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Brennglas 18. Jahrhundert

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Arme essen, Reiche speisen – diese Zweiteilung zeigte sich noch einmal wie in einem Brennglas im 18. Jahrhundert. Damals stießen bei explosionsartig wachsender Bevölkerung das Handelssystem und die landwirtschaftliche Produktion – trotz beachtlicher Fortschritte in der Agrartechnik – wieder an ihre Grenzen. Dagegen kapselte sich eine parasitäre Adelsgesellschaft im Zeichen absolutistischer Höfe wie dem von Versailles zunehmend von der übrigen Bevölkerung ab, die durch hohe Steuern und Abgaben immer tiefer ins Elend gestoßen wurde.

Während im vorrevolutionären Paris infolge von Missernten der Brotpreis immer neuen Höhen erreichte, brachen die Tafeln der Adligen unter der Last der von Heerscharen an Köchen und Bediensteten aufgetischten Delikatessen fast zusammen. Das Prinzip der Zurschaustellung dessen, was man hatte und einen vom „Volk“ unterschied wurde auf die Spitze getrieben. „Es ist dies der Bereich des gesellschaftlichen Privilegs und der politischen Macht – der Welt des Hungers und der Angst in immer krasserer Weise gegenübergestellt“, schreibt Montanari. Solche Schauessen bestanden oft aus mehr oder weniger ungenießbaren Lebensmittel-Skulpturen, kunstvoll geschichteten Pasteten und Sülzen, bildhaft geformten Backwerken sowie filigranen Zuckerplastiken, die später durch Tischaufsätze aus Porzellan ersetzt wurden. Weil beim klassischen „französischen Service“ immer alles zu gleicher Zeit auf den Tisch kam und die Küchen wegen der allgegenwärtigen Brandgefahr weit außerhalb der Repräsentationsräume lagen, muss man davon ausgehen, dass die meisten Gäste niemals in den Genuss einer warmen Mahlzeit kamen.


Aus der Sterneküche: Lamm mit Artischockenherzen an Balsamico-Feigen-Sauce.

Die Französische Revolution brachte nicht nur eine durchgreifende Demokratisierung des gesamten Ernährungswesens, sie war auch der Urknall der kommerziellen Hochgastronomie. Weil die meisten Köche ihre Dienstherren verloren hatten – viele Adelige und Geistliche waren vertrieben oder hingerichtet worden – eröffneten sie Restaurants für das städtische Bürgertum, das durch die Auflösung staatlicher und kirchlicher Güter und die beginnende Industrialisierung zu Wohlstand gekommen war. Kulinarische Genüsse, die vormals nur einer winzigen Schicht vorbehalten waren, wurden nun für breitere Bevölkerungsgruppen erschwinglich.

Wobei auch das Bürgertum stets nach Höherem strebte und die „gehobene“ Küche auch ihm zur Abgrenzung nach unten diente. Die gutbürgerliche Küche und ihre ersten Kochbücher entstanden in der Verbindung des höfisch-ausgefeilten Koch-Know-hows mit dem aufklärerischen Gebot des vernünftigen Maßes. Doch die Sehnsucht blieb: Bis heute wird in Hochzeitstorten die alte Zuckerbäckerkunst beschworen und das Kalte Buffet weckt Erinnerungen an die fürstlichen Prachtgelage von einst.

Die Zukunft der Ernährung

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