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Milo und ich erreichten das Buena Vista in der 110. Straße Ost. Die Neonreklame dieses derzeit offenbar ziemlich angesagten Clubs blinkte bereits auf. Der Betrieb musste hier vor kurzem begonnen haben. Auffallend viele teure Karossen waren in der Umgebung des Nobel Clubs abgestellt worden.

Ich folgte mit dem Sportwagen, den die Fahrbereitschaft des FBI Field Office New York uns zur Verfügung stellte, einem unscheinbaren metallicfarbenen Ford, in dem die Agenten Clive Caravaggio und Fred LaRocca sowie Kollege Orry Medina saßen. Clive hatte bereits in der Vergangenheit im Umkreis des Buena Vista ermittelt und daher traute ich ihm zu, dass er in den engen Seitenstraßen noch eine Parkmöglichkeit finden würde.

Ein paar Minuten später stellte ich den Sportwagen in eine Parklücke am Straßenrand. Clive hatte den Ford etwa zwanzig Meter von uns entfernt abgestellt.

Milo und ich stiegen aus. Clive, Orry und Fred kamen uns schon entgegen. Unsere Kollegin Josy O'Leary war bereits vor uns hier eingetroffen, um Jay und Leslie zu unterstützen.

Clives Handy schrillte.

Er nahm das Gerät ans Ohr, murmelte ein paar knappe Erwiderungen und sagte schließlich an uns gerichtet: „Das war Jay. Er hat James Gutierrez bereits ausgemacht. Er hängt mit ein paar Girls herum und war zuvor in eine intensive Unterhaltung mit dem Rex Hueldez verwickelt – dem Strohmann, der mit Gutierrez dreckigem Geld diesen Nobelschuppen betreibt!“

„Interessanter ist für uns, was Gutierrez macht, wenn er das Buena Vista erst einmal verlassen hat“, meinte ich. Wir mussten einfach wissen, in welchem seiner zahllosen Schlupflöcher sich der Wäscher von Harlem im Moment vorwiegend aufhielt, mit wem er sich zurzeit traf und so weiter. Natürlich hätten wir Gutierrez auch zum Verhör laden können, aber wir waren nicht scharf auf die geglätteten, in Anwesenheit eines Anwalts gegebenen Auskünfte, die wir unter diesen Umständen von Gutierrez zu erwarten hatten. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er durch das FBI oder Beamte der City Police in der einen oder anderen Sache vernommen wurde. Er war erfahren darin, bei solchen Gelegenheiten, extrem vorsichtig zu sein und keine Äußerung fallen zu lassen, die ihn später in irgendeiner Form in Schwierigkeiten bringen konnte.

Bei dieser Operation ging es darum, herauszukriegen, was hinter den Kulissen für ein Spiel gespielt wurde. Azzaros Ermordung war vermutlich nur die Spitze eines Eisbergs, von dem sich bekanntermaßen neun Zehntel unter der Wasseroberfläche befinden.

Wir legten Kragenmikros und Ohrhörer an, um ständig Verbindung untereinander zu haben.

„Im Moment sitzt Gutierrez mit einigen Girls zusammen, aber so richtig gut gelaunt kommt er mir eigentlich nicht vor“, meldete sich Jay Kronburg über die Link-Verbindung. „Ist nur so ein Gefühl, aber für meinen Geschmack zieht der Kerl hier nur seine Show ab und will zeigen, dass er der große Hecht im Karpfenteich ist, der alles im Griff hat. Aber irgendeine Laus ist ihm über die Leber gelaufen…“

Der Empfang war hervorragend, was bei manchen Einsätzen in unterirdischen Parkhäusern oder dergleichen schon mal schwierig sein konnte.

„Vielleicht kommt die Laus da vorne gerade!“, stellte ich fest. Wir hatten gerade die Seitenstraße verlassen und befanden uns auf der dem Buena Vista gegenüberliegenden Straßenseite.

Eine lange Stretch-Limousine hielt vor dem Club. Sie war schneeweiß, so wie der Anzug des schwergewichtigen Manns, dem von einem seiner Bodyguards gerade aus dem Wagen geholfen wurde.

„Benny Duarte will den Abend ausgerechnet im Buena Vista verbringen – wenn das nicht eine interessante Neuigkeit ist!“, stieß Clive hervor.

