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6. „Die Mutter der Schrift“ und die „Herabsendung“ des Koran

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Nach muslimischem Glauben geht das geschichtliche, auf der prophetischen Verkündigung durch Mohammed beruhende Buch wie alle wahren Offenbarungszeugnisse zurück auf eine himmlische Urkunde, die ewige Norm aller innerweltlichen Verkündigungen von Gottes Wort. Auf sie bezieht zu Beginn der 43. Sure Gott selbst den Koran in beschwörender und appellativer Rede:

Bei der deutlichen Schrift!

Wir haben sie zu einem arabischen Koran gemacht.

Vielleicht versteht ihr!

Er ist bei uns in der Mutter der Schrift, erhaben und weise. (43,2–4)

Wie in christlichem Glauben dem „Wort Gottes“ Jesus Christus eine ewige Präexistenz zugesagt wird – „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott“ (Joh 1,1f) –, wie aber auch schon im Glauben Israels die „Weisheit“ Gottes sagen kann: „Der Herr hat mich geschaffen am Anfang seines Wegs, vor seinen Werken, vor aller Zeit“ (Spr 8,22), so sieht der Koran seinen Ursprung allen geschichtlichen Zeugnissen voraus bei Gott:

auf behüteter Tafel (85,22),

in verwahrter Schrift (56,78).

Die Zuverlässigkeit des geschichtlichen Koran hat ihren Grund also in seiner Herkunft von dem nicht verfälschbaren himmlischen Original. Doch ist er mit diesem nicht schlechthin identisch: Zum einen umfasst Gottes ewiges Buch sämtliche Offenbarungen, die je Propheten anvertraut wurden116, zum anderen darüber hinaus aber auch alle Ereignisse der Welt, festgelegt in Gottes Beschluss, von Ewigkeit her aufgezeichnet117.

Hinzu kommt, dass der Koran sich selbst als eine Schrift aus unterschiedlich qualifizierten Bestandteilen sieht:

In ihr sind eindeutig gefasste Verse – sie sind die Mutter der Schrift – und andere, mehrdeutige. (3,7)

Diese Aussage hat in islamischer Theologie viele Diskussionen ausgelöst und zu verschiedenen Interpretationen geführt.118 Auf jeden Fall betont hier der Koran selbst, dass man ihn nicht als schlechthin klare oder zu klärende Mitteilung begreifen dürfe. Das allgemein naheliegende, auch religiös mächtige Bedürfnis nach Eindeutigkeit wird verwehrt. Wie sich das geschichtlich konkrete Buch zum ewigen Wort Gottes verhält, kann nicht umfassend und endgültig ausgemacht werden.

Dass der Koran Gottes Offenbarung ist, fasst er in eine Metapher räumlicher Dynamik:

Er ist die Herabsendung vom Herrn aller Welt. (26,192119)

Die „Mutter der Schrift“ hat ihre letzte und volle Bedeutung nicht schon für sich selbst allein, sondern in der Mitteilung an die Menschen. Und im Gegenzug sollen die prophetischen Reden Mohammeds nicht als dessen menschliches Wort gelten, sondern wahrhaft als das Gottes.

Da der rein göttliche Ursprung des Koran für den Islam von zentraler Bedeutung ist, ergaben sich in dessen Glaubens- und Theologiegeschichte heftige Auseinandersetzungen darüber, ob der Koran auf die Seite der geschöpflichen Welt gehöre – ist er doch von Gott „gemacht“ (43,3) – oder auf die Seite des Schöpfers – ist er doch „Gottes Wort“ (9,6)120; ob er also nach der Sprache des theologischen Streits „geschaffen“ oder „ungeschaffen“ sei.121 Schließlich setzte sich die Lehre durch, dass der Koran als geschichtliche Rede Mohammeds, als in der Gemeinde rezitierter Text, als literarisch vergegenständlichtes Buch geschaffen ist, in seiner Herkunft von Gott aber, als Vergegenwärtigung der präexistenten „Mutter der Schrift“, in seiner uns anvertrauten Botschaft ungeschaffen.

