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Die protestantische Reformation

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Fragen der Sexualität spielen eine wichtige Rolle in der protestantischen Reformation. Der Zölibat von Priestern zum Beispiel wird nicht nur in seiner skandalösen Nicht-Beachtung, sondern auch als christliches Ideal infrage gestellt. An seiner statt gewinnen nun Ehe und Familie an Bedeutung. Sowohl Martin Luther als auch Johannes Calvin sind stark von augustinischen Vorstellungen von der Erbsünde und ihren Folgen für die menschliche Sexualität beeinflusst. Und doch entwickeln beide eine Position zur Ehe, die nicht von einer Fortpflanzungsethik abhängt. Wie weitgehend in der christlichen Tradition üblich, bestätigen sie Ehe und Sexualität als Teil des göttlichen Schöpfungsplans und deshalb als gut. Auch teilen sie Augustinus’ negative Einschätzung von der gefallenen menschlichen Natur und ihrem in Unordnung geratenen Sexualtrieb. Luther ist jedoch davon überzeugt, dass die Ehe die notwendige Abhilfe für das ungeordnete Begehren schaffe, und macht aus ihr ein Schlüsselelement der christlichen Sexualethik.63 Luther ist natürlich nicht der Erste, der die Ehe als Kur für das ungebärdige sexuelle Begehren befürwortet, aber er interpretiert die Gesamtheit der Tradition auf eine Weise, wie es noch niemand zuvor getan hat. Er stellt Theorie und Praxis infrage und bietet nicht nur eine alternative Rechtfertigung für die Ehe an, sondern eine Sicht der menschlichen Person, welche die Ehe für quasi obligatorisch erklärt.

Luther zufolge braucht die Lust an sich keine Rechtfertigung. Sie ist einfach eine Tatsache des Lebens. Wie alle gegebenen Tatsachen bleibt sie ein Gut, solange sie durch die Ehe kanalisiert wird und in die sinnvolle Gesamtheit des Lebens einfließt, was auch die Produktion von Nachkommen miteinschließt. Eine Sexualität allerdings, die das Wissen um Gott und seine Anbetung beeinträchtigt, ist sündig und benötigt daher Vergebung (nicht einfach nur eine spezielle Rechtfertigung wie den Fortpflanzungszweck) wie alle anderen sündhaften Elemente des menschlichen Lebens auch. Nach 1523 verschiebt Luther den Akzent: Die Ehe wird von einem »Spital der Siechen« zu einer Schule des Charakters. Innerhalb der weltlichen Institution von Ehe und Familie (als Teil der Schöpfungsordnung) lernen Individuen den Gehorsam gegen Gott und entwickeln wichtige menschliche Werte. Allein schon die Struktur der Familie dient diesem Ziel, denn sie ist hierarchisch und auf Gehorsam gegründet, da der Ehemann der Frau übergeordnet ist und die Eltern den Kindern.

Auch Calvin sieht die Ehe als Korrektiv für andernfalls ungeordnete Gelüste an. Er erweitert die Vorstellung von der Ehe als Ort der menschlichen Entfaltung, indem er feststellt, dass der größte Wert von Ehe und Sex in der Gemeinschaft bestehe, die zwischen Mann und Frau gebildet wird.64 Calvin ist optimistischer als Luther, was die Möglichkeit der Kontrolle des sexuellen Begehrens anlangt, obwohl auch er glaubt, dass jedwede Schuld, die in Begehren und sexueller Aktivität noch vorhanden ist, durch die Ehe »überdeckt« und von Gott vergeben wird.65 Wie frühere Autoren sorgt er sich, dass die Ehe als Korrektiv für Unkeuschheit sich trotzdem als Anreiz für unkontrollierte Leidenschaft erweisen könnte.

Als Teil ihrer Lehren zur Ehe lehnen Luther und Calvin vorehelichen und außerehelichen Sex und homosexuelle Beziehungen ab. Luther ist so daran gelegen, das sexuelle Begehren institutionell zu zügeln, dass er (als Reaktion auf einen bestimmten Fall) einmal die Meinung äußert, Bigamie sei dem Ehebruch vorzuziehen. Sowohl Luther als auch Calvin lehnen die Scheidung ab, obwohl sie – etwa im Fall von Ehebruch oder Impotenz oder wenn ein Ehepartner den Geschlechtsverkehr verweigert – in Betracht gezogen werden kann.66

Verdammter Sex

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