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Politisches Engagement in nationalistischen und erzkonservativen Gruppen: Die „Deutsche Vereinigung“

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Reusch sondierte zunächst sorgfältig, wo im bürgerlich-nationalen Lager für ihn als Spät-Starter die besten Profilierungschancen bestanden. Im Alldeutschen Verband dominierte der Chef seiner Konkurrenzfirma Krupp Alfred Hugenberg. Dort wurde Reusch folglich nicht aktiv.

Auch im „Hansabund“, am 12. Juni 1909 in Berlin gegründet, um die Interessen von Handel und Industrie bei der Reichsfinanzreform gegen die großagrarischen Junker zur Geltung zu bringen, überließ Reusch das Feld den alten Recken der Schwerindustrie. Auf der Liste des Direktoriums finden sich so prominente Namen wie Kirdorf, Springorum von der Hoesch-AG in Dortmund, Franz Haniel und natürlich Hugo Stinnes, nicht aber Paul Reusch.74 Die Mitarbeit der Schwerindustrie in dem gemäßigten bürgerlich-liberalen Hansabund war von Anfang an eher taktisch motiviert. Man wollte verhindern, dass politische Aktivitäten im bürgerlichen Lager bzw. in der Nationalliberalen Partei in ein allzu „links“-orientiertes Fahrwasser gerieten. Sobald jedoch klar wurde, dass sich der Hansabund nicht „als politisches Instrument der Großindustrie … nutzbar machen“75 ließ, kam es, noch vor der Reichstagswahl von 1912, zum Bruch: Die Schwerindustrie beteiligte sich an der Gründung der „Niederrheinisch-Westfälischen Bezirksgruppe zum Schutz und zur Förderung der Interessen von Gewerbe, Handel und Industrie“, einer Organisation, die offen zum Austritt aus dem Hansabund aufforderte. Kirdorf übernahm in diesem Konkurrenzverband den Vorsitz; im geschäftsführenden Ausschuss war die gesamte Crème der westlichen Industrie vertreten; Reusch delegierte seinen Stellvertreter Woltmann in dieses Gremium.76

In der Folgezeit unterband der GHH-Chef jeglichen Kontakt seiner Firma zum liberalen Hansabund, selbst wenn dieser sich für die Interessen der Schwerindustrie einsetzte, so z. B. während des Bergarbeiterstreiks im März 1912, als der Hansabund Maßnahmen zum besseren Schutz der „Arbeitswilligen“ ankündigte und zur Vorbereitung um Material zu diesem Thema aus den betroffenen Firmen bat. Reusch vermerkte auf diesem Schreiben lediglich: „nicht antworten!“77. Nach dem Streit über die Reichsfinanzreform, bei der die konservativen Adeligen im Bündnis mit dem Zentrum jegliche Ausdehnung der Erbschaftssteuer hatten abblocken können, näherte sich die Schwerindustrie den großagrarischen Junkern wieder an und trat gemeinsam mit ihnen für Schutzzölle und die Abschaffung des allgemeinen Wahlrechts ein. Dies war offenbar ganz in Reuschs Sinn: Schon 1910 und 1911 hatte es die GHH abgelehnt, Beiträge für den Wahlfonds der Nationalliberalen Partei oder des Hansabundes zu leisten. In schroffem Ton ließ Reusch dem Präsidenten des Hansabundes mitteilen, „dass die Gutehoffnungshütte keine Veranlassung hat und sich nach Lage der Verhältnisse nicht entschließen kann, für den Wahlfonds des Hansabundes irgend welche Beiträge zu leisten“.78

Reusch selbst war schon im März 1909, noch vor der Gründung des Hansabundes, der erz-konservativen und stramm nationalen „Deutschen Vereinigung“ beigetreten. Dort stand ihm keine der prominenten Gestalten der Schwerindustrie im Wege, so dass er bereits zwei Jahre später Mitglied des Reichs-Vorstandes werden konnte.79