Die kontroversen Erörterungen dieses Problems erinnern an die christologischen Streitigkeiten der frühen Kirchengeschichte über das rechte Verständnis Jesu: ob er göttlicher oder menschlicher „Natur“ sei oder – wie die konziliaren Lehrentscheidungen betonten – in sich „zwei Naturen“ vereine, die göttliche und die menschliche. An dieser Entsprechung der theologischen Auseinandersetzungen in beiden Religionen ist abzulesen, auf welchen Ebenen das christliche und das muslimische Offenbarungsverständnis aufeinander bezogen werden müssen: Der Koran kann im interreligiösen Vergleich, genau genommen, nicht neben die Bibel gestellt werden, sondern – bei allen Unterschieden, die dabei sichtbar werden – nur neben Jesus: „Was Christus für das Christentum, das ist der Koran für den orthodoxen Islam.“122

Leicht könnte eine solche Analogie zu einer oberflächlichen Behauptung christlicher Überlegenheit benutzt werden: Steht nicht der Mensch unvergleichlich höher als ein Buch? Aber die irdische Existenz des Menschen Jesus von Nazaret ist vergänglich; die christlichen Gemeinden müssen sich seiner Gegenwart in sakramentaler Erinnerungsfeier symbolisch vergewissern – über die biblische Erzählung, mit den gegenständlichen Zeichen von Brot und Wein. Der Koran jedoch ist das unmittelbar gegenwärtige Wort, von jedermann jederzeit zu lesen und zu hören. Dass er ein himmlisches Buch, Wort Gottes, repräsentiert, muss freilich auch hier über alle Augenscheinlichkeit hinaus im Glauben realisiert werden. Dabei sind jedoch die Unterschiede des christlichen und muslimischen Verständnisses von Offenbarung in ihrer jeweiligen Eigenart zu erheblich, als dass man sie leichthin gegeneinander ausspielen könnte.

Die „Herabsendung“ des Koran wird von diesem selbst auf den neunten Monat des muslimischen Kalenders datiert:

Der Monat Ramadan, in dem der Koran herabgesandt worden ist als Führung für die Menschen, klare Zeugnisse der Führung und der Entscheidung (2,185).

Von den muslimischen Kommentatoren wird dieses Ereignis in der „Nacht der Bestimmung“ (laylat al-qadr: 97,1–3) unterschiedlich gedeutet: Für die einen ist es die erste Offenbarung, die an Mohammed erging, der dann noch viele weitere folgten; für andere ist es die Herabkunft des Koran als ganzen in die unterste Himmelssphäre, von wo er bei entsprechenden „Offenbarungsanlässen“ Mohammed stückweise anvertraut wurde.123 Auch die Datierung dieses Ereignisses innerhalb des Ramadan ist uneinheitlich. Auf jeden Fall feiert man die Nacht im Laufe der letzten zehn Tage dieses Monats, weithin die zum 27. (Da es sich um ein Datum des Mondkalenders handelt, verschiebt es sich innerhalb unseres Sonnenkalenders jedes Jahr um etwa elf Tage zurück).

Diese Nacht zeichnet sich für den muslimischen Glauben dadurch aus, dass Gott in ihr das ganze Geschick der Welt entscheidet; denn jetzt wird seine barmherzige Zuwendung und immerwährende Führung im unverbrüchlichen Zeugnis Gegenwart. Dies bekundet eine Passage aus der 44. Sure, die in eindringlicher Versfolge den Blick auf die besondere Mitteilung des Koran mehrfach unterbricht mit dem Hinweis auf die ständige Fürsorglichkeit Gottes; das eine und das andere bekräftigen einander:

Bei der deutlichen Schrift!

Wir haben sie hinabgesandt in gesegneter Nacht –

Wir haben gewarnt.

in der jegliche weise Verfügung entschieden wird,

als Verfügung von uns –

Wir haben stets gesandt.

aus Barmherzigkeit deines Herrn –

Er ist der Hörende und Wissende.

dem Herrn der Himmel, der Erde und dessen, was dazwischen ist, falls ihr

überzeugt seid.

