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3.4. Der Begründer des Chassidismus als Ba’al Schem

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Israel ben Eli’eser Ba’al Schem TovBei Israel ben Eli’eser, dem Ba’al Schem Tov (um 1700 bis 1760), der von der chassidischen Historiographie als Begründer der Strömung betrachtet wird, finden sich beide Phänomene in einer Person zusammen. Wie bereits die Bezeichnung Ba’al Schem Tov erkennen lässt, wirkte Israel ben Eli’eser erfolgreich als ein ‚praktischer Kabbalist‘. Dies belegen Steuerlisten aus den Archiven der polnischen Adelsfamilie Czartoryski, auf deren Grund und Boden Israel ben Eli’eser lebte. Gleiches gilt für die Tatsache, dass der Ba’al Schem Tov sogar eigens Schreiber zur Anfertigung seiner Amulette beschäftigte. Außerdem diente er in reiferem Alter (ca. 1740–1760) als Gemeindekabbalist von Międzyboż, weshalb er im Haus der jüdischen Gemeinschaft miet- und steuerfrei leben durfte. Ein solcher Gemeindekabbalist war beauftragt, durch das Studium mystischer Schriften und entsprechende Gebete himmlische Kräfte auf die fragliche Gemeinde herab zu lenken. Dem Ba’al Schem Tov traute man offensichtlich nicht nur zu, Amulette für unfruchtbare Frauen auszufertigen, sondern auch kabbalistische Studien- und Gebetszirkel effektiv anzuleiten.

Eine der Legenden über Israel ben Eli’eser, enthalten in den Schivché ha-Besch“t (שבחי הבעש״ט, hebräische Version, Kopust 1815), der quasi kanonischen Sammlung von Erzählungen über ihn |37|und seinen Kreis, beschreibt die frühe Phase seines Wirkens in den geradezu klassischen Farben eines Asketische Praxis chassidischer Meisterasketischen Kabbalisten ‚alter Schule‘:

Und es geschah danach, dass der Rav, unser Lehrer und Meister Gerschon, eine Dorfpacht für ihn [den Ba’al Schem Tov] mietete, damit er sich dort ernähren könne. Dort erwarb er etliches an Vollkommenheit. Er baute sich nämlich dort ein Einsiedlerhaus im Wald. Dort aber betete und lernte er alle Tage und einen Großteil der Nächte, die ganze Woche über. Nur von Schabbat zu Schabbat kam er zu seinem Haus und dort hatte er auch weiße Schabbatkleider, ebenso ein Waschhaus und ein Tauchbad. Seine Frau aber befasste sich mit der Ernährung und der Ewige sandte Segen und Erfolg auf ihrer Hände Werk. Sie empfingen Gäste, die sie in großer Ehrerbietung speisten und tränkten. Wenn aber ein solcher Gast kam, dann schickte sie nach ihm; er aber kam und bediente sie. Niemand aber wusste etwas von ihm. (Grözinger, Geschichten I, S. 26)

Ein ähnliches gilt jedoch auch für chassidische Meister späterer Generationen, wie beispielsweise dem quasi-Schöpfer des polnisch-galizianischen Chassidismus, Elimelech Weissblum von Leżajsk (1717–1786/87), von dem die Legende zu berichten weiß:

Unser Meister Elimelech, sein Andenken sei zum Segen, pflegte zwischen den Bäumen zu sitzen, wo es Ameisen gab. Die bissen ihn, bis sein Körper abgemagert war von den Kasteiungen. Und die Ameisen hatten an ihm nichts mehr zu beißen. Hat er sich angeschrien: Melech, Melech, du bist es nicht einmal wert, dass dich die Ameisen essen, so sündig bist du! (Nifla’ot Elimelekh, S. 3)

Zwischen der kabbalistisch geprägten Frömmigkeit alter Prägung, den Chassidim ‚alten Stils‘, und dem osteuropäischen Chassidismus zeigt sich eine dialektische Beziehung. Erstere waren aufgrund ihrer restriktiven asketischen Lebensart nicht imstande, nennenswerten Einfluss auf eine breitere Anhängerschar auszuüben – und sie strebten wohl auch nicht danach. Die Zaddikim neuer chassidischer Färbung radikalisierten diese Anforderungen noch und vergrößerten somit den Abstand zu den einfachen Menschen – gleichzeitig entwickelten sie jedoch den exemplarischen Frommen zu einer Mittlerfigur weiter, wodurch es ihnen gelang, die jüdische Normalbevölkerung mit den extremen Idealen der popularisierten Kabbala zu verbinden (vgl. Katz, Tradition, S. 236–239).

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