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Man war sich scheinbar einig und wurde gesprächsmüde.

Eigentlich war auch alles gesagt, was es an Verwunderung über die neue Erkenntnis mit den Jovianern gab. Hinter dem kleinen Bisschen, was wie ein Faktum aussah, lag weiterhin das große Rätsel. Es war sinnlos, noch weitere Vermutungen daran zu knüpfen. In drei oder vier Stunden würden sie landen und vielleicht mehr herausfinden. Nur das sachliche Experiment konnte sie weiterbringen.

Addison schreckte hoch.

Er musste für eine Weile geschlafen haben. Trotz der vielen Fragen, die einen aufregenden hektischen Tanz in seinen kleinen grauen Zellen vollführt hatten.

„Was ist los, Leutnant?“

„Wir landen. Massieren Sie Ihre steifen Knochen. Ich habe seit einer Viertelstunde unsere Peilboje im Empfänger. Wir sind jetzt im direkten Anflug auf unseren letzten Lagerplatz.“

„Okay.“

Addison rieb sich die Augen, drehte und streckte sich, soweit es in dem engen Sitz möglich war, und richtete sich ein wenig auf. Dann drehte er sich neugierig nach Gus Hunter um, der hellwach dasaß und wie ein Robotpolizist stur seine Pistole in der Hand hielt.

Dazu grinste er breit und unverschämt.

„Sie brauchen wohl überhaupt keinen Schlaf, was, Hunter?“

„Stört Sie das?“

„Absolut nicht. Man macht sich als Arzt nur Gedanken darüber, wie ein Mensch das aushält. Sie müssen eine gute Konstitution haben.“

„Die habe ich.“

„Na schön“, nickte Addison und drehte den Kopf wieder nach vorn. Wenn er noch länger so verschraubt saß, würde er einen Krampf in der Hüfte bekommen.

Die direkte Sicht draußen wurde mehr und mehr von starker Wolkenbildung behindert. Sie befanden sich bereits in der feindlichen Atmosphäre des Jupiter.

„Sagen Sie, Lieutenant“, erkundigte sich Addison, „was ist das für ein seltsames Gequatsche im Radio?“

„Das ist der Peilsender. Ich habe ihn absichtlich etwas leise gestellt, damit Sie nicht gleich verrückt werden. Lustig, was?“

„Lustig, wieso?“

„Na, hören Sie doch mal genau hin.“

Melrose stellte den Empfänger etwas lauter ein, und sie hörten eine sich überschlagende Stimme im hohen Diskant.

„Mein Tonband, das ich unten abspielen lasse. Ich habe wohl nicht genau auf das Tempo gesehen. Es muss die dreifache Normalgeschwindigkeit sein.“

„Okay, schon gut. Drehen Sie den Ton zurück. Das kann ja kein Mensch aushalten.“

Melrose gehorchte.

Dann setzte er zur Landung an. Durch Wolkenfetzen sah man bereits verschwommen den Untergrund. Gelb, braun und giftig leuchtete er ihnen entgegen. Dann gab es einen leichten Stoß, und das Boot stand.

Leutnant Melrose drehte die Empfangsantenne des vorderen Bildschirms und suchte die Umgebung ab.

„Hallo, Doc! Wie haben wir das gemacht? Sehen Sie da drüben die Felswand und links daneben die Boje? Wir sind keine hundert Meter neben unserem alten Landeplatz heruntergekommen.“

„Sie sind ein wahrer Künstler“, lobte Addison jovial.

„Nicht nur das. Sie sehen vor Allem, wie gut die Idee mit der Peilboje war. Sie haben alles, wie wir es verlassen haben. Auch der plumpe blaue Jovianer hockt noch da. Es scheint ein sehr geduldiges Volk zu sein.“

„Vielleicht ist es auch ein anderer. Ich kann jedenfalls den einen nicht von dem anderen unterscheiden.“

„Sie meinen, die machen es wie die Soldaten. Alle zwei oder vier Stunden Ablösung?“

„Ich weiß es nicht und möchte mir darüber auch nicht den Kopf zerbrechen. Sehen Sie erst mal zu, wie Sie Ihre Boje wiederbekommen. Oder wollen Sie sie als Andenken hier lassen?“