Kein Gott ist außer ihm. Er schenkt Leben und lässt sterben, euer und eurer

Vorväter Herr. (44,2–8)

Hier verweist auch die gefügte Form der Mitteilung auf das komplexe Selbstverständnis des Koran: Er ist ein einzelnes, geschichtlich und literarisch begrenztes Buch – und repräsentiert dennoch den alle Zeiten übergreifenden Heilswillen Gottes. Dabei bringen die zitierten Verse mit dem Wechsel der Anrede noch eine theologische Nuance hinzu. Wo die Barmherzigkeit erwähnt wird, richtet sich das Wort unmittelbar an Mohammed: Sie kommt „von deinem Herrn“, und so sollen auch alle Hörer ihre Hoffnung aus dieser Hinwendung Gottes zu dem Propheten schöpfen. Doch das gegen Ende angefügte Bedenken, ob die Botschaft auch aufgenommen werde, fordert alle Hörer heraus: Abwegig wäre es für sie, wenn sie am Propheten und seiner Botschaft zweifelten.

Eine der Suren ist in ihrer Kürze von fünf Versen ganz der besonderen Nacht der Offenbarung des Koran gewidmet, von der sie auch ihren Namen trägt „Die Bestimmung“. Der Text lässt bis in die sprachliche Gestalt dieser Gottesrede die Bedeutung und Dynamik des Ereignisses erkennen.124

Wir haben ihn hinabgesandt in der Nacht der Bestimmung.

Woher willst du wissen, was die Nacht der Bestimmung ist?

Die Nacht der Bestimmung ist besser als tausend Monate.

Die Engel und der Geist gehen in ihr hinab mit der Erlaubnis ihres Herrn wegen jeglicher Verfügung.

Friede ist sie bis zum Aufgang des Morgens. (97. Sure)

Nur am Anfang steht die Personalform der majestätischen Selbstbekundung Gottes (im Arabischen noch intensiver als in der Übersetzung). In einem knappen Satz wird das Ereignis genannt – um es dann dem Hörer gegenüber sofort wieder infrage zu stellen: Er kann von sich her nicht absehen, von welchem Geschehen die Rede ist; die Zahl 1000 deutet die alle menschlichen Maße übersteigende Würde dieser Nacht an.125 (Wollte man die Bemessung rechnerisch umsetzen, ergäbe sich eine Dauer von mehr als 80 Jahren.)

Der metaphorisch weit gespannten Zeit entspricht der Raum vom Himmel zur Erde, in dem nicht nur Gott den Koran „hinabsendet“ (aber ist hier überhaupt der Koran gemeint, wie die meisten islamischen Interpreten voraussetzen, oder vielleicht doch der Engel Gabriel, wie andere im Blick auf V. 4 annehmen?); außer Gott handeln auch himmlische Mächte: „Die Engel und der Geist … gehen hinab“ (die beiden Verben der Bewegung zwischen Himmel und Erde sind im Arabischen vom selben Stamm). Die Boten Gottes vermitteln in seinem Auftrag. Es wäre deshalb verfehlt, dabei nach christlicher Dogmatik an „den Heiligen Geist“, die „göttliche Person“, zu denken. „Der Geist“ ist hier eine Macht Gottes, die nach islamischem Verständnis in einem größeren Kontext – wie wir in 2,97f noch sehen werden – mit Gabriel identifiziert werden kann. Im Übrigen spricht der Koran vom „Geist“ aber viel unbestimmter.126

Sie fragen dich nach dem Geist. Sag:

„Der Geist gehört zur Verfügung meines Herrn. Euch ist vom Wissen nur wenig gegeben.“ (17,85)

(Man mag in diesem Zusammenhang daran denken, dass im Neuen Testament einige Pharisäer zugunsten des angeklagten Paulus fragen: „Wenn nun doch ein Geist oder ein Engel zu ihm gesprochen hat?“, Apg 23,9)

Am Ende der 97. Sure wird der zeitliche Bogen, der durch diese große, mit „Frieden“ gefüllte Nacht reicht, gespannt bis zum ersten „Durchbruch“ des Lichts (so ist hier die genaue Bedeutung des arabischen Wortes für den aufscheinenden „Morgen“). Damit erhält dieses nächtliche Ereignis seinen letzten Glanz – als Hoffnungsstrahl für die weithin friedlose Welt.

