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Das Ende der Herrschaft Ludwigs XIV. (1714/15)

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Nach dem Pfälzischen und dem Spanischen Erbfolgekrieg hinterließ Ludwig XIV. in den Jahren 1714/15 eine kolossale Staatsschuld, die auf 3,5 Milliarden Livres geschätzt wird, von denen mehrere Hundert Millionen unmittelbar fällig waren120. Dennoch war Frankreich im Grunde genommen ein reiches Land mit einer soliden Landwirtschaft, einem beachtlichen Manufakturwesen und einer intensiven Handelsaktivität. Daher urteilt François Bluche, das üblicherweise gezeichnete, düstere Tableau differenzierend, Ludwig XIV. habe 1715, abgesehen von den öffentlichen Finanzen, keineswegs ein ruiniertes Königreich hinterlassen121.

Als handlungsfähig und flexibel erwies sich Ludwig XIV. zudem noch in seinen letzten beiden Lebensjahren in außenpolitischer Hinsicht. Der Friedensschluss von Utrecht, in dem sich Ludwig XIV. mit den Seemächten über die Aufteilung der spanischen Erbschaft unter vorläufiger Exklusion Karls VI. verständigt hatte, schuf auf den ersten Blick eine Konstellation, die einer Annäherung Bourbons an Habsburg ungünstig erschien. Dennoch war einer anderen Lesart zufolge mit der getroffenen Regelung der spanischen Sukzession und der europäischen Anerkennung der bourbonischen Herrschaft in Madrid die habsburgische Umklammerung Frankreichs durchbrochen worden. Zwar hat Jörg Ulbert jüngst nachweisen können, dass diese faktische Aufhebung des habsburgischen Gefahrenpotentials sich keineswegs unmittelbar auf die traditionelle französische Wahrnehmung und auf die tradierten Feindbildstereotype auswirkte122. Aber zumindest Ludwig XIV., so behauptete jedenfalls zunächst die französische Historiographie, habe früh erkannt, dass nach Utrecht die Hauptgefahr für Frankreichs Einfluss und für die Stellung des Katholizismus in Europa von Großbritannien ausgegangen sei. Diese Ansätze sind von Braubach und der ihm folgenden Forschung aufgenommen und eingehend geprüft worden. Demzufolge führten die Friedensschlüsse nicht unmittelbar zu einer Umkehr der französischen Außenpolitik. Obwohl die beiden Unterhändler in Rastatt, Prinz Eugen und Marschall Villars, informell eine über den Friedensschluss hinausreichende Aussöhnung beider Höfe erörtert hatten, zeigte die französische Reichspolitik in den kommenden Monaten keine Neigung, ihre traditionellen Bahnen zu verlassen, und baute auf ein preußisches und vor allem inskünftig bayerisches Gegengewicht123. Die allgemeine europäische Lage gab zu einer weiteren Annäherung an Wien zunächst auch kaum Anlass: Karl VI. hatte sich in Rastatt nicht dazu verstanden, das spanische Königtum Philipps V. anzuerkennen. In England brachte erst die Thronbesteigung des Kurfürsten von Hannover als Georg I. die Whigs wieder in die leitenden politischen Ämter zurück und enttäuschte damit die französischen Hoffnungen auf einen Bündnisschluss mit London.

