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Alchemist in Ausbildung

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Was wusste er schon, der alte Narr? Hatte ein ganzes Labor, das er sein eigen nennen konnte, und dennoch brachte er nichts zustande. All diese Schalen, Kolben und Zylinder für nichts. Gold, das war alles, was den Alten interessierte. Doch es gab Dinge, die wertvoller waren als Gold, Dinge, die einem Macht verliehen und ewiges Leben versprachen.

„Rasmus!“

Was wollte der alte Narr von ihm? Ihn rumkommandieren, Kisten und Säcke schleppen lassen, schikanieren mit Schmutzarbeit, was sonst? So behandelte man einen Knecht, aber keinen Lehrling.

„Rasmus!“

Bald würde er den Alten verlassen. Er hatte alles im Kopf. Was er wissen musste, kannte alle Versuchsanordnungen, Untersuchungsmethoden, Laborgeheimnisse. Hier konnte er nichts mehr lernen. Schon hörte Rasmus schwere Schritte auf der Holztreppe, die in das Labor führte. Schleppte sich der Alte wirklich zu ihm? Na und? Sollte er doch die Plackerei auch mal am eigenen Leibe spüren.

„Zum Kuckuck! Bist du taub, Junge? Kaum 14 Jahre alt und schon ein Gebrechen.“

„Es ist so laut hier, Meister Schwarz. Ihr habt gerufen?“ Rasmus legte so viel Unterwürfigkeit in seine Stimme, wie er nur konnte.

Berthold Schwarz sah seinen Gehilfen argwöhnisch an, nickte dann aber.

„Was tust du da?“

„Ich zerstoße Kohle, Salpeter und Schwefel, ganz wie Ihr es mir aufgetragen habt, Meister Schwarz.“

Berthold Schwarz trat näher heran. Er streckte die Finger nach der zerriebenen Mischung aus.

„Das hast du anständig gemacht“, sagte er und rieb eine kleine Menge zwischen Daumen und Zeigefinger.

„Danke, Meister Schwarz.“

„Aus dir wird vielleicht doch noch was, na?“

„Ich hoffe es Meister Schwarz.“

„So und nun schwirr ab. Der Fuhrmann ist da und bringt neue Ingredienzen, nebst einigen Säcken mit Mehl und Kartoffeln. Zeig, dass du stark bist und hilf ihm beim Abladen.“

„Jawohl Meister.“ Sofort sprang Rasmus auf und verließ das Labor.

Berthold Schwarz sah ihm nach. Hoffentlich ließ er den Fuhrmann nicht alles alleine tragen. Der Alte runzelte die Stirn. Er hatte den Knaben nicht in die Lehre nehmen wollen, tat es nur seinem alten Freund zuliebe, der nicht gewusst hatte, wohin mit dem Sohn seiner verstorbenen Schwester. Der Junge war aufsässig und besserwisserisch, ganz anders, als Berthold selber es in diesem Alter gewesen war. Wissbegierig, ja, das war er schon. Daran bestand kein Zweifel. Doch den Gehorsam musste er dem Jungen mit Hilfe einer Gerte einprügeln. Als Mönch des Heiligen Franziskus gefiel sich Berthold nicht sonderlich in der Rolle des Zuchtmeisters. Doch was hätte er machen sollen? Die Mitbrüder waren bereits auf den Jungen aufmerksam geworden. Einige hatten verlangt, er solle das Kloster wieder verlassen. Er störe nur die Ruhe und Gelehrsamkeit dieses Ortes. Das Kloster verlassen, ja, das würde der Junge ohnehin tun. Dieser Bengel war nicht gemacht für ein Leben vor Gott. Allerdings, ein paar Jahre musste er noch bleiben, wenn er was lernen wollte, um draußen in der Welt zu bestehen. Nein, am Anfang hatte es Berthold wirklich nicht leicht gehabt mit seinem Lehrjungen. Doch nach und nach fand er Gefallen an ihm. Der Junge war klüger und fähiger, als es anfangs erschien. Und wer weiß, vielleicht kam es noch dazu, dass es ihnen eines Tages gemeinsam gelang, aus Blei oder sogar Erde Gold zu machen.

Gedankenversunken hatte Berthold den Mörser samt Stößel in die Hand genommen. Plötzlich überfiel ihn das altbekannte Misstrauen. Ob ihm der Bengel auch wirklich gehorchte? Der Kerl brachte es fertig, den Fuhrmann herumzukommandieren, anstatt ihm beim Abladen der Schachteln und Säcke behilflich zu sein. Von Unruhe getrieben erhob sich Bertold vom Schemel und lief zur Tür. Er war so sehr in Eile, dass er im Vorübergehen etwas tat, was er auf keinen Fall hätte tun dürfen: Er stellte den Mörser mit dem schwarzen Pulver auf dem heißen Ofen ab. Kaum hatte er über die Stiege das Erdgeschoss erreicht, hörte er einen ohrenbetäubenden Knall. Er wurde zu Boden gerissen. Der Schreck fuhr ihm in alle Glieder. Er wusste nicht, wie ihm geschah. Er wusste nur: Das Labor war aus irgendeinem dunklen Grunde in die Luft geflogen.

Anne und die Horde

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