„Zumal Duarte heute Nachmittag noch ziemlich mies auf Gutierrez zu sprechen gewesen ist, wenn wir unserem Informanten trauen können, dem wir in der New Vanguard Bar getroffen haben“, war Jays Stimme über Ohrhörer vernehmbar. „Angeblich soll Duarte Gutierrez übel zugesetzt haben.“

„Würde das nicht die angespannte Stimmung bei Gutierrez erklären?“, meinte Clive. „Vielleicht weiß er, dass sich heute noch der Schneekönig von East Harlem die Ehre bei ihm gibt…“

„Duarte ist doch wahrscheinlich einer seiner wichtigsten Kunden“, mischte sich Milo ein. „Warum sollte er schlechte Laune bekommen, wenn er auftaucht?“

„Jedenfalls scheinen die beide ihre Differenzen ausgeräumt zu haben – worin sie auch immer sie bestanden haben mögen“, murmelte Jay.

Josy meldete sich von der anderen Straßenseite zu Wort.

„Hier steht eine Limousine mit laufendem Motor im Hinterhof“, berichtete sie. „Ich schätze, das ist Gutierrez’ Wagen.“

„Kannst du einem GPS-Sender anbringen?“

„Ich werde es versuchen, hätte aber gerne noch Verstärkung hier.“

Clive wandte sich an Milo und mich. „Macht ihr das? Wir müssen uns ohnehin auf die verschiedenen Eingänge verteilen, damit er uns nicht durch die Lappen geht.“

Auf der anderen Straßenseite hatte inzwischen ein Mercedes angehalten. Den Wagen kannte ich. Er stammte ebenfalls aus dem Fundus unserer Fahrbereitschaft. Zwei junge Agenten – Don Gavin und Allan Salionowsky waren die Insassen. Mister McKee hatte die beiden jungen Quantico-Absolventen ebenfalls unserem Observationsteam zugeteilt. Clive dirigierte sie in die Nähe der Ausfahrtstraße des Hinterhofs, in dem sich Josys Angaben nach die Limousine befand. Wenn es nicht gelang, die Limousine mit einem GPS-tauglichen Sender zu bestücken, über den wir dann den Weg des Wagens verfolgen konnten, musste dem Wagen jemand direkt auf den Fersen sein.

Auf getrennten Wegen machten sich Milo und ich zu Josys gegenwärtigem Standort auf. Milo marschierte mitten durch das Buena Vista hindurch und hatte so Gelegenheit, den Auftritt des großen Kokainkönigs Benny Duarte mitzubekommen.

Ich hingegen war gezwungen, einen ganzen Block zu umrunden. Da ich nicht zuviel Zeit verlieren und noch rechtzeitig helfen wollte, nahm ich einen Teil der Strecke in gemäßigtem Jogging-Tempo.

Schließlich erreichte ich die Einfahrt zum Hinterhof. Inzwischen war es ziemlich dämmrig geworden. „Bleib am Beginn der Zufahrt stehen!“, riet mir unsere irischstämmige Kollegin Josy über Funk. „Da läuft so ein Typ mit einer Uzi unter dem Arm herum…“

Ich blieb an der Ecke, so wie Josy es mir geraten hatte. Aus der Deckung heraus konnte ich alles beobachten. Jay meldete, dass Gutierrez kurz mit Duarte sprach, der offenbar als privilegierter Gast im Buena Vista behandelt wurde.

Eine halbe Stunde lang harrten wir auf unseren Posten aus, ohne dass sich etwas tat.

Josy ging inzwischen auf die Limousine zu und tat dabei so, als wäre sie etwas beschwipst und hätte Schwierigkeiten, sicher zu gehen. Der Bodyguard drückte eine Zigarette aus und warf sie auf den Boden. Etwas, wofür man im Rest des Big Apple schon eine saftige Strafe zahlen muss, weil sich unsere Stadtregierung das Ziel gesetzt hat, aus New York ein sauberes Pflaster zu machen.

Der Chauffeur, der am Steuer saß und bis dahin nervös mit den Fingern auf dem Lenkrad herumgetickt hatte, drehte sich auch zu ihr um.

„Was machen Sie hier?“, fragte der Bodyguard grob. Seine rechte Hand ging augenblicklich zum Griff der Uzi, die er an einem Riemen über der Schulter trug. „Los, verschwinden Sie!“

Josy simulierte einen Schluckauf.

„Kein Problem, ich habe mich hier wohl ein bisschen verlaufen…“

„Kommt davon, wenn man den Hinterausgang benutzt.“

Josy machte einen ungeschickten Schritt, tat so, als würde sie stolpern und landete direkt neben dem Hinterreifen links auf dem Asphalt. Blitzschnell klebte sie den Sender unter den Wagen.

Der Uzi-Träger trat an sie heran, packe sie grob am Arm und stellte sie wieder auf die Füße. „Hauen Sie ab! Am besten gehen Sie einfach den Weg zurück, woher Sie gekommen sind!“

„Aber – dann lande ich ja wieder im Buena Vista!“

„Claro! Es verdad! Und dann lassen Sie sich vom Barkeeper ein Taxi bestellen.“

Josy ließ sich das nicht zweimal sagen. Sie ging zurück zum Hinterausgang, durch den sie gekommen war.

