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Kapitel 6

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Sie sollte sich normal verhalten. Ausgerechnet heute.

Dabei lebte sie seit fast einem halben Jahr mit dem Gedanken an ein Verbrechen. In dieser Zeit hatte sie sich nicht normal verhalten. Wie eine läufige Hündin war sie immer wieder zu Probek gerannt, selbst als sie schon wusste, dass er ein Verbrecher war und sie für ein Verbrechen benutzen wollte.

Ja, sie würde sich normal verhalten. Wie an jedem Morgen würde sie jetzt zu dem Einkaufszentrum am Oberfelder Tor fahren, dort durch den Supermarkt gehen und zum Gemüsestand, an den Auslagen der Boutiquen vorbeischlendern und wieder nach Hause fahren. Wie eine grüne Witwe aus dem Witzblatt. Oder wie eine Drohne.

Nur in einem würde sie heute leicht von der gewohnten Routine abweichen — sie würde sich sorgfältiger als sonst zurechtmachen.

Sie ging ins Bad, zog die Bluse aus und band ihr Haar zurück. Während sie etwas Creme in die Stirn massierte, betrachtete sie ihr Gesicht. Die Haut war immer noch glatt und geschmeidig, doch keine Creme hätte den gespannten Zug in den Mundwinkeln glätten können, und die Schatten unter den Augen waren tiefer als gewöhnlich. Kein Wunder nach dieser Nacht mit Probek.

Sie überlegte, was sie jetzt tun würde, wenn sich ihr Ekel vor Herbert nicht verstärkt hätte und sie die brave Ehefrau geblieben wäre. Sie hätte sich in diesem Haus für alle Zeiten einrichten können. Und Herbert hätte sie mühelos bei der Stange halten können - mit ihrer Möse.

Sie hätte Probek gar nicht erst begegnen dürfen, dachte sie nüchtern. Probek war nicht nur der hemmungslose Liebhaber, bei dem eine Frau sich vergessen konnte. Er war auch gerissen wie ein Fuchs und beherrschte alle Winkelzüge der Intrigenkunst.

Sie wusste nicht einmal mehr, wann sie die letzte Schwelle überschritten hatte. Geschickt hatte Probek sie in sein Netz gezogen. Obwohl er an der Ernsthaftigkeit seines Vorhabens nie einen Zweifel gelassen hatte, hatte er es so aussehen lassen, als handelte es sich um ein Spiel. Zuerst hatte er sie nur nach vergleichsweise unverfänglichen Informationen ausgehorcht, die er sich auch auf andere, weniger riskante oder kompromittierende Weise hätte beschaffen können. Wie viel Geld sich normalerweise im Safe der Filiale befand, wie und von wem er geöffnet werden konnte, ob es ein Zeitschloss oder andere moderne Sicherungen gab, oder wie die Vorschriften für den Fall eines Überfalls lauteten.

Vielleicht hätte sie Probek aufgeben können, wenn Herbert an jenem Abend im Januar, als er sie geschlagen hatte, konsequent geblieben wäre und sie vor eine Alternative gestellt hätte. Aber Herbert war zu schwach. Er hatte gekniffen, und sie hatte keine Rücksicht mehr auf seine Gefühle genommen.

An jenen Abend im Januar konnte sie sich noch genau erinnern. Sie sah immer noch Herberts Gesicht vor sich, und sie wusste noch jedes Wort, das er oder sie gesagt hatte. Aber sie wusste nicht mehr, was mit ihr geschehen war.

Irgendwann am Nachmittag war der Regen in Schnee übergegangen. Das kleine Feuer in Probeks Zimmer war immer dunkler geworden, und selbst das Kreischen der Säge hinten hatte gedämpfter als sonst geklungen, als sie ins Bad gegangen war. Die Tür ließ sie offen wie immer.

Er kam ihr nach und sah ihr zu, wie sie sich wusch.

»Ich gehe schnell in den Laden gegenüber und hole uns noch 'ne Flasche Schampus«, sagte er. »Und irgendwas zu beißen dazu.« Er lachte. »Du hast mich hungrig gemacht.«

Sie lachte ebenfalls. Sie waren nicht zum Essen gekommen.

»Heute nicht«, sagte sie. »Ich will etwas früher fahren. Der Schnee, weißt du?«

»Machst du ihm immer noch was vor?«

Sie sah ihn an. »Wie meinst du das?«

»Als ob er nicht wüsste, was du treibst!«

Sie schüttelte unwillig den Kopf. »Er weiß nichts«, sagte sie unwirsch. »Er ahnt vielleicht etwas, aber das ist nicht dasselbe.« Sie warf das Handtuch auf den Boden und zog das Höschen an. Als sie den Pullover überstreifte, griff er nach ihren Brüsten. Mit seinen harten Fingern, an deren schmerzhaften Druck sie sich immer noch nicht gewöhnt hatte. »Lass das jetzt!«, sagte sie schroff.

