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Höllensturz Kapitel 14

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Keuchend schreckte Lucifer auf. Er fand sich selbst in einer Blutlache wieder, das Kurzschwert locker in seiner rechten Hand liegend. Sein Herz raste, doch er fühlte sich auf eine merkwürdige Art befreit. Hastig rappelte er sich auf, taumelte aus dem Raum, wobei er das Schwert unterwegs verlor, ins Badezimmer, wo er sich ins Klo übergab.

Danach fühlte er sich besser. Erschöpft betrachtete er sich selbst im Spiegel: ein abgemagerter Körper mit einem knochigen Gesicht und Augen, aus denen der Lebenswillen gewichen war. Blasse Haut spannte sich eng über die Knochen und ließ ihn wie ein laufendes Skelett aussehen. Nichts an ihm deutete mehr auf die einstige Kraft und Schönheit hin.

Vorsichtig drehte er sich um und warf einen Blick über die Schulter, um die Wunden zu betrachten. Dicke Blut- und Eiterblasen bedeckten das aufgerissene Fleisch und die Wunden schienen alles andere als sauber zu verheilen. Er fragte sich, ob er Leona bitten durfte, die Blasen aufzustechen und alles großflächig zu desinfizieren.

„Lucifer?“, erklang Amons Stimme auf dem Flur und er bildete sich ein, Sorge darin vernommen zu haben.

„Ich bin im Badezimmer“, antwortete der Geschwächte und wartete, bis Amon die Tür aufstieß und ihn besorgt musterte.

„Geht es dir besser?“, fragte er leise.

„Ein wenig“, antwortete Lucifer ausweichend. Er wog ab, ob er Amon von seiner unwirklichen Begegnung mit Lilith erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. „Ich muss diese Wunden desinfizieren, bevor sie sich noch weiter entzünden.“

Amon lehnte sich in den Türrahmen und nickte. Er wirkte erleichtert, Lucifer wieder auf den Beinen zu sehen. Zögerlich näherte dieser sich dem Dämon. Er wusste nicht genau, wie ihre Beziehung zueinander nun aussah, aber ihn zu küssen erschien Lucifer zu verlockend, um es bleiben zu lassen.

Der Dämon legte die Arme um ihn, wobei er darauf achtete, die empfindlichen Wunden nicht zu berühren. Seine Zunge fand ihren Weg in Lucifers Mund und die beiden versanken in einen innigen Kuss, der gerne noch länger hätte andauern dürfen, doch Amon schien der Sinn nicht nach Zärtlichkeiten zu stehen.

„Satan ist fuchsteufelswild deinetwegen“, erklärte er ernst. „Wir haben ihm erzählt, du lägst im Koma, damit er dich nicht sofort wieder zu sich ruft, aber du solltest dich auf eine ordentliche Tracht Prügel einstellen, sobald du ihm wieder unter die Augen trittst.“

Lucifer seufzte schwer.

„Schlimmer kann es ohnehin nicht werden. Abgesehen davon bin ich auch nicht bereit, mich weiter von ihm herumschubsen zu lassen.“ Er beobachtete, wie Misstrauen in Amons Blick trat, als der Dämon sich von ihm löste. „Ich werde lieber kämpfend sterben, als mich von ihm versehentlich tottreten zu lassen.“

„Du kannst ihn nicht besiegen, Lucifer!“, beharrte Amon zunehmend wütend. „Er ist zu mächtig und du zu geschwächt.“

„Ich kann ihn bestimmt nicht besiegen, wenn ich es nicht zumindest versuche!“, beharrte Lucifer, nun ebenfalls gereizt. „Gib mir dein Kurzschwert, dann werde ich es gleich jetzt machen!“

„Lucifer, nein!“ Amon funkelte ihn an. „Du verstehst nicht; ich bin ein Schwertdämon, der Satan unterstellt ist. Solange er mich hat, ist er unbesiegbar. Und ich werde nicht zulassen, dass du dein Leben wegwirfst und ich auch noch Schuld daran bin!“

Eine Antwort lag Lucifer bereits auf der Zunge, als Amon sich umdrehte und einfach aus dem Bad stapfte, ohne auf die wütenden Zurufe des anderen Mannes zu achten. Lucifer rannte ihm nach und stellte verwundert fest, wie leicht es ihm plötzlich wieder fiel. Er hielt mitten auf dem Gang inne, um sein schief verheiltes Bein zu begutachten, das ihm nun keine Probleme mehr bereitete. Für eine Sekunde glaubte er, das hohe Lachen einer Frau zu hören, das ihm erneut einen Schauer über den Rücken jagte. Lilith stand ihm also wirklich bei.