Die von den Rastatter Prinzipalunterhändlern am 7. September 1714 in Baden im Aargau aufgrund der Ermächtigung durch den Regensburger Reichstag vollzogene Annahme des Friedensvertrages bot unmittelbar darauf den Anlass zu Konsultationen über das französisch-kaiserliche Verhältnis. Ludwig XIV. hatte in seinen den britischen Macht- und Politikwechsel teilweise antizipierenden Instruktionen für Villars vom 19. August 1714 sowie für Saint-Contest und Graf du Luc vom 23. des Monats das Ziel formuliert, zum Wohle der katholischen Religion und des europäischen Friedens zu einer Union zwischen Kaiser und König zu gelangen; beabsichtigt war eine Verständigung über gemeinsame politische Ziele, die mit dem nicht zeitgenössischen Terminus Entente cordiale umschrieben werden kann124, ohne dass eine förmliche Allianz angestrebt worden wäre. Tatsächlich nahmen beide Seiten gleichermaßen aktiven Anteil an den nun regen Aussöhnungsbestrebungen, die nach dem Badener Kongress durch einen vom französischen Außenstaatssekretär Torcy sanktionierten Briefwechsel zwischen Villars und Prinz Eugen vorangetrieben wurden. Schon vor der Ausführung wichtiger Friedensbestimmungen – noch war die Oberpfalz wegen der kurpfälzischen Entschädigungsansprüche nicht gänzlich dem Kurfürsten von Bayern restituiert worden und noch hatte Ludwig Freiburg, Breisach und Kehl in seiner Hand – stellte Frankreich am 21. November die Ernennung des seit den Badener Friedensverhandlungen als Exponent eines kaiserfreundlichen und katholischen Kurses bekannten französischen Gesandten in der Schweiz, du Luc, als Botschafter am Kaiserhof in Aussicht. Am 11. Juli 1715 hatte dieser nach vorübergehender Vertretung durch den bereits am 18. April als Gesandtschaftssekretär in Wien angelangten Pariser Parlamentsrat Jean Galyot de Mandat seine Antrittsaudienz bei Karl VI. Damit waren zumindest die ordentlichen diplomatischen Beziehungen wiederaufgenommen und zum ersten Mal in der Regierungszeit Ludwigs XIV. ein französischer Gesandter im Range eines Botschafters in Wien akkreditiert worden125. Die französische Eilfertigkeit ist auf dem Hintergrund der seit Oktober 1714 am Hof von Versailles kursierenden Gerüchte über einen englisch-österreichischen Ligavertrag zu sehen, die einen Wiederausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges befürchten ließen. Noch hatte Karl VI., an dessen Hof zahlreiche Exulanten aus Spanien weilten, die Hoffnung auf den spanischen Thron nicht ganz aufgegeben. In der Tat war Lord Stanhope, das unter Georg I. an die Macht gelangte außenpolitische Haupt der Whig-Partei, im November 1714 über Den Haag nach Wien gereist. Obgleich die unter der Leitung Torcys konzipierte Instruktion für du Luc vom 3. Januar 1715 programmatischen Charakter besaß und durch die weit ausgreifenden Überlegungen zu einer Neuordnung der europäischen Allianzen eine diplomatische Revolution avant la lettre projizierte126, war sie für die beteiligten französischen Akteure tatsächlich nur eine Handlungsalternative, vielleicht gar nur eine „Notlösung“127, die unter der Änderung der außenpolitischen Vorzeichen später rasch wieder aus dem Blickfeld geriet. Damit war eine mögliche Option für die Zukunft eröffnet, jedoch keineswegs der Weg zum Renversement des alliances gewiesen.

Dem einstweilen eingeschlagenen Unionskurs mit Wien dienten auch die französischen Bemühungen um eine Versöhnung zwischen Wittelsbachern und Habsburgern. Ludwig XIV. wollte seine Verpflichtungen gegenüber dem Kurfürsten von Bayern einhalten und seine alten Verbindungen zu den Reichsständen bewahren; er versuchte jedoch, sie mit der behutsamen Neuausrichtung seiner Politik gegenüber der Hofburg in Einklang zu bringen. Neben der wohlwollenden Neutralität gegenüber einem kaiserlichen Türkenkrieg war Frankreich insbesondere gewillt, im Einvernehmen mit Karl VI. den Machtzuwachs der protestantischen Fürsten im norddeutschen Raum zu verhindern. Der Kaiser sah dort seine Autorität durch die protestantischen Fürsten bedroht: Neben Preußen hatte 1714 auch Kurhannover den Königstitel erworben. Obwohl Karl VI. den am 2. September von Ludwig XIV. anerkannten englischen Königstitel für Georg I. durchaus zuzugestehen bereit war, wurde das österreichische Verhältnis zu Hannover durch den konfessionellen Gegensatz überschattet. Zudem war Preußen durch seinen Eingriff in den Nordischen Krieg und seine Ansprüche auf Vorpommern in einen Gegensatz zu Schweden geraten, dessen im Westfälischen Frieden erworbener deutscher Besitz durch Frankreich im April 1714 erneut vertraglich garantiert worden war.

