte von wilden Bäumen und jagten noch wildere Tiere. Auch der Homo sapiens, der vor 300 000 Jahren in Ostafrika die Bildfläche betrat und sich in alle Erdteile ausbreiten sollte, war die meiste Zeit über ein erfolgreicher Jäger und Sammler. „Die landwirtschaftliche Revolution geschah nicht über Nacht“, veranschaulicht der Prähistoriker Dirk Meier: Noch zwischen 11 400 und 10 700 v. Chr. sei der Fruchtbare Halbmond aufgrund milder klimatischer Verhältnisse so etwas wie ein natürlicher Garten Eden gewesen, mit gewaltigen Herden von Gazellen (Ableitung des arabischen Begriffs „Ghazala“ = wilde Ziegen; die Redaktion) und üppigen Wildgetreidevorkommen. Warum also sollten die Menschen alles auf den Kopf stellen? Weil das Klima buchstäblich rauer wurde und die Ernährungslage zusehends weniger paradiesisch.

Einerseits verspürten manche Wildbeutergruppen sicherlich Konkurrenzdruck durch rivalisierende Gruppen und damit Ressourcenknappheit, andererseits entdeckten die frühen Neolithiker, dass Wildgetreidevorkommen sich ausbreiteten, wenn Körner – etwa beim Transport – zufällig in umliegende Böden gelangt waren. Fortan konnten die Menschen quasi selbst bestimmen, wo sie ihr Korn anbauten. Parallel hielten sie eingefangene Wildtiere als – nachwachsenden – Fleischvorrat. „So setzte ein evolutionärer Prozess ein, in dessen Verlauf der Homo sapiens nicht nur Weizen, Ziegen und später Schafe, sondern auch sich selbst domestizierte, indem er schlicht sesshaft wurde“, erklärt der Archäologe Johannes Müller von der Universität Kiel: „Bereits 9600 v. Chr. lebten etwa in Jericho Bauern in Häusern und lagerten Getreide als Vorrat und Saatgut.“


Die neue bäuerliche Wirtschaftsweise „wanderte“ zwischen etwa 9600 und 3800 v. Chr. aus dem Vorderen Orient nach Nordwesten bis zu den britischen Inseln.

Einmal fest verwurzelt, züchteten die Landwirte immer effizientere Nutztiere und -pflanzen heraus. Sie ersannen Konzepte zur Bewässerung und zum Düngen mit Tierkot, sodass die neue Lebensweise sie zusehends energiereicher ernährte, obgleich Johannes Müller gewisse Startschwierigkeiten anmerkt: „Wenn man die Körpergröße als Maßstab für den Ernährungszustand nimmt, muss man sagen: Die allerersten Neolithiker waren zunächst etwas kleiner als ihre wildbeutenden Vorfahren.“ Der hohe Zuckergehalt der getreidereichen Kost sorgte zudem für gesundheitliche Probleme und das tägliche „Ackern“ für immense Gelenkschmerzen, denn Vieh und Feld mussten unablässig gefüttert oder von Unkraut befreit werden. Zudem galt es, die eigene Produktion gegen Räuber zu verteidigen. Viele Anthropologen halten die bäuerliche Sesshaftigkeit sogar für die Wiege aller Konflikte um Land und Lebensgrundlagen, denn: Anders als Wildbeuter hatten Weizenzüchter keine Ausweichmöglichkeit mehr, wenn Fremde ihre Ressourcen beanspruchten.

Dabei war schon bald genug Nahrung für alle da – so schien es zumindest, denn die frühen Landwirte produzierten immer mehr Kilokalorien pro Hektar. „Dadurch kam jedoch eine Spirale in Gang“, erklärt Prähistoriker Meier. „Mehr Nahrung brachte indirekt mehr Menschen hervor, die wiederum mehr Ressourcen verschlangen.“ Hatten vor rund 12 000 Jahren nur schätzungsweise acht Millionen Jäger und Sammler auf Erden gelebt, so waren es 10 000 Jahre später bereits 250 Millionen Bauern – und gerade noch zwei Millionen Wildbeuter, die sich zusehends an den Rand gedrängt sahen. Ihr angestammtes Revier wurde mit Getreide bepflanzt oder von Nutztieren beweidet, während ihre natürlichen Wasserläufe von den Bauern abgegraben und ihr Jagdwild wie Schädlinge bekämpft wurde.

Die Zukunft der Ernährung

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