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Eine Zeitlang schwamm das Expeditionsboot auf der Atmosphäre des Jupiter. Dann glitt es in immer dünnere Schichten und überwand schließlich den Fluchtpunkt. In einer schlangenförmigen Bahn jagte es auf den Mond Kallisto zu.

Stunden später setzte es auf bekanntem und vertrautem Kurs zur Landung an. Kurz bevor sie aufsetzten, ging ein Schütteln durch das Fahrzeug. Melrose hatte für einen Sekundenbruchteil nicht aufgepasst. Das war in dem Augenblick, als er das Schiff entdeckte.

Er streckte den Arm aus und zeigte auf den Bugschirm.

„Sehen Sie sich das an, Doc!“

„Ein Raumschiff“, sagte Addison. „Nicht viel kleiner als unser Schlitten hinter dem Einsteinberg. Jetzt wird mir manches klar.“

„Wenn Ihnen was klar wird, dann sagen Sie es mir“, verlangte der Leutnant. „Ich kann mir unter diesem Besuch rein gar nichts vorstellen. Jedenfalls steht im Programm der Raum-physikalischen Gesellschaft nichts davon.“

„Programme sind dazu da, dass man sie ändert“, versicherte Addison frohen Mutes. „Vielleicht ein ganz hohes Tier auf Inspektionsreise.“

„Wir werden sehen“, meinte Melrose und konzentrierte sich auf den Rest des Landemanövers. Er ging ganz nahe bei dem fremden Schiff nieder. Dann stiegen sie aus.

In plumpen Raumanzügen betraten sie den mit leichtem Reif überzogenen Boden des Mondes. Das geringe Taglicht, das sich aus der gemeinsamen Strahlung der Sonne und der Reflexion des Jupiters mischte, lud sich in seiner Wirkung praktisch an dem weißen Untergrund auf und verbreitete eine ausreichende Helligkeit.

Melrose schloss ab, indem er die Zahlenkombination der Einstiegsluke durcheinander brachte. Es war eine eingedrillte Gewohnheit, nach der man auf jedem „Parkplatz“ zwischen Merkur und Mars handelte. Sie wirkte nur hier in der Abgeschiedenheit der Jupiter-Region skurril, weil es hier keine Diebe gab, die das Schließen eines Sicherheitsschlosses rein logisch begründet hätten.

Sie gingen ein paar Schritte und blickten an dem schlanken Leib des fremden Schiffes hinauf.

„Unser Boss reist wohl inkognito“, vermutete Dr. Addison. „Ich sehe nicht einmal den traditionellen Namen am Bug.“

„Vielleicht hat ihn ein Meteor wegrasiert“, sagte Melrose durch den Helm-Lautsprecher und bemühte sich dabei um einen lächerlichen Ton. Addison kannte diese Manie, die fast jeden von ihnen dann und wann befiel. Zum gesunden Betriebsklima gehörte immer wieder ein guter Witz. Und weil die Besatzung des ganzen Mondes nur aus sechs Mann bestand, kam jeder mit dem Witzemachen im Durchschnitt mehrere Male in der Woche an die Reihe.

Tatsächlich! Es war zur Manie und zur Gewohnheit geworden.

So zur Gewohnheit, dass man schon nicht mehr darüber lachen konnte.

„Der Witz vom Dienst“, stellte Dr. Addison lakonisch fest und nahm die Bemerkung weiter nicht ernst.

Der kürzeste Weg zur Druckkuppel der Station, die nichts als ein nackter, zweckmäßiger Betonturm war, führte sie an einem der drei Teleskopständer des fremden Schiffes vorbei. Sie hatten sich schon gewundert, dass niemand zu ihrem Empfang herausgeeilt war, als sie endlich doch einen Menschen gewahrten.

Da sein Helm entgegen der Gewohnheit ihres Teams keinen Namen trug, wussten sie nicht, wen sie vor sich hatten. Sie ahnten nur beide gleichzeitig, dass es ein Fremder war, der wohl zu den Gästen gehörte.

