Читать книгу Indiana Love - Sammelband - A. Lisa Walters - Страница 6
Оглавление3. Kapitel
Das sachte Klopfen an ihrer Schlafzimmertür erschreckte Abby so sehr, dass sie mit rasendem Herzen sofort senkrecht im Bett saß. Sie war daran gewöhnt, allein zu wohnen. Deshalb musste sie erst einmal ein paar Sekunden darüber nachdenken, wo das Geräusch überhaupt hergekommen war. Da meldete sich eine sanfte Männerstimme und ihr fiel wieder ein, dass sie einen Gast hatte.
»Abby? Bist du schon wach?«
Abigail grinste schief, gähnte und reckte sich. »Jetzt ja. Ist alles okay?«
»Ich hab Frühstück vorbereitet, ich hoffe, das war in Ordnung. Kommst du raus?«
»Du hast was?« Abby, die gerade die Beine aus dem Bett geschwungen hatte, hob überrascht den Blick.
»Ähm. Frühstück. Wichtigste Mahlzeit des Tages und so?« Ethan klang verlegen. »Du frühstückst doch, oder?«
»Ab und zu schon, also beruhig dich. Ich bin unterwegs.« Abby stand auf und zog sich eine Jogginghose und ein ausgebleichtes Top an. Dann nahm sie ein Haarband aus ihrem Nachtkästchen und fasste ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Bevor sie das Schlafzimmer verließ, betrachtete sie sich noch in dem Spiegel, der an der Tür in ihrem Kleiderschrank hing. Bequem, aber nicht verlottert. So konnte sie sich sehen lassen.
Ethan stand in ihrer Kochnische und hatte sich an die Arbeitsfläche gelehnt. In der kleinen Wohnküche duftete es nach Eiern, Speck und zu Abbys Überraschung auch Croissants. Kurz durchforstete sie ihr Hirn, wann sie zuletzt welche gekauft hatte. Ethan lächelte sie schüchtern an. »Ich hoffe, ich hab dich nicht gestört. Ich möchte nur bald mit der Gitarre los und dachte mir, vorher gemeinsam zu frühstücken wäre nett.«
»Du störst mich nie, Ethan.« Abby strahlte ihn an. »Was gibt es denn Gutes?«
»Also, du hattest Speck und Eier im Kühlschrank. Und ein Stück Käse, der aber schon etwas angetrocknet war. Ich hab daraus und aus den Eiern ein Omelett gemacht, bevor er kaputt wird. Aber vorher war ich noch beim Bäcker eine Straße weiter und hab von meinem letzten Geld Croissants geholt.«
Abby senkte verlegen den Blick. »Ach Ethan, das hättest du nicht tun müssen.«
»Ich erwarte nicht, dass du mich durchfütterst, Abby!«, betonte Ethan. »Ich wollte dir eine Freude machen und mich ein bisschen beteiligen. Die nächsten Bushaltestellen an größeren Straßen sind nicht weit, da komme ich zu Fuß hin und kann dort spielen. Das heißt, ich brauche kein Geld für den Bus.«
»Oh, okay. Danke, Ethan.«
Ethan zog einen der Stühle etwas von dem Tisch weg, damit sie sich setzen konnte, dann ging er in die Küche und holte die Teller mit den Omeletts. Abbys Blick wanderte über den Tisch und sie konnte nicht anders, als sich zu freuen. Er hatte bereits Gabeln aufgelegt, neben jedem Platz stand ein Glas Orangensaft und auf einem kleinen Tablett lagen zwei Croissants.
Schon stellte er den Teller vor ihr ab und schob ihn zurecht. Abby musste lachen, als sie darauf hinunterblickte. Ethan hatte die drei Speckstreifen so aufgelegt, dass sie ein lächelndes Emoji auf dem Omelett ergaben. »Du bist doch echt ein Spinner.«
»Das nehme ich als Kompliment. Andere würden dich einen Spinner nennen, weil du heute einen Obdachlosen bei dir hast schlafen lassen. Guten Appetit!« Ethan ließ sich auf seinem Sessel nieder und hob sein Glas mit dem Saft. »Auf die Spinner!«
Abby stieß den Rand ihres Glases dagegen. »Auf uns.«
Ethan hatte das Omelett gut hinbekommen. Die Croissants waren innen noch warm und beim Frühstück entspannten sie sich langsam.
»Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt morgens so gut gegessen habe«, murmelte Abby und schob sich ein weiteres Stück des knusprigen Specks in den Mund.
Ethan grinste schief. »Ich auch nicht.«
»Hast du gut geschlafen?«
»Wie ein Baby. Und keine Rückenschmerzen.« Er zwinkerte ihr zu. »Was hast du heute vor?«
Abby warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich treffe mich mittags mit Madison. Sie besucht ihre Großeltern und hat mich gefragt, ob wir uns mal wieder sehen wollen.«
»Kenne ich sie?« Ethan zog die Augenbrauen zusammen.