Er grinste. »Bitte, Süße, wie du willst.« Er wandte sich um. Als sie ins Zimmer trat, hatte er sich eine Zigarette angezündet. Nackt lehnte er am Bett und sah sie durch Rauchschleier hindurch an. »Hast du dir eigentlich überlegt, was du hinterher tun willst?«

Sie starrte ihn verständnislos an. »Hinterher?«

»Nach dem Job. Wirst du bei ihm bleiben?«

Was sonst?, dachte sie.

»Wenn wir zwei miteinander nach Monaco ziehen, landen wir blitzschnell im Gefängnis«, sagte sie.

Probek lachte. »Unsere gemeinsame Zeit ist super, aber sie muss dann enden«, bestätigte er.

Dann musste Schluss sein, natürlich, doch der Gedanke daran versetzte ihr doch einen Stich.

»Was wirst du tun?«, wiederholte er seine Frage. »Du wirst Geld haben. Dein Anteil . . .«

»Ich habe nie an einen Anteil gedacht«, sagte sie.

Aber der Gedanke an einen Anteil, der Unabhängigkeit, der Freiheit verhieß, verbiss sich in ihrem Hirn. Er verkroch sich vorübergehend in einer dunklen Windung, wo er sich auf die Lauer legte.

Lange brauchte er dort nicht zu warten.

Das Haus war dunkel, als sie kurz nach fünf die Tür öffnete. Herbert kam nie vor halb sechs, außer freitags, wenn die Bank früher schloss. Donnerstags kam er sogar erst um halb sieben nach Hause.

Heute war Dienstag. Das Haus war dunkel, alles war in Ordnung.

Dabei hätten ihr die Reifenabdrücke im Schneematsch der Einfahrt auffallen müssen.

Sie schloss die Haustür auf und tastete nach dem Schalter.

Der Schock traf sie völlig unvorbereitet.

Eine Hand klatschte in ihr Gesicht. Es war Herberts Hand. Alle Wut, alle aufgestauten Demütigungen, die er durch sie erlitten hatte, lagen in dem Schlag.

Ihr Kopf flog gegen den Türrahmen. Der jähe Schmerz ließ ihre Knie weich werden, und sie klammerte sich an der Türkante fest. Doch die gab ihr auch keinen Halt, denn Herbert riss ihr die Tür aus der Hand. Sie flog in die Diele und landete auf den Knien.

Die Haustür krachte ins Schloss. Dann flammte Licht auf.

Herbert stand über ihr. Zum ersten Mal sah sie zu ihm auf. Er hatte getrunken, sie erkannte es an seinen wässrigen Augen und dem Haar,das feucht in seiner Stirn klebte.

»Was ist in dich gefahren?«

Ihre Stimme hatte keine Kraft. Sie war noch zu benommen.

»Ich habe heute nicht gearbeitet«, sagte er. »Ich habe mir freigenommen.«

Etwas schnürte ihr die Kehle zu, dann sickerten Herberts Worte in ihr Hirn, und sie hatte das Gefühl, als hätte er ihr einen Fußtritt in den Magen versetzt.

»Wenn du etwas gesagt hättest, wäre ich zu Hause geblieben«, brachte sie mühsam hervor. Sie wunderte sich über ihre kaltblütige Antwort.

Stöhnend richtete sie sich auf. Herberts Wangen zitterten.

»Jetzt fang bloß nicht an zu lügen!«, schrie er sie an. »Ich weiß, wo du warst!«

»Wie schön für dich!« Der Schmerz, mehr noch ihr verletzter Stolz, ließen sie jede Zurückhaltung vergessen.

Sofort kam seine Hand wieder. Sie hatte geglaubt, dass sie dem Schlag ausweichen konnte, doch der stechende Schmerz hinter dem Ohr, wo sie mit dem Schädel gegen den Türrahmen geschlagen war, verhinderte, dass sie schnell genug reagierte.

Rote Kreise erschienen vor ihren Augen. Die Wucht des Schlages ließ das empfindliche Fleisch auf der Innenseite der Wange, wo es gegen die Zähne gequetscht wurde, aufspringen. Sie schmeckte das Blut.

»Du fühlst dich wohl sehr stark!«, sagte sie, nachdem sie das Blut hinuntergeschluckt hatte. Sie zuckte nicht zurück, als er seine Hand erneut hob.