Wenn man nach einer Analogie zu dieser Sure in den Zeugnissen des christlichen Glaubens sucht, legt sich die Weihnachtsbegebenheit nahe (was man auf christlicher Seite bereits im achten Jahrhundert bemerkte127): die Erscheinung der Engel, die in der Nacht die Geburt Jesu ankündigen und rühmen, dass „Ehre ist Gott in der Höhe und Friede auf Erden unter den Menschen seines Wohlge-fallens“ (Lk 2,14). Die große Erzählung des Lukasevangeliums, in der diese Szene eingelassen ist, ist gewiss formal ganz anders gestaltet als die knappe Sure; aber die theologische Analogie ist dennoch unübersehbar: Im einen wie im anderen Text wendet sich Gott der Welt zu – jeweils auf die Weise, die für den muslimischen und den christlichen Glauben die unüberbietbar höchste ist. Beide Religionen könnten dabei gemeinsam sagen:

Gott ist das Licht der Himmel und der Erde.

Licht über Licht.

Gott führt zu seinem Licht, wen er will. (24,35)

Indem der Koran die irdische Repräsentation des himmlischen, seit Ewigkeit existierenden Originals darstellt, bildet er dieses nicht einfach ab. Er ist „in der Mutter der Schrift“ (43,4); diese enthält ihn demnach als ein Element ihrer selbst. Und folglich lesen wir im Koran neben der einen Aussage, dass „Gott die Schrift mit der Wahrheit herabgesandt“ (2,176128) hat, also den Koran als ein ganzes Buch, auch die andere, die nur von einem Teil spricht:

Was wir dir von der Schrift offenbart haben, ist die Wahrheit (35,31129). Zwar könnte hier zunächst daran gedacht sein, dass der Koran Mohammed nur jeweils in den Stücken mitgeteilt wurde, die zur Verkündigung anstanden; aber in bildhafter Veranschaulichung formuliert eine andere Sure eindrucksvoll, dass sich Gottes Wort prinzipiell nicht in eine irdische Schrift einschränken lässt; es übersteigt seinem Wesen nach die Begrenzungen jedes gegenständlichen Textes:

Sag:

„Wäre das Meer Tinte für die Worte meines Herrn, ginge es zu Ende, bevor die Worte meines Herrn zu Ende gingen, selbst wenn wir noch einmal so viel hinzubrächten.“ (18,109)

An anderer Stelle erscheint die bildkräftige Aussage noch quantitativ gesteigert:

Wäre alles, was es auf der Erde an Bäumen gibt, Schreibrohre und kämen nach dem Meer (als Tinte) noch sieben weitere dazu, gingen Gottes Worte nicht zu Ende. (31,27130)

Einen ähnlichen Vergleich finden wir – durch andere Metaphern noch erweitert – auch in jüdischer Überlieferung als ein Wort des großen Tora-Gelehrten Jochanan ben Zakkai (gest. um 80 n. Chr.): „Wenn alle Himmel Pergamente und alle Bäume Schreibrohre und alle Meere Tinte wären, so würde das nicht genügen, meine Weisheit aufzuschreiben, die ich von meinem Lehrer gelernt habe; und doch habe ich von der Weisheit der Weisen nur so viel genossen, wie eine Fliege, die in das Weltmeer taucht, von diesem wegnimmt.“131 Wenn dies hier schon vom Verhältnis des Schülers zu seinem Meister gesagt wird, um wie viel mehr muss es dann in solcher religiösen Bildungskultur von der Beziehung des Menschen zu Gott gelten.

