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Das gesamte Gebäude wurde von Beamten der City Police und eintreffenden FBI-Agenten durchsucht. Die Kollegen der Scientific Research Division, des zentralen Erkennungsdienstes aller New Yorker Polizeiabteilungen, machten sich daran, nach jeder noch so kleinen Spur zu suchen.

Der Täter war offenbar entkommen. Möglicherweise über eine der Feuerleitern. Kollegen der City Police stellten fest, dass eine der Wohnungstüren im vierten Stock aufgebrochen worden war. Vielleicht war das sein Fluchtweg gewesen.

Wir befragten Dutzende von Personen aus der Nachbarschaft, um etwas mehr über den mysteriösen Schützen zu erfahren, der auf Mister McKee angelegt hatte.

Mister McKee bestand darauf, am Tatort zu bleiben und bei den Ermittlungen dabei zu sein.

Es war Mittag, als die SRD-Kollegen erste Ergebnisse mitteilen konnten. Danach war der Sprengstoff von außen an das Mauerwerk angebracht worden. Das war auch der Grund dafür, dass Mister McKee nicht durch die Wucht der Detonation zerfetzt worden war. Genauere Rückschlüsse, etwa Herkunft und Beschaffenheit des Sprengstoffs, waren erst nach zusätzlichen Laboruntersuchungen möglich.

Milo und ich begleiteten Mister McKee schließlich zu seiner Wohnung, die nur ein paar Straßen weiter gelegen war.

Die Kleidung unseres Chefs hatte bei dem Anschlag ziemlich gelitten. Sie war vollkommen verstaubt und so wollte Mister McKee nicht in seinem Büro im FBI Field Office an der Federal Plaza erscheinen.

Milo fuhr mit dem Sportwagen, während ich in Mister McKees Wagen mitfuhr, einem Chrysler aus unserer Fahrbereitschaft.

Eins stand fest, wir konnten Mister McKee jetzt auf keinen Fall aus den Augen lassen. Der Täter, der ihn beinahe umgebracht hatte, würde es vermutlich wieder versuchen. Seit einiger Zeit schon wurde unser Chef terrorisiert. Zunächst waren es nur zusammengeklebte Hass- und Drohbriefe gewesen, als deren Urheber von uns zunächst ein Computerfreak verdächtigt worden war, gegen den wir im Zusammenhang mit einem Fall von illegalem Organhandel und einer Mordserie an Obdachlosen ermittelt hatten. Aber diese Spur erwies sich rasch als Sackgasse. Der Computerfreak hatte es geschafft in die EDV des FBI einzudringen. Daher war er auch über alle Ermittlungsdetails informiert gewesen. Ein Trittbrettfahrer, dem es Freude gemacht hatte, im Schatten eines anderen Angst und Schrecken zu verbreiten. Nach seiner Festnahme hatte der Terror keineswegs aufgehört.

Ganz im Gegenteil.

Der oder die Unbekannten hatten den Druck auf ihr Opfer erhöht.

Auf die Briefe folgten Anrufe.

Die Stimme war stets so verzerrt gewesen, dass damit der Täter nicht zu identifizieren gewesen wäre.

Dann war Mister McKees Wagen auf dem Parkplatz vor unserem Dienstgebäude an der Federal Plaza explodiert, nachdem dies Augenblicke zuvor durch einen Anruf angekündigt worden war.

Und jetzt dieses Attentat, dem Mister McKee nur um Haaresbreite entgangen war.

"Der Attentäter muss Sie sehr hassen", sagte ich an Mister McKee gewandt, während wir vor einer roten Ampel warteten. Ich saß am Steuer des Chryslers. Mister McKee saß mit nachdenklichem Gesicht auf dem Beifahrersitz. Er nahm die Situation mit erstaunlicher Gelassenheit hin. Aber diese Ruhe - ja, manchmal sogar Kaltblütigkeit - gehörte zu seinem Charakter.

Wie viel davon Maske war, konnte man bei unserem Chef niemals so ganz durchschauen.

"Die meisten, die mich derart hassen könnten, sind nicht mehr in Freiheit", meinte Mister McKee dann.

Mister McKees Apartment lag in einem Block in Upper Manhattan.

Milo, der mit dem Sportwagen vorausgefahren war, parkte am Straßenrand und stieg aus. Er blickte sich um. Dann winkte er uns kurz zu. Ich lenkte den Chrysler jetzt ebenfalls an den Straßenrand und hielt hinter dem Sportwagen.

"Sie sollten nicht mehr ohne Kevlar-Weste aus dem Haus gehen", meinte ich. "Wer weiß, wo dieser Wahnsinnige beim nächsten Mal auf Sie lauert! Außerdem sollten Sie überlegen, ob Sie nicht in nächster Zeit woanders übernachten."

"Übertreiben Sie nicht, Jesse!", mahnte mich unser Chef. "Ich habe vor, meinen Dienst ganz normal fortzusetzen, ohne Abstriche. So einfach lasse ich mich nicht in die Knie zwingen."

Ein paar Minuten später standen wir vor Mister McKees Wohnungstür.

Der FBI-Chef öffnete.

Wir traten ein, ich zog dabei die SIG aus dem Gürtelholster. Schließlich konnte man nicht wissen, ob der Unbekannte nicht vielleicht hier auf sein Opfer wartete...

