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|23|2.4. In der philosophischen und ethischen Literatur des Mittelalters

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Chassid und Zaddik in der philosophischen und ethischen LiteraturIn der ethischen und philosophischen Literatur des Hochmittelalters kann man einerseits die traditionelle Differenzierung beider Begriffe in durchschnittlich observante Juden (Zaddikim) und herausragend Fromme (Chassidim) beobachten. Andererseits werden beide Termini auch unspezifisch oder synonym gebraucht.

Bachja ibn Paquda (2. Hälfte des 11. Jh.) entwarf in seinem überaus populären ethischen Werk Chovot ha-Levavot (חובות הלבבות; Von den Pflichten des Herzens) einen Pfad zur persönlichen Vervollkommnung, der letztlich in die Liebe zum Ewigen und Gottesfurcht mündet. Wer durch moderate Askese und uneigennütziges Dienen am Ewigen und den Mitmenschen auf dem von Bachja beschriebenen Wege die größte Vollkommenheit erreicht, wird zumeist als Chassid charakterisiert, zuweilen jedoch auch als Zaddik bezeichnet. Mosche Maimonides (1135/38–1204) definiert in seinem großen talmudischen Kodex Mischné Tora (משנה תורה) die Angelegenheit folgendermaßen:

So soll ihn nur nach den Dingen gelüsten, die sein Körper nötig hat, und ohne die es ihm unmöglich ist [zu existieren]. In der Sache, da gesagt ist: ‚Ein Zaddik isst zur Sättigung seiner Seele‘ (Prov 13,25) Ebenso soll er in dem, was er [beruflich] tut, nur insoweit Anstrengung unternehmen, dass er dasjenige erreicht, dessen er zum Leben unmittelbar bedarf. In der Sache, da es heißt: ‚Das Wenige ist dem Zaddik gut‘ [Ps 37,16]. Ebenso verschließe er seine Hand nicht übermäßig und verschwende sein Vermögen nicht. Vielmehr gebe er Almosen entsprechend seiner Möglichkeit und verleihe dem Bedürftigen, wie es angemessen ist. Auch sei er nicht ausgelassen und [übermäßig] fröhlich, noch bekümmert und unzufrieden. Vielmehr freue er sich all seine Tage in Behagen und freundlicher Miene. So auch mit seinen übrigen Verhaltensweisen. Dieser Weg ist der Weg der Weisen. […] Wer es aber mit sich selbst sehr genau nimmt und etwas über die durchschnittliche Verhaltensweise in der einen oder anderen Beziehung hinausreicht, der wird Chassid genannt. Wie [das]? Wer sich von Hochmut fernhält bis zum entgegengesetzten Extrem und äußerst demütig ist, der wird Chassid genannt. Dies nämlich ist die Weise der Chassidut. Wer sich aber [vom Hochmut] nur bis zur Mitte fernhält und bescheiden ist, der wird ein Weiser genannt. (Hilkhot De’ot I, 4–5)

Für den aristotelisch geprägten Philosophen wäre der Goldene Mittelweg jedwedem frommen Extremverhalten entschieden vorzuziehen. In gewisser Weise betrachtet Maimonides den Chassid als eine desintegrierte Persönlichkeit: Keine der erstrebenswerten Verhaltensweisen eines Menschen sollte über ein vernünftiges Maß hinausreichen, nicht einmal die Demut.


Abb. 1: Ez Chajim mit den zehn Śefirot

Chassidismus

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