»Eher nicht. Sie studiert zwar Veterinärmedizin in der Purdue University, aber seit das Wohnheim nicht mehr verpflichtend ist, lebt sie in Bloomington.« Abby zuckte die Schultern. »Wie ich sie kenne, wird sie mich irgendwo zu einer Fastfood-Mahlzeit einladen.«
»Muss auch ab und zu sein.« Ethan lachte. »Ich wünsche dir viel Spaß. Genieß deinen freien Tag.«
»Du kommst doch heute Abend wieder, oder?«, fragte Abby leise, vermied dabei jedoch Ethans Blick. Sofort wurden die beiden wieder ernst.
Er seufzte. »Ich würde schon gern, aber ich weiß nicht … Ich will dir nicht zur Last fallen.«
»Das tust du nicht. Ich meine, schau dich hier mal um. Du hast dich am Frühstück beteiligt und uns was Leckeres zu essen gezaubert. Die Decke ist so sauber gefaltet und das Sofa so hergerichtet, dass man nicht mal mehr sieht, dass du heute da drauf geschlafen hast. Wo würdest du mir hier zur Last fallen?« Abby hob die Hände in einer vagen Geste und ließ sie wieder fallen. »Aber wenn das deine größte Sorge ist, hab ich eine Idee.« Tatsächlich hatte sie am Vorabend noch eine Weile über Ethans aktuelle Situation gegrübelt und sich gefragt, wie sie ihm helfen konnte.
»Ach ja, und die wäre?« Er klang skeptisch. »Ich will jedenfalls nichts geschenkt haben.«
»Tue ich nicht, versprochen. Hör mir erstmal zu.«
»Ich bin ganz Ohr.«
Abby hob den Blick. »Ethan, wie alt bist du eigentlich?«
»Achtundzwanzig.«
»Und du lebst schon eine Weile auf der Straße. Das wird doch nicht besser mit der Zeit. Jetzt kommst du noch halbwegs damit klar, weil du jung bist, aber dein Körper wird nicht jünger. Kalte Nächte auf hartem Boden draußen schlafen. Nie richtig essen oder ausruhen. Das geht an die Substanz. Du hast selbst gesagt, du findest keine Wohnung ohne Verdienst und keinen Job ohne Adresse. Wie wäre es mit meiner Adresse?«
Er blinzelte, als müsse er überlegen, wie sie das meinte. »Deiner Adresse?«
»Lass mich ausreden, ja?« Ethan nickte und Abby wappnete sich mit einem tiefen Atemzug für die Rede, die sie sich zurechtgelegt hatte. »Werd mein Mitbewohner.« Abby zuckte die Schultern. »Ist ja nicht so, als wäre so etwas nicht gang und gäbe. Meine Couch ist deine Couch, wenn du möchtest. Du beteiligst dich an den Lebensmitteleinkäufen, Strom und Wasser. Die Miete übernehme weiter ich, an der ändert sich ja nichts, wenn du auch hier bist. Kein Anstehen mehr vor Obdachlosenunterkünften, das heißt, du kannst länger mit deiner Gitarre unterwegs sein und Geld verdienen. Spar dir das, bis du dir gepflegte Klamotten kaufen kannst. Für Bewerbungsgespräche. Und sobald du einen Job hast, hindert dich ja nichts daran, dir bald eine eigene Wohnung zu suchen.«
Ethan sah sie fassungslos an. »Du machst Witze, oder? Sag mir, dass du Witze machst.«
»Mach ich nicht.« Nun wurde Abby energischer. »Du hast gesagt, wir wären Freunde. Lass mich dir helfen. Betrachte es als Starthilfe. Wenn es dir damit besser geht, kannst du mir ja irgendwann einen Teil der Miete zurückzahlen, sobald du ein geregeltes Einkommen hast. Was auch immer. Ich wohne hier nicht unbedingt im Ritz, aber ich hab ein Dach über dem Kopf. Warum soll es nicht auch dein Dach werden?« Sie schluckte und suchte einen Moment nach Worten. »Ich will nicht, dass du irgendwann erfrierst oder … keine Ahnung. Dass dein Leben so weitergeht, ohne Hoffnung auf einen Neubeginn. Ich kann dabei nicht zusehen, Ethan. Wir kennen uns erst wenige Monate, aber du bist mir wichtig geworden. Der Gedanke, dass du irgendwann morgens nicht mehr aufwachst, weil du erfroren bist, oder auch nur der Gedanke daran, dass du dein ganzes Leben auf der Straße verbringen musst, tut mir einfach weh.«
Ethans Gesicht wurde weicher. »Abby, habe ich dir eigentlich je gesagt, was für ein toller Mensch du bist?«
Hoffnungsvoll sah sie ihm in die Augen. Schlechte Idee. Sein sanfter Blick brachte sie kurz aus dem Konzept, ehe sie sich wieder fing. »Ist das ein Ja?«
»Es ist ein ›ich denk drüber nach‹«, gab Ethan zu. »Ein paar Tage, okay? Wenn die aktuelle Kältewelle überstanden ist, reden wir nochmal drüber. Vielleicht gehe ich dir bis dahin ja so auf die Nerven, dass du mich gern in den White River schubsen würdest.«
»Das glaube ich eher weniger. Aber gut, ein paar Tage.« Abby lachte und aß mit deutlich mehr Appetit weiter.