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GURKENWASSER GEGEN KRÄMPFE


Sauer macht nicht nur lustig, sondern auch locker

Auf was setzen Sie, wenn Sie nachts durch Wadenkrämpfe aus dem Schlaf gerissen werden? Wie behelfen Sie sich in diesem fiesen Moment, in dem Ihnen bewusst wird, dass das unangenehme Gefühl im Bein jetzt kein Albtraum ist, sondern echt?

Ich setze in solchen Augenblicken auf – halten Sie sich fest und lachen Sie meinetwegen auch – Gurkenwasser! Entdeckt wurde dessen Wirkung in der amerikanischen Footballliga. Einer der verrücktesten Tipps der vergangenen Jahre, aber wirksam. Zumindest bei mir und offenbar auch bei vielen Zuschauern, die uns immer wieder schreiben, wie toll das Gurkenwasser bei ihnen helfe, schmerzhafte und anhaltende Krämpfe schneller zu beenden.

Die Wirkung des Essigsuds ist nicht im Detail wissenschaftlich überprüft, aber auch für das viel gepriesene und häufig angewendete Magnesium gibt es keine Studien, die akute oder vorbeugende Wirkungen gegen Muskelkrämpfe signifikant belegt haben. Und doch ist die Einnahme von Magnesium gängige Praxis.

Egal, ob man die Apothekerin, den Arzt oder die beste Freundin fragt, fast immer lautet der Rat: »Nimm Magnesium!« Ich kenne viele Leute, die das in allen Varianten getestet haben – als Kapseln, Tabletten oder Pulver. Sie haben reichlich Geld dafür ausgegeben und sind doch enttäuscht, weil die erhoffte Wirkung ausblieb. Gesichert scheint Magnesium nur dann zu helfen, wenn ein echter Mangel vorliegt, denn der kann tatsächlich die Krampfneigung des Muskels erhöhen. Und da sind wir bei einem wichtigen Punkt: nämlich bei einer behebbaren Ursache.


MAGNESIUM IST WICHTIG

Um mangelbedingte Wadenkrämpfe zu vermeiden, benötigt ein Erwachsener im Schnitt 350 Milligramm Magnesium pro Tag. Mit ausgewogener Ernährung lässt sich dieser Bedarf leicht decken. Er steckt zum Beispiel schon in einer Banane (circa 100 mg), einer kleinen Hand voll Cashewkernen (circa 135 mg) und drei Esslöffeln Weizenkleie (circa 180 g). Auch Sonnenblumen- und Kürbiskerne, Bitterschokolade, Brokkoli und Himbeeren enthalten viel Magnesium.

Die Suche nach der Ursache

Wer sich mit nächtlichen Krämpfen plagt, sollte versuchen, gemeinsam mit einem Arzt herauszufinden, woran es liegt.

Sind es vielleicht Nebenwirkungen eines Medikaments, das regelmäßig eingenommen wird? Steckt, wie in seltenen Fällen, eine unerkannte Grunderkrankung von Muskeln oder Nerven dahinter? Oder ist ein viel profanerer Auslöser die Ursache, zum Beispiel, dass man tagsüber zu wenig Flüssigkeit zu sich genommen hat? Alkohol sollte es natürlich nicht sein, denn Alkohol kann sogar krampfauslösend wirken.

Häufig entwickeln sich Muskelkrämpfe auch nach übermäßiger muskulärer Anstrengung. Wir kennen alle die Bilder von ausgepumpten Fußballern, die versuchen, sich am Ende der Nachspielzeit gegenseitig die Krämpfe wegzudehnen.

Dass Muskeln aber nicht nur durch intensiven Leistungssport überfordert werden, kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Und da plaudere ich jetzt mal aus dem Nähkästchen: Wenn ich dienstags vor der Kamera hochhackige Pumps trage, dann genieße ich das. Ich finde High Heels schick, weiß aber natürlich, dass sie auf Dauer für die Füße eine Zumutung sind. Deshalb beschränke ich das elegante Schuhwerk auch nur auf die Zeiten von Proben- und Sendedauer. Das hat aber trotzdem oft zur Folge, dass sich meine Muskeln an Zehen und Fußsohlen zwei bis drei Stunden nach der ungewohnten Belastung mit gemeinen Krämpfen rächen.

Scheinbar widersinnig, aber gerade dann, wenn sich die gut 30 Muskeln an jedem meiner Füße in warmen, weichen Haussocken entspannen dürfen, zahlen sie mir meine Eitelkeit heim.

Mein Tipp

WENN MEDIKAMENTE KRÄMPFE FÖRDERN

Wenn Sie Medikamente nehmen, prüfen Sie, ob im Beipackzettel Krämpfe als mögliche Nebenwirkung aufgeführt sind. Falls ja, holen Sie ärztlichen Rat ein. Setzen Sie Ihre Medikamente nie ohne Absprache ab. Treten die Krämpfe besonders stark oder an ungewöhnlichen Körperstellen auf, kann ein Neurologe oder eine Neurologin gezielte Untersuchungen veranlassen, um eine eventuell zugrunde liegende Erkrankung herauszufinden und zu behandeln.

Wundermittel oder Placebo?