Nur im Unterbewusstsein registrierten sie die auf sich gerichtete Waffe aus dem rechten Arm des Anzuges. Die Bewegung mochte ein Zufall sein.

„Guten Tag, Sir!“, grüßte Melrose über UKW. „Sie gehören wohl zur Inspektion hier. Well! Macht nichts. Ihr Boss wird Sie dahingestellt haben. Wir werden hineingehen und ihm Bescheid geben, dass solche Posten in dieser Gegend überflüssig sind. Hier gibt es keine Diebe oder gar schlimmere Verbrecher. Hier gibt’s auch keine geheimnisvollen Entitäten fremdartiger Bauart. Wir haben eine reine Weste und viel Ehrgeiz, sonst nichts.“

„Guten Tag“, antwortete der andere rau und herzhaft. „Wenn ich Ihrer verdächtig ausführlichen Beteuerung glauben darf, so haben Sie hier genügend Einfluss, um mich vor meinem Boss in Schutz zu nehmen. Ich werde mir gestatten, gleich mit hineinzukommen. Ein paar Stunden im Raumanzug, das ist sowieso schon kein Vergnügen. Und dieser hier ist ausgerechnet nicht meine Größe. Er spannt im Nacken wie eine Zwangsjacke. Würden Sie vorausgehen?“

Es war im Weltraum nicht Usus, sich lange vorzustellen, wenn man kurz vor einer Schleuse stand, hinter der man wieder richtig Mensch sein durfte. Man verschob dann solche Förmlichkeiten gern für ein paar Minuten. Melrose aber war neugierig, seit sie vom Jupiter abberufen worden waren. Er opferte daher noch einiges von seiner knappen künstlichen Luft im Anzug und fragte: „Sie sind wohl mit der Grund, weshalb der Professor unsere Planeten-Expedition abbrechen ließ, wie? Muss wohl eine spannende Angelegenheit sein?“

„Ich habe gehört, dass im Weltraum so vieles relativ sein soll“, gab der andere mit einem rauen Lachen zurück. „Unsereiner kann sich so schlecht ein Bild darüber machen, was für euch Forscher spannend oder langweilig ist.“

Sie hatten inzwischen die Schleuse erreicht.

Melrose gab seine Meldung durch und bat den Wachhabenden, zu öffnen.

Aus dem Inneren meldete sich der junge Curt Shapley. Er war auffallend wortkarg und ging auf keine private Bemerkung ein. Na ja, dachten die beiden Ankömmlinge. Wenn das tatsächlich eine Inspektion ist, wird der gute Junge natürlich nervös sein, dass er ja nichts falsch macht.

Sie warteten, bis das Außenschott zur Seite glitt. Dann traten sie ein. Zwei Minuten später hatten sie atembare Luft in der Schleuse, und Shapley gab bekannt, dass sie die Raumanzüge ablegen könnten.

Sie befolgten die Aufforderung, während die innere Luke zur Seite glitt und den kleinen Vorraum der Station freigab.

Dahinter lag der Gemeinschaftsraum, der noch viele andere Namen trug. Je nach Laune und persönlichem Anspruch nannte man ihn Tagesraum, Salon, Kantine oder Messe. Nun, jedenfalls hatten die Industriepsychologen, die zu Hause auf Terra die Station entwerfen mussten, an jeden Komfort gedacht. Sie hatten dafür gesorgt, dass den Leuten draußen im feindlichen All eine Zelle blieb, in der sie jeden Luxus und jede Bequemlichkeit von der Erde zur Verfügung hatten.

Es war ein Raum, wie ihn sich Millionäre einzurichten pflegen. Und trotz allem war kein Cent daran vergeudet. Schließlich hatte man Milliarden in dieses ganze Projekt hineinstecken müssen. Die schweren Teppiche, die echten Holzmöbel und super-bequemen Pneumosessel waren in der ganzen Kalkulation ein lächerlich geringer Betrag geblieben.

