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Kapitel 7, Montag: 13.30 Uhr – Teil 2

Sie warteten geduldig, bis die letzten Fahrgäste die Fähre verlassen hatten, zahlten jeweils einen Euro für die Überfahrt und stiegen auf das Boot. Der Fährmann unterschied sich völlig von Laras Beschreibung. Entweder war es ein anderer, was nach vier Jahren nicht verwunderlich wäre, oder sie hatte die Geschichte wirklich erfunden. Mit ihnen fuhren noch zwei Familien zur anderen Seite. Die Überfahrt dauerte lediglich fünf Minuten, in denen ihnen der Bootsführer, der sie gekonnt über die Nahe zog, einiges zur Burgruine Rheingrafenstein erzählte. Der Ansturm war recht groß. Anscheinend waren viele Leute und Familien auf die Idee gekommen, zu wandern. Stan seufzte. Alles Verrückte. Wäre er nicht auf Spurensuche, dann wäre er bestimmt nicht hier und schon gar nicht zum Wandern.

Sie stiegen als Erstes aus und ihr Blick fiel sofort auf einen Eingang mit offenem Gittertor, hinter dem verschiedene Skulpturen zu erkennen waren. Alexei lief voraus und blieb davor stehen, wieder einen Blick in das Tagebuch werfend.

„Ob das der Märchenpark ist?“

„Sieht ganz danach aus“, meinte Stan und deutete auf ein kleines, grünes Schild in Form eines Pfeils, das auf den Durchgang zeigte und auf dem „Eingang Märchenhain“ zu lesen war.

„Oh, okay. Vielleicht sollte ich weniger in die Notizen schauen und mehr darauf achten, was vor uns liegt.“ Er klappte das Buch zu und gab es seinem Kumpel zurück, der es im Rucksack verstaute.

„Jo, wie gesagt, ich kann es dir ohnehin auswendig zitieren.“

„Okay, dann laufen wir den Hain kurz durch? Anscheinend ist der Eintritt frei.“

„Ich weiß nicht, ob das was bringt. Für mich ist eindeutig, dass sie die Sache erfunden hat.“

„Wieso?“

„Laut ihrem Gekritzel war der Park abgebrannt.“

„Schon, aber das ist bereits vier Jahre her. Meinst du nicht, dass er eventuell tatsächlich zerstört war und wieder aufgebaut wurde?“

Stan seufzte.

„Seit wann bist du so verdammt hartnäckig?“

„Ich habe von dem Besten gelernt“, gab Alexei grinsend zurück und sein Kumpel nickte.

„Das hast du wohl. Alles klar, dann lass uns mal den schrulligen Märchenpark ablaufen. Nach dir.“

Motiviert schritt Alexei voraus. Bei dem Park handelte es sich lediglich um einen kleinen Rundgang, den sie in weniger als zehn Minuten beendeten.

„Deprimierend. Eine gute Idee für Kinder, aber … na ja.“

„Wenn du nachts hier her kommst hast du anstatt eines Märchenparks einen Horrorpark“, entgegnete Stan und deutete auf eine der vielen vernachlässigten Figuren in Form eines Zwerges mit einem breiten Grienen, das selbst dem fiesesten Wolf Angst eingejagt hätte.

Alexei lachte und nickte zustimmend.

„Stimmt wohl. Ich finde es schade, dass sich niemand darum kümmert. Die Farbe der Skulpturen müsste dringend erneuert werden.“

„Es wäre schon ein großer Fortschritt, nur mal sauber zu machen und die vielen, dicken Spinnenweben zu entfernen.“

„Da hast du recht. Kein Wunder, dass hier kaum jemand reingeht, trotz des freien Eintritts.“