Doch dieses Mal wollte er sie nicht schlagen.

Er hielt drei Fotos aufgefächert in der Hand. Ihre Augen schwammen, und sie konnte nicht sofort erkennen, was sie zeigten.

»Ich habe mir extra eine Sofortbildkamera gekauft, damit du dich nicht rauswinden kannst! Du hast mich belogen und betrogen!« Die Hand, die die Fotos hielt, zitterte, sein Gesicht zuckte. »Sieh sie dir an!«, schrie er.

Sie erkannte ihren Wagen. Er rollte gerade aus. Und zwar vor dem Haus in Leverkusen, in dem Probek wohnte. Auf dem zweiten Bild stieg sie gerade aus, und das dritte zeigte sie, als sie das Haus betrat.

»Ich weiß, dass es schon seit Monaten so geht!«, sagte er heftig keuchend.

»Du übertreibst. Es sind einige Wochen.«

»Wer ist er? Was zieht dich zu ihm?«

Jutta lachte mit ihrem schmerzenden, geschwollenen Gesicht. Er kannte Probek nicht, kannte seinen Namen nicht. Das Haus, in dem Probek wohnte, bestand aus mehr als zwei Dutzend Kleinwohnungen. In vielen lebten alleinstehende Männer.

»Such dir einen aus«, sagte sie gleichmütig. Sie strich ihr Haar zurück und betastete vorsichtig die geschwollene Wange.

»Du hast es nötig!«, keuchte er. Er ging ihr nach, als sie sich auf die Tür zum Bad zubewegte. »Wer ist es? Ich will es wissen!«

»Vielleicht schlafe ich mit allen in dem Haus!« Sie sah, wie Herbert scharf Luft holte, und plötzlich spürte sie einen Triumph. Sie hatte ihn an der Angel. Ganz fest. Er kroch vor ihr, aber er wusste es noch nicht.

»Jutta, sag mir, warum!«, flehte er.

»Weil er besser ist als du«, sagte sie.

Wieder schlug er nach ihr, aber es lag keine Kraft mehr hinter dem Hieb. Sie spürte nur ein Brennen auf der anderen Wange, aber sie ließ sich zu Boden gleiten und verdrehte die Augen.

Er sank neben ihr auf die Knie. Tränen strömten über sein Gesicht, als er ihren Oberkörper anhob, ungeschickt ihren Kopf auf seinen Schenkeln bettete und sie an sich presste.

»Jutta, es wird alles wieder gut«, stammelte er. »Ich bin immer für dich da, immer!« Er wiegte sie wie ein Kind. »Verzeih mir, ja? Es wird alles wieder gut.«

Aber es war zu spät, sie spürte es. Sie würde bei ihm bleiben, weil es keine Alternative für sie gab, keine Freiheit.

Doch dann hielt sie den Atem an. Ein Anteil an der Beute.

Geld bedeutete Freiheit.

»Du darfst mich nicht verlassen«, wimmerte Herbert. »Nie!«

»Wenn du mir nicht mehr nachspionierst«, sagte sie.

»Ja, ja!«

»Versprich es!«

»Ich verspreche es.«

Mit Verwunderung registrierte sie, dass Herbert eine Erektion bekam.

Sie konnte zwar mit ihrem Mann spielen, ihn zum Hampelmann machen, aber verstehen konnte sie ihn deshalb nicht.

An dem Abend schlief sie noch mit Herbert. Zuerst ließ sie es über sich ergehen, doch dann wurde sie ebenfalls erregt, und sie umklammerte ihn keuchend. Doch bevor sie selbst den Höhepunkt erreichte, kam es ihm schon, und er zog sich zurück.

»Ich werde etwas für dich tun«, flüsterte er im Dunkeln. »Du wirst überrascht sein, wart's ab! Und den anderen gibst du auf, ja?«

Sie schwieg, aber er bestand nicht auf einer Antwort.

Während der nächsten Tage rührte er sie nicht an, machte nicht einmal den Versuch, mit ihr zu schlafen.

Aber sie, sie wollte mit Probek schlafen.

Herbert hatte ihr zwar versprochen, dass er ihr nicht mehr nachspionieren würde, doch sie traute seinem Versprechen nicht. Wenn er sie gezwungen hätte, hätte sie auch alles versprochen, was er hören wollte - und sich nicht daran gehalten. Eine Katze ließ sich nicht dressieren.