Die Umgebung war vertraut. Trotzdem störte etwas an ihr.

Die Ungezwungenheit fehlte.

Niemand saß. Alle standen steif irgendwo herum. Und es gab auch nicht die gewohnte Begrüßung.

Panoptikum, dachte Leutnant Melrose. Steif genug für eine Inspektion. Aber längst nicht höflich genug. Selbst bei der strengsten Kontrolle pflegte eine gewisse Verbindlichkeit eine Rolle zu spielen. Die Begrüßungen waren bei derartigen Begegnungen sogar besonders höflich, weil sich dadurch für spätere Rügen ein gewisser Sympathievorschuss ergab.

Hier fehlte das alles.

Man stand, obwohl der Raum schon wieder zu eng zu werden drohte, weil er nicht für zehn Personen eingerichtet war.

„Nehmen Sie Platz, meine Herren“, empfing Professor Graham den Leutnant und den Arzt. Auch das klang steifer als sonst. Und es hatte auch nicht die konventionelle Wirkung. Die zwei Männer vom Jupiter setzten sich ebenso wenig wie die anderen. Sie drehten sich vielmehr vorsichtig im Kreis, bis ihr Blick auf dem Mann hängenblieb, den sie von draußen mit hereingebracht hatten. Der stand lässig an der Tür wie ein Wachhund und kaute Gummi.

Melrose fand, dass die Sache immer weniger von einer Inspektion an sich hatte, je länger er sich in der wortkargen Runde umsah. Obwohl er nach Curt Shapley der jüngste von der Besatzung war, sah er keine andere Möglichkeit, als erster zu reden.

„Guten Tag, Professor! Sie haben uns zurückgerufen. Wahrscheinlich wegen der Gäste ...“

„Setzen Sie sich“, erklärte Graham ohne jeden Zusammenhang, und Melrose gehorchte. Ihm folgte Dr. Addison. Als diese beiden Platz genommen hatten, schien von den anderen ein Alpdruck zu weichen. Auch Fabio Correia kam näher und glitt vorsichtig in einen Sessel, als fürchte er, das Ding stecke voller Ungeziefer. Der ältere Dr. Baily setzte sich gleichzeitig mit Curt Shapley. Die fünf, die jetzt noch standen, waren außer dem Professor nur noch Fremde.

Melrose griff nach einer Zigarette und dem Feuerzeug. Seine Bewegung war äußerst langsam, als fürchte er, im nächsten Moment eine Reklamation zu hören. Sie kam nicht.

Er entzündete die Flamme und nahm sich Feuer. Dazu zog er sich einen Aschenbecher heran.

Obwohl er auf die Fremden wesentlich neugieriger war, nahm er zunächst Dr. Addison aufs Korn. Wahrscheinlich, weil er mit ihm in letzter Zeit am längsten zusammen gewesen war. Addison war Nichtraucher. Trotzdem schob er ihm seine Schachtel hin und sagte: „Bitte!“

Jetzt schien eine Welt einzustürzen. Der Arzt nahm die Zigarette und das Feuer, zog einmal kräftig und hustete sofort.

Damit schien der Bann gebrochen.

„Ich hatte gleich so ein Gefühl“, sagte Melrose, „als ich hereinkam. Irgend etwas stimmt hier nicht. Wenn Doc Addison zu rauchen anfängt, ist irgend etwas nicht in Ordnung. Ich wette, so ein Biologe und Psychiater hat ein Gespür dafür.“

Da noch immer kein anderer reden wollte, zuckte Melrose mit der Schulter und wollte sich gelangweilt abwenden. Jedenfalls sollte es gelangweilt aussehen. Dabei kam ihm aber wieder der Mann an der Tür zu Gesicht. Der gleiche, mit dem sie hereingekommen waren. Und der stand noch immer an der Tür und kaute Gummi. Eigentlich stand er nicht einmal, sondern lümmelte sich dort herum und bildete einen lausigen Kontrast zu der Erhabenheit, die die kostbare Einrichtung des Zimmers ausstrahlte.

