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Rostock,10.06.2014

Das Bernsteinkabinett Friedrich I. wird in „18 großen und kleinen Packen“ (1) nach Russland gebracht

Woraus das Geschenk an den russischen Zaren Peter I. bestand, geht aus einer „Specification“ hervor, „welche sich im Moskauer Archive des Auswärtigen Amtes befindet.“ (2) Diese historisch überlieferte Spezifikation ermöglicht gleich in zweierlei Hinsicht einen vortrefflichen Vergleich darüber, welche Teile des Bernsteinkabinetts sich wirklich im Eckzimmer des Berliner Stadtschlosses befanden und was von ihnen in Kisten verpackt nach Russland geschickt wurde.

Bernsteingemach:

Se:Königl:Mayst: in Preußen, Unser Allergdst: Herr, Se: Czarische Mayst: praesentirt, aus folgenden Stücken:

Alß

1) Zwei Große Wandstücken, worinnen zwei Spiegelrahmen mit Spiegeln.

2) Zwei dergleichen Stücke, bei welchen nur ein lediger Spiegel Rahm.

3) Vier dergleichen Wandstücken, ein wenig schmäler, ein jedes mit einem ausgeschweifften Spiegel zum Blaker.

4) Zwei Flügel etwas breit, und noch zwey, so etwas schmäler. Diese 12 Stücke sind alle einer Höhe.

5) Zehen aparte Paneel=Stücken, von egaler Höhe, aber differenter breite, alle complet besetzt.

6) Noch sind dabei gegeben folgende Stücke, so da können mit gebraucht werden, alß: ein vierekt Brett ganz belegt, ein fertig Schildt mit einem palmiten Kopff, drei fertige palmiten Köpffe aus Holz, sieben kleine Köpffe. Vierzehn fertige Tulipanen, zwölf fertige Rosen. Drey Stücken mit Muscheln und Schnecken ausgemacht. Zwey fertige Gesimmse. Zwei kleinen Eckstücken. Ein klein länglichtes Brett, mit zwei Schrauben. Vier kleine auffgechweiffte Bretter, so nur hin und wieder belegt. Noch zu einem Flügel ausgeschweiffter klarer Bernstein so in hundert und sieben kleine Stücken bestehen.

Obige specificierte Bernstein Sachen, seynd in diesen achtzehn großen und kleinen Packen befindlich, Berlin, d. 13. Januarij 1717. Johann Wilhelm Meermann. M. Schwaan.“ (3)

Die in der Spezifikation aufgeführten Palmetten (Verzierungen - d. A.), Tulpen, Köpfe usw. scheinen darauf hinzudeuten, dass die Absicht bestand, die Bernsteinverzierungen des Kabinetts zu vervollständigen.

Die nach Russland gelieferten Teile aus dem Bernsteinkabinett waren „in passenden Kisten festgeschraubt“ und „in Flanell gehüllt“.

Die Kisten wurden am 30. November 1716 auf der berühmten Yacht des Königs, die auf der Havel bei Potsdam vor Anker lag verpackt. Wegen des Winters wurden sie erst im Mai 1717 befördert.

Die Spezifikation die sich im Moskauer Archiv des Auswärtigen Amtes befindet wurde auf dem Postweg nach Russland befördert weil sie das Datum vom 13. Januar 1717 trägt.

Diese Yacht, Fregatte genannt, wurde 1704 auf Bestellung König Friedrich I. in Amsterdam durch den berühmten Marinemaler und Schiffbaumeister Michiel Maddersteeg erbaut und von Friedrich Wilhelm I. zugleich mit dem Bernstein-Kabinett bei der Zusammenkunft in Havelberg Peter dem Großen geschenkt.

Unter den Rechnungen für Kleider, Equipagen, Bücher usw., welche im Mai 1717 vom Kanzler Grafen Golowkin aus Amsterdam an die Sekretäre des Botschaftsamtes Schasirow und Larionow geschickt wurden, befand sich eine Rechnung seines Sohnes, des Gesandten zu Berlin, Grafen Alexander Golowkin über den Transport des Bernsteinzimmers. (4) Aus dieser Rechnung ist ersichtlich, dass die Begleiter des Bernsteinkabinetts, der „Aufseher und Schirrmeister, 30 Taler“ erhielten.

