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Zwei Stunden später traf sich Dolores Mantigo in einem Coffee Shop in der 37. Straße mit Greg Tambino. Den Treffpunkt hatten sie extra weit außerhalb von East Harlem gewählt. Tambino wartete schon eine ganze Weile auf sie und wirkte ziemlich ungeduldig.

Dolores trug eine Sonnenbrille.

„Hast du etwas zu bieten?“, fragte er.

„Übermorgen um 22.00 Uhr findet ein Deal oder so etwas statt.“

„Was genau?“

„Ich konnte nicht alles verstehen. Es scheint so, als sei Duarte mit einem neuen, sehr preisgünstigen Kokainlieferanten in Kontakt gekommen. Er will erstmal eine Probe nehmen, um die Qualität beurteilen zu können.“

„Wo treffen sie sich?“

„Das sage ich dir, wenn ich das Geld habe.“

Tambino knurrte vor sich hin, nahm seine Geldbörse heraus und zählte tausend Dollar ab.

„Das reicht in diesem Fall nicht“, sagte Dolores.

„Hast du unsere Abmachung vergessen?“

„Nein. Aber du kannst ja zusehen, ob du dieselbe Information irgendwo preiswerter bekommst!“

Tambino nahm noch ein Bündel Scheine aus der Brieftasche und legte sie auf den Tisch. „Das müsste reichen! Schließlich wird Duarte ja wohl auch ziemlich großzügig zu dir gewesen sein, oder?“

„Wie man’s nimmt…“

„Gibt es eine Möglichkeit, dass du Benny Duarte öfter siehst?“

Dolores Mantigo atmete tief durch. „Er hat mir so etwas wie einen Job als Betthäschen bei ihm angeboten.“

„Falls du noch nicht zugesagt hast, wirst du das nachholen.“

Sie hob die Augenbrauen. Ein spöttisches Lächeln spielte um die Mundwinkel der jungen Frau. „Warum sollte ich das tun? Er ist ein grober Kotzbrocken. Ohne einen kräftigen Zug Schnee in der Nase hält das kein Mensch aus!“

„Was Schnee angeht, bist du bei Duarte doch an der Quelle. Hör zu, wenn die Probe zufrieden stellend war, wird es eine zweite, größere Lieferung geben. Du musst herausfinden wo und wann die übergeben wird.“

„Was hast du vor, Greg?“

„Denkst du nicht, dass wir beide einen Platz an der Sonne verdient haben? Die zweite Lieferung wird Duarte zum Verhängnis werden.“

„Wie willst du das anstellen?“

„Ich werde gar nichts tun – außer vielleicht meine Kontakte zum FBI spielen zu lassen. Die G-men erledigen das für uns. Aber da brauche ich mehr, als nur eine kleine Probelieferung, um Duarte für immer verschwinden zu lassen.“

Dolores atmete tief durch.

„Was ist für mich drin?“, fragte sie.

„Zwanzig Riesen. Mehr kann ich nicht geben.“

Dolores beugte sich etwas. „Lass mich mal nachdenken. Du willst Duarte aus dem Weg räumen. Wahrscheinlich, weil du dein Dealer-Revier verloren hast, seit Duarte die Hand auf das Buena Vista ausgestreckt hat…“

„Jeder muss sehen, wie er zurecht kommt“, erwiderte Tambino. „Klar, der Mann in Weiß will natürlich, dass in Gutierrez’ Clubs jetzt ausschließlich sein Schnee verkauft wird.“

„Da steht doch viel mehr für dich auf dem Spiel, Greg! Und wenn du das Geld nicht aufbringen kannst, dann frag doch Gutierrez, ob er es dir wiedergibt, dem tust du doch einen Gefallen, wenn du dafür sorgst, dass Duarte verschwindet.“

„Gutierrez?“, lächelte Tambino. „Den Teufel wird der tun.“

„Dann tut es mir leid“, sagte Dolores. Sie erhob sich. „So schlecht ist der Job als Go-Go-Girl im Buena Vista auch nicht.“

„Warte!“

Tambino sprang auf, griff nach Dolores’ Handgelenk. Er fasste so fest zu, dass wie in einem Schraubstock festsaß.

„Du tust mir weh“, sagte sie.

Der Kellner des Coffee Shops, der gerade damit beschäftigt war, ein paar Tische abzuwischen, schaute schon misstrauisch herüber. Greg Tambino ließ die junge Frau los.