Diese Hauptintention, die sich auf den Norden des Reiches bezog, stand aber offensichtlich im Einklang mit dem neuen Gegensatz zu Großbritannien und verweist auf die Kontextgebundenheit der französischen Unionsofferte an Wien. Die Skepsis der Hofburg gegenüber Ludwig XIV. führte jedoch keineswegs unmittelbar zu einer neuerlichen Annäherung an England. Vielmehr lavierte die Wiener Politik bis über den Tod des Königs hinaus zwischen beiden Optionen. An der Hofburg herrsche allerdings weiter die alte Feindschaft und das tiefverwurzelte Misstrauen zwischen Habsburg und Bourbon, berichtete der bereits abberufene Mandat am 1. September 1715, dem Todestag Ludwigs XIV., in die Heimat128. Schon vor dem Tode des Sonnenkönigs durfte das bevorstehende Scheitern der mit Wien eingeleiteten Verhandlungen demnach als wahrscheinlich gelten.

29 Der König von Frankreich wurde im Alter von 13 Jahren und einem Tag volljährig. Dies war auch in der Frühneuzeit relativ früh, etwa im Vergleich zum Mindestalter von 18 Jahren für eine römische Königswahl. Der am 5. September 1638 geb. Louis Dieudonne wurde am 7. September 1651 in einem lit de justice (einer Sitzung des Parlement in Anwesenheit des Monarchen) für großjährig erklärt. Sein Beiname verwies auf den göttlichen Gnadenerweis, der in der lang ersehnten Geburt des Thronfolgers gesehen worden war.

30 Vgl. zur Kritik an diesem Konzept DUCHHARDT 1999 [688].

31 Zu den gescheiterten französisch-spanischen Verhandlungen in Münster und den späteren Verhandlungen zum Pyrenäenfrieden vgl. ROHRSCHNEIDER 2007 [749]; SÉRÉ 2007 [795].

32 Vgl. § 114 IPM und Art. XVII § 4 IPO.

33 Zu den im Detail fragwürdigen praktischen Konsequenzen der sowohl juristisch als auch politisch verstandenen Friedensgarantie vgl. ARETIN 1986 [100].

34 Im Detail wird diese Eigenständigkeit der ludovizianischen Reichspolitik dargestellt von MALETTKE 2001 [779], S. 275–365.

35 Überzeugend dargelegt ebd., S. 206.

36 Vgl. BÉLY 1992 [89], S. 223.

37 Vgl. MALETTKE 2001 [779], S. 216.

38 Vgl. z.B. die Pionierarbeit von MALETTKE 1994 [730], S. 129–261.

39 Vgl. BÉRENGER 2004 [756], S. 220.

40 Zum ersten Rheinbund vgl. SCHNUR 1955 [794]. Zur Forschungskontroverse über den Ursprung des Rheinbundes vgl. zuletzt MALETTKE 2001 [779], S. 236f.

41 Der zweite Rheinbund wurde 1806 unter der Ägide Napoleons I. begründet.

42 Einigen Historikern gilt er geradezu als der Initiator des ganzen Unternehmens. Zur Assoziationspolitik der Mainzer Kurfürsten im Zeitalter Ludwigs XIV. vgl. ARETIN 1975 [752].

43 Vgl. BÉRENGER 2004 [756], S. 199–202 und S. 211–221.

44 Vgl. ebd., S. 216.

45 Vgl. dazu MALETTKE 2001 [779], S. 237–248.

46 BÉRENGER 2004 [756] urteilt: „Le but de Mazarin n’était pas de faire élire Louis XIV, mais de peser sur les électeurs pour écarter les Habsbourg ou tout au moins lier le futur empereur par des capitulations draconiennes, qui priveraient Philippe IV de toute aide allemande“, S. 212. Im Juni 1657 sei die Kandidatur Ludwigs jedoch von Mazarin kurzzeitig ernsthaft erwogen worden, ebd., S. 213f.