Früher musste ich dann mindestens eine halbe Stunde dehnen, massieren und wärmen, bis die Sache halbwegs überstanden war. Heute dauert der Krampf nach ein paar Schluck Essigsud höchstens noch ein bis zwei Minuten. Es kann übrigens das Gurkenwasser jedes x-beliebigen Herstellers sein. Meine persönliche Erfahrung ist allerdings: je saurer, desto wirksamer.

»Placeboeffekt«, sagen Sie jetzt vielleicht. Mag sein, aber einen Versuch ist es wert, finde ich. Zumal die ungesündere Alternative für manchen Verzweifelten ein Medikament mit Chinin ist. Das senkt zwar nachweislich die Anzahl, Dauer und Intensität von Krämpfen, hat in seltenen Fällen aber lebensbedrohliche Nebenwirkungen. Deshalb ist das Mittel in Deutschland seit 2015 nur noch auf Rezept zu haben und in den USA, Australien und Neuseeland für die Behandlung von Wadenkrämpfen sogar verboten.

Wirkt auch Wunder: Bewegung und Dehnung

Was keiner Zulassung bedarf und erwiesenermaßen hilft, ist regelmäßige Bewegung und vor allem Dehnung. Und damit kommen wir zu einem zweiten »Wundermittel« gegen nächtliche Beinkrämpfe und der wichtigen Aussage eines Neurologen und Experten für Muskelkrämpfe in meiner Sendung: »In jedem untrainierten Muskel sinkt automatisch die Reizschwelle, sodass er eher zum Krampfen neigt als ein trainierter.« Ergo: Man muss etwas tun.

Nun mag ja Prävention oft anstrengend und nervig sein, aber speziell in diesem Fall, so jedenfalls meine Meinung, ist Vorbeugen wirklich kein Hexenwerk. Denn – aufgepasst, simpler geht’s nicht – schon dreimal zehn Sekunden dehnen vor dem Schlafengehen reduziert die Krampfneigung nachweislich. Das ist das Ergebnis einer Studie, an der Männer und Frauen teilnahmen, die regelmäßig unter nächtlichen Beinkrämpfen litten.

Über sechs Wochen mussten sie ihre Waden- und Oberschenkelmuskulatur konsequent mit Dehnübungen trainieren. Das Ergebnis: Sie hatten deutlich seltener Krämpfe. Am besten, so die Autoren der Studie, pausiert man nach jeder Zehn-Sekunden-Dehnung immer für eine Minute. Die Übungen sind ganz leicht nachzumachen (siehe >).

Dehnen ist also nicht nur beim akuten Krampf gut – da macht man das ja meistens ganz automatisch –, sondern Dehnung wirkt auch prophylaktisch. Eine einfache Sache, aber die wenigsten wissen das. Und wer auf Nummer sicher gehen will, trainiert die Muskelpartien, die zu Krämpfen neigen, tagsüber zusätzlich.


WARUM AUSGERECHNET NACHTS?

Krämpfe treten vor allem deshalb vermehrt in den Nachtstunden auf, weil dann das Rückenmark erregbarer, also sensibler, ist als am Tag. Durch die erhöhte Empfindlichkeit erhöht sich auch die Neigung zu Krämpfen.

Und das Gurkenwasser?

Tja, auf den Trick kam man im Jahr 2000, als die Footballteams Philadelphia Eagles und Dallas Cowboys bei extremer Hitze gegeneinander antraten. Während ein Dutzend der Cowboys wegen Krämpfen das Spiel abbrechen musste, verloren die Eagles keinen ihrer Spieler und gewannen das Match. Ihr Geheimnis? Gurkenwasser!

Der Medizinstudent Kevin Miller war davon so beeindruckt, dass er zehn Jahre später seine Doktorarbeit über dieses Phänomen veröffentlichte. Er stellte fest, dass ein Krampf ohne Gurkenwasser zwischen 71 und 246 Sekunden brauchte, bis er wieder verschwand. Mit dem sauren Sud hingegen war die Sache in 12 bis 219 Sekunden ausgestanden – im Schnitt nach 85 Sekunden und damit 45 Prozent schneller als ohne.

Wie genau das Gurkenwasser wirkt, ist noch nicht geklärt. An einer Änderung des Mineralstoffhaushalts kann es nicht liegen. Dafür geht es zu schnell. Vielleicht ist es einfach nur der Geschmack der Essigsäure im Rachen, der krampflösend wirkt. Ein kleiner, heilsamer Schock sozusagen. Ich stelle mir das wie beim Schluckauf vor, der verschwindet, wenn mich jemand erschreckt.

Gurkenwasser wird auch von PhysiotherapeutInnen empfohlen – obwohl wie gesagt der Nachweis des genauen Wirkmechanismus fehlt. Theorie ist, wenn man alles weiß, aber nichts funktioniert, und Praxis ist, wenn alles funktioniert und keiner weiß, warum. Hier passt der Spruch echt gut.


Übrigens … wenn Sie selbst mal prüfen wollen, ob sauer auch Sie locker macht, stellen Sie sich ein Gläschen Gurkenwasser ans Bett. Bei einem Krampf trinken – und fertig. Wichtig: Pro Kilogramm Körpergewicht soll ein Milliliter Gurkenwasser ausreichen. Und bitte nicht täglich vorbeugend trinken!

Ich hätte da was für Sie

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