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DAS SONNENKIND UND DIE POSITIVE SEITE DER INNEREN ELTERN

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Bisher habe ich vor allem die problematische Seite der verinnerlichten Elternstimme aufgezeigt, aber meistens haben wir auch Positives mit Mama und Papa erlebt. Die Eltern haben uns getröstet und getragen. Oft hat wenigstens ein Elternteil dafür gesorgt, dass Essen auf den Tisch kam, mit uns gespielt, gesungen und uns beim Sport angefeuert. Anna erinnert sich zum Beispiel bis heute mit einem tiefen Durchatmen daran, dass ihr Vater ihr beigestanden hat, wenn ihre Mutter schlimm schimpfte. Durch ein Augenzwinkern gab er ihr zu verstehen: »Nimm es nicht so schwer. Mutti meint es nicht so.« Zwar wäre es Anna lieber gewesen, ihr Vater hätte lautstark für sie Partei ergriffen, dennoch war das Augenzwinkern für Anna ein Lichtblick. »Es hat mir geholfen, die Schimpftiraden zu überleben.« Ein Teil von ihr wusste, dass er ihr, wenn auch heimlich, zur Seite steht. Solche positiven Erlebnisse verlieren wir nicht. Sie sind in unserem Sonnenkind, dem glücklichen inneren Kind, abgespeichert.

Mit meinen Klienten suche ich diese Sonnenseite aktiv auf. Sie bildet ein Gegengewicht zu den dunklen Schattenseiten. Fast immer lässt sich etwas Sonniges finden. Allerdings muss man manchmal den Suchradius erweitern. Ging von den Eltern keine oder wenig Wärme aus, sind hoffentlich andere Menschen in die Bresche gesprungen und schenkten einen Sonnenstrahl. Erzieherinnen, Lehrerinnen, Großväter, Großmütter, Fußballtrainer oder Jungscharleiterinnen waren für viele meiner Klientinnen wichtige Ankerpunkte. »Gott sei Dank konnte ich bei meiner Oma unterkriechen. Ich durfte auf der Küchenbank mit den grünen Polstern sitzen, Kakao trinken und mit den Beinen schlenkern. Die warme Tasse in Händen, die aufmunternden Worte – das war Balsam für meine Kinderseele. Sie war meine Rettung.«

Wir brauchen wenigstens eine erwachsene Person als positiven Bezugspunkt. Das wurde in einer groß angelegten Studie bestätigt: Der wichtigste Einflussfaktor für Resilienz in der Kindheit ist, dass mindestens eine stabile und verlässliche Beziehung zu einem Erwachsenen besteht. Resilienz bedeutet Widerstandskraft: Ich bleibe in schwierigen Lebenssituationen so gefestigt, dass ich sie ohne anhaltenden Schaden überstehe. Wer resilient ist, hat eine Art psychisches Immunsystem. Resiliente Menschen werden von belastenden Lebensereignissen wie einem Umzug oder einem Beziehungsabbruch nicht so schnell aus der Bahn geworfen. Sie sind wie ein Stehaufmännchen und kommen schnell wieder auf die Füße.4

War die Kindheit überwiegend schattig, muss ich mich umso mehr anstrengen, die seltenen schönen Momente der Kindheit auszugraben. Ich suche dann nach der Ausnahme von der Regel. Neben hilfreichen Erwachsenen aus deiner Kindheit (wie gesagt: Schau auch nach Tanten, Omas und Lehrerinnen) finden sich bestimmt weitere Quellen für Lebensmut und Lebensfreude wie Haustiere, faszinierende Bücher, Musik oder Spielkameraden. Wer sein Sonnenkind entdeckt, hat Zugang zu seinen Kraftquellen, und Heilung kann leichter geschehen. Deshalb sollte das Aufspüren biografischer Schätze immer Teil eines Selbstcoachings sein. Frage dich also:

 Welche Erwachsenen waren in meiner Kindheit hilfreich für mich?

 Wann war ich als Kind glücklich? Im Spiel mit anderen Kindern? Draußen in der Natur? Mit meinem Hund?

 Wann und wo haben meine Eltern ihre sonnige Seite gezeigt?

 Welche Menschen haben mich unterstützt?

Das Sonnenkind ist uns dann besonders leicht zugänglich, wenn wir sonniger Stimmung sind. Das ist wissenschaftlich gut erforscht. Unser Gedächtnis ist abhängig von unserer Gestimmtheit. Haben wir gute Laune, ist der Weg für positive Erinnerungen gebahnt. Hier stimmt der Grundsatz: Gleiches zieht Gleiches an. Dieses Wissen kannst du für deine Zwecke ausnutzen: Um dein Sonnenkind anzulocken, könntest du zum Beispiel zu fröhlicher Musik tanzen. Wenn du noch mehr darüber erfahren möchtest, wie du dein Sonnenkind zum Vorschein bringst, empfehle ich dir das Buch »Das Kind in dir muss Heimat finden«5 von meiner lieben Freundin und Kollegin Stefanie Stahl und mein eigenes Buch: »Das Sonnenkind-Prinzip«6.

Finde die Liebe, die dir als Kind gefehlt hat

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