Aufschlussreich für das theologische Verständnis der beiden Koranverse ist außerdem ein Vergleich mit dem Ende des Johannesevangeliums, wo es heißt: „Es gibt aber noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wollte man das alles, eins ums andere, aufschreiben, so würde, meine ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die dann zu schreiben wären.“ (Joh 21,25) Die Entsprechung liegt auf der Hand: Das in menschlicher Sprache Gesagte, das literarisch Gefasste bleibt notwendigerweise hinter der uneinholbar größeren Realität zurück. Bedeutsam ist dabei aber auch der Unterschied zwischen Bibel und Koran: Die johanneische Aussage bezieht sich nicht auf die Rede Gottes, sondern auf die Werke Jesu. Die Offenbarungsschrift wird hier also nicht im Bezug auf himmlische Worte relativiert, sondern im Bezug auf irdische Taten. Das unter den Menschen Erfahrbare gilt als uneinholbar, nicht das jenseitig Ferne, das himmlische Buch.

Dies wird nicht hinreichend berücksichtigt, wo man vergleichend feststellt, wie das Christentum die „Inkarnation“ des Wortes Gottes, die Menschwerdung, bekenne, so der Islam die „Inlibration“, die „Buchwerdung“, oder „Inverbation“, die „Wortwerdung“.132 Zwar ist diese Analogie insofern berechtigt, als das Christentum die unüberbietbare Offenbarung Gottes in Jesus Christus, der Islam sie im Koran sieht (und dementsprechend im theologischen Vergleich auf der Ebene der Bibel, besonders der Evangelien, nicht der Koran, sondern die Hadithe stehen133). Dennoch ist der Begriff der „Inlibration“ nach dem islamischen Verständnis der Offenbarung fragwürdig: „Die Mutter der Schrift“, das himmlische Buch, bleibt bei Gott, wird nicht selbst den Menschen zugesandt, sondern der Koran (wie zuvor auch die anderen prophetischen Schriften) – und dieser nicht in erster Linie als Buch, sondern als rezitiertes Wort. Erst recht bleibt Gott als der absolut transzendente Schöpfer nach wie vor von aller Ge-schöpflichkeit geschieden. So bringt der Koran zwar „Gottes Wort“, aber nicht – wie im christlichen Verständnis der „Inkarnation“ – auch Gott selbst zu geschichtlich welthafter Gegenwart und Erfahrbarkeit. Offenbarung ist für den Islam nicht Selbstmitteilung Gottes.134

Wie man unter dieser Voraussetzung den Koran dennoch als wesenhaft Gottes eigenes Wort nehmen kann, ohne in Gott eine Differenz einzutragen zwischen seiner unaufhebbaren Transzendenz und seinem der Welt vermittelbaren „Wort“ und ohne damit den Begriff seiner absoluten Einheit aufzuheben, bleibt ein Dilemma. Aus der Sicht christlicher Theologie lautet die Frage: wie Gott überhaupt mit „Offenbarung“ zusammengedacht werden kann, es sei denn trinitarisch (oder auf andere Weise in wesenhaft kommunikativer Beziehung). So ergibt sich aus dem islamischen Glauben an die Mitteilung des Wortes Gottes im Koran ein Grundproblem der islamischen Gotteslehre.

Auf jeden Fall aber ist der Koran in seiner materiell vergegenständlichten, schriftlich visualisierten Gestalt eine Ikone der Zuwendung Gottes zu den Menschen. Deshalb kommt die islamische Kunst in der Kalligraphie zu ihrem eigentlichen Wesen135, im Rang der Sakralität nur noch übertroffen von der Rezitation.136 Das von Gott herabgesandte Wort finden wir im Islam auf Blätter geschrieben, in Stein gemeißelt, in Ton gebrannt, in Stahl geritzt, in Holz geschnitzt, in Stoffe gewoben, in Leder gepresst usw., heute aber auch über den Buchdruck137 hinaus in den digitalen Vermittlungen von Computer und Internet138. So kann in dieser Religion, die jede Darstellungen Gottes untersagt, jegliches „Bild (εἰκών) des unsichtbaren Gottes“ (Kol 1,15, bezogen auf Christus) abwehrt, die Schrift, obwohl von menschlicher Hand gezeichnet, als „höchstmögliche Manifestation des Göttlichen“139 gesehen werden.

Der Koran

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