47 Vgl. zu diesem juristischen Problem DUCHHARDT 1980 [106]; SCHMIDT 2003 [124].

48 Vgl. BÉRENGER 2004 [756], S. 217–219.

49 Zu entsprechenden Überlegungen 1559 vgl. PLATZHOFF 1914 [748], hier S. 448; zu den diesbezüglichen Erwägungen in Frankreich vor dem Westfälischen Friedenskongress vgl. auch LEHR 1941 [777], S. 3–5.

50 Aufgrund einer sprachlichen Doppeldeutigkeit in den Formulierungen der Verhandlungsakten und des Friedensvertrages von Münster proponierten und zedierten die Kaiserlichen nach eigenem Verständnis die Hochstifte, die Franzosen gingen aber davon aus, die Diözesen zu erhalten. Beide Parteien wussten von der abweichenden Textinter-pretationderGegenseite, konnten sich jedoch nicht auf eine eindeutige Fassung einigen; vgl. BRAUN 1996 [900].

51 1559 hatte der Reichstag den Franzosen zwar das Recht bewilligt, Gesandte zu den Reichsversammlungen zu schicken, aber in dem eingeschränkten Sinne, „dass die fremden Legaten im Beisein aller Stände gehört und nach gehabten und verglichenen Bedenken beantwortet“ werden sollten, ohne bei den eigentlichen Sessionen zugelassen zu sein. Faktisch erschien nach dem Tode Heinrichs II. über Jahrzehnte kein französischer Gesandter mehr am Reichstag; PLATZHOFF 1914 [748], S. 458f. und S. 463.

52 Vgl. zu der Wandlung der französischen Einschätzung dieser Institution ULBERT 2001 [912].

53 Insbesondere im Memorandum der französischen Botschafter Longueville, d’Avaux und Servien vom 9. Juli 1646; gedruckt in APW, Bd. II B 4 1999 [6b1], nr. 60, S. 178–189 (mit Beilage 1).

54 Weisung Ludwigs XIV. für Gravel, Saint-Germain-en-Laye, 25. Mai 1668, Ausfertigung: AE, CP All. 232 fol. 200–201.

55 Begriff nach BURKHARDT 2006 [90], S. 98f. Der Terminus ist insofern hilfreich, als er den bellizistischen Grundzug der Außenpolitik Ludwigs XIV. gerade in den drei Jahrzehnten nach 1667 auf einen begrifflichen Nenner bringt. Dennoch bedürfte er in der künftigen Forschung der Diskussion. Grundsätzlich ist einzuwenden, dass völkerrechtlich nicht zusammengehörige militärische Konflikte unter einem Begriff subsumiert werden.

56 BRAUBACH 1972 [762], S. 95f. (Zitat S. 96). Diesen Paradigmenwechsel betont auch DETHAN in seinem Vorwort zum Dossier „1715–1965“ zur Diplomatie Ludwigs XIV., in: RDH 79 (1965), S. 289–372.

57 Zur europäischen Politik Ludwigs XIV. ist weiterhin zu konsultieren ANDRÉ 1950 [751]; HATTON 1976 [774]. Zu den deutsch-französischen Beziehungen in der Regierungszeit Ludwigs XIV. und Leopolds I. vgl. zuletzt MALETTKE 2007 [780]; BÉRENGER 2007 [757].

58 Vgl. SONNINO 1988 [797]; von französischer Seite auch BÉLY 1992 [89], S. 223.

59 DUCHHARDT 2007 [93], S. 29.

60 Vgl. DOTZAUER 1974 [686].

61 Unter dem Begriff „Wildfang“ verstand man die Niederlassung herrenloser Untertanen. In Frankreich gab es zwar mit dem droit d’aubaine ein ähnliches Institut, aber gemeinhin bezeichnete man das Wildfangrecht auf Französisch mit „wildfangiat“ – allein diese Begriffsprägung zeugt schon von der Vertrautheit mit der Rechtsmaterie.