„Ich denke, das hat bis später Zeit. Wahrscheinlich werden wir doch noch einige Male herkommen müssen. Oder wollen Sie Optimist heute alle Probleme lösen?“

„Das wohl nicht. Also gut, lassen Sie das Ding stehen. Ich schlage vor, wir machen noch einmal einen Versuch mit dem Außenlautsprecher. Mal ein- und mal ausgeschaltet. Wenn wir keinen Unterschied in der Reaktion des Wesens feststellen, dürfte unsere vorläufige Annahme richtig sein.“

„Okay.“

Melrose gab Addison das Mikrofon. „Erzählen Sie ihm etwas!“

Dr. Addison sagte „Guten Tag!“ und ein paar weitere Formeln der menschlichen Höflichkeit. Er sagte, dass ihm das Wetter auf Jupiter nicht ganz behage, und dass es auf Terra gemütlicher sei. Er wollte noch mehr sagen, brach jedoch überrascht ab, als sich der Jovianer plötzlich in Bewegung setzte und mit der Geschwindigkeit eines Wildkaninchens herangejagt kam. Dicht vor dem Schiff ließ er sich wieder nieder und verharrte bewegungslos.

„Teufel!“, staunte Gus Hunter im hinteren Sitz. „Den habt ihr euch aber gut erzogen. Ehrlich gesagt, einen überdimensionalen Flohzirkus hätte ich hier als allerletztes erwartet. Der Bursche ist doch nicht gefährlich?“

„Schlecht zu sagen, Hunter. Das wissen wir nämlich selbst noch nicht.“

„Na, hören Sie. Wer solche Biester zähmt, der muss doch ungefähr über sie Bescheid wissen.“

„Wir haben ihn nicht gezähmt. Wir wissen gerade, wie er sich in bestimmter Situation verhält. Was dieses Verhalten aber zu bedeuten hat, ist uns noch völlig rätselhaft. Sie sehen also, dass sich unsere Arbeit von der eines Zirkusdompteurs erheblich unterscheidet, obwohl in manchen Phasen vielleicht wieder eine gewisse Ähnlichkeit besteht. Hallo, Doc. Was macht er denn jetzt?“

„Das fragen Sie ausgerechnet mich?“, stöhnte Addison.

Der Jovianer hatte sich nicht länger als eine Minute ruhig hingesetzt. Jetzt kam er wieder in Bewegung und sprang hektisch vor dem Bug des Schiffes hin und her und herauf und herunter. Ein paarmal sprang er auch gegen das Schiff selbst, ließ sich aber sofort wieder in den Sand fallen und wiederholte den ganzen Tanz noch einmal.

Dr. Addison hielt das Mikrofon etwas unglücklich vor den Mund und begann, einen konfusen Satz zu sprechen. Dann legte er das Ding in den Schoß und behauptete, dass das alles lächerlich sei.

„Langsam wird die Sache wirklich zum Zirkus. Soll ich ihm vielleicht zureden, dass er sich wieder ruhig hinsetzen muss, damit wir mit unseren Experimenten fortfahren können. – Leutnant! Jetzt lassen Sie sich auch einmal was einfallen ...“

„Ho! Auch mal was einfallen, Doc. Das ist doch wohl ein kleiner Scherz. Ich habe die Boje dahin gestellt und Ihnen eine Menge über den Schalter erzählt. Aber wenn Sie einen Rat brauchen, dann steigen Sie aus und halten Sie den Knaben mit Gewalt fest. Aber nehmen Sie isolierte Handschuhe mit. Vielleicht steht der Kerl unter Hochspannung.“

„Schönen Dank. Mehr wollte ich nicht, Leutnant. Man muss Sie nur reizen, dann haben Sie die besten Ideen.“

„Stopp, Doktor. Sie wollen doch nicht wirklich aussteigen?“

„Nicht ohne Raumanzug!‟

„Trotzdem. Es ist zu gefährlich. Ob der Jovi nun unter Hochspannung steht, ob er Sie frisst oder vielleicht nur durch körperliche Berührung chemisch auflöst, das bleibt sich so ziemlich gleich. Es gibt jedenfalls tausend Möglichkeiten, hier zu sterben, und wahrscheinlich weit weniger, um zu überleben.“