Ich stellte unterdessen fest, dass der Uzi-Träger nun schon zum dritten Mal auf die Uhr schaute.

Endlich meldete Jay, dass Bewegung in die Sache kam. Gutierrez brach auf. „Er hat einen Anruf auf sein Handy gekriegt“, stellte Jay fest.

Wenig später meldete Milo, dass Gutierrez den Korridor passiert hatte, der zur Hintertür führte. Josy hatte sich inzwischen längst wieder unter die Gäste des Buena Vista gemischt, um nicht weiter aufzufallen.

Ich beobachtete, wie Gutierrez ins Freie trat. Er schritt auf die Limousine zu, nahm dabei sein Handy in die Hand und wählte eine Nummer. Das Gespräch war sehr kurz. Er sagte höchstens einen Satz, dann steckte er das Gerät weg.

Hinter ihm folgte ein breitschultriger Kerl mit weißblond gefärbten Haaren. Er war breitschultrig, muskulös und gut einen Meter neunzig groß.

Auch er trug eine Uzi im Anschlag.

Sein Kollege öffnete die Hintertür der Limousine.

Plötzlich ging ein Ruck durch den Körper des Bodyguards.

Er sackte in sich zusammen und blieb reglos am Boden liegen. Auf seiner Stirn hatte sich ein kleiner, roter Punkt gebildet.

Ein Einschussloch.

Aber es war kein Schussgeräusch zu hören gewesen.

Ein zweiter Schluss peitschte lautlos durch die Luft und zerschmetterte den linken Außenspiegel der Limousine.

Gutierrez hechtete sich in seinen Wagen und riss die Tür hinter sich zu. Schüsse krachten jetzt laut durch den Innenhof. Der zweite Leibwächter schaffte es gerade noch seine Uzi empor zu reißen und feuerte eine ziemlich ungezielte Salve auf die Fensterfronten der oberen Stockwerke.

Ich rannte die Einfahrt zum Hinterhof entlang, riss die SIG aus dem Holster. An der Ecke blieb ich stehen.

Gutierrez hatte sich inzwischen im Wagen verkrochen. Der Chauffeur startete. Die Reifen der Limousine drehten durch.

Ich machte einen Sprung nach vorne, während mindestens ein Dutzend Kugeln in den gepanzerten Seitenscheiben hängen blieben. Schüsse fetzten auch in den Reifen hinten links hinein. Die Limousine brach aus, anstatt schnurgerade durch die Ausfahrt des Hinterhofs hinauszuschießen, krachte sie gegen eine Wand.

Der Fahrer war nach vorn gegen das Lenkrad geprallt. Dabei hatte sich der Airbag entfaltet.

Am Hintereingang des Buena Vista sah ich Milo und Josy auftauchen.

Sie wurden sofort von einem der Fenster auf der gegenüberliegenden Seite des Hinterhofs aus beschossen.

Eine MPi ratterte los.

Die Kugeln rissen kleine Stücke aus der Wand.

Dieser geballten Feuerkraft hatten Milo und Josy nichts entgegenzusetzen.

Ich lief zu Gutierrez’ Limousine, riss die hintere Tür auf.

Gutierrez war benommen.

Beim Aufprall des Wagens war er nach vorn geschleudert worden und mit dem Kopf gegen die Trennscheibe zur Fahrerkabine geprallt. Zumindest war dort sein verschmiertes Blut zu sehen, während an Gutierrez’ Kopf eine Platzwunde blutete. Es sah allerdings schlimmer aus, als es tatsächlich war.

Der Fahrer kämpfte sich unter seinem Airbag hervor. „Trevellian, FBI“, rief ich. „Bleiben Sie hier und rühren Sie sich nicht. Unsere Leute sind in der Nähe!"

„Hey, Sie…."

„Rühren Sie sich nicht vom Fleck!“, wies ich ihn noch einmal unmissverständlich an.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Hinterhofeinfahrt gab es eine Tür, die sich plötzlich einen Spalt breit öffnete. Das Mündungsfeuer einer MPi blitzte auf. Ich warf mich zu Boden. Der Kugelhagel pfiff über mich hinweg. Rechts und links schlugen die Projektile gegen die Limousine, blieben in den Scheiben hängen und bildeten dabei jeweils das Zentrum von feinen Rissen, die sich wie Spinnenbeine verzweigten oder prallten von der gepanzerten Karosserie ab. Gefährliche Querschläger entstanden auf diese Weise. Noch im Fallen hatte ich die SIG Sauer P226 hochgerissen und mehrfach gefeuert.