Natürlich! Das war es!

Das Zimmer wirkte nicht mehr wie früher. Es schien plötzlich zu einer Kasernenstube herabgewürdigt ...

„Eine Inspektion sind die Herren jedenfalls nicht“, hörte Melrose sich dann sagen. Dabei blickte er immer noch auf den Mann an der Tür und registrierte ein hämisches Grinsen.

Keine Kinderstube, dachte er und wollte sich weigern, weiterzureden.

Der Mann mit dem Kaugummi zwang ihn jedoch dazu.

„Jetzt wollen wir mal Quiz spielen, Leutnant. Was meinen Sie denn wohl, was auf dieser schönen einsamen Insel im Weltraum passiert ist?“

„Etwas durchaus Ungewöhnliches. Wir haben Besuch gekommen. Das hat bisher noch kein Mensch behaupten können, der achthundert Millionen Kilometer von der Erde entfernt war.“

„Schön! Ihr habt Besuch bekommen. Von welcher Sorte mag der wohl sein?“

„Von einer durchaus üblen, wenn ich Sie betrachte. Ich hoffe, Ihre Kollegen werden mich eines Besseren belehren.“

„Belehren werden wir euch auf jeden Fall. Darauf können Sie Gift nehmen, Leutnant.“

In diesem Augenblick schob sich ein anderer der Fremden in den Vordergrund. Er war der größte von allen und wirkte ungeschickt. Wie ein Holzfäller auf diplomatischem Parkett. Sobald er jedoch den Mund aufmachte, hatte er etwas durchaus Aristokratisches an sich.

Dabei kam auch eine gewisse Bescheidenheit zum Durchbruch. Melrose fragte sich jedoch sofort, ob das Theater war. Der Brocken machte sogar eine leichte Verbeugung, deren Wirkung allerdings durch einen feinen Spott im Gesicht etwas gemildert wurde.

„Ich heiße Hunter, Leutnant.“

„Angenehm“, trällerte Melrose. „Der Herr neben mir ist Dr. Addison. Ich finde, Sie sollten sich ebenfalls setzen. Im Stehen spricht es sich nicht gut.“

Hunters ironisches Lächeln wurde zur Maske. Er sah sich zufrieden im Kreis um und setzte sich ebenfalls.

„Wenn Sie jetzt noch Ihre Waffen auf den Tisch legen würden, dass meine Männer Gelegenheit haben, sie zu untersuchen ...“

Addison gehorchte sofort. Ganz automatisch. Hunter hatte noch nicht ausgesprochen, da lag seine Pistole schon auf dem Tisch. Melrose war langsamer.

„Also doch eine Inspektion.“

„In gewissem Sinne, ja“, nickte Hunter. „Und nun zieren Sie sich nicht, Leutnant. Jedes meiner Worte hat durchaus seine Bedeutung.“

Als seine Waffe neben der anderen lag, fühlte sich Melrose wie nackt. Er gab sich nicht die Mühe, mit einem Male alles zu begreifen. Trotzdem wusste er, dass hier mit nichtssagenden Worten ein vielsagendes Spiel getrieben wurde. Er hielt es für langweilig, solange nicht jeder mit offenen Karten spielte.

Seine Frage wirkte umwerfend.

„Sie sind Banditen, Mr. Hunter, nicht wahr?“

Diese Frage kam selbst für den Chef des Besucherteams überraschend. Er gab nicht sofort eine Antwort. Statt dessen fragte der Kaugummimann von der Tür: „Soll ich ihn auseinander nehmen, Chef?“

Hunter winkte ab. Er raffte sich sogar zu einem Grinsen auf.