„Na gut, wenn Sie keinen mutigen Mitarbeiter brauchen, was dann? Mit unserer Intelligenz kommen wir offenbar nicht so recht weiter.“

„Wir müssen überlegen ...“

„Bis der Kerl müde wird und es aufgibt?“

„Was soll er denn aufgeben?“

„Ich nehme an, dass sein Gebaren etwas zu bedeuten hat. Vielleicht will er sich uns verständlich machen.“

„Anzunehmen, dass er das will. Aber wollen Sie inzwischen schnell jovianisch lernen, um seine Sprache zu verstehen?“

„Schalten Sie wenigstens erst einmal das Außenmikrofon ein, Leutnant. Wenn uns die optische Beobachtung keine Aufschlüsse gibt, müssen wir die akustische hinzunehmen. Vielleicht gibt es Geräusche zu beobachten. Ich kann dann immer noch aussteigen.“

„Oder vielleicht doch besser ich“, schlug Melrose vor. „Ich bin immerhin zehn Jahre jünger als Sie ...‟

„Einspruch!“, kam Hunters Stimme von hinten. „Wenn jemand aussteigen will, dann nur Addison. Den Piloten brauche ich für den Rückflug.“

„Ruhe auf den billigen Plätzen“, sagte Melrose trocken. „Jetzt mischen Sie sich man nicht ein, Mister ... Ruhe, zum Teufel!“

Es sah zuerst ganz danach aus, als gäbe es wieder eine fruchtlose Debatte mit dem Gangster. Doch inzwischen hatte Melrose das Außenradio eingeschaltet. Danach war jeder Streit vergessen.

Wenigstens hatten Addison und Melrose genug mit ihrer Geistesgegenwart zu tun, als dass sie sich noch um Bagatellen kümmern konnten.

Die Stimme schlug ihnen das Blut aus dem Gesicht. Man hätte nicht sagen können, wer von ihnen blasser war. Etwas Weißeres als die absolute Farblosigkeit gibt es nicht. Und beide waren farblos.

Die Stimme.

Es war eine Stimme, und es war keine.

Es war doch eine Stimme ...

Höchster Diskant, sich überschlagende Sprache.

„Mein Gott, Leutnant. Nehmen Sie das auf Band. Los, Tempo. Machen Sie eine Aufnahme davon.“

Melrose drückte gehorsam die Taste. Es genügte diese eine Fingerbewegung, denn alles andere war routinemäßig vorbereitet.

„Und jetzt? – Glauben Sie, dass ein Band mehr hergibt?“

„Welche Geschwindigkeit haben Sie. Nehmen Sie die gleiche, wie die in der Peilboje. Ich weiß nicht, was Sie da eingestellt haben, aber es muss die gleiche sein.“

„Okay!“, sagte Melrose. Er war jetzt anscheinend ganz ruhig. Wahrscheinlich, weil Addison ihm endlich Befehle erteilte und nicht mehr mit ihm um den heißen Brei herum diskutierte. Trotzdem blieb er nicht lange lakonisch. „Sie glauben doch nicht etwa, dass der Jovianer spricht.“

„Ich glaube gar nichts. Ich will wissen, verstehen Sie? Das ist dieselbe Stimmlage wie bei der Boje, und ich wette, sogar dieselbe Sprechgeschwindigkeit.“

„Fehlt nur noch, dass Sie behaupten, der Jovi spricht terranisch.“

„Davon habe ich nichts gesagt. Aber eine absolute Ähnlichkeit mit den Grundzügen unserer Sprachverständigung ist vorhanden. Das höre ich auch so heraus.“

„Well, merken Sie was? Er hat eine Pause eingelegt.“

Das blaue Wesen hatte sich wieder beruhigt. Es sprach auch nicht mehr. Aus dem Lautsprecher klang nichts als das Heulen eines starken Windes. Aus weiter Ferne schienen sich noch atmosphärische Störungen auszuwirken. Ein gelegentliches Kratzen wie bei elektrischen Entladungen.

