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Philosophien der Sexualität

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Wie Überblicke über die Geschichte der Philosophie feststellen, haben Philosophen dem Sex zu den meisten Zeiten keine große Aufmerksamkeit geschenkt. Sie haben sehr viel über Liebe geschrieben, das sexuelle Verhalten aber weitgehend der Religion, der Lyrik, der Medizin und dem Gesetz überlassen.74 Nach den Griechen und Römern und mittelalterlichen Denkern wie Thomas von Aquin, dessen Werk sowohl philosophisch wie auch theologisch ist, ist bis ins 20. Jahrhundert bezüglich der Sexualität nicht viel zu finden. Rare Ausnahmen sind die Schriften zu Sex und Geschlecht von David Hume, Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant, Mary Wollstonecraft und Johann Gottlieb Fichte im 18. und von Arthur Schopenhauer, Karl Marx, Friedrich Engels, John Stuart Mill und Friedrich Nietzsche im 19. Jahrhundert. Die meisten von ihnen bestärken die Norm des heterosexuellen Sex in der Ehe zum Zweck der Fortpflanzung. In seinem Essay Of Polygamy and Divorces beharrt Hume darauf, dass alle Argumente zur Frage des sexuellen Verhaltens am Ende zu einer Empfehlung »unseres gegenwärtigen europäischen Brauchs der Ehe« führen.75 Rousseaus Julie oder Die neue Heloise beklagt die Mängel der konventionellen Ehe, ist aber strikt gegen eheliche Untreue und Scheidung. Kant verteidigt traditionelle sexuelle Sitten, obwohl er in seinen Vorlesungen über Moralphilosophie eine Rechtfertigung der Ehe nicht im Sinne der Fortpflanzung, sondern der altruistischen Liebe einführt und argumentiert, dass nur die gegenseitige Verpflichtung in der Ehe das sexuelle Begehren davor bewahrt, einen Sexualpartner zum bloßen Instrument der eigenen Lust zu machen.76 Schopenhauer kennzeichnet in Metaphysik der Geschlechtsliebe die sexuelle Liebe als subjektiv der Lust, objektiv jedoch der Fortpflanzung dienend; sein starker Naturalismus ebnet den Weg für eine radikalere Theorie des Sex als Instinkt ohne ethische Normen77

In der Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter finden sich bei Philosophen dieser beiden Jahrhunderte zwei konträre Positionen. Fichte bekräftigt die wesentlich passive Natur der Frau, die, soll sie dem Mann gleichgestellt sein, ihre Weiblichkeit aufgeben muss.78

In Verteidigung der Frauenrechte und Die Hörigkeit der Frau stellen Mary Wollstonecraft und John Stuart Mill jeweils die traditionelle Ungleichheit der Geschlechterrollen in der Gesellschaft infrage.79 Marx und Engels kritisieren die bürgerliche Ehe als eine Beziehung der ökonomischen Dominanz.80 Schopenhauer antwortet auf feministische Programme und befürwortet die Polygynie mit der Begründung der männlichen Bedürfnisse und den Vorteilen für die Frau.81 Wie Schopenhauer entfernt sich Nietzsche von traditionellen ethischen Normen, bestärkt aber zugleich die Auffassung, die Bestimmung der Frau sei die Fortpflanzung.82

Ihr relatives Schweigen zum Thema Sex brachen die Philosophen allerdings erst im 20. Jahrhundert. Wie in Kapitel 1 vermerkt, haben europäische und nordamerikanische Philosophen und Philosophinnen Fragen von Sex und Freiheit, von Paradigmen der Sexualität, von Gender-Bias und sexuellem Missbrauch und viele andere Themen aufgegriffen.83 Sie integrieren die Ergebnisse biologischer und sozialwissenschaftlicher Forschungen, ohne die philosophischen Perspektiven der Vergangenheit aus dem Blick zu verlieren. Wie bei den Theologen befindet sich hier alles im Fluss.

Verdammter Sex

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