„Eine seltsame Situation, nicht wahr, meine Herren?“

Melrose nickte ernst, aber ohne sichtlich beeindruckt zu sein.

„Banditen auf Kallisto! In der Tat ist das seltsam. Wenn ich richtig darüber nachdenke, ist es sogar gegen das ökonomische Prinzip. Banditen pflegen dorthin zu gehen, wo es etwas zu holen gibt. Es sei denn, sie haben etwas zu verstecken.“

„Ganz recht. Auf Kallisto gibt es nichts zu holen. Und verstecken wollen wir uns selbst. Ich bitte Sie, sich mit dieser Situation abzufinden. Wir werden gemeinsam gut dabei fahren. Was halten Sie davon, Leutnant?“

„Das ist eine Prinzipienfrage, die ich meinen Chef beantworten lassen möchte, Mr. Hunter. Darf ich Mister zu Ihnen sagen, oder verfügen Sie über einen offiziell anerkannten Titel?“

„Ich bin Hunter, schlichtweg Gus Hunter. Die Titel legen mir meine Gegner zu. Ich kann sie nicht mehr zählen.“

„Okay! Sie sind also nicht nur ein gewöhnlicher Bandit, sondern einer, von dem die Sage geht. Oder etwa nur ein Angeber?“

Ein Mann, der sich noch nicht vorgestellt hatte, trat dicht an Melrose heran und nahm eine drohende Haltung ein. Dabei blieb es jedoch. Anscheinend tat von den vieren keiner etwas, wenn es der Chef nicht befohlen hatte.

„Zurück, Webb!“, befahl Hunter, und der große Bursche wirkte wie eine Maus. Hunter begab sich auf eine langsame Runde durch das Zimmer und musterte scheinbar jeden Gegenstand. Die anderen folgten ihm mit den Blicken, und er wusste es. Er spürte es an dem Schweigen und Abwarten. Schließlich drehte er sich auf dem Absatz herum, nachdem er lange auf ein abstraktes Bild an der Wand gestarrt hatte.

„Ein kurzer Nachholunterricht für Sie, meine Herren, die Sie gerade gekommen sind. Wir haben jetzt zwei Parteien auf Kallisto. Diese unterscheiden sich dadurch, dass die eine bewaffnet ist. Im Übrigen wünsche ich, dass der Dienstbetrieb hier weitergeht, als ob nichts geschehen sei. Wenn Sie sich danach richten, werden wir gut miteinander auskommen.“

„Als ob nichts geschehen sei“, ächzte Dr. Addison.

„Im wahrsten Sinne des Wortes“, nickte Hunter. „Abgesehen davon, dass Sie uns mit allen lebensnotwendigen Dingen versorgen werden, sind wir für Sie nicht vorhanden. Besonders nicht in Ihren Berichten, die Sie zur Erde und anderen Planeten absetzen. Der Funkverkehr mit der Außenwelt ist nur in Anwesenheit eines meiner Männer erlaubt. Einzelheiten habe ich bereits mit Professor Graham besprochen. Er wird Sie darüber unterrichten ... Es ist sehr schwül hier. Meine Männer und ich hätten gern etwas zu trinken. Aber alkoholfrei.“

Addison sah zu Graham hinüber. Der junge Professor mahlte mit den Zähnen. Er sah eigentlich gar nicht aus wie ein Professor. Eher wie ein Zehnkämpfer. Für den Rasen und die Aschenbahn schien er nicht einmal zu alt zu sein.

Graham gab Shapley einen Wink. Curt Shapley war gleichzeitig der Küchenchef und Verwalter über alle Nahrungs- und Genussmittel.