Aber sie wollte sich nicht wieder von Herbert fotografieren lassen, wenn sie zu Probek ging, auch wenn er ihr im Endeffekt gleichgültig war. Allerdings war Probek nicht nur ihr Liebhaber, sondern auch ihr Komplize, oder sie seiner, je nachdem, wie man die Dinge betrachtete. Auf jeden Fall machte dieser Umstand ihre Affäre komplizierter.

Als Probek sie am Mittwoch anrief, hatte sie ihm deshalb nur erzählt, dass Herbert wieder einmal verrückt spielte und sie sich ein paar Tage lang nicht sehen sollten, nur so, aus Vorsicht. Probek brauchte nicht zu wissen, dass Herbert vor seiner Wohnung gewesen war, also seine Adresse kannte. Wenn Probek seinen Plan, in den er schon zuviel Zeit und Geld investiert hatte, gefährdet sah, würde er vielleicht etwas Unberechenbares tun.

Vielleicht würde er Herbert umbringen.

Auch das war so ein Gedanke, der sich in einer ihrer Hirnwindungen einnistete . . .

Am Donnerstag hielt sie es nicht mehr aus.

Unter einem Vorwand rief sie in der Bank an, um sich zu vergewissern, dass Herbert nicht wieder mit seiner Kamera unterwegs war. Aber als sie ihn zu sprechen verlangte, sagte ihr die Becker, die das Gespräch angenommen hatte, mit einer vor Sensationsgier vibrierenden Stimme, dass ihr Mann sich doch freigenommen habe, ob sie das nicht wüsste?

Jutta fuhr nicht zu Probek, obwohl alles in ihr nach seinem Körper verlangte. Nur der Gedanke, dass Herbert vielleicht vergeblich vor Probeks Haus lauerte, mit der schussbereiten Kamera in der Hand, entschädigte sie ein wenig dafür, dass sie Probek nicht treffen konnte.

Als Herbert am Nachmittag nach Hause kam, sagte er ihr nicht, wo er gewesen war, und sie fragte ihn nicht. Er machte ein geheimnisvolles Gesicht, das sie nicht deuten konnte.

Ihr fiel auch nicht auf, dass er schwerfällig ging, sich nicht an den Abendbrottisch setzte, sondern angeblich unbedingt etwas im Fernsehen sehen wollte, wobei er sich auf dem Sofa ausstrecken konnte.

Er ging dann früh ins Bett. In der Nacht stöhnte er einmal, stand dann auf und ging ins Bad. Er verschloss die Tür, und erst am nächsten Morgen entdeckte sie durch Zufall den blutigen Wattebausch, der aus Versehen neben dem WC-Becken gelandet war.

An jenem Donnerstag war Herbert nicht in Leverkusen gewesen. Das erfuhr sie einige Tage später. Es musste am Sonntag gewesen sein, denn sie saßen spät beim Frühstück, und eine blasse Wintersonne schien schräg durch das hohe Fenster.

Als sie, wie an jedem Morgen, mit dem letzten Schluck Kaffee ihre Pille einnehmen wollte, griff er über den Tisch und entwand ihr die Schachtel. Dabei machte er ein feierliches Gesicht.

»Die brauchst du nicht mehr«, sagte er.

Sie lachte. »Willst du nicht mehr vögeln? Ich will noch.«

»Hast du dich nicht gewundert?«, fragte er.

Sie machte ein verständnisloses Gesicht.

»Wir haben ein paar Tage nicht ... na ja, du weißt schon. Hast du dich nicht nach dem Grund gefragt?«

»Ich dachte, du hattest keine Lust. Soll ja vorkommen.«

Er grinste jetzt. »Ich habe mich ganz plötzlich dazu entschlossen«, sagte er. »Ich war beim Arzt. Beim Urologen.«

Ihr dämmerte etwas, doch ihr Verstand weigerte sich, es zu begreifen.

»Du hast es doch nicht an der Prostata?«

»Ich habe eine Vasektomie machen lassen!«

Sie wusste, was das Wort bedeutete, doch sie fragte trotzdem: »Himmel, was ist das schon wieder?«

»Ich habe mich sterilisieren lassen! Das heißt, es handelt sich nur um eine Durchtrennung der Samenleiter. Eine Kleinigkeit.«

»Und warum?«

»Damit du die Pille nicht mehr nehmen musst! Du belastest deinen Körper mit Hormonen. Schon seit Jahren. Das ist nicht gerecht. Jetzt war ich dran.«

Er wollte sie auf die Weise zwingen, ihren Liebhaber aufzugeben. Sie spürte eine jähe Hitzewelle in sich aufsteigen, als sie den Sinn dessen begriff, was Herbert getan hatte.

