Читать книгу Der Koran - Hans Zirker - Страница 28

b. Die universale Botschaft

Оглавление

Im Koran selbst ist die islamische Überzeugung, dass mit ihm zum ersten Mal Gottes Offenbarung aller Welt verkündet werden sollte, noch nicht gleichermaßen deutlich ausgesprochen wie die Orientierung an den arabischen Adressaten. Doch finden sich hinreichend Aussagen, in denen man schon die universale Bedeutung Mohammeds und des durch ihn verkündeten Koran angedeutet sehen kann. So mag man die Zusage an den Propheten verstehen:

Wir haben dich nur als Freudenboten und Warner gesandt für die Menschen allesamt. (34,28)

Ursprünglich war dabei vielleicht einfach gemeint, dass der Prophet unterschiedslos zu allen Menschen seiner Region geschickt ist. Einen solch eingeschränkt generellen Sinn könnte vor allem die an Mohammed gerichtete Aufforderung haben:

Sag:

„Menschen, ich bin für euch allesamt der Gesandte Gottes, der die Herrschaft hat über die Himmel und die Erde. …“ (7,158)

Dass hier die „Menschen“ – wieder nachdrücklich „allesamt“ – zunächst nur Mohammeds Hörer sein können, legt die direkte Rede nahe, zu der er beauftragt wird. Es besteht kein Grund, ihr zu unterstellen, dass sie sich in fiktionaler Rhetorik an die ganze Menschheit richten sollte, auch wenn diese hier mit der Erwähnung von Gottes Herrschaft im Blick ist.

Deutlich offener bezeichnet der Koran seine Adressatenschaft jedoch, wo er Mohammed den Auftrag erteilt:

Sag:

„… Dieser Koran ist mir offenbart, damit ich euch durch ihn warne und wen er erreicht. …“ (6,19)

Schließlich aber sprechen einige Stellen der Prophetie Mohammeds ausdrücklich universale Bedeutung zu:

Wir haben dich nur gesandt als Barmherzigkeit für alle Welt. (21,10781)

Der Horizont der Sendung ist hier mit demselben Begriff umrissen, der von der ersten Sure an den ganzen Koran hindurch den Machtbereich Gottes benennt:

Das Lob gebührt Gott, dem Herrn aller Welt. (1,282)

Oft ist dabei an den ganzen Kosmos zu denken, häufig aber auch an die Gesamtheit der Menschen. Es ist unwahrscheinlich, dass demgegenüber im Blick auf Mohammed diese sprachliche Wendung nur den verblassten Sinn „für alle Menschen um dich her“ haben sollte. Stimmiger ist es, schon im Koran die Universalität der Sendung des Propheten und der von ihm vorgetragenen „Schrift“ ausgesprochen zu sehen. Unter dieser Voraussetzung ist der Koran also durchzogen von der Spannung zwischen der Hinwendung an die Araber „in arabischer Sprache“ einerseits und der universal angesagten Verkündigung des Wortes Gottes an die gesamte Menschheit anderseits.

Einen vergleichbaren Gegensatz finden wir im Neuen Testament zwischen der Beschränkung Jesu auf sein Volk – „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt“ (Mt 15,24) – und seinem nachösterlichen Missionsauftrag – „Geht nun hin und macht alle Völker zu Jüngern …“ (Mt 28,19). Allerdings hat die islamische Theologie keinen Grund, beim Koran eine so gravierende Unterscheidung vorzunehmen, wie die christliche Theologie bei ihrer Abgrenzung des historischen Jesus vom Christus der nachösterlichen Gemeinden.

Mit der Überzeugung, dass der Koran eine universale Botschaft sei, tritt der Islam in Konkurrenz zur christlichen Verkündigung. Dies wird auf beiden Seiten so gesehen. Da der Islam davon ausgeht, dass diese weltweite Öffnung erst von Mohammed an legitim ist, muss er den christlichen Anspruch als eine Anmaßung bewerten, die dem ursprünglichen Evangelium Jesu entgegensteht. Vor Mohammed gibt es für den Islam nur die unüberschaubar vielen Geschichten einzelner menschlicher Gemeinschaften. Erst mit der Verkündigung des Koran und der entsprechenden Ausdehnung der muslimischen Glaubensgemeinschaft sollte eine Menschheitsgeschichte beginnen. Die Verbundenheit aller Völker stand zwar von Anfang an im Plan der Schöpfung, war aber schuldhaft vereitelt worden:

Die Menschen waren nur eine einzige Gemeinschaft. Doch sie wurden uneins. (10,19)

Diese Differenz zwischen Gottes Plan und der realen Verfassung der Welt sollte mit Mohammeds Sendung aufgehoben werden. Der in den vielen Prophetien und Gemeinschaften schon immer identisch angelegte Glaube konnte jetzt seine die Menschheit umgreifende Geschichte erhalten und so in der ihm gemäßen Dimension realisiert werden. Damit hat die erstaunlich machtvolle Durchsetzung des Islam – sein Gebiet reichte bereits hundert Jahre nach der Begründung der Gemeinde zu Medina durch Mohammed vom äußersten Westen Europas bis jenseits des Indus im Osten – seinen theologischen Grund im Verständnis des Koran als des der ganzen Welt zukommenden Buchs.

Der Koran

Подняться наверх