Am Boden feuerte ich noch einmal, diesmal mit einem genau gezielten Schuss. Mein Gegner schrie auf. Im selben Moment verebbte der MPi-Kugelhagel.

Ich schnellte hoch, rannte auf die Tür zu. Mit der SIG in der Faust riss ich sie auf. Den Lauf meiner Dienstwaffe hielt ich in Augenhöhe. Der MPi-Schütze lehnte an der Wand. Er trug eine Sturmhaube. Blut rann ihm zwischen den Händen hindurch. Ich hatte ihn offenbar am Arm erwischt. Er versuchte, ein frisches Magazin in seine Waffe zu schieben. Sein Arm zitterte dabei.

„Keine Bewegung!“, rief ich. „FBI! Sie sind verhaftet!“

Über das Kragenmikro meldete ich die Verhaftung, entwaffnete ihn und nahm ihm die Sturmhaube vom Gesicht. Ich schätzte ihn auf ungefähr dreißig Jahre. Er hatte dunkle Haare, die leicht gelockt waren und eine kraterartige Narbe am Kinn, die wohl von einem starken Aknebefall in der Pubertät geblieben war.

Während ich das tat, nahm ich über das Kragenmikro Kontakt mit meinen Kollegen auf. „Wir brauchen einen Arzt“, sagte ich. „Und außerdem Verstärkung. Der Kerl hier war nicht allein. Da muss noch jemand im Haus sein. Die ersten Schüsse konnte man nämlich nicht hören, das heißt, es wurde wahrscheinlich ein Schalldämpfer verwendet. Aber bei dem Verhafteten habe ich so etwas nicht finden können.“

Die beiden jungen Quantico-Absolventen Gavin und Salionowsky bekamen daraufhin von Clive die Anweisung, den zur Straße gelegenen Hauseingang im Auge zu behalten.

Ich hörte Schritte.

Milo und Josy erreichten mich.

„Alles klar?“, fragte Milo.

„Mit mir schon“, erwiderte ich.

„Wir sind gleich bei euch, Jesse!“, versprach Jay Kronburg.

Wenig später traf der ehemalige Cop im Dienst des New York Police Department bei uns ein. Er war der Einzige von uns, der nicht auf die SIG Sauer P226 umgestiegen war, sondern noch immer seinen 4.57er Magnum-Revolver benutzte.

Milo und Josy meinten, dass aus dem dritten Stock geschossen worden sei.

Es handelte sich um ein Gebäude mit kleinen Apartments. Viele davon wurden vom Personal des Buena Vista bewohnt, wie sich bei späteren Befragungen herausstellte.

Milo, Jay und ich wollten uns im Haus umsehen. Josy sollte bei dem Verhafteten bleiben, während Agent Leslie Morell sich um Gutierrez kümmerte. Schließlich sollte uns der Wäscher von Harlem so schnell nicht wieder durch die Lappen gehen. Gutierrez musste uns schließlich noch einiges erklären.

Wir wollten uns gerade das Treppenhaus vornehmen, da hörten wir über unsere Ohrhörer, wie die Kollegen Gavin und Salionowsky, jemanden aufforderten, stehen zu bleiben.

Im nächsten Moment hörten wir Schüsse.

Sie kamen von der der Straßenseite des Apartmenthauses. Außerdem hörten wir das Feuergefecht auch noch im Ohrhörer, was einem fast das Trommelfell platzen lassen konnte.

Die Agenten Gavin und Salionowsky waren offensichtlich in ein Feuergefecht verwickelt.

Wir zögerten keinen Augenblick, sondern rannten ins Freie, erreichten das Ende der Ausfahrt und schließlich die Straße. Eine Tür, die ins Haus führte, stand halb offen.

Ein Mann lag regungslos im Eingangsbereich. Sein Gesicht war durch eine Sturmhaube verdeckt. In der Rechten hielt er ein Gewehr mit Schalldämpfer und Laserzielerfassung. Blut sickerte aus einer Wunde am Oberkörper.

In einer Entfernung von nur wenigen Metern lagen zwei weitere menschliche Körper auf dem Asphalt. Es waren Salionowsky und Gavin, unsere beiden jungen Kollegen. Die Schüsse, die wir gehört hatten, waren von ihnen abgegeben worden. Salionowsky war tot, aber Gavin lebte noch. Sein Brustkorb war voller Blut.

Jay machte über Funk noch einmal Druck, um Hilfe vom Emergency Service für den Abtransport eines Schwerverletztern zu bekommen.

Ich beugte mich über Gavin.

„Wir… wollten… doch nur…“

Weiter sprach er nicht. Seine Augen wurden starr.

„Verdammt“, murmelte ich.

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