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Frühe Einflüsse

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Das Christentum entstand in späthellenistischer Zeit, als sogar das Judentum von der dualistischen Anthropologie der stoischen Philosophie und gnostischer Religionen beeinflusst wurde. Im Gegensatz zu den griechischen und römischen Philosophen jener Zeit galt die Hauptsorge der Christen nicht der Kunst der Selbstbeherrschung und auch nicht dem Erhalt der Polis oder des Imperiums. Und anders als bei den wichtigsten Strömungen des Judentums lag der Fokus weniger auf Stabilität und Kontinuität des Lebens in dieser Welt als auf der Kontinuität zwischen Diesseits und Jenseits. Und doch wurden die frühen Christen nachdrücklich sowohl von der jüdischen Religion als auch von der griechisch-römischen Philosophie beeinflusst. Mit dem Judentum teilten sie einen theistischen Zugang zur Moral, die Bekräftigung der Schöpfung als Kontext von Ehe und Fortpflanzung und ein Ideal der aufrichtigen Liebe. Mit den Stoikern hatten sie das Misstrauen gegenüber leiblicher Leidenschaft und den Respekt für die Vernunft als Wegweiser zum moralischen Leben gemeinsam. Wie die Griechen, Römer und Juden über nahmen und verstärkten christliche Denker die Ansicht, Frauen seien Männern unterlegen, obwohl es in den Anfängen des Christentums einige Anzeichen einer Gleichberechtigung der Geschlechter gegeben hatte. Während das Christentum um seine Identität kämpfte, waren Fragen des sexuellen Verhaltens zwar wichtig, aber es kam zu keiner unmittelbaren Einigung darüber, wie all diese Fragen gelöst werden würden.

Auch die Gnosis beeinflusste in den ersten drei Jahrhunderten n. Chr. die Formulierung einer christlichen Sexualethik.47 Einige Kirchenväter lehrten, dass es zwei extreme Positionen unter Gnostikern gebe – eine, die jeglichen Geschlechtsverkehr ablehne, und die andere, die jede Form von Geschlechtsverkehr erlaube, solange er nicht der Fortpflanzung diene. Die Dichotomie von »asketisch/libertin« wird kaum zutreffend gewesen sein, spielte für die christlichen Denker aber auch keine große Rolle

Was sich in der christlichen Morallehre durchsetzte, war die Doktrin, nach der Sex gut (weil Teil der Schöpfung), aber mit einem schwerwiegenden Fehler behaftet sei (weil die Macht der sexuellen Leidenschaft als Ergebnis des verheerenden Sündenfalls nicht mehr durch die Vernunft kontrolliert werden kann). Die stoische Position, der Geschlechtsverkehr könne unter die Herrschaft der Vernunft gezwungen werden, indem man ihn (statt das Begehren zu unterdrücken) einem rationalen Zweck (also der Fortpflanzung) unterordne, leuchtete den frühen christlichen Denkern sehr ein. Diese Verbindung zwischen Geschlechtsverkehr und Fortpflanzung war zwar nicht identisch mit der großen Bedeutung, welche die Juden der Fruchtbarkeit zuschrieben, aber sie stand im Einklang damit. Auf diese Weise konnte die christliche Lehre sowohl die Fortpflanzung als zentrale Begründung für die sexuelle Vereinigung bekräftigen als auch die Jungfräulichkeit als lobenswerte (oder sogar ideale) Option für jene Christen unterstützen, die in der Lage waren, sie zu wählen.

Mit der Übernahme der stoischen Norm wird die Richtung der christlichen Sexualethik für Jahrhunderte festgelegt. Eine Sexualethik, die sich in erster Linie mit der Bekräftigung des Wertes der Fortpflanzung und folglich mit dem guten Gebrauch potenziell böser Neigungen beschäftigt, fand über die Zeit immer wieder neue Antagonisten. Kaum beginnt die Gnosis zu schwinden, als im 4. Jahrhundert die Manichäer auftauchen. Augustinus formuliert seine Sexualethik, welche die bereits von Clemens von Alexandria, Origenes, Ambrosius und Hieronymus integrierten stoischen Elemente weiterführt und über sie hinausgeht, weitgehend als Reaktion auf den Manichäismus.

Verdammter Sex

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