„Dann auf in den Kampf?“

„Was meinst du?“

„Na, schau dir den steilen Aufstieg mal an. Das wird spaßig.“

Alexei folgte Stans Blick und verstand, was sein Freund meinte. Der unebene Weg war nicht sehr einladend. Anscheinend sahen das andere Leute genauso, denn sie waren gerade mal hundert Meter gewandert, als sie eine diskutierende Familie passierten, bei der sich die Mehrheit weigerte, sich weiter nach oben zu kämpfen. Schmunzelnd mühten sie sich ehrgeizig nach oben, als der Pfad sich in einer scharfen Kurve wandt und in Treppenstufen überging. Die Sonne brannte unbarmherzig auf sie herab und sie waren froh, dass die vielen Bäume Schatten spendeten. Dennoch hatten beide das Gefühl, in der Hitze zu schmelzen. Keuchend bahnten sie sich ihren Pfad nach oben, gelegentlich eine Verschnaufpause einlegend. Als sie endlich die Ruine erreichten, schlugen sie innerlich drei Kreuze.

„Sagtest du nicht, dass deine Schwester nicht viel draußen und nicht oft unterwegs war?“

„Jupp, so ist es.“

„Und wie ist sie hier rauf gekommen?“, fragte Alexei und stützte sich für ein paar Sekunden an dem Graffiti verschmierten Gemäuer ab, um zu Atem zu kommen. „Oder war sie besonders sportlich unterwegs?“

„Es ist nicht bewiesen, dass sie tatsächlich hier war“, entgegnete Stan. „Von farbigen und bunten Mauern hat sie nichts geschrieben.“

Sein Kumpel rollte mit den Augen.

„Ja, aber …“

„Sag es nicht“, unterbrach ihn Stan. „Das war vielleicht vor vier Jahren noch nicht. Das ist es doch, was du sagen wolltest, oder?“

Sein Grinsen genügte ihm als Antwort. Er winkte ab und wandte sich automatisch nach links.

„Willst du nicht nochmal nachsehen, ob wir nicht doch nach rechts müssen?“

Stan schenkte ihm ein schiefes Grinsen und Alexei strich sich über seinen Nacken.

„Ja, ja, ich weiß: du kennst das Tagebuch auswendig, richtig?“

„‘türlich. Folge mir und halte die Augen offen, ob du irgendetwas findest, dass uns weiterhilft.“

„Logisch.“

Sie nahmen die Treppe zu ihrer linken und stapften nach Luft schnappend hinauf. Vor einer halb zerfallenen Holztreppe blieben sie kurz stehen.

„Sieht so aus, als würde nicht nur der Märchenhain an fehlender Pflege leiden“, meinte Alexei. „Wie gut, dass wir nicht auf die Treppe angewiesen sind.“

Stan nickte wortlos. Der ganze Ort ödete ihn an. Falls er seine Schwester jemals wiedersehen sollte … nein, er würde Lara auf jeden Fall finden. Und dann würde er ihr sagen, wie Panne sie war.

Sie schlenderten an den maroden Stufen vorbei und gelangten an einen Aussichtspunkt mit einer herrlichen Sicht auf Bad Münster. Sie verweilten eine Zeit lang, genossen den Ausblick und sahen sich nach Hinweisen um. Allerdings erfolglos. Stan fluchte innerlich. Gar nicht so einfach wenn man etwas suchte und nicht genau wusste, was. Nach ungefähr zwanzig Minuten setzten sie ihren Weg fort. Ein Ort interessierte sie ganz besonders: der Brunnen. Etwas irritiert blieben sie vor dem efeubewachsenen Gemäuer stehen. Alexei ergriff als erster das Wort.

„Sag mal, ich kann mich nicht erinnern, dass deine Schwester einen eigenen Raum oder Überdachung für den Brunnen erwähnt hatte.“

„Keine Ahnung. Eigentlich hat sie ihn gar nicht richtig beschrieben …“ Er zuckte mit den Schultern und ging voraus in den kleinen, offenen Raum, in dessen Mitte sich der Brunnen befand. Er begutachtete ihn von allen Seiten und fand – nichts. Enttäuscht und genervt zugleich schlug er mit der geballten Faust auf das schwere Gitter, das über der Öffnung angebracht war.