„Spielen Sie die Aufnahme ab, Leutnant“, verlangte Addison. „Aber jetzt langsamer. So langsam, wie das Band in der Peilboje hätte laufen müssen.“

Melrose tat es.

Ein Fingerdruck: zwei Sekunden Rücklauf.

Noch ein Fingerdruck: Start!

„... müssen Sie versuchen, mich zu verstehen. Ich werde Geduld haben, weil ich aus Ihrer Schule weiß, wie schwierig die Verständigung zwischen artfremden Lebewesen ist, die aus völlig verschiedenen Entwicklungen stammen. Ich hoffe aber, dass Sie meine Gesten verstehen werden ...“

„Beim All!“, stöhnte Melrose. „Das ist der Jovianer! Er spricht terranisch. Ich werde verrückt! Ich werde total verrückt! Das kann doch nicht wahr sein ... Doc! Teufel, sagen Sie doch was, Menschenskind.“

„Ruhe, Leutnant! Wir reden, wenn der Blaue fertig ist.“

„Er ist fertig. Das hier ist doch ein Band. Gleich fängt er draußen von Neuem zu reden an, und wir verpassen es.“

„Well, das stimmt auch wieder. Schalten Sie also ab und bereiten Sie für mich ein neues Band vor. Wenn Sie vorgestern nicht eine falsche Geschwindigkeit in die Boje gelegt hätten, wäre das alles nicht nötig gewesen. Jetzt hat der arme Bursche unsere Sprache dreimal so schnell zu sprechen gelernt, wie es bei uns üblich ist.“

„Schönen Dank für die Blumen, Doc. Jetzt fangen Sie schon wieder an zu meckern. Wenn Sie von vornherein die Absicht gehabt hätten, dem Blauen Sprachunterricht zu erteilen, wäre auch alles ganz anders gekommen. Aber so klug wie heute waren Sie vorgestern ja wohl auch noch nicht.“

„Schon gut, Leutnant. Hier ist kein Platz, dass wir uns schlagen. Seien Sie also keine Mimose, sondern helfen Sie mir.“

„Immer mit dem notwendigen Respekt, Doc.“

„Natürlich, mein Guter. Entschuldigen Sie vielmals!“

„Tralala“, lachte Hunter von hinten. „Ich wusste gar nicht, dass es so heiß hergeht, wenn Offiziere und Wissenschaftler gemeinsam das Weltall erforschen. Nur weiter so! Wenn es ans Kinnhaken austeilen geht, mache ich mit. Davon verstehe ich mehr als von eurem ganzen theoretischen Kram.“

„Sie sind vorerst überhaupt nicht gefragt“, reagierte Melrose seine Wut bei dem Gangster ab. „Sonst werfe ich Sie dem blauen Ungeheuer gleich zum Fraß vor.“

„Ruhe jetzt!“, verlangte Addison. „Wann kann ich sprechen?“

„Jetzt, Doc! Aber überlegen Sie, was Sie sagen.“

„Keine Sorge! Ich mache es kurz ... Geben Sie ein Zeichen.“

„Los!“

„Hallo, Wesen vom Jupiter! Wir haben einen Teil Ihrer Worte entziffert und freuen uns, dass es gelungen ist, eine Verständigungsmöglichkeit auf so einfacher Basis zu finden. Wir nehmen an, dass Sie den Text unserer Peilboje für Ihre Studienzwecke benutzt haben. Dadurch erklärt sich auch ein Missverständnis. Die Sprache, die Sie lernten, ist nicht unsere natürliche. Sie hörten eine Konserve mit dreifacher Geschwindigkeit. Auch diese Botschaft kann ich noch nicht direkt senden, weil wir unsere Normalsprache erst wieder auf die Ihnen bekannte Beschleunigung bringen müssen. Da Sie aber im Prinzip in so kurzer Zeit unsere Sprache erlernt haben, dürfen wir Sie als außerordentlich intelligent ansehen und bitten Sie, sich auf die dreimal verlangsamte Sprache umzustellen. Zu diesem Zweck werde ich diese Tonkonserve anschließend noch dreimal im Normaltempo abspielen, damit Sie sich auf uns einstellen können. Ich grüße Sie! Ende.“

Ein Fingerdruck: zwei Sekunden Rücklauf.