Bestärkt durch diese Erkenntnis eilte er Amon hinterher in dessen Räumlichkeiten. Der Dämon drehte sich zu ihm um. Seine Augen glühten rot und Reißzähne brachen zwischen seinen Lippen hervor.

„Dann geh doch und lass dich abschlachten, du dummer Engel!“, fauchte er. „Ich habe es satt, mir um andere Leute Gedanken zu machen, die dann doch nur in den Tod rennen!“

Lucifer fiel ihm in die Arme, schmiegte sich an ihn und vergrub die Finger in dem langen Haar.

„Ich werde nicht in den Tod rennen“, versprach er leise, als Amon ihn abzuschütteln versuchte. „Bitte hab ein bisschen Vertrauen in mich. Ich werde Satan vernichten und uns allen hier unten ein besseres Leben ermöglichen.“

Er spürte, wie der Dämon seine Gegenwehr aufgab, und schwer seufzte.

„Ich verstehe, wie du es geschafft hast, aus dem Himmel verbannt zu werden, Lucifer.“ Er löste sich von dem kleineren Mann, hob das Kurzschwert auf und reichte es ihm mit einer feierlichen Verbeugung. „Dann geh und rette die Hölle, wenn du es nicht lassen kannst.“

Lucifer nickte und gab ihm einen dankbaren Kuss auf die Stirn.

„Ich werde dich nicht enttäuschen, Amon!“


Beliel erkannte Michael bereits von Weitem an seiner zusammengesunkenen Gestalt, mit der er den Blicken der anderen Engel zu entgehen versuchte. Jeder wusste mehr oder weniger darüber Bescheid, in welcher Beziehung er zu Lucifer gestanden und dass er nach der Verbannung des Seraphims besondere Ehrungen erlangt hatte. Beliel bedachte ihn mit einer Mischung aus Misstrauen und Mitleid, schließlich war nicht abzusehen, wie viel Michael dem Herrn über die Pläne gegen ihn verraten hatte.

Seit Lucifers Verbannung fanden die Treffen unregelmäßiger statt, bis sie ganz ausgesetzt wurden, da sich niemand mehr ernsthafte Hoffnungen auf Veränderungen machte. Arariel, der Engel des Meeres und ein enger Vertrauter Lucifers und Beliels, hatte die Versammlung aufgelöst mit der Anweisung, auf einen besseren Zeitpunkt zu warten.

Michael hob den Kopf, als Beliel sich näherte. Die blonden Locken hingen ihm wild ins Gesicht, konnten jedoch die von Tränen aufgequollenen und geröteten Augen nicht verbergen. Ein leises Schluchzen kam ihm über die Lippen, als er zu dem anderen Engel aufblickte.

„Er ist tot, Beliel“, wisperte Michael voller Trauer. „Der Herr hat es soeben erfahren...“

Eine eiskalte Leere erfasste Beliel. Er schluckte schwer, rang nach Worten, taumelte und sank auf die Knie, die Flügel eng um sich gelegt.

„Lucifer...“ Er fühlte sich, als müsse er sich gleich übergeben. „Lu...“

Michaels erneutes Schluchzen riss ihn wieder zurück in die Gegenwart. Er wollte aufspringen und den Erzengel dafür schlagen, dass er heulte wie ein kleines Kind, obwohl das absolut unmöglich war, dass Lucifer gestorben sein sollte. Lucifer starb nicht.

„Du hast es mir versprochen!“, brüllte Beliel aus Leibeskräften. „Du hast mir versprochen, dass du zurückkommst, du unnützer Engel, also halt dich gefälligst daran!“

Michael zuckte unter dem Geschrei zusammen und blickte Beliel erstaunt an, als dieser aufsprang und wütend weiter um sich schrie.

„Sei nicht so verdammt egoistisch, Lucifer!“

„Beliel.“

Jemand legte ihm eine Hand auf die linke Schulter und Beliel drehte sich um, sodass er Arariels Blick traf. Der hagere Engel neigte den Kopf und strich sanft über den Nacken des kleineren Engels.

„Es hat keinen Sinn, sich so aufzuregen“, sagte Arariel leise, aber eindringlich. „Lucifer ist tot. Du musst nicht daran glauben, aber du solltest davon ausgehen. Ich bin sicher, er hat dich nicht aus einer bösen Absicht heraus verlassen.“

Erst jetzt ging Beliel auf, wie sinnlos und dumm seine Worte waren, solange er sich Lucifer nicht ins Gesicht schleudern konnte. Seine Wut wich Verzweiflung und Trauer. Erschöpft ließ er sich in Arariels Arme fallen, der ihn mit erstauntem Blick auffing.

„Er ist nicht tot!“, wisperte Beliel entschlossen. „Das glaube ich erst, wenn ich es sehe!“


LUCIFER

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