„Tja, so viel zu Laras Glaubwürdigkeit und Träumereien. Nie und nimmer haben die das Gitter ab, geschweige denn gehoben bekommen.“

„Vielleicht war es damals noch nicht da …“, gab Alexei zu bedenken und Stan warf ihm einen stark zweifelnden Blick zu.

„Das glaubst du jetzt doch selber nicht. Denkst du echt, die haben das die ganzen Jahre zuvor ungesichert gelassen, wo hier Familien, Kinder und alles Mögliche raufsteigen? Nee, keine Chance.“

„Ja…“, Alexei suchte nach Gegenargumenten, aber er fand nicht ein einziges. Er atmete tief durch. Anscheinend hatte Lara tatsächlich Fantasiegeschichten in ihr Tagebuch geschrieben. Seltsames Mädchen. Dabei hatte er wirklich geglaubt, auf ihrem Kurztrip ein paar neue Hinweise zu entdecken. Er hatte es einfach gespürt. Ein trügerisches Gefühl … Das durfte er sich von seinem Freund jetzt bestimmt jahrelang anhören. Tja, einen Versuch war es wert gewesen.

„Schauen wir uns noch den Rest der Ruine an?“, riss ihn Stan aus seinen Gedanken.

„Klar, wenn wir schon mal hier sind.“ Alexei zwinkerte seinem Kumpel zu und gemeinsam begaben sie sich zum höchsten Punkt von Rheingrafenstein. Auch hier hatte man einen tollen Ausblick auf den Kurort und umliegende Umgebung. Gähnend legte Stan seine Ellenbogen auf das Gemäuer ab und ließ den Kopf müde darauf sinken, während er in die Ferne starrte. Wo hatte sich seine verdammte Schwester nur versteckt?

„Sorry.“

„Mmh?“ Er legte seinen Kopf schief und blinzelte Alexei fragend an, der sich reumütig mit einer Hand durch die Haare fuhr.

„Na ja, dass ich dich gedrängt habe, hier her zu kommen. Ich dachte echt, dass wir was finden. Ich war überzeugt ... keine Ahnung.“

„Passt schon.“

„Tut mir trotzdem leid.“

„Immerhin hab ich dich mal dazu bewegt, dass du aus deiner Pauker- und Arbeitswelt rauskommst. Man konnte mit dir ja nichts mehr anfangen.“

Alexei lachte verlegen. Punkt für Stan. Und er musste gestehen, dass trotz der Enttäuschung, dass sie nichts an Hinweisen fanden, die Auszeit guttat. Er senkte leicht den Kopf und sah auf die sieben Liebesschlösser, die an der Absicherung angebracht waren.

„Die gibt’s anscheinend überall.“

„Stimmt. Ärgerlich für die Arbeiter, die den kitschigen Mist jedes Mal entsorgen müssen.“

„Nein, das …“

„Doch. Die Dinger werden regelmäßig wieder weggemacht. Ich glaube die Stadt, Landkreis, Bürgermeister oder wer auch immer, muss sie zur Sicherheit wieder entfernen lassen.“

„Das meine ich nicht!“ Alexei griff aufgeregt mit der linken Hand in Stans Shirt. Mit der rechten deutete er auf eines der Liebesschlösser. „Es war nicht umsonst! Wir haben unseren Hinweis gefunden!“

Stan folgte seinem ausgestreckten Arm und seine Augen weiteten sich. Konnte das wirklich sein? War dies tatsächlich ein realer Beleg oder purer Zufall? Noch während er darüber nachdachte, verselbstständigten sich seine Lippen und er flüsterte die Namen vor sich hin, die klar und deutlich auf dem Schloss eingraviert waren: „Chesteti und Hieronymus.“

Geheimnis Schiva 3

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