Die „Deutsche Vereinigung“ (DV) war 1907 von katholischen Gegnern der „ultramontanen“ Ausrichtung des Zentrums gegründet worden. Das Zentrum, so der Vorwurf der nationalistischen Kritiker, sei „immer mehr ins demokratische Fahrwasser“ geraten, habe sich den „dringendsten nationalen Forderungen“ der Reichsregierung verweigert und sich im Wahlkampf 1907 „teils offen auf die Seite der Sozialdemokratie gegen das Bürgertum“ gestellt.80 1907 war das Jahr der sogenannte „Hottentottenwahl“, die durch die ungezügelte nationalistische Agitation der Rechts-Parteien geprägt wurde. Es kennzeichnet die Mentalität der Konzernherren der GHH wenn der Aufsichtsratsvorsitzende Franz Haniel und der langjährige Generaldirektor Carl Lueg in dieser nationalistisch aufgeheizten Stimmung den Gründungsaufruf der „Deutschen Vereinigung“ mit unterzeichneten. Ihre Unterschrift stand neben der von 32 Rittergutsbesitzern, 58 Gutsbesitzern, 25 Kommerzienräten, 4 Bankiers, 57 Fabrikanten, 56 Kaufleuten, 16 Offizieren und 326 Beamten.81

Reusch hatte sich zuvor genau erkundigt und dabei erfahren, dass sich die Rechtskreise von der „Deutschen Vereinigung“ die Abwerbung national denkender Katholiken vom Zentrum erhofften.82 Die Satzung legte als Hauptzweck die „kraftvolle Förderung der vaterländischen Interessen“ fest. Dem dienten die „Sicherung und Stärkung der politischen und wirtschaftlichen Machtstellung des Deutschen Reiches, … die Pflege des christlichen und deutschen Charakters unseres Staats- und Volkslebens, … der Ausgleich der konfessionellen Gegensätze, … die Erhaltung eines lebens- und leistungsfähigen Mittelstandes“ und „die Bekämpfung der Sozial-demokratie“.83 In direkter Konfrontation mit dem Zentrum agitierte die DV in ländlichen Regionen vor allem des Ostens gegen das Koalitionsrecht der Landarbeiter und für die Unterdrückung der Polen.84 Diese Themen spielten naturgemäß in der Industrieregion an der Ruhr nur eine untergeordnete Rolle.

Das Aufblühen der Deutschen Vereinigung machte gleichzeitig den „Reichsverband gegen die Sozialdemokratie“ überflüssig. Paul Reusch blieb zwar vorerst Mitglied in diesem „Reichsverband“, zahlte aber nur einen Beitrag von 20 Mark im Jahr und akzeptierte, dass die meisten leitenden Angestellten der GHH ihren Austritt erklärten. Bergassessor Kellermann führte genau Buch darüber.85

Reusch war nach seinem Beitritt zur „Deutschen Vereinigung“ intensiv bemüht, in Oberhausen eine eigene Ortsgruppe ins Leben zu rufen. Am 15. Januar 1911 waren mehr als 100 sorgfältig ausgewählte Honoratioren zur Gründungsversammlung ins Beamten-Gesellschaftshaus der GHH eingeladen. 109 Anwesende trugen sich in die Mitgliederliste ein. Kein Arbeiter war darunter und natürlich keine Frau. Es wurde ein 15-köpfiger Vorstand gewählt mit Reusch als 1. Vorsitzendem.86

Zwei Monate später kam der Reichsvorsitzende, Seine Excellenz Graf zu Hönsbröch, nach Oberhausen, um im Saal des Herrn in der Beek über Zweck und Ziel der Deutschen Vereinigung zu referieren. Reusch betonte bei seiner Begrüßung, dass es ihm zuallererst um die „Förderung des konfessionellen Friedens“ gehe. „Man habe nur einen Wunsch, Frieden zu stiften. Möge es gelingen, diesen Frieden zu fördern nicht nur zum Wohle unserer Stadt, sondern auch zum Segen unseres gesamten deutschen Vaterlandes.“87 Der Hauptredner Graf Hönsbröch machte dann deutlich, auf welcher Grundlage nach den Vorstellungen der Herren in der Deutschen Vereinigung der erstrebte „Friede“ nur möglich war: Die Forderungen der rechts-konservativen Kreise in der Verfassungsfrage bezüglich Elsass-Lothringens, beim Schutz der sogenannten „Arbeitswilligen“ gegen den „Terrorismus der Sozialdemokratie“, beim Protektionismus zugunsten von Schwerindustrie und Groß-Landwirtschaft und allgemein bei der Weiterentwicklung der Sozialpolitik seien zu erfüllen.88 Seine Excellenz ließ es sich nicht nehmen, gegen den politischen Katholizismus zu polemisieren und löste dadurch in der Stadt eine heftige Kontroverse mit dem Zentrum aus.

