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2.2Das Phänomen Scheidung enttabuisieren

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Im Kanton Basel-Stadt betrug die Scheidungsrate im Jahr 2010 54%. Von zwei Ehen wurde also mindestens eine geschieden. Diese Zahlen sollten ein Anlass sein, unser Verhältnis zum Phänomen Scheidung zu überdenken. Scheidungen sind für alle Beteiligten schmerzhaft und daher bedauerlich. Und sie haben mancherlei Ursachen, private wie gesellschaftliche.

Rolf Besser, Anwalt und Mediator, sieht die Institution Ehe als ein riskantes Geschäft. «Viele Faktoren müssen funktionieren, die halt einfach oft nicht stimmen. Besonders in der Kleinkinderphase, in der man die Kinder ununterbrochen betreuen muss, sind Eltern in einer Weise gefordert, die ihre Beziehung auf die Probe stellt. Man müsste lernen, das Scheitern zuzulassen, ohne dass es zwingend einen Schuldigen geben muss.»

Jaqueline Fehr betont, wir seien die erste Generation, die mit dem Phänomen Massenscheidungen in Haushalten mit Kindern konfrontiert sei. «Früher hat man viele Konflikte innerhalb der Familie ausgetragen oder ausgehalten – mit allen problematischen Folgen für die Kinder. Heute organisiert man die Familie neu, mit vielen positiven, aber auch schwierigen Prozessen. Wir sind die Ersten, die solche Erfahrungen in so grosser Zahl machen und herausfinden müssen, wie man das am besten macht.» Fehr plädiert für mehr Toleranz im Umgang mit Scheidungen. «Eine wichtige Botschaft finde ich: Es ist normal. Es ist zwar ein singuläres Erleben, aber es ist tausendfach geteilt. Es ist normal, dass es Schwierigkeiten gibt, es ist normal, dass es wehtut, es ist normal, dass man nicht über das Problem hinaussieht, aber es ist auch normal, dass es nachher weitergeht.» Und Fehr ergänzt: «Man sollte sich immer bewusst sein, dass es Alternativen gibt zu dem, was bisher war. Man muss sich nur darum bemühen, sie zu finden. Es geht um die Neuorganisation der Familie.»

Die Gesellschaft muss lernen, mit Scheidungen toleranter umzugehen. «Ehescheidungen haben zugenommen und deren Akzeptanz in der Gesellschaft muss wachsen. Es lässt sich nämlich nicht folgern, Beziehungen seien generell schlechter geworden. Vielmehr sind die Ansprüche an Beziehungen gestiegen und damit auch die Bereitschaft, unbefriedigende Beziehungen aufzulösen» (Staub/Felder 2004, S. 13).

Praktiker wie Anwalt Vincenzo Amberg stellen fest, dass Nachscheidungsfamilien in der Regel recht gut funktionieren: «In vielen Fällen, und das ist erfreulich, funktioniert das Kontaktrecht picobello. Nicht selten hat die Mutter einen Freund, der Vater eine Freundin, diese Partner haben vielleicht selbst auch Kinder; das klappt häufig nicht schlecht. Sie treffen sich womöglich gar zu viert – es freut mich jeweils, wenn ich das sehe. Es ist eigentlich die Regel, dass es geht.» Amberg weist aber auch darauf hin, dass es eine Minderheit von Eltern gibt, bei denen es nicht klappt. Von dieser Minderheit müsse man reden, weil der Schaden, der den Kindern da zugefügt werde, immens sei.

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