Zum Unterhalte derselben bis Memel waren für 6 Wochen vier Taler die Woche zu zahlen. Auszuhändigen waren ihnen für die drei bis Memel benötigten Pferde „37 Taler“. Für die Benutzung von „8 Leiterwagen“ mit denen der Schatz transportiert wurde, waren nochmals „20 Taler“ zu entrichten. Für das benötigte „Flanell“ zur Verpackung des Bernsteinkabinetts und für „Wachstuch“ zur Bedeckung der Kisten waren weitere „52 Taler“ erforderlich. An die „Zimmerleute“, die bei der Verpackung behilflich waren, wurden „10 Taler“ entrichtet. Der Aufseher, der nach Königsberg geschickt wurde um die Leiterwagen auszubessern und die Kisten erneut mit Leder und Wachstuch bedecken zu lassen, erhielt „42 Taler“. Als Datum dieser Rechnung ist der „22. Mai 1717“ vermerkt.

Aus der Rechnung geht eindeutig hervor, dass der Bernsteinschatz den Weg nach St. Petersburg über Königsberg, Memel und Riga nahm. Graf Golowkin berechnete für den Transport der Kisten einen Zeitraum von 6 Wochen bis Memel. Aus der Rechnung ist aber nicht ersichtlich, ob die entstehenden Kosten von Berlin oder von Hamburg aus zugrunde gelegt wurden. In der Rechnung ist nicht von Schlitten die Rede, sondern von Leiterwagen. Daher ist anzunehmen, dass dieser Transport im Frühjahr oder Sommer erfolgte.

Diese Wissenslücke schließt Wermusch. Er beruft sich auf einen im „Staatsarchiv Merseburg“ gefundenen Immediatbericht“ vom „2. Mai 1717, aus dem eindeutig hervorgeht, dass die Kisten von „Berlin“ aus nach Memel abgegangen sind. (5)

Für den Weitertransport von Memel nach Riga hatte Peter I. bereits am 7. Januar in einem Brief aus Amsterdam an den Generalkonsul im Kurland, Bestushew die nötigen Instruktionen gegeben:

Wenn aus Berlin das Bernstein-Kabinet, was Seine königliche Majestät von Preußen geschenkt hat in Memel ankommt, so empfange und schicke es sofort über Kurland auf kurländischen Fuhren nach Riga, vorsichtig und mit dem Boten welcher euch diesen Unseren Ukas mittheilt und gebt ihm bis Riga eine Bedeckung von einem Unteroffizier und mehreren Dragonern; auch gebt dem Boten auf den Weg bis Riga Geld zur Verköstigung auf dass er zufrieden sei. Sollte er für den Transport des Kabinets Schlitten fordern, so gebt ihm auch solche. Peter.“ (6)

Historisch überliefert ist, dass Zar Peter sich durch Gegengeschenke bei Friedrich Wilhelm I., beide Herrscher nannten sich „Gevatter“, revanchierte. Namentlich sorgte er für große Leute, um das berühmte Potsdamer Riesenregiment zu vervollständigen. Von Köhne beruft sich hier auf Puzillo:

Die russischen Riesen im preußischen Dienste wurden laut Angaben aus dem Moskauer Hauptarchiv I S 147 ff. (in russischer Sprache) in der Anzahl von 55 große Leute nach Berlin verbracht, welche wohl ausgerüstet und mit trefflichen Tulaschen Gewehren bewaffnet waren.

Zugleich hatte Tolstoy Auftrag, dem Könige eine Drechselbank, eine zu St. Petersburg gebaute Barke und einen Elfenbein=Pokal von der eigenhändigen Arbeit Peters zu überreichen.

Der Brief, welcher diese Geschenke begleitete, war aus Reval vom

30 Juli 1718

datiert.“ (7)

Die Drechselbank ließ König Friedrich Wilhelm I. in seinem Schlafzimmer aufstellen. Später wurde sie ins Hohenzollernmuseum gebracht. Auf dieser Drechselbank befindet sich die Aufschrift: „d.d. Reval 30. Juli 1718.“ Hier handelt es sich um das Datum „der Abfertigung nach Berlin.“ (8)

Da die Yacht, die übrigens nach von Köhne „hundert Tausend Thaler gekostet hatte“, erst im Jahre 1719 von Hamburg aufbrach, kann sie unmöglich die Bernsteinverkleidungen mitgebracht haben

