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Gegenüber der ehemaligen Sternwarte parkte ein unscheinbarer Kastenlieferwagen zur Hälfte auf dem Gehsteig. Zusätzlich stand er noch verbotenerweise gegen die Fahrtrichtung, was aber bei all den untermotivierten Parkwächtern der Stadt im Regelfall kein Problem darstellte. Der Kastenlieferwagen wäre sogar um einiges unscheinbarer gewesen, hätte er nicht ebenfalls eine Vielzahl kleinerer und größerer Antennen auf seinem Dach gehabt, die alle demonstrativ auf das Transzentmographische Störungscenter gerichtet schienen. Doch auch das hätte dem durchschnittlichen und untermotivierten Grazer Parkwächter kaum ein Runzeln auf die Stirn gezaubert. Im Laderaum saß Nummer Fünf vor einem kleinem Verstärkerkästchen, das entfernt an eine CB-Funkanlage erinnerte, und legte seine Kopfhörer zur Seite. Neben ihm lag eine gefesselte und geknebelte Gestalt auf dem Boden und schlief den Schlaf der Gerechten. Sie war schwarz angezogen und schwarz angemalt, denn auch die Parkaufsicht gehörte dem Arbeitsmarktservice. >>Hätte es das übermotivierte Arschloch doch dabei belassen, mir einen Strafzettel zu geben, anstatt minutenlang an meine Ladetür zu hämmern<<, dachte sich Nummer Fünf. Dann stand er auf und öffnete selbige, damit er den armen Mann einfach aus dem Auto treten konnte. Es gab einen knackenden Laut, als der Parkwächter mit dem Kopf voran am Betonboden aufschlug. Das Blut des Park-Sheriffs begann sofort, aus dem Loch, welches sich an seiner hinteren Schädelplatte aufgetan hatte, in ein Kanalgitter zu fließen, das im Randstein eingelassen war. Nachdem sich Nummer Fünf das Schauspiel kurz angesehen hatte, ging er zur Fahrerkabine, setzte sich hinters Lenkrad und donnerte los. Der Meister hatte damit gerechnet, dass das Servicecenter auf den Plan treten würde und hatte es schon vorletzte Woche verwanzen lassen. Das dafür notwendige Equipment borgte er sich wie üblich von seinen zwangsbeglückten Freunden des Spionageamtes aus, die wie immer am glücklichsten waren, wenn sie erst gar nicht wussten, was er damit vor hatte.

Während der Fahrt ließ Nummer Fünf gedankenverloren sein Leben und das danach Revue passieren. Er hatte seine ursprüngliche Karriere beim Sicherheitsdienst der Nationalsozialisten begonnen, war dann in Jugoslawien bei ein paar ganz unschönen Geschichten dabei gewesen und führte nach Ende des Krieges wie so viele andere unter falschem Namen eine zu lange und zu gute bürgerliche Existenz. Als er 1971 vollkommen unbehelligt starb, wanderte er gleich postwendend ins Grazer Höllenzuchthaus, wo er als einer der höher dekorierten Ex-Nazis zwölf Stunden täglich Schweineblut vom Boden der Gefängnisküche lecken musste. Hätte nicht der Meister ein paar Jahre später seine Freilassung beschleunigt, um ihn in seine Dienste stellen zu können: Nummer Fünf wäre wohl längst die Zunge abgefallen. Er genoss sein neues Leben im Tod und tat das, was wohl seiner Bestimmung entsprach, nämlich gehorsam die Drecksarbeit zu erledigen. Moral war in diesem Business etwas, das man sich kaum leisten konnte. Eine Versuchung, der sich nur die wirklich Starken und Loyalen erfolgreich zu widersetzen wussten. Eine Eigenschaft, deren Besitz im entscheidenden Moment zum Nachteil wurde. Das unbändige Chaos auf den Straßen von Hells Peter holte Nummer Fünf zurück in seine momentane Wirklichkeit. Die Zeit drängte und ein Auffahrunfall war das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Hupend und fluchend kämpfte sich Nummer Fünf durch den zähflüssigen Verkehr. Er musste Sperberkönig zumindest vorübergehend aus dem Weg schaffen, denn auch wenn sie nichts wissen sollte, durfte der GDR kein Risiko eingehen. Sie standen so knapp davor.

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