Herbert hatte, vermutlich instinktiv, genau das Richtige getroffen. Probek war kein Mann, der mechanische Verhütungsmittel benutzte. Oder der Lust hatte, den coitus interruptus zu praktizieren. Zu dem sie auch nicht bereit gewesen wäre, schon aus Sicherheitsgründen nicht. Sie wollte kein Kind. Dessen war sie sich sicher, und Herbert kannte ihre Einstellung genau. Deshalb hatte sie nicht einmal das Recht, ihm wegen seines überraschenden Entschlusses Vorhaltungen zu machen.

Sie musste die Pille also weiternehmen, und zwar heimlich. Hastig überlegte sie, wie viele Päckchen sie noch oben liegen hatte. Waren es zwei? Oder nur noch eins?

Sie rang sich ein Lächeln ab, als sie die Hand ausstreckte. »Man darf nicht mitten in einer Periode aufhören«, sagte sie.

»Das hat mir der Arzt auch gesagt.« Herbert gab ihr die Schachtel zurück. »Aber die beiden Päckchen, die in deinem Schrank liegen, schmeißen wir weg. Jetzt gleich. Und ab Mittwoch oder Donnerstag, glaube ich, kann ich wieder . . .«

Herbert grinste erwartungsvoll.

Er würde jetzt jeden Tag mit ihr schlafen wollen.

Sie spürte einen heftigen Ekel, und sie wusste, dass sie den nie wieder überwinden konnte.

»Was hast du?«, fragte Probek, als er eine Zigarette anzündete und im grellen Licht des aufzischenden Streichholzkopfes ihre gerunzelte Stirn sah.

Er ließ das Streichholz brennen und strich mit einem Finger über ihre Wange. Sie zuckte zusammen, weil die Wunde auf der Innenseite immer noch stark geschwollen war und schmerzte. Als die Flamme seine Finger verbrannte, blies er es aus und zog an seiner Zigarette.

»Was hast du?«, wiederholte er.

Es war dunkel im Zimmer, und wenn er tief an der Zigarette zog, erschien ein rötlicher Schimmer auf seiner Haut, in dem seine Augen nur um so dunkler wirkten.

»Du weißt, dass ich die Pille nehme«, sagte sie.

Sie hatte es ihm erzählt, aber jetzt spürte sie, dass er nur die Achseln zuckte. Er hatte es vermutlich längst vergessen, weil er sich keine Gedanken darüber machte.

»Ja, und?«

»Ich nehme sie weiter«, sagte sie. »Aber ich muss es heimlich tun.«

»Warum?«, fragte er verständnislos.

Probek lachte, als sie ihm von dem Eingriff erzählte, den Herbert hatte vornehmen lassen.

»Die Vasektomie habe ich schon lange machen lassen!«, sagte er.

Er lachte immer noch, als er das Licht anknipste und die Beine spreizte, um ihr die winzige Narbe zu zeigen, die in den Hautfalten kaum noch auszumachen war.

»Du?«, fragte sie. »Warum hast du das machen lassen?«

»Ich wollte nie in die Versuchung kommen, ein Kind in die Welt zu setzen. Nie. Keine Frau soll mich damit ködern können.«

»Und?«, fragte sie und presste sich an ihn.

»Was, und?«

»Bereust du es?«

»Nein. Ich will nur für mich selbst verantwortlich sein.«

Seine Stimme klang unvermittelt ernst. Er sah sie an.

»Warum macht dein Mann so etwas? Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut.«

»Ich auch nicht«, meinte sie und sah Probek forschend an. Sie fragte sich, ob er einen Menschen umbringen könnte.

»Könntest du jemanden töten?«, fragte sie.

Die Frage kam ihr einfach so über die Lippen.

Probek senkte die Lider halb über die Augen und sah sie mit einem Ausdruck an, der schläfrig wirkte, aber nur verbergen sollte, dass sein Verstand hellwach war.

»Für Geld? Oder weshalb?«, wollte er wissen.

»Aus irgendeinem Grund. Für Geld, zum Beispiel. Oder für deine Sicherheit.«

»Das«, sagte er, »sind schon zwei Gründe. Verdammt gute Gründe sogar.«

Nachdem sie ihre Bluse wieder angezogen hatte, warf sie einen letzten Blick in den Spiegel. Die dunklen Ringe unter den Augen schillerten selbst unter der Schminke und verliehen ihrem Gesicht einen düsteren, geheimnisvollen Ausdruck. Sie strich noch einmal über ihr Haar, obwohl es makellos lag, bevor sie ihr Geld und die Einkaufstasche nahm und das Haus verließ.

Es war 9 Uhr 14.

Sieben Krimis auf einen Streich: Kriminalroman-Paket

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