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1.3.1 Beschreibung von professionellem Handeln

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Professionelles Handeln vereint systematische Wissensbestände und hermeneutisches Fallverstehen.

Unter Professionalisierung wird der Prozess der Verberuflichung von Tätigkeiten verstanden. Dies beinhaltet eine zunehmende Verwissenschaftlichung und Systematisierung von Wissen. Mit der hochschulischen Ausbildung von Pflegenden und der Entwicklung einer wissenschaftlichen Infrastruktur sowie veränderter gesetzlicher Vorgaben erweitern sich einerseits die Aufgabenbereiche von Pflegenden. Andererseits wurden Innovationen in Gang gesetzt (Friesacher 2009).

Es gibt verschiedene Professionstheorien und -verständnisse. Ältere professionstheoretische Ansätze betonen einzelne professionstypische Merkmale (z. B. das Vorhandensein eines Handlungsmonopols, einer Berufsethik, einer langen theoretischen Ausbildung), die bis hin zum Status einer Profession möglichst erfüllt sein müssen. Zugleich vernachlässigen sie den Aspekt des professionellen Handelns. Angemessener sind dagegen Professionskonzepte, die auf den Gegenstand, in der Pflege also auf die Pflegeempfänger*innen gerichtet sind (Friesacher 2009). In diesem Buch wird das professionelle Handeln als Bezugsgröße für die Professionalisierung zugrunde gelegt. Der professionssoziologische Ansatz von Oevermann mit einer interaktionistischen Position ist die Basis für die weiterführenden Überlegungen (Thiel et al. 2001, S. 270). Dieser Ansatz wurde 1995 von Weidner (2011) auf die Pflege übertragen.

Oevermann geht von zwei im Gegensatz zueinander stehenden Prinzipien aus. Zum einen gibt es die wissenschaftliche Kompetenz professionellen Handelns. Sie beinhaltet die systematischen Wissensbestände, das Verstehen von Theorien und Verfahren zu deren Konstruktion sowie die Theorieanwendung (Thiel et al. 2001, S. 270). Zum anderen gibt es die hermeneutische Kompetenz, die das Verstehen eines individuellen Falles/Pflegebedürftigen in dessen Sprache bezeichnet. Hier müssen die jeweiligen Pflegeempfänger*innen von den professionell Pflegenden in ihrer individuellen Erscheinungsform, ihrer Betroffenheit und in ihrer Biografie verstanden werden. Professionelles Handeln bezeichnet demnach ein durch wissenschaftliche Ausbildung erworbenes Spezialwissen und ein berufliches Erfahrungswissen zugleich. Beide Prinzipien sind in der Praxis einer professionellen Pflege untrennbar miteinander verbunden. Beide Prinzipien sind gleichermaßen konstituierend nötig, um professionelle pflegerische Entscheidungen zu treffen und Handlungen zu begründen (ebd.). Dieser Logik folgend sind aufgrund der fallimmanenten Besonderheiten Pflegemaßnahmen nicht standardisierbar (ebd.).

EBN kann theoretisch professionelles Handeln fördern

Entsprechend der Begriffsbestimmung von EBN in diesem Kapitel bedient das EBN-Konzept sowohl die professionellen Prinzipien systematischer Wissensbestände als auch des hermeneutischen Fallverstehens. Es knüpft vor dem Hintergrund der vier Wesensmerkmale an beide Prinzipien an. Es ist das Ziel des EBN-Konzeptes, das zurzeit beste und aktuellste Forschungswissen aufzugreifen. Forschungswissen ist hierbei neben dem Wissen aus Pflegetheorien, -methoden und -konzepten ein zentraler Bestandteil von Pflegewissenschaft und damit der systematisierten Wissensbestände der Disziplin Pflege. Zugleich integriert das EBN-Konzept sowohl die Vorstellungen und Bedarfe der Pflegebedürftigen als auch das persönliche klinische Erfahrungswissen der Pflegenden. Dieses spiegelt sich in einem hermeneutischen Fallverstehen wider.

Indem wissenschaftliches Wissen und hermeneutisches Fallverstehen bestimmende Merkmale des EBN-Konzepts sind, kann eine evidence-basierte Pflegepraxis ein professionelles Pflegehandeln fördern (Thiel et al. 2001). Vor diesem Hintergrund kann theoretisch das EBN-Konzept als unmittelbar geeignet betrachtet werden, professionelles Handeln zu fördern.

Evidence-basiertes Pflegehandeln

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