Читать книгу Finde die Liebe, die dir als Kind gefehlt hat - Julia Tomuschat - Страница 19

CO-ABHÄNGIGKEIT: ICH ERMÖGLICHE DEINE SUCHT

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Eine besondere Form der Wiederholung findet man, wenn Menschen in Co-Abhängigkeit geraten. Co-Abhängige fördern und ermöglichen die Sucht des Partners beziehungsweise der Partnerin. In guter Absicht springen sie für den süchtigen Partner ein, kontrollieren seinen Konsum, entschuldigen sein Verhalten und vertuschen die Sucht. Sie rufen zum Beispiel morgens beim Arbeitgeber an und melden ihren Partner krank. Sie erfinden für ihn »… eine schlimme Magen-Darm-Grippe«, die ihn entschuldigt, obwohl er in Wirklichkeit mit einem Hangover komatös im Bett liegt und deshalb nicht arbeitsfähig ist. Co-Abhängige kompensieren die Ausfälle des andern. Sie schmeißen den Haushalt, sorgen für gute Stimmung und bringen die vielen leeren Flaschen weg. Sie kümmern sich so intensiv um die süchtige Person, dass sie den Kontakt zu sich selbst verlieren. Häufig wird hier ebenfalls ein Muster aus der Kindheit wiederholt.

Co-Abhängige waren in ihrer Herkunftsfamilie oft zu früh in der Verantwortung. Sie mussten sich um ihre Eltern und manchmal auch um die Geschwister kümmern. Sie übernahmen Aufgaben, die eigentlich den Eltern obliegen. Verkehrte Welt! Die Eltern waren Alkoholikerinnen, psychisch erkrankt oder aus anderen Gründen sehr überlastet, sodass die Kinder verfrüht in die Rolle der Großen schlüpften: Sie sorgten dafür, dass die jüngeren Geschwister morgens aufstehen, schmierten die Schulbrote oder korrespondierten mit Ämtern. Kinder und Eltern tauschten gewissermaßen die Rollen. Das kann sehr weitreichend sein. Ein Klient hat sich beispielsweise als Achtjähriger nachts alle paar Stunden den Wecker gestellt, um nach seiner Mutter zu schauen. Nachdem es schon mehrmals vorgekommen war, dass seine alkoholabhängige Mutter über Nacht ins Delirium fiel und krampfte, wollte er sie überwachen und rechtzeitig die Ambulanz rufen.

Füllt ein Kind in der Familie eine Elternrolle aus, spricht man in der Psychologie von Parentifizierung. Es lernt, seine Bedürfnisse komplett hintanzustellen oder sie gar nicht mehr wahrzunehmen. Obwohl die Situation das Kind extrem überfordert, ist es stolz auf seine Leistung. Der Selbstverzicht wird gewissermaßen dadurch belohnt, dass es sich groß und mächtig fühlt. Diese ungesunde Mischung fühlt sich so vertraut an, dass ehemals parentifizierte Kinder sich sehr bedürftige oder süchtige Partner aussuchen. Unbewusst wird in der Beziehung ein gewohntes Gefühl aufs Neue hergestellt. Anspannung, Besorgnis und Stresserleben sind wie alte Bekannte. Hinzu kommt, dass die Schwäche des anderen dem Co-Abhängigen ermöglicht, sich selbst stark zu fühlen. Auch das ist für ehemals parentifizierte Kinder ein altvertrautes Muster. Man hat jemanden, um den man sich kümmern muss – so wie früher.

HILFE ANNEHMEN

Bist du in einer co-abhängigen Beziehung gefangen? Dann suche dir am besten Hilfe. Es gibt gute Beratungsstellen, Telefonberatung und Selbsthilfegruppen für Co-Abhängige. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat auf ihrer Website viele Hilfsangebote für Angehörige von Suchtkranken zusammengetragen. Hier der Link:9 https://www.kenn-dein-limit.de/alkohol/alkoholabhaengigkeit/angehoerige-und-co-abhaengigkeit/

Finde die Liebe, die dir als Kind gefehlt hat

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