62 Vgl. BÉRENGER 1965 [754]; DERS. 1976 [755].

63 Vgl. SCHINDLING 1981 [793], S. 165 Anm. 25.

64 BADALO-DULONG 1956 [753], S. 139.

65 Zur Außenpolitik Ludwigs XIV. im Niederländischen Krieg, dessen internationale Dimension hier nur skizziert werden kann, sowie zum militärischen Verlauf vgl. EKBERG 1979 [768]; und v.a. SONNINO 1988 [797].

66 Vgl. die Instruktion des französischen Gesandten bei LIVET 1962 [5e], Teilbd. I, S. 60.

67 Vgl. zu den französisch-reichsständischen Beziehungen in den Anfangsjahren des Holländischen Krieges und bes. zu diesen Bemühungen detailliert DECKER 1981 [765].

68 MALETTKE 2001 [779], S. 196.

69 Vgl. MÜLLER 1973 [116]; DECKER 1981 [765], S. 377 Anm. 460; DUCHHARDT 1987 [766], S. 117–119; KAMPMANN 1993 [112]. Der seit 1674 herrschende faktische Kriegszustand ist im Übrigen unbestritten.

70 Diese propagandistische Einfärbung findet sich in dem wahrscheinlich von Antoine Bruneau (einem aus Chevreuse gebürtigen Juristen [1640–1720]) stammenden „Estat Present Des Affaires D’Allemagne“ (1675); vgl. BRAUN 2007 [902], Bd. II, S. 620–637.

71 So auch noch jüngst bei BURKHARDT 2006 [90], S. 114f.

72 Vgl. STROHMEYER 1994 [128].

73 Vgl. SCHULTHEISS-HEINZ 2004 [708], S. 198.

74 Der Vertrag mit Kaiser und Reich datiert vom 5. Februar 1679. Kaiser und Reich traten Freiburg im Breisgau an die französische Krone ab (Art. V); daneben wurde die Abtretung Nancys durch den Herzog von Lothringen an Frankreich in den Friedensvertrag aufgenommen (Art. XIII).

75 Vgl. STIGLIC 2003 [711].

76 Zum Nimwegener Friedenskongress vgl. HÖYNCK 1960 [775]; BOTS 1980 [759]; zur Kongressgeschichte der „niederländischen“ Zeit vgl. insgesamt ROELOFSEN 1999 [790].

77 Die Straßburger Kapitulation ist abgedruckt in: LIVET, RAPP 1981 [533], S. 85.

78 Sowohl im 17. als auch im 18. Jh.: vgl. SALOMON 1931 [535].

79 Vgl. LIVET 1996 [532], S. 2885–2886; zu Biographie, Familie und diplomatisch-juristischer Leistung Obrechts im deutsch-französischen Kontext vgl. auch BRAUN 2007 [902], Bd. II, S. 661–715 (mit Nachweis der älteren Literatur) und die Edition einer wichtigen Quelle für sein Reichsverständnis ebd., Bd. III, S. 1247–1257.

80 Seine bekannte Schrift erschien 1777 in Paris und Venedig unter dem programmatischen Titel „Paris, le modèle des nations étrangères, ou L’Europe françoise“. Zur Hofkultur vgl. Teil II, Kapitel 3 unseres Buches.

81 Vgl. GROSSER 1989 [321], zur Kavalierstour und zur bürgerlichen Reise die Kapitel 1–2; BABEL, PARAVICINI 2005 [316]. Vgl. zu den Sprachgewohnheiten in Teil II detaillierter Kapitel 4.

82 NEUHAUS 1986 [117], bes. S. 310; DERS. 1997 [25], S. 72.

83 Gerade durch die französische Bedrohung spielte die Sicherheitspolitik im Rahmen der militärischen Aufgaben der Reichskreise auch weiterhin eine wichtige Rolle bei den territorial zersplitterten, sogenannten „Vorderen Reichskreisen“ (d.h. die drei rheinischen, der Schwäbische und der Fränkische Kreis). Umgekehrt schenkte deshalb auch Frankreich deren Kreistagen besondere Aufmerksamkeit und versuchte, durch Gesandtschaften und Informanten militärisch relevante Entscheidungen frühzeitig in Erfahrung zu bringen.