Ein zweiter Fingerdruck: Start.

Addisons konservierte Stimme schraubte sich in die höchste noch hörbare Lage. Der Text der Botschaft schnarrte innerhalb weniger Sekunden herunter.

Und jetzt die normale Wiederholung.

Dreimal!

Dann Addisons Frage auf dem Wege der Direktübertragung:

„Haben Sie uns verstanden, Wesen vom Jupiter? Bitte, geben Sie uns Antwort!“

„Ja, ich habe Sie verstanden, Mensch. Schade, dass Sie so langsam sprechen. Die Lektionen, die ich von Ihnen lernte, waren praktischer. Ist das keine Zeitverschwendung?“

„Kennen Sie Zeitnot? Haben Sie es eilig?“

„Nicht ich und nicht wir. Ich kenne nur die Eile der Menschen, eben darum sollten Sie schneller sprechen.“

„Das geht nicht, weil es ihrer Natur widerspricht.“

„Warum ändern Sie dann Ihre Natur nicht?“

Addison musste schlucken. Natürlich, es wäre ja auch zu einfach gewesen, wenn man hier unter Zugrundelegung menschlicher Erfahrungen und Gewohnheiten eine angenehme Plauderstunde hätte abhalten können. An einem Punkt musste wieder alles ins Absurde abgleiten.

Da der Jovianer keine Antwort bekam, wiederholte er seine Frage. Sie klang weder gereizt noch aufgeregt, noch ungeduldig.

„Warum ändern Sie dann Ihre Natur nicht?“

„Weil ein Mensch als natürliches Wesen geschaffen wurde und somit in seinen Grundzügen unveränderlich bleibt. Er wird zwar klein geboren und wächst. Ab einer bestimmten Größe wird er seine Figur beibehalten.“

„Aha, Sie wurden also geschaffen ...“

Die Bemerkung des Blauen klang nachdenklich, sofern dieser Eindruck überhaupt auf seinen Charakter passte.

„Ja“, sagte Addison kurz. Er wusste nicht, was er sonst noch an plausiblen Erklärungen hätte hinzufügen können.

„Wer hat Sie geschaffen?“, fragte der Fremde draußen weiter.

„Wer? – Nun ...“ Das Problem wurde immer kniffliger. „Man sagt, die Natur habe uns geschaffen – nach ihren Gesetzen. Die Gesetze sind streng und logisch, aber das Leben war ein Zufall. Man sagt auch, Gott habe uns geschaffen ...“

„Ich verstehe. Die Herkunft des Menschen ist in Vergessenheit geraten. Ich lernte etwas über die Vergesslichkeit in Lektion fünf. Aber wenn der Verdacht besteht, dass Gott Sie erschuf, warum fragen Sie ihn nicht?“

„Weil niemand weiß, wo Gott wohnt.“

„Ich verstehe. Gott hat Sie verlassen, nachdem er Sie erschuf ...“

„O nein, das ist nicht ganz richtig. Wahrscheinlich haben die Menschen Gott verlassen. Wissen Sie, das ist eigentlich ein zu schwieriges Thema für unsere erste Begegnung. Es rührt an die Schuld der Menschen oder auch an die Frage, die auch die Wissenschaft noch nicht hat klären können ...“

Addison war froh, dass er sich so aus der Affäre ziehen konnte. Dieses Thema war für einen Menschen tatsächlich nicht angenehm.

„Ich verstehe, dass es schwierig für Sie sein muss“, gab das Wesen ohne Überheblichkeit bekannt. „Wir haben es da leichter. Wir erschaffen uns selbst.“

Das war ein neuer Schlag. Waren die Jovianer so naiv oder so borniert? Oder stimmte es gar?