„Hol einen Drink für zehn Personen, Curt. Ich glaube, wir haben jetzt alle Durst.“

Shapley steuerte auf die Tür zu. Dort stand noch immer der Kaugummimann. Er grinste und ging nicht einen Schritt zur Seite. Shapley fasste trotzdem nach der Klinke. „Einen Moment, Mister. Ihr Boss hat Durst.“

„Ich bin Benny Morrison“, sagte der andere. „Merken Sie sich den Namen. Einen Mister ohne sonst etwas möchte ich nicht mehr hören.“

Shapley war mit sechsundzwanzig Jahren zu jung, um mit der Einsicht eines Greises zu reagieren. Er stutzte einen Moment und wurde dann eine Handbreit größer.

„Haben Sie nicht gehört, Mister, was Ihr Chef gesagt hat? Wir sollen so tun, als wären Sie nicht hier. Der Ausnahmefall ist Ihre liebliche Versorgung. Ich werde für Sie ein zusätzliches Glas mitbringen. Und damit hört die Freude auf.“

„Bravo!“, schrie Leutnant Melrose aus seinem Sessel. Mit Shapley verstand er sich so ziemlich am besten. Wahrscheinlich, weil sie beide etwa aus einem Jahrgang stammten.

„Ich heiße Morrison!“, sagte der Mann an der Tür. Er sah dabei wütend aus. „Wie heiße ich?“

„Sie heißen Morrison“, nickte Shapley freundlich. „Wenn ich’s nicht vor zwei Sekunden gehört hätte, könnte ich’s nicht glauben. Ich hatte nämlich mal einen Freund, der auch Morrison hieß. Und der war von Kopf bis Fuß sympathisch. Der hatte Lebensart und war ein wirklicher Freund ...“

„Sie!“, fauchte der Kaugummimann. „Nehmen Sie sich in Acht!“

„Er lebt nicht mehr“, sagte Shapley ungerührt. „Dieser Morrison ist tot, Mister. Wollen Sie wissen, wie er umgekommen ist?“

Der Kaugummimann starrte ihn ausdruckslos an.

„Dieser Morrison ist tot, weil ich lebe. Begreifen Sie das? Eigentlich war nämlich ich an der Reihe zu sterben. Auf dem Merkur war das. Nicht mehr ganz in der Zwielichtzone, sondern schon mehr dort, wo es langsam heiß wird. Da hatten wir zwei Expeditionspanzer, und ich war mit meinem an der Reihe. Mir aber war nicht wohl zumute, weil ich feurige Hitze nicht vertragen kann. Ich markierte den kranken Mann und blieb mit meinem Wagen zu Hause. Dafür fuhr Morrison. Und er fuhr in den Tod. Sie sehen also, Mister, dass es auch Morrisons gibt, vor denen man den Hut ziehen muss. Aber es ist immer dasselbe im Leben. Keine Sorte kann man richtig einstufen. Keinen Beruf, kein Volk, keinen Bildungsgrad, keinen Namen. Überall gibt es aufrichtige Männer und Schweinehunde.“

In den Sesseln erwartete man jetzt eine harte Reaktion. Doch Benny Morrison rührte kein Glied und stand da wie die Gemeinde, die sich am Sonntagmorgen die Standpauke von der Kanzel anhört. Sein Blick wirkte verschlagen und zurückhaltend zugleich. Nachdem Shapley das Wort „Schweinehund“ gebraucht hatte, verstrichen ein paar ganz mäuschenstille Sekunden. Dann wurde es Morrison unerträglich, weil alles auf ihn gaffte.

„Was wissen Sie schon von mir, Shapley? Gar nichts wissen Sie! Sie fühlen sich höchstens als ein Mensch, der besser als ein Haufen anderer ist. Sie sind ein kleiner Pharisäer. – Los, kratzen Sie die Kurve und holen Sie Ihren Himbeersaft! Ich werde mitkommen, um die Örtlichkeiten ein wenig zu studieren.“

Shapley ging hinaus, und Morrison folgte ihm wie ein Hinrichtungskommando; so deutlich brachte er seine Pistole zum Vorschein.


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