84 So PLATZHOFF 1920 [788], in der Nachfolge Leopold von Rankes. Tapié billigt explizit Platzhoffs Einschätzung und folgert, dass die französische Hegemonie seit 1683 durch das europäische Gleichgewicht ersetzt worden sei; vgl. TAPIÉ 1961 [800], S. 285–288. Zum grand tournant der 1680er Jahre vgl. auch BOUTANT 1985 [760]. Zur Erfahrung dieser Krisenzeit bei einem zeitgenössischen Diplomaten vgl. EXTERNBRINK 2007 [769].

85 DUCHHARDT 2007 [93], S. 35.

86 Zu den hostes imperii in der reichsöffentlichen Diskussion vgl. grundlegend WREDE 2004 [714].

87 Vgl. zu Ludwig XIV. BURKE 1992 [683]; zu LeopoldI. GOLOUBEVA 2000 [697]; SCHUMANN 2003 [709].

88 Mit zahlreichen Aufl. bis 1674; auch Englisch 1664 und 1676. Zu beiden Autoren und ihren Werken vgl. zuletzt BRAUN 2007 [902], Bd. II, S. 610–617 und 620–637 (mit Nachweis der älteren Literatur).

89 Zu Heiss und dem Einfluss seines Reichsverständnisses auf Frankreich vgl. ebd., Bd. I, S. 349–356, 440–444; Bd. II, S. 680–691 und passim. In Paris vertrat Heiss mehrere Reichsstände und wurde von Ludwig XIV. mit diplomatischen Missionen im französischen Dienst betraut, die ihn nach Deutschland führten. Zum politischen Ideal des status mixtus in Frankreich und in Europa vgl. GAILLE-NIKODIMOV 2005 [905]. Die Wurzeln dieser Lehre im Reich sind selbstverständlich älter und gehen auf Limnaeus zurück.

90 Vgl. PILLORGET 1964 [785].

91 Zu Orsbecks Regierungszeit vgl. DERS. 1965 [786].

92 Vgl. WEBER 1964 [802].

93 Vgl. BRAUBACH 1937 [761].

94 Die folgenden Ausführungen zu den Hugenotten basieren z.T. auf der von Susanne Lachenicht und mir unterzeichneten Einleitung in BRAUN, LACHENICHT 2007 [278], S. 7–14, sowie auf den Ergebnissen der Beiträge dieses Sammelbandes, auf die allgemein verwiesen sei.

95 Trotz des staatlich verordneten Katholizismus war Frankreich gleichwohl weder vor noch nach der Widerrufung des Ediktes von Nantes religiös monolithisch. „Orthodoxe“ Katholiken, Jansenisten und Molinisten, Deisten und Atheisten standen einander auch nach der Revokation gegenüber. Vgl. zur ersten Orientierung die Frankreich-Kapitel in MAYEUR 1997, dt. 1998–2000 [619], mit bibliographischen Hinweisen.

96 Dennoch ist ihnen in den „Deutschen Erinnerungsorten“ kein eigener Artikel zuerkannt worden. Vgl. FRANÇOIS, SCHULZE 2001 [691]; in französischer Auswahl: DIES. 2007 [691]. Vgl. zum fehlenden historischen Selbstverständnis Deutschlands als Zuwanderungsland auch BENEKE, OTTOMEYER 2005 [274].

97 Zahlen nach BIRNSTIEL 1992 [275].

98 Zur noch kaum erforschten Komplexität dieser Migration sowie zu den Forschungsperspektiven der Hugenotten- und konfessionellen Migrationsforschung vgl. BRAUN in Francia 35 (2008).

99 Zum Pfälzischen Krieg, der in der angelsächsischen und zunehmend auch in der deutschen Forschung neutral als „Neunjähriger Krieg“ bezeichnet wird, vgl. BOUTANT 1985 [760].

100 Zur Ratifizierungsproblematik zuletzt BURKHARDT 2006 [90], S. 129f.

101 Er wird dort gemeinhin als guerre de la Ligue d’Augsbourg bezeichnet, weil die französische Kriegserklärung die Augsburger Liga als ersten Kriegsgrund nannte.