_________________

1. Köhne, Seite 100.

2. Köhne, Seite 100. Köhne beruft sich quellenmäßig auf Schtutschenko, a.a.O. Seite 141.

3. Köhne Seite 100.

Nach von Köhne sind Johann Wilhelm Meermann und M. Schwaan der Inspektor und der Schirrmeister. Diese „Specification“ ist in der gleichen Textfassung bei Schtutschenko in der russischen Zeitschrift aus dem Jahre 1877, „Russkij veestnik: yezurnal literaturnyj i politiyeceskij Moskva“, nachzulesen. Band 132 Seite 386 - 392. (Findbar ist dieser Beitrag in der Berliner Staatsbibliothek 1a mit der Signatur: Ad 4740 a).

Otto Pelka erwähnt in seinem Buch „Bernstein“, Seite 48 die gleiche Aufstellung, ohne sich dabei auf Köhne oder Schtutschenko zu berufen.

Veröffentlicht wurde diese Specification auch in der (Monographie/Zeitschrift) „Russkij vyeestnik: yezurnal literaturnyj i politiyeceskij, Heft 132 zum Thema „Jantarnaja komnata zarskoselskoko dworza“

aus 1877, Seite 386-392.

4. Köhne, Seite 101.

5. Wermusch: Die Bernsteinzimmer – Saga, Seite 17.

6. Köhne, Seite 102.

7. Köhne, Seite 58.

8. Köhne, Seite 60.

1. Anmerkung

Das in der ganzen Welt berühmte Potsdamer Grenadier-Regiment bestand aus drei Bataillonen, jedes zu 800 Mann. Außer Russen befanden sich darunter; Schweden, Norweger, Italiener u.a. Der König war selbst Oberst dieses Regimentes. Das Regiment war vorzüglich bewaffnet und uniformiert. Die Uniform bestand aus blauen Röcken mit roten Aufschlägen, die wiederum mit goldenen Litzen besetzt waren. Strohgelbe Westen und Beinkleider vervollständigten diesen Anblick. Die Uniformen der Offiziere waren reich in Gold gestickt. Sie trugen außerdem silberne Schärpen, Degen mit silbernen Griffen und gleichen Quasten. Alle Pfeifer des Regimentes waren Mohren.

2. Anmerkung

Der nachfolgende, von Friedrich Wilhelm I. geschriebene Brief an Zar Peter ist der Beweis dafür, dass es sich bei der Überlieferung der 55 Grenadiere nicht um eine Legende handelt, wie Nicolas in ihrem Buch: „Der Raub der Europa“ annimmt.

Friedrich Wilhelm I. bedankte sich für die vom Zaren Peter erhaltenen Geschenke mit folgendem Brief:

Durchlauchtigster, Großmächtigster, Großer Herr Tzaar und Großfürst. Vielgeliebter Bruder, Gevatter und Freund!

Eurer Tsaarischen Mayst. Kammerjunker Herr von Tolstoy, hat

Mir da fünfundfünfzig Mann große Grenadirer, und daneben einen

Pokal von Eurer Mayst. Eigenhändigen und dannenher un=

schätzbahren Arbeit, wie auch die zu Petersburg erbaute Barje und

Drechselbank, womit Eure Mayst. Mich zu beschenken geruhen

wollen, zu recht überliefert.

Alles dieses ist Mir ein angenehmes Präsent, und ich bin Eurer Tsaarischen Mayst. Mehr davor verbunden als Ich es exprimiren kann.

Ich wünsche auch nichts mehr, als eine baldige Gelegenheit zu finden,

und dagegen Eurer Tsaarischen Mayst. Meine Herzliche Erkändlichkeit

in der That erweisen zu können. In dessen hatten obgedachte Grena=

direr nebst Meiner ganzen arme und was Ich sonst noch weiter zu

Eurer Tzaarischen Mayst. Dienst und Beförderung Dero Interessen an=

zuwenden vermogen bin, jeder Zeit zu Eurer Tzaarischen Mayst. Dis=

position stehen und werde Ich auch vor Meiner Persohn so lange Ich

Lebe, ohnaussetzlich beharren.

Eur.Tzaarische Mayst.

freundwilliger Bruder

Gevatter und Freund

Fr. Wilhelm.“ ( Vgl. Freiherr von Köhne, Seite 59)

Das Schicksal des Bernsteinzimmers

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