Mister McKee lächelte nachsichtig, als ich die Waffe schließlich wegsteckte.

"Ich bin froh, dass ich nicht in einer Position bin, in der ich ständig irgendwelchen Personenschutz um mich habe... Das würde mir ganz schön auf die Nerven gehen."

"Kann ich verstehen", meinte ich.

"Ich ziehe mir eben 'was anderes an. Sie können sich in der Zwischenzeit einen Drink machen, wenn Sie wollen. Ist alles da..."

Mister McKee verschwand im Schlafzimmer.

Nach einem Drink war mir nicht. Und Milo ging es ähnlich.

Ich dachte nach. Irgendwie musste es doch möglich sein, dem Unbekannten auf die Spur zu kommen.

"Der Kerl hat seinen Terror immer weiter getrieben", meinte Milo.

"Kerl?", fragte ich. "Wer sagt dir, dass es ein Kerl ist?"

Milo verzog das Gesicht.

" Der Täter", ahmte er den kühl-sachlichen Tonfall nach, in dem unsere Presseabteilung Erklärungen an die Öffentlichkeit zu geben pflegte. "Es wirkt so, als wollte er den Druck immer weiter erhöhen..."

Mister McKee kehrte zurück. Er band sich eine Krawatte um. Mit schnellen, routinierten Bewegungen machte er sich einen schmalen Knoten.

Plötzlich sagte er: "Wenn das stimmt, was die SRD-Kollegen herausgekriegt haben, und der Sprengsatz wirklich außen angebracht wurde, dann kann das nur heißen, dass der Schütze mich nicht zerfetzen wollte..."

"Was wollte er dann?", hakte Milo nach. "Ihnen Angst einjagen?"

"Warum nicht?" Mister McKee zuckte die Schultern. Sein Gesicht wirkte blass. Die Ereignisse hatten ihn mehr mitgenommen, als er zuzugeben bereit war.

"Sir, als Sie den Schützen entdeckten..."

Mister McKee unterbrach mich.

"Ich habe ihn nicht gesehen. Nur den Lauf seiner Waffe. Das war alles."

"War zu dem Zeitpunkt bereits irgendetwas an der Außenfassade, vielleicht ein paar Handbreit unterhalb des Fensters zu sehen?"

"Nichts, woran ich mich jetzt erinnern könnte."

"Versuchen Sie sich die Situation nochmal ins Gedächtnis zurückzurufen!"

Mister McKee fuhr sich mit der Hand über das Kinn, ging zum Fenster und blickte hinaus auf den Straßendschungel von Upper Manhattan. Er schüttelte den Kopf. "Da war - glaube ich nichts. Andererseits sind Sprengladungen heute mitunter klein und kompakt. Auf die Entfernung hin kann man so etwas für alles Mögliche halten."

"Vermutlich hat der Täter die Ladung angebracht, während sie ihm in Nummer 234 gefolgt und die Treppe hinaufgehetzt sind", meinte Milo.

Mister McKee nickte langsam.

"Durchaus möglich. Aber der Punkt ist, dass er mich getötet hätte, wenn die Ladung innen angebracht gewesen wäre!"

Das Telefon schrillte.

Mister McKee ging an den Apparat.

Ein Knopfdruck auf den Anrufbeantworter und das Gespräch wurde aufgenommen.

Eine verzerrte Stimme meldete sich. Unser Chef schaltete den Lautsprecher ein, damit wir mithören konnten. Der letzte Rest an Farbe war aus seinem Gesicht geflohen.

"Ich weiß, wo Sie jetzt sind, Jonathan D. McKee... Sie können mir nicht entgehen. Immer bin ich bei Ihnen. In Ihren Gedanken... Ich bin die Angst, die Ihnen den Rücken hinaufkriecht und die Sie nicht mehr schlafen lassen wird..."

Ein irres Kichern folgte. Es wirkte hysterisch. "Sie fragen sich, warum ich den Sprengstoff außen angebracht habe, warum ich Sie noch am Leben ließ... Ich sagte Ihnen ja, dass ich irgendwann zuschlage und Sie töte... Irgendwann! Sie werden in ständiger Ungewissheit leben. Und auch die beiden G-men, die sich jetzt, in diesem Moment bei Ihnen in der Wohnung befinden, werden Ihnen nicht helfen können..."

Ich wirbelte herum.

"Von den Fenstern weg!", rief ich.

Mister McKee verstand sofort, duckte sich. Mit zwei Schritten war ich neben dem Fenster. Milo ebenfalls. Wir hielten die SIGS in den Händen, blickten hinaus und suchten mit den Augen die Fensterzeilen auf der gegenüberliegenden Straßenseite ab.

Nirgends war etwas Verdächtiges zu sehen.

Die verzerrte Stimme meldete sich erneut aus dem Telefonlautsprecher.

"Es gibt kein Entrinnen für Sie, Jonathan D. McKee... Kein Entrinnen! Sie werden bezahlen!"

"Für was denn, verdammt nochmal!", rief Mister McKee.

"Sie sind ein intelligenter Mann, Mister McKee. Bevor Sie sterben, werden Sie es wissen!"

Die Verbindung wurde unterbrochen.

Serienkiller und Mord-Schakale: 10 Krimis

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