102 GOUBERT 1964 [772], S. 149; zur „dritten Partei“ vgl. FAYARD 1965 [770].

103 RAUMER 1930 [789], S. 197.

104 Vgl. zur Publizistik WREDE 2004 [714], S. 324–483; zur Gallophobie HÄSELER, MEIER 2005 [639].

105 Vgl. detaillierter zu diesen Zusammenhängen Teil II, Kapitel 5.

106 Der Seehandel von Nantes ging beispielsweise zwischen 1687 und 1696 um mehr als die Hälfte zurück.

107 Vgl. BÉRENGER 1965 [754].

108 Ebd., S. 297f. Vgl. BURKHARDT 2006 [90], S. 111f.

109 MIGNET 1835–1842 [9].

110 Joseph Ferdinand war der Sohn Kurfürst Maximilians II. Emanuel aus seiner 1685 mit Erzherzogin Maria Antonia geschlossenen Ehe. Maria Antonia war eine Tochter Kaiser Leopolds I. aus der Ehe mit seiner ersten, spanischen Gemahlin Margarete Theresia und damit Enkelin Philipps IV. von Spanien.

111 Die Doktrin der balance of power erlangte gerade zur Zeit der spanischen Erbfolge unter britischem Einfluss den Rang eines Leitmotivs bei der Konzeption einer friedenswahrenden internationalen Staatenordnung (s.u.).

112 BÉLY 1992 [89], S. 377f. Anderslautend zur Frage der Unausweichlichkeit des Krieges nach dem 6. Februar 1699 BRAUBACH 1952 [806], S. 21.

113 Vgl. ROOSEN 1987 [791], S. 165.

114 Vgl. insgesamt KAMEN 1969 [776].

115 Zum Utrechter Kongress vgl. das Standardwerk von BÉLY 1990 [892].

116 Trotz einer fast unüberschaubaren Dichte der Literatur existiert kein Gesamtabriss; vgl. STROHMEYER 2006 [741].

117 DUCHHARDT 1997 [92], S. 260.

118 Pro zuerst fundiert Hermann Weber, contra dezidiert Konrad Repgen.

119 DUCHHARDT 2007 [93], S. 79.

120 Das Standardwerk von GOUBERT 1964 [772], S. 216, schätzt die unmittelbar fällige Staatsschuld auf 400 Mio., aber bei insgesamt niedrigeren Zahlen als die jüngere Forschung (Gesamtschuld 2 Milliarden).

121 BLUCHE 1986, 21999 [758], S. 876.

122 ULBERT 2001 [911]; DERS. 2004 [819].

123 Angesichts des preußischen Aufstiegs im Laufe des 18. Jh. wird häufig übersehen, dass für Frankreich lange Zeit Bayern der eigentliche Gegenspieler war, den man im Reich gegen Habsburg aufbauen und als katholischen Nachfolger im Kaisertum sehen wollte. Dieses Prinzip wurde aus konfessionspolitischen Gründen und aufgrund der ungesicherten habsburgischen Erbfolge sogar im Januar 1715 beibehalten, als für Ludwig XIV. grundsätzlich die Aussöhnung mit Wien im Vordergrund stand.

124 Diese Bezeichnung nach BRAUBACH 1952 [806], S. 83.

125 Allerdings traf mit Graf Königsegg erst im Juli 1717 ein kaiserlicher Botschafter in Paris ein. Zuvor war von Dezember 1715 bis September 1716 mit Christoph Freiherr von Pentenriedter von Adelshausen ein von Karl VI. persönlich hoch geschätzter Vertreter im Range eines Legationssekretärs in Versailles akkreditiert.

126 Vgl. den Text dieser Instruktion in SOREL 1884 [5a], nr. IX, S. 151–183.

127 Terminus nach BRAUBACH 1952 [806], S. 67 und 103 (Zitat aus einer Depesche du Lucs vom 14. August 1715), der den Vorbildcharakter der Instruktion für die spätere Entwicklung jedoch vielleicht zu stark betont.

128 Zit. ebd., S. 99.

WBG Deutsch-Französische Geschichte Bd. IV

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