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4.2. Vom Leben des Israel ben Eli’eser

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Das Leben des Besch“tWie bei vielen dermaleinst berühmten Menschen, so gibt es auch über die Kindheit und Entwicklungsphase des Ba’al Schem Tov nur äußerst dürftige Angaben. Die Schivché ha-Besch“t bieten hauptsächlich Erzählungen, die klar nach biblischen Vorbildern modelliert sind (wie zum Beispiel der Josefsnovelle, vgl. Grözinger, Geschichten I, S. 9–12). Immerhin scheint es recht wahrscheinlich, dass der künftige Kabbalist und Charismatiker keiner angesehenen Familie entstammte. Auch geographisch kann man den Besch“t einigermaßen verorten. Es heißt, er sei in dem Städtchen Okup Góry Świętej Trojcy, im Grenzgebiet zwischen dem Königreich Polen und dem Osmanischen Reich geboren und aufgewachsen. Die Stadt, zunächst ein militärischer Vorposten Polens, war erst 1699 von den Osmanen geräumt worden und profitierte in den Folgejahren von einem Besiedlungsprogramm, das auch jüdische Familien anzog.

Anfänge als GelehrterAls nächste Station seines Lebens gilt das podolische Städtchen Tłuste, wo Israel ben Eli’eser bereits einige Anerkennung als Gelehrter und Ba’al Schem erfahren hat. Darauf deutet mindestens die Tatsache, dass er als Mitunterzeichner einer halachischen Anfrage an Me’ir von Konstantinów fungierte, und – mehr noch – der Umstand, dass er im Antwortschreiben des Rabbiners als Kopf einer Gruppe kabbalistischer Asketen geehrt wird (vgl. Rapoport, Majim Chajim, Joré De’a 27, S. 50–52). Vor oder während jener Jahre muss er zudem in Kontakt mit Gerschon von Kutów gekommen sein, den er in seinen Briefen als Schwager tituliert. Die Schivché ha-Besch“t stilisieren die Begegnung des Gerschon mit dem Mann seiner Schwester als ein zwischenmenschliches Desaster, in dem der |44|als ungelehrter Trottel verkannte Ba’al Schem Tov schließlich in die Einsamkeit verbannt wird, um Gerschons elitäre Familie nicht weiter zu desavouieren:

Nach der Hochzeit aber wollte der Rav, unser Lehrer und Meister Gerschon, mit ihm [dem Besch“t] lernen: Vielleicht würde er doch einige Worte der Tora empfangen. Aber er [der Besch“t] verbarg die Sache, als ob er nicht in der Lage sei, irgendetwas zu empfangen. Da sagte der Rav zu seiner Schwester: Siehe, tatsächlich ist mir dein Mann eine große Schande. Wenn du dich von ihm scheiden lassen willst, dann gut. Wenn nicht, will ich dir ein Pferd kaufen und du reist mit ihm fort, um irgendwo in der Fremde zu siedeln. Denn ich kann die Schande deinetwegen nicht ertragen. Sie aber stimmte dieser Sache zu, und sie gingen, wohin sie gingen und er setzte ihr einen Ort fest, dort zu siedeln, und er ging, um in der Einsamkeit zu sein zwischen hohen Bergen, die man ‚Gebirg‘ nennt. Dies aber war ihre Lebensgrundlage, dass sie zwei oder drei Mal in der Woche auf dem Pferd zu ihm kam mit einem Gespann, dann grub er Lehm und sie brachte den in die Stadt und davon hatte sie eine Lebensgrundlage. Der Besch“t aber fastete stets das große Unterbrechungsfasten [Wochenfasten]. Wenn er aber essen wollte, dann grub er ein Loch in die Erde und gab dort Mehl und Wasser hinein und es wurde in der Sonne gebacken. Dies war sein ganzes Essen nach seinem Fasten und alle Tage verbrachte er in Einsamkeit [התבודדות/Hitbodedut]. (Grözinger, Geschichten I, S. 22)

Was die Verbergung der spirituellen Fähigkeiten hinter der Fassade eines Ignoramus betrifft, so kann man ihr mit ebenso begründetem Misstrauen begegnen wie dem kompletten Rückzug in die gebirgige Einsamkeit. Passt doch die dramatische Offenbarung wunderbarer Fähigkeiten eines verkannten Genies zu gut in vorfindliche legendarische Schemata. Gleiches gilt für das zeitweise Einsiedlerleben (Hitbodedut) zum Zwecke der Vorbereitung auf eine öffentliche Wirksamkeit, das nach dem Vorbild Lurias modelliert zu sein scheint. Andererseits schreibt die Erzählung dem Ba’al Schem Tov asketisch-mystische Verhaltensweisen zu, die für Mitglieder kabbalistischer Zirkel jener Zeit durchaus typisch waren.

Kabbalistenzirkel von KutówGut belegt ist allerdings die Existenz von elitären Gelehrtenkreisen in Brody, Kutów und schließlich auch in Międzyboż. Zum Zirkel von Kutów, zu dem sich Gerschon und wohl auch der Ba’al Schem Tov hielten, gruppierten sich Kabbalisten, die später als Gefährten des Besch“t galten, wie Menachem Mendel von Bar oder Nachman von Kosów (vgl. Weiß, Studies, S. 5). Der Brief des Israel ben Eli’eser an Mosche von Kutów, ebenfalls ein Mitglied jenes erlauchten Kreises, der sich eingehend mit der Heilkunde befasst, deutet auf dessen Doppelfunktion als Ba’al Schem und Mystiker. Bereits während seiner Ansiedlung in Tłuste war Israel ben Eli’eser demzufolge als theoretischer und praktischer Kabbalist tätig und anerkannt (Rosman, Founder, S. 116–117).

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