Читать книгу Entführung ohne Happy End: Kripow & Kripow: Herr Doktor und die Polizei - A. F. Morland - Страница 14
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Heidi Küfner, eine blonde, vierundzwanzigjährige Frau, schwang ihre langen Beine aus dem Wagen ihres Verlobten.
„Hoffentlich geht es Gerd schon ein bisschen besser“, sagte sie mit belegter Stimme.
„Mein Bruder ist ein zäher Bursche“, erwiderte David Liske. „Der packt das schon.“
„Wie kommt man eigentlich zu einem Magengeschwür?“, fragte Heidi, während sie die Wagentür schloss.
David zuckte mit den Schultern. „Zuviel Stress ... Zuviel Ärger ... Zuviel Hektik ... Zuviel Alkohol ... Zuviel Nikotin ... Und wenn man sich alles und jedes zu Herzen nimmt.“ Er richtete seinen Blick auf die Falkenberg-Klinik. „Gerd wird sein Leben drastisch umstellen müssen, wenn er nicht noch einmal zusammenklappen will. Wie oft habe ich ihm gesagt: ‚Nimm‘s leicht. Ärgere dich nicht über jede Kleinigkeit. Rauch weniger. Trink weniger‘. Es ging zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Vielleicht wird ihm dieser gesundheitliche Tiefschlag endlich eine Lehre sein.“
„Das hoffe ich für ihn“, sagte Heidi leise. „Er ist sehr nett. Ich habe ihn gern.“
„Ich habe ihn auch gern“, erklärte ihr Verlobter. Er ging um den Wagen herum, ein großer, gutaussehender, eleganter Mann mit markanten Zügen. „Er ist zwar mein Bruder, aber manchmal auch ein fürchterlicher Dickschädel. Am liebsten würde ich ihn ...“ Er unterbrach sich, hatte unwillkürlich die Hand zur Faust geballt, öffnete diese nun wieder und machte eine wegwerfende Geste. „Komm, gehen wir zu ihm. Mal sehen, wie er sich heute fühlt.“
Als sie die Klinik betraten, war Assistenzarzt Doktor Volkmer Sander gerade im Begriff das Gebäude zu verlassen. Er blieb kurz stehen, um Heidi und ihren Verlobten zu begrüßen.
„Heute hat Herr Liske einen entscheidenden Schritt vorwärts gemacht“, berichtete er. „Doktor Kripow hatte ein längeres Gespräch mit ihm und die Worte unseres Chefs scheinen endlich auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein.“
„Das ist die beste Nachricht des Tages“, meinte David erleichtert. „Gerd hat es zwar nie zugegeben, aber er machte auf mich den Eindruck, als hätte er mit seinem Leben abgeschlossen.“
„Das hatte er, doch unserem Chef gelang es, ihm das auszureden.“
David lachte. „Ihr Chef muss ihn hypnotisiert haben.“
„Oder er fand einfach die richtigen Worte zur richtigen Zeit“, gab der Assistenzarzt zurück. „Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, aber ich habe noch einen wichtigen Termin.“
Während Doktor Sander die Klinik verließ, betraten David und Heidi die Fahrstuhlkabine.
„Es ist das Geschäft, dass Gerd geschadet hat“, sagte David bitter. „Manchmal hasse ich unseren Baumarkt.“ Er betätigte die Taste für das zweite Stockwerk. Fast geräuschlos setzte sich der Lift in Bewegung.
„Du solltest stolz darauf sein, dass du mit deinem Bruder so ein großes Unternehmen aufgebaut hast. Ihr macht beachtliche Umsätze.“
„Geld, Geld, Geld.“ David schüttelte unwillig den Kopf. „Geld ist nicht alles im Leben. Besitz macht Sorgen. Du siehst ja, wohin das führt. Gerd und ich hätten ein wesentlich ruhigeres und angenehmeres Leben, wenn ...“
Heidi sah ihren Verlobten besorgt an. „Ich hoffe, du hast nicht vor, heute mit ihm darüber zu reden. Das würde ihn nur noch mehr aufregen.“
„Natürlich werde ich nichts sagen. Aber ich muss diese Sache konsequent weiterverfolgen.“
„Du bist ohne Gerd nicht verhandlungsberechtigt“, gab Heidi zu bedenken.
„Das bin sehr wohl“, widersprach David. Im künstlichen Licht der Kabinenbeleuchtung hatte sein schwarzes Haar einen bläulichen Schimmer. „Ich kann die Firma nur nicht ohne Gerds Einverständnis verkaufen, weil er in diesem Fall mit unterschreiben muss.“
„Was er niemals tun wird“, sagte Heidi überzeugt.
David richtete sein Jackett und betrachtete dann seine manikürten Fingernägel. „Ich kann erst einmal die Verhandlungen mit Global-All-Round-Tools vorantreiben. Und wenn sie bis zur Unterschriftsreife gediehen sind, brauche ich nur noch den richtigen Moment abzuwarten ...“
„Und was machst du, wenn dieser Moment nie kommt?“
Er nahm ihr ebenmäßiges Gesicht zwischen seine Hände. „Er wird kommen. Verlass dich darauf, Heidi.“
„Wieso bist du so sicher, dass es besser für dich und Gerd ist, an Global-All-Round-Tools zu verkaufen?“, wollte sie wissen.
„Sieh dir meinen Bruder doch an. Beantwortet das deine Frage nicht hinlänglich?“, gab David zurück. „Unser Baumarkt macht Gerd kaputt.“
„Er hängt mit Leib und Seele daran.“
„Global-All-Round-Tolls ist ein mächtiger Handlungsriese“, erklärte David. „Wenn er unser Geschäft haben will, müssen wir es ihm überlassen. Wir können uns nicht gegen ihn stellen. Niemand kann langfristig gegen eine dermaßen starke Strömung schwimmen. Die Vertreter dieser Handelskette haben uns ein äußerst faires Angebot gemacht. Sie sind bereit, drei Prozent mehr für unser Geschäft zu zahlen, als es tatsächlich wert ist. Vielleicht kann ich ihnen sogar fünf Prozent abringen. Außerdem haben sie versprochen, Gerd und mich als Geschäftsführer zu übernehmen. Mit einem Gehalt, das sich sehen lassen kann.“
„Aber ihr seid nicht mehr die Herren in eurem eigenen Geschäft.“
David hob lächelnd die Augenbrauen. „Dann haben die anderen die Sorgen. Was ist daran so schlecht?“
„Gerd liebt seine Selbstständigkeit über alles.“
„Er wird sehr schnell merken, dass das Leben als Arbeitnehmer viele Vorteile hat“, meinte David.
„Du weißt, dass er sich nicht gerne unterordnet und sich von Fremden etwas sagen lässt.“
„Er wird sich daran gewöhnen.“
Heidi schüttelte den Kopf. Ihre Argumente erschienen ihr stichhaltig. Sie war eine intelligente Frau, die mitdachte. „Gerd möchte uneingeschränkt und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen, ohne auf Geschäftspolitik und Verkaufsstrategien von Global-All-Round-Tools Rücksicht nehmen zu müssen. Aber das wird ihm das Management eines Handelsriesen nie erlauben.“
„Man kann sich arrangieren. Diese Leute sind keine Idioten. Wenn sie sehen, dass Gerds Ideen für das Unternehmen gut sind, werden sie ihn wohl kaum daran hindern, sie durchzusetzen.“