Der ihm nachfolgende Redner, Pfarrer Wessel aus dem benachbarten Mülheim an der Ruhr, heizte mit überschäumendem nationalistischem Schwulst die Emotionen noch stärker auf. Nach der Warnung der deutschen Katholiken vor der „roten Flut“ verweilte er lange beim Thema Elsass-Lothringen: „Das gemeinsame für unsere Ostmarkenpolitik und für unsere Verbeugungspolitik in Elsass-Lothringen ist, dass wir vergessen, dass wir da etwas überkommen [sic!] haben als ein Erbe von unseren Vätern, das sie uns hinterlassen haben, um dafür einzusetzen alles, was wir haben (Bravo): Gut und Blut, Weib und Kind, Heimat und Herd. Für dieses Elsass haben deutsche Männer geblutet und haben im Feld gestanden, der evangelische neben dem katholischen und haben einander die Hände gereicht, wenn das tödliche Blei den einen zur Seite riss, und haben sich ins Auge gesehen und nicht gefragt, bist du evangelisch oder katholisch, sondern sie haben einander begrüßt, und wars mit dem letzten Lächeln: ,Ich hatt’ einen Kameraden.’ Und darum ist es ein gemeinsames Gut, und das sollten wir den Französlingen ausliefern? Möchte der schwächlichen Regierung noch einmal im letzten Augenblick der furor teutonicus, der echte deutsche Zorn, den Weg zurückweisen.“89 Nachdem alle stehend „Deutschland, Deutschland über alles“ geschmettert hatten, „schloss Kommerzienrat Reusch die Versammlung mit dem Wunsche auf ein weiteres Blühen der Deutschen Vereinigung.“90 Drei Monate später wurde Reusch in den Vorstand der Deutschen Vereinigung für das Industriegebiet berufen.91

Er war am 2. November 1911 bei einer vertraulichen Besprechung der Ausschussmitglieder für das Rhein-Ruhr-Gebiet anwesend, als für die bevorstehende Reichstagswahl vereinbart wurde, die nationalen Parteien zu unterstützen und sich bei einer Stichwahl notfalls hinter den Zentrumskandidaten zu stellen, wenn nur so die Wahl eines Sozialdemokraten verhindert werden konnte.92 Ergebnis der Duisburger Besprechung war ein äußerst polemisch formulierter Wahlaufruf gegen die SPD: Die Sozialdemokratie sei eine „internationale vaterlandslose Partei“. Als in der Marokkokrise eine „gewaltige Erregung“ durch die deutsche Nation ging, „sannen die Häupter der Umsturzpartei auf Hochverrat und hetzten die Massen zum Generalstreik.“ Die Sozialdemokratie wolle die monarchische Staatsordnung zerstören, das Privateigentum aufheben und Religion und Familie vernichten. Aber besonders um die Armee und Marine sorgte sich die Deutsche Vereinigung: Eine starke SPD-Reichstagsfraktion würde „mit Hilfe national unzuverlässiger und schwankender Elemente dieses unser Rüstzeug … schwächen“.93 Reusch erklärte sich mit diesem Aufruf „voll und ganz einverstanden“.94

Danach erreichte der Reichstagswahlkampf seine heiße Phase. Reusch und seine Unternehmerkollegen hatten sich massiv in die Nominierung des Kandidaten der Nationalliberalen Partei eingemischt.95 Der Name der „Deutschen Vereinigung“ wurde bei der Stichwahl herangezogen, um zu erreichen, dass die Katholiken nicht für den Sozialdemokraten, sondern für den Nationalliberalen stimmten. Nach dem Erfolg im Wahlkreis Duisburg/Mülheim/Oberhausen wurde im Vorstand Bilanz gezogen. Reusch hielt fest, dass das Zentrum sich „in nationaler Hinsicht … gebessert“ habe, aber „auf sozialem Gebiete … auch fortan auf der Seite der Sozialdemokratie“ stehen würde. Deshalb sollte die Deutsche Vereinigung den „Kampf suaviter in modo weiter führen“. Auf Reichsebene sollte sie sich verstärkt für ein „Zusammengehen von Industrie und Landwirtschaft“ einsetzen.96



Abb. 3:„Deutsche Wacht“, Bonn, 26. 11. 1911, Sonderdruck, Aufruf gegen die Sozialdemokratie, in: RWWA 130-300127/8

Wie groß der Einfluss Reuschs in diesem Verband schon war, ist auch daran zu ermessen, dass die Generalversammlung am 21. April 1912 im Beekschen Saale in Oberhausen stattfand. Reusch lud alle Delegierten ins Hütten-Casino der GHH zum Essen ein.97 Bei seiner Begrüßung brachte er die Genugtuung darüber zum Ausdruck, dass bei der Reichstagswahl im hiesigen Wahlkreis „Nationalliberale und Zentrum Schulter an Schulter kämpften und den Wahlkreis der Sozialdemokratie entrissen“.98 Die scharfen rhetorischen Attacken gegen die SPD und die Gewerkschaften überließ er dem Grafen Hönsbröch. Trotzdem griff ihn die katholische „Oberhausener Volkszeitung“ direkt an. Reusch sei einem „fundamentalen Irrtum“ unterlegen, als er behauptete, Zentrum und Nationalliberale hätten Schulter an Schulter gekämpft, da es der Deutschen Vereinigung gelungen sei, die konfessionellen Gegensätze zu überbrücken. Das Zentrum sehe in der Deutschen Vereinigung nach wie vor „eine Organisation, gegründet von einigen abtrünnigen früheren Zentrumsleuten zur Bekämpfung des Zentrums“.99 Reuschs Stellvertreter Woltmann referierte bei der Generalversammlung über „Industrie und Landwirtschaft“ und warb dafür, „Landwirtschaft und Industrie in jeder Weise zu fördern“.100 Dies konnte – so fasste die katholische „Volkszeitung“ seinen Appell auf – nur durch Fortführung der Schutzzollpolitik sichergestellt werden.101 Woltmanns Gedanken über die Interessengemeinschaft von Industrie und Landwirtschaft bildeten den Auftakt für Reuschs hartnäckige Bemühungen zur Wiederbelebung des Bündnisses von Junkern und Schlotbaronen. Die Deutsche Vereinigung war für ihn dabei nur ein Forum unter mehreren.102

Zunächst war es wichtig, finanzkräftige Geldgeber für die Deutsche Vereinigung zu gewinnen. Deshalb begann Reusch noch vor der Generalversammlung in Oberhausen, bei seinen Unternehmerkollegen für diese Organisation zu werben, und erreichte, dass die Schwerindustrie des Ruhrreviers einen Jahresbeitrag von 8.500 Mark aufbrachte, wovon die GHH einen Anteil von 1.000 Mark übernahm.103 Die Resonanz war jedoch nicht überall positiv. Während z. B. Springorum für die Firma Hoesch sofort zusagte, erhielt Reusch von Hugenberg für die Firma Krupp und vom wichtigsten Arbeitgeberverband der Ruhrindustrie, der sogenannten „Arbeitnordwest“, eine Absage. Nach Reuschs verärgertem Protest, sagte „Arbeitnordwest“ wenigstens einen Beitrag von 1.000 Mark für die Ruhrgebietsgeschäftsstelle zu. Ab 1913 schickte Reusch jeweils im Dezember freundliche Erinnerungen an seine Kollegen, doch den Jahresbeitrag zu überweisen. Er fühlte sich jetzt stark genug, mit dem Austritt aus der Nord-Westlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller und aus dem Arbeitgeberverband drohen zu können, sollten diese Organisationen der „Deutschen Vereinigung“ die Unterstützung verweigern.104 Beukenberg von der Phoenix AG, Vorsitzender dieser wichtigen Unternehmerverbände, verlangte als Gegenleistung von der GHH einen jährlichen Beitrag von 500 Mark für den stramm nationalistischen Deutschen Ostmarkenverein, den Reusch auch sofort zusagte.105 Eine Hand wäscht die andere – dies galt offensichtlich auch für das Netzwerk rechts-konservativer und nationalistischer Vereine im Kaiserreich.

Graf Hönsbröch konnte zu Ende des Jahres 1913 zufrieden Bilanz ziehen über den „Stand der Bewegung“ im Industrierevier. Die Bildungsarbeit im Rahmen der von Reusch energisch geförderten gelben Gewerkschaften war seit dem Bergarbeiterstreik im März 1912 ins Zentrum der Aktivitäten gerückt.106 Vorbild für diese Strategie war vermutlich Reuschs Vorgehensweise auf lokaler Ebene: Am 12. April 1913 hatte die Deutsche Vereinigung zu einem Vortrag des Generalmajors von Ditfurth über die Wehrvorlage in das Evangelische Gemeindehaus geladen.107 Reusch hatte seinen Untergebenen die Anweisung erteilt, die Werkvereinsmitglieder zur Teilnahme an dieser Veranstaltung aufzufordern.108 Der Herr Generaldirektor ließ es sich nicht nehmen, beim Vortrag des Herrn Generalmajors zu präsidieren. Stolz konnte er danach der Geschäftsstelle berichten, dass an diesem Abend 80 neue Mitglieder gewonnen wurden.109 Die Ausrichtung der Agitation auf die wirtschaftsfriedlichen Werkvereine hatte sich also ausgezahlt. In Woltmanns Nationalem Bürgerverein wurden gleichzeitig diskret die „vom Zentrum abgefallenen Personen“ registriert, dies waren z. B. im Juli 1913 Gastwirt Kassen, Brücktor, sowie der Bauunternehmer Borges „nebst Bruder und Schwiegervater (Erbauer des Katholischen Krankenhauses und des Vereinshauses Union)“. Reusch wurde umgehend darüber informiert.110

Bei der Vorstandssitzung im Januar 1914 bekräftigte der Reichsvorsitzende Graf Hönsbröch die zentralen Programmpunkte der Deutschen Vereinigung. Intern war vom „konfessionellen Frieden“ nicht mehr die Rede. Stattdessen verlangte Hönsbröch, den Kampf gegen die „immer stärker hervortretende Demokratie im politischen Leben“, vor allem auch gegen die Linkstendenzen in der Nationalliberalen Partei, zu verstärken. Dem „Bestreben der sozialdemokratischen und bürgerlichen Demokratie …, im Volk das Vertrauen zu unserer Schutzzollpolitik zu untergraben“, müsse Einhalt geboten werden. Das erz-reaktionäre „Kartell der schaffenden Stände“, wie sich das Bündnis von Junkern und Schwerindustrie jetzt nannte, wurde dagegen freudig begrüßt. Alle sozialpolitischen Forderungen der Gewerkschaften wies Graf Hönsbröch entschieden zurück; folgerichtig empfahl er die entschlossene Förderung der gelben Gewerkschaften. Reusch war bei der Vorstandssitzung anwesend; zweifellos identifizierte er sich rückhaltlos mit diesem Programm.111

Auch wenn der Stil der Verlautbarungen der „Deutschen Vereinigung“ zurückhaltender war als beim „Alldeutschen Verband“ oder beim „Deutschen Ostmarkenverein“, so ist doch nicht zu bestreiten, dass auch hier die „politische Religion“112 eines aggressiven reichsdeutschen Nationalismus zelebriert wurde. Dies war kein gutmütiger Patriotismus, sondern eine nationalistische Ideologie, zu deren unverzichtbaren Bestandteilen der Hass auf äußere und innere „Reichsfeinde“ gehörte. Es war nur konsequent, dass sich Reusch bei der Reichstagswahl von 1912 mit aller Kraft dafür einsetzte, den Sozialdemokraten den Wahlkreis Duisburg/Oberhausen/Mülheim wieder zu entreißen und einen zuverlässig rechtsstehenden Kandidaten durchzubringen. Dies sollte jedoch nur zum Teil gelingen.

Der Ruhrbaron aus Oberhausen Paul Reusch

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