„Sie erschaffen sich selbst? – Für uns ist das schwer zu begreifen. Können Sie es uns erklären?“

„Wir sammeln den Stoff der Erde und essen ihn. Dann füllen wir ihn mit Energie, und so sind wir gewachsen.“

„Well, das ist das Wachsen. Aber wer erschuf euch? Wie werden Sie geboren?“

„Jemand nimmt ein Stück von sich und trennt es ab. Das Kleine sammelt Stoff und Energie und ist ein Wesen. Es wächst.“

„Interessant, doch darunter verstehen wir Menschen Geburt und Wachstum. Auch der Mensch ist bei seiner Geburt Teil eines anderen. Wer aber schuf den ersten Menschen? Wer schuf den ersten Jovianer?“

Der Blaue schien zu überlegen. Dann sagte er langsam: „Ich weiß es nicht, Mensch. Ihre Frage ist berechtigt. Ich habe bisher nicht darüber nachgedacht.“

„Well“, atmete Melrose auf. „Dieses Kapitel sollten wir abschließen. Gleich eine solche erste Begegnung mit Religionsfragen zu beginnen, halte ich sowieso für wenig gescheit.“

„Es scheint wohl typisch für jede Art von Intelligenz zu sein“, verteidigte sich Addison. „Hören Sie, blaues Wesen?“

„Ja, Mensch.“

„Wir Menschen haben Namen, damit sich der eine vom anderen unterscheidet.“

„Ich weiß. Es stand in Lektion fünf.“

„Ich heiße Addison, Dr. Helmer Addison. Mein Freund, der dieses Schiff leitet, heißt Leutnant Steve Melrose. Außerdem befindet sich noch ein Gast an Bord. Er nennt sich Gus Hunter.“

„Oh“, machte das Wesen. „Sie sind drei in einem Stück. Das wusste ich nicht. Sie werden mir überhaupt noch einiges zu erklären haben. In Lektion sechs lernte ich Menschen kennen, die Beine und Arme haben ...“

„Er hält das Schiff für einen Menschen“, sagte Melrose. „Wir sollten hinausgehen und uns ihm zeigen.“

„Dann sieht er drei Raumanzüge.“

„Was macht das für den Anfang? Jedenfalls ist das besser, als wenn er das Schiff für einen Menschen hält.“

Der Blaue gab bekannt, dass er Tsu heiße. Das bedeutete: Nr. 3.773. An der kurzen Bezeichnung für eine solch lange Zahl erkannten die Menschen, dass die Ausdrucksweise der Jovianer nicht typisch akustisch war, sondern innerhalb einer kürzeren und dafür breiteren Skala eine vielfache Modulationsmöglichkeit besaß.

Sie sprechen nicht, überlegte Addison. Vielleicht senden sie. Wenn Tsu selbst eine Art Radio ist, jedenfalls in der Wirkungsweise wie unsere künstlichen Geräte, dann ist anzunehmen, dass sich der natürliche Gedankenaustausch der Jovianer auch auf dem UKW-Bereich abspielt. Nur beispielsweise. Und akustisch umgemünzt kann das natürlich bedeuten, dass ein Mensch diese Sprache niemals beherrschen wird, weil er kein Organ dafür hat. Und wenn er es hätte, würden wahrscheinlich alle Zahlen zwischen 3.700 und 3.800 alle wie „Tsu‟ lauten. Die feinen Nuancen, mit denen der Jovianer wiederum eine hundertfache Unterscheidung vornimmt, wird ein Mensch niemals begreifen können...

Solche und ähnliche Gedanken bewegten den Arzt, als sie sich zu ihrer Verabredung fertigmachten und die Raumanzüge anlegten. Hunter hatte seine Zustimmung gegeben, unter der Bedingung, dass er auch mit aussteigen könne. Er würde mit der einzigen Pistole an Bord am Eingang stehenbleiben und die erste feierliche Begegnung zwischen den beiden Rassen unter Feuerschutz halten. Auf gut terranisch: Er würde schießen, sobald irgend jemand etwas gegen seine persönliche Sicherheit unternahm.

Melrose gab ihm die Versicherung, dass man jetzt tatsächlich andere Sorgen hätte, als sich um einen Mörder zu kümmern, der durch die gegebenen Umstände sowieso ziemlich ungefährlich schien.

„Noch einmal Kontrolle“, verlangte Dr. Addison. „Sauerstoff geprüft?“

„Okay!“

„Geigerzähler und Spannungsprüfer, sowie Voltmeter dabei?“

„Okay!“

„Blitzableiter in Ordnung?“

„Okay!“

„Na gut! Dann wollen wir!“


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