Читать книгу Torres del Paine - Stephan Hamacher - Страница 7

Timor

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Fernãos Vater war Bürgermeister in Sabrosa, er verlor seine Eltern, als er zehn Jahre alt war. Fernão hatte zwei Brüder und eine Schwester, doch das alles erzähle ich nur, um zu beweisen, dass der junge Mann schon früh Verantwortung übernehmen musste, für sich und für andere. Im Jahr, da einer meiner Landsleute glaubte, den kürzesten Seeweg nach Indien entdeckt zu haben, kam Fernão als Page an den Hof des Königs von Lusitanien, damals noch Dom João II, der strenge, der vollkommene Fürst aus dem Hause Avis, dreizehnter Monarch im Land zwischen Minho und Cabo de São Vicente. Aus dem Bauernjungen wurde ein Page wurde ein Knappe, ein stattlicher und gebildeter noch herzu, und bald schon erhielt er Gelegenheit, sich auszuzeichnen. An der Seite des Vizekönigs nahm Fernão an einer Expedition nach Indien teil. Dort wurde er zum Lebensretter und Hüter der Ordnung, als er eine Meuterei verhinderte. Nach der Eroberung von Malacca, an der Fernão gewiss seinen Anteil hatte, wurde der Einunddreißigjährige bei einer Expedition zu den Gewürzinseln zum Kapitän ernannt, eine Ehre, die er leichtfertig aufs Spiel setzte, als er seine Mannen ohne Order und in aller Heimlichkeit weiter gen Osten segeln ließ.

Fernão und ich sind gleichaltrige Gleichgesinnte, und doch sind wir so verschieden wie es zwei Menschen mit dem Drang nach Wissen und der Sehnsucht nach Würde, Wohlwollen, Ruhm und Ehre nur sein können. Mein portugiesischer Freund war ein Haudegen, der in der Schlacht von Azamor verwundet wurde und gegen alle Gepflogenheiten und wider aller gültigen Gesetze Handel mit den Mauren trieb. Fernão, der Söldner, Fernão, der Seefahrer, der Welteneroberer, der ungestüme Haudegen zwischen der Gnade des Herrn und der Unbill der Herrschenden, der Ikarus der Weltmeere und der in Ungnade gefallene Nomade, es war ihm gleich, unter welcher Krone er sein Säckel füllen konnte. Und so bot er seine Dienste eben jenem Kaiser Karl an, der vom spanischen Monarchen zum obersten Feldherrn des römischen Reichs wurde. Ich aber bin nichts weiter als ein bescheidener Chronist, ein Zeuge der Zeit, von Bill und Unbill zwischen Pol und Äquator, ein Getriebener der Längen- und der Breitengrade. Ich bin kein Mann des Degens, ich bin ein Mann der Feder. Ein Mann der Wissenschaft, der Künste, ein Geschöpf und ein Schöpfer der Mathematik, die Schrift in der Hand, das Universum im Blick und den Zweifel im Kopf. Und schon darum hege ich berechtigte Ungläubigkeit, ob ich mein geliebtes Vizenca je wiedersehen werde. Schönes reiches Vicenza, Wiege meiner Jugend. So fern scheint mir Venetien, dass es mir hier in der glühenden Sonne des Südens das Hirn martert mit unerreichbaren Visionen, Bildern aus einer wohlvertrauten Welt, in der oben noch oben ist und das Leben ein Fest. Ach, es regnet bitteres Salz vom Himmel! Gottes Tränen!

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