„Jetzt vermassle uns nicht die Tour!“, zischte er. „Das ist DIE Chance!“

„Uns?“, echote Dolores. „Das wird ja immer interessanter. Wer hängt denn noch mit drin? Entweder du sagst mir alles und zahlst mir einen fairen Anteil, oder du kannst mich mal. Vielleicht sage ich auch Duarte, dass du ein FBI-Informant bist. Oder Gutierrez. Oder beiden. Dann findest du dich irgendwann geteert und gefedert auf einer der Müllhalden von Coney Island wieder!“

„Setz dich!“, verlangte Tambino. Innerlich verfluchte er Dolores dafür, dass sie in einer Position war, ihm den Preis für ihre Leistung diktieren zu können, aber auch wenn er es sich nicht gerne eingestand, er war in ihrer Hand, wenn sie nicht mitspielte, dann würde das FBI Benny Duarte nur mit einer Probepackung Kokain erwischen, wofür er vielleicht ein paar Jahre bekam. Wenn es hoch kam und seinen Anwälten nicht doch irgendein Winkelzug einfiel, durch den sie ihren Mandanten heraushauen konnten.

Aber wenn das FBI ihn mit einer größeren Lieferung erwischte oder zumindest in Zusammenhang bringen konnte, dann wanderte er für viele Jahre nach Riker’s Island.

Und für den großen Plan, den Greg Tambino verfolgte, war es zwingend erforderlich, dass Benny Duarte ausgeschaltet wurde.

Sie setzten sich wieder.

„Dolores, hör mir gut zu: Wir haben vor, Gutierrez aus dem Buena Vista hinauszudrängen und den Laden in eigener Regie zu übernehmen.“

„Wer ist wir? Ah, ich verstehe… Rex Hueldez steckt dahinter! Er hat keine Lust mehr, nur Strohmann zu sein!“

„Rex hat mir eine Beteiligung angeboten, wenn Gutierrez ausgeschaltet ist.“

„Dann solltet ihr ein paar clevere Jungs engagieren, um ihn auszuschalten, als die, die es zuletzt versucht haben!“

„Lass das mal unsere Sorge sein…“

„Ich will einen Anteil am Geschäft!“, sagte sie in einem Tonfall, der sehr bestimmt klang.

„Die anderen werden sich darauf nicht einlassen.“

„Die zwanzigtausend, die du mir angeboten hast plus fünf Prozent vom Umsatz des Buena Vista. Das ist fair.“

„Dolores!“

„Du musst ja auch nicht mit diesem schmierigen Fettwanst ins Bett gehen und dich von ihm grün und blau schlagen lassen! Also was ist? Ich schätze, deine großen Pläne werden sich in Nichts auflösen, wenn du auf meine Hilfe verzichtest – selbst wenn ihr es doch noch schaffen solltet, Gutierrez auszuschalten! Denn dann wird Duarte alles an sich reißen. Für so einen kleinen Dealer wie dich, der auf eigene Rechnung in seinem Revier wildert, wird er wohl wenig Verständnis haben…“

„Okay, ich rede mit Rex Hueldez und…“

Er verstummte.

Dolores fuhr fort: „Na, wer steckt denn noch dahinter? Lass mich raten! Ricky Balbo vielleicht, dieser hirnlose Schneeschnüffler, der einfach nicht einsehen will, dass sich Kokain schlecht mit den Anabolika verträgt, die er für den Aufbau seiner Supermuskeln geschluckt hat?“

„Wir brauchen einen Mann fürs Grobe“, verteidigte sich Greg Tambino.

„Einer, der für euch die Rolle übernimmt, die Ray Azzaro für Gutierrez hatte!“

„Richtig.“

„Warum habt ihr erst Azzaro getötet oder besser töten lassen, anstatt gleich Gutierrez selbst auszuschalten?“

„Ich glaube, unsere Unterhaltung ist beendet. Ich rufe dich an, wenn ich mit den anderen gesprochen habe.“

Sie erhoben sich. Dolores nahm ihre dunkle Brille ab. Deutlich war ein Bluterguss rund um ihr linkes Auge zu sehen. „Benny Duarte ist schnell ärgerlich“, sagte sie. „Und da wird er ziemlich grob. Ich zeige dir das nur, damit du weißt, was ich durchmache…“

„Als wir noch miteinander geschlafen haben, hast du nie so ausgesehen“, stellte Tambino fest.

„Ich weiß.“

„Wir kennen uns eine Ewigkeit, Dolores. Ich hoffe, dass ich mich auf dich verlassen kann. Es hängt sehr viel davon ab!“

„Ja“, flüsterte sie tonlos.

Nicht nur für dich!, setze sie in Gedanken hinzu. Für mich steht ebenfalls viel auf dem Spiel…

Sie atmete tief durch. „Ich fand Ray Azzaro übrigens ganz nett. Ihr hättet ihn nicht umzubringen brauchen…“

„Das haben wir auch nicht.“

„Das sagst du doch nur, um die Sache mit Duartes Deal nicht in Gefahr zu bringen, Greg! Keine Sorge - so gern habe ich ihn dann auch wieder nicht gehabt.“

„Er ist tot und man sollte die Toten in Frieden ruhen lassen.“

„